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breites Angebotsrepertoire an Aktivitäten zur Zusammenarbeit zur Verfügung stellte, die qualitative Ausgestaltung einzelner Aktivitäten auf Familienebene – wie die Fachkraft-Eltern-Kommunikation im Rahmen der Tür- und Angelsituation – noch ausbaufähig ist. Des Weiteren konnte belegt werden, dass eine über die globale Qualität hinausgehende Differenzierung der Zusammenarbeit unterschiedliche Messverfahren und methodische Herangehensweisen benötigt. Dementsprechend leistet die vorliegende Arbeit auch methodisch gesehen einen wichtigen Beitrag zur bisherigen Forschung, indem sie die Qualitätskomponente Zusammenarbeit mit Familien mithilfe eines multi-methodalen Forschungsdesigns untersuchte und künftiger Forschung ein geeignetes Instrumentarium zur Qualitätserfassung zur Verfügung stellt.

8.2 Die Bedeutung der Qualitätskomponente Zusammenarbeit mit Familien für das

Elterngruppen – Eltern mit Migrationshintergrund sowie Eltern von verhaltensauffälligen Kindern – signifikant niedriger ausfiel (siehe Teilstudie 2). Eine Erklärung für das allgemein hohe Vertrauen der Eltern könnte die Theorie der kognitiven Dissonanz liefern (Festinger, 1957), die sich übertragen auf das Vertrauen von Eltern wie folgt beschreiben lässt: Aufgrund eines Mangels an Betreuungsplätzen ist die Wahlfreiheit der Eltern oftmals eingeschränkt. Ihre Erwerbstätigkeit lässt Eltern jedoch meist keine andere Wahl, als ihr Kind in einer Kita unterzubringen, auch wenn diese nicht ihren Erwartungen entspricht. Dieser Zustand, in dem sich Überzeugung und Handlung der Eltern möglicherweise widersprechen, bezeichnet Festinger (1957) als kognitive Dissonanz. Zur Reduktion dieser Dissonanz stehen Eltern verschiedene Strategien zur Verfügung: So können sie sich ablenken oder gezielt nach Informationen suchen, die das dissonante Verhalten in ein besseres Licht rücken. Auch ein Vertrauensvorschuss stellt eine Möglichkeit dar, diesen Widerspruch zu minimieren.

Die vorangegangene Erklärung knüpft an der theoretisch argumentierten Entwicklung von Vertrauen an, nach der Eltern zunächst der Einrichtung einen Vertrauensvorschuss schenken müssen, indem sie ihre Kinder in die Betreuung geben, obwohl sie die Fachkräfte kaum kennen und nur einen begrenzten Einblick in den pädagogischen Alltag haben. Ist ein Vertrauensvorschuss gegeben, zeigt sich im Laufe der Zeit, inwieweit dieses Vertrauen zurecht geschenkt wurde. Entsprechend dem Modell von Mayer et al. (1995) wäre denkbar, dass dieser Vertrauensvorschuss von Eltern mit Migrationshintergrund aufgrund einer niedrigeren allgemeinen Vertrauensdisposition, bedingt durch negative Erfahrungen mit dem deutschen Bildungssystem oder aufgrund von Diskriminierungserfahrungen, deutlich schwächer ausfällt.

Diese Annahme lässt sich auch auf Eltern von verhaltensauffälligen Kindern übertragen, die möglicherweise schon vor dem Kita-Besuch ihres Kindes Erfahrungen mit Schuldzuweisungen oder Vorurteilen gesammelt haben. Folglich bedarf es gerade in der Zusammenarbeit mit diesen Eltern vertrauensgenerierende Maßnahmen, die über die Aufrechterhaltung eines

Vertrauensvorschusses hinausgehen. Darüber hinaus führen vergangene Studien aber auch etwaige Konflikte und stereotypisierende Tendenzen, die erst in der Zusammenarbeit zwischen Fachkräften und Eltern entstehen, als ursächlich für das geringere Vertrauen bestimmter Elterngruppen an (z. B. Kikas et al., 2016; Janssen et al., 2012; Adams & Christenson, 2000).

Beide Erklärungsansätze stellen die Qualität der Zusammenarbeit, deren Bedeutsamkeit für das elterliche Vertrauen in der vorliegenden Dissertation erstmalig für den deutschen Kontext empirisch untersucht wurde, als entscheidende Stellschraube für die Vertrauensentwicklung heraus.

Obschon einzelne internationale Studien die Bedeutsamkeit der Fachkraft-Eltern-Kommunikation für das Vertrauen von Eltern nachweisen konnten (z. B. Adams & Christenson, 2000; Neuenschwander, 2020; Kikas et al., 2011a), wurden qualitative Merkmale der Kommunikation meist ausgespart. Dementsprechend liegt in Abgrenzung zu bisherigen Arbeiten der Gewinn der vorliegenden Dissertation darin, dass nicht nur die Bedeutung von Qualitätsaspekten der Fachkraft-Eltern-Kommunikation für das Vertrauen von Eltern untersucht wurde – was schon allein für den deutschsprachigen und zum Teil auch internationalen Raum ein Novum darstellt – , sondern auch betrachtet werden konnte, ob sich Vertrauensunterschiede hinsichtlich der methodischen Herangehensweise zur Erfassung von Qualitätsaspekten der Fachkraft-Eltern-Kommunikation ergeben. Es zeigte sich, dass eine höhere Qualität der alltäglichen Kommunikationsprozesse zwischen Fachkräften und Eltern unabhängig von der methodischen Herangehensweise mit einem höheren Vertrauensmaß der Eltern einhergeht: So stehen die Qualitätseinschätzungen der Eltern ebenso in einer signifikant positiven Beziehung mit dem elterlichen Vertrauen wie die Qualität der Gesprächs- und Interaktionsbereitschaft, die im Rahmen der Beobachtungsstudie erfasst wurde. Auch die Zufriedenheit der Eltern hinsichtlich der Fachkraft-Eltern-Kommunikation erwies sich als bedeutsam für ihr Vertrauen. Der Befund, dass in Kitas, in denen Fachkräfte sich

gesprächsbereit zeigten, ein höheres Vertrauen der Eltern zu verzeichnen war, könnte darauf hindeuten, dass für den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses vor allem die Etablierung einer Willkommensatmosphäre ausschlaggebend ist. Durch eine persönliche Begrüßung – sowohl verbal als auch nonverbal – nehmen Eltern eine positive Grundhaltung seitens der Fachkräfte wahr, die ihnen ein Gefühl der Wertschätzung und der Sicherheit hinsichtlich der täglichen Betreuung ihres Kindes vermittelt. Zudem unterstreichen die Befunde die Bedeutung einer bedürfnisorientierten Fachkraft-Eltern-Kommunikation: Somit ist es für den Vertrauensaufbau bereits ausreichend, den Eltern die Möglichkeit für ein Gespräch in Aussicht zu stellen; die Initiierung eines Gesprächs unabhängig von den Bedürfnissen der Eltern muss nicht notwendigerweise erfolgen. Mit diesen Erkenntnissen liefert die vorliegende Dissertation erstmalig einen empirischen Beweis dafür, dass die Prinzipien der personenzentrierten Gesprächsführung auf die Kommunikation zwischen Fachkraft und Eltern übertragbar sind.

Die relativ schwache Prädiktionskraft der Gesprächs- und Interaktionsbereitschaft für das elterliche Vertrauen ist vermutlich auf das Studiendesign von Teilstudie 2 zurückzuführen.

Um in Teilstudie 1 eine möglichst große und repräsentative Stichprobe von Eltern während der Tür- und Angelsituationen zu erhalten, wurden keine identifizierenden Informationen von den Eltern eingeholt. Folglich konnten in Teilstudie 2 die Daten aus der Beobachtungsstudie und der Familienbefragung nicht auf Individualebene verknüpft werden. In den Zusammenhangsanalysen zum elterlichen Vertrauen wurde daher die beobachtete Qualität der Fachkraft-Eltern-Kommunikation auf Einrichtungsebene aggregiert. Es ist nicht auszuschließen, dass in den Tür- und Angelsituationen Eltern beobachtet wurden, die nicht an der Familienbefragung teilgenommen haben, oder, dass an der Familienbefragung Eltern teilgenommen haben, die nicht in den Tür- und Angelsituationen beobachtet wurden. In zukünftigen Studien sollte unbedingt sichergestellt werden, dass die Zusammenhänge zwischen der Qualität der Fachkraft-Eltern-Kommunikation und dem Vertrauen der Eltern auf Ebene der

individuellen Fachkraft-Eltern-Dyade näher beleuchtet werden können. Im Gegensatz zur Gesprächs- und Interaktionsbereitschaft erwies sich die Qualität der verwendeten Kommunikationsstrategien sowie die Qualität der Verabschiedung für das Vertrauen von Eltern als nicht statistisch bedeutsam. Diese Befunde liegen möglicherweise in einer begrenzten Varianz der untersuchten Variablen begründet. So wurde die Qualität der Kommunikationsstrategien ausschließlich in denjenigen Situationen erfasst, in denen auch ein Gespräch zwischen der Fachkraft und den Eltern stattfand. Folglich könnten diese Qualitätseinschätzungen selektiv für Eltern sein, die bereits ein hohes Vertrauen in die Kita aufweisen. Als Erklärungsansatz für den nicht statistisch bedeutsamen Zusammenhang zwischen der Qualität der Verabschiedung und dem Vertrauen der Eltern könnte die geringe Varianz der Verabschiedung greifen.

In Teilstudie 3 erwies sich auch die Form und Intensität der Angebotsstruktur als bedeutsam für das Vertrauen von Eltern – wenngleich nur mit einer geringen Stärke. In Bezug auf die vier Angebotsformen zeigten sich unterschiedliche Ergebnismuster, die somit eher auf eine bereichsspezifische und weniger auf eine allgemeine Bedeutsamkeit der Angebotsstruktur verweisen: Während das Angebot zur Elternbildung sowie zur Partizipation und Entscheidungsfindung in einem signifikant positiven Zusammenhang zum Vertrauensausmaß der Eltern stand, konnten diese statistisch bedeutsamen Zusammenhänge für das Angebot zur sozialen Vernetzung sowie zur Einbeziehung von Familienkulturen nicht festgestellt werden.

Eine mögliche Erklärung für diese Befunde könnte die unterschiedliche Zielsetzung der einzelnen Angebotsformen liefern. Während Aktivitäten zur Elternbildung sowie zur Partizipation und Entscheidungsfindung den Kontakt zu den Fachkräften voraussetzen und meist mit den pädagogischen Prozessen und den Bedürfnissen der Kinder verbunden sind, fokussieren Aktivitäten zur sozialen Vernetzung und zur Integration von Familienkulturen auch den Kontakt zwischen den Eltern und deren Beziehungen untereinander (z. B.

Elternstammtisch, interkulturelle Kochkurse). Die Beziehung zwischen Fachkraft und Eltern und somit auch das Vertrauen von Eltern stehen hierbei weniger im Zentrum des Interesses.

Auch wäre denkbar, dass Eltern mit einem umfassenderen Angebot zur Elternbildung eine höhere Professionalität und Kompetenz der Fachkräfte assoziieren. So erhoffen sich Eltern im Rahmen von Elternbildungsangeboten in erster Linie die Vermittlung von Kompetenzen, über die sie selbst nicht oder nur eingeschränkt verfügen. Entsprechend dem Modell von Mayer et al. (1995) gilt Kompetenz als zentraler Indikator für die wahrgenommene Vertrauenswürdigkeit des Vertrauensnehmers. Mit Blick auf das Angebot zur Integration der Familienkulturen lässt sich vermuten, dass einige Aktivitäten nicht den Bedürfnissen von Eltern ohne Migrationshintergrund entsprachen und dementsprechend keine Relevanz für deren Vertrauen hatten (siehe z.B. Elterngespräch mit Dolmetschern). Künftig sollte daher mittels Subgruppenanalysen geprüft werden, inwieweit diese Angebotsform spezifisch für das Vertrauen von Familien mit Migrationshintergrund bedeutsam ist.

Insgesamt machen die vorangegangenen Befunde deutlich, dass eine differentielle Bedeutsamkeit unterschiedlicher Facetten der Zusammenarbeit für das elterliche Vertrauen besteht. Demnach ist eine Ausdifferenzierung von Skalen zur Qualitätserfassung der Zusammenarbeit erforderlich, um mehr Informationsgehalt darüber zu erhalten, welche Aspekte der Zusammenarbeit genau das Vertrauen der Eltern beeinflussen. Des Weiteren betonen die Ergebnisse die Notwendigkeit, das Vertrauensphänomen spezifisch für den frühpädagogischen Kontext zu untersuchen. So zeigte sich, dass die informelle Kommunikation in den täglichen Bring- und Abholsituationen – eine für den Kita-Alltag beispiellose Strategie der Beziehungspflege – äußerst relevant für den Vertrauensaufbau ist.

8.3 Die Bedeutung struktureller Rahmenbedingungen für die Qualitätskomponente