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6   Entwicklung und derzeitiger Stand der Ausbildungsreife und Berufseignung allgemein

6.2   Die Bedeutung von Kompetenzen zur Berufseignung in der Pflege

„Kompetenz lässt sich grundsätzlich verstehen als die Disposition, die Fähigkeit und die Bereitschaft, den wechselnden Anforderungen der Umwelt gezielt zu begegnen“ (Lay 2001, S. 197 zit. n. Lay 2012a, S. 281).

Noch mehr verdeutlicht wird der Begriff von Ratschinski:

„Kompetenzen sind Ensembles von Fähigkeiten, aktuellen und neuen Situationen mit bisher unbekannten Handlungsanforderungen gerecht zu werden, Aufgaben auch in Zukunft gut zu meistern und sich dafür zuständig zu erklären“

(Ratschinski 2012b, S. 138).

Oder auch:

„Kompetenz hat also etwas mit Können und nicht nur mit Wissen zu tun“

(Kerngruppe Curriculum 2006, S. 85).

Der Kompetenzbegriff ist, als solcher allgemein betrachtet, in aller Munde. Er bestand aber bisher eher aus einem Sammelsurium aus Fähigkeitsmustern, deren Inhalte nicht klar definiert sind. Auf die Berufswahl der Jugendlichen gemünzt, wird von der sogenannten Berufswahlkompetenz gesprochen (vgl. Ratschinski 2012b, S. 136).

„Berufswahlkompetenz bezeichnet demnach das Ausmaß, in dem eine Person über das notwendige Wissen und die Fähigkeiten verfügt, die über eine angemessene Berufsentscheidung notwendig sind“ (ebd., 2012b, S. 136).

Das Erreichen der Berufswahlkompetenz ist für jeden Jugendlichen essentiell auf dem Weg ins Berufsleben.

Wird das Ganze mehr aus der Warte der SchülerInnen gesehen, beschreibt es der Pakt für Ausbildungsreife so:

„Jugendliche kennen ihre eigenen Bedürfnisse und berufsbedeutsamen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse und können diese mit wesentlichen Aspekten und Anforderungen von Berufen in Beziehung setzen. Sie nutzen vorhandene Informationsmöglichkeiten, um sich über Berufe und deren

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Anforderungen zu informieren. Jugendliche können ihre Motive für eine Berufswahlentscheidung wahrnehmen und benennen“ (Bundesagentur für Arbeit 2009, S. 58).

Die Berufswahlkompetenz stellt einmal die Grundvoraussetzung für alle Jugendlichen dar, die eine Ausbildung beginnen möchten.

„Sie ist im Sinne der berufspädagogischen Kompetenzsystematik eine Personalkompetenz, die im Rahmen des Sozialisationsprozesses in einer komplexen Person-Umwelt-Interaktion erworben wird und durch gezielte Maßnahmen verbessert werden kann“ (Ratschinski 2012b, S. 136).

Betont wird dabei im Sinne von Baumann und Kuhl der Besitz einer guten Selbstwahrnehmung, Berufswissen und die Kompetenz, Entscheidungen treffen zu können, begleitet von Emotionen wie Selbstbestimmung, positiver Selbstwert und Selbstwirksamkeit, um zu Berufswahlkompetenz zu kommen (vgl. ebd., 2012b, S. 136).

Eine erfolgreiche Berufswahlkompetenz ist der Startschuss zum erfolgreichen Ausbildungsbeginn in der Pflege. Das bedeutet auch, dass sich der/die SchülerIn im Vorfeld mit dem Berufsbild und den Anforderungen auseinandergesetzt hat.

Wie qualitativ ausreichend Meinung und Grundverständnis sind, bleibt wegen unterschiedlicher Zugangswege erst einmal im Dunkeln.

Dabei sind soziale- bzw. sozialkommunikative Kompetenzen Grundvoraussetzung für Pflegefachpersonen (vgl. Lay 2012a, S. 282).

Der Begriff soziale Kompetenz, geht zurück in die 70er Jahre und das Augenmerk liegt hinsichtlich dieser Kompetenz seitdem stark auf Kindern und Jugendlichen.

In Folge dessen trat die emotionale Kompetenz stark in den Blickpunkt (vgl.

Friedlmeier/Holodynski 1999; von Salisch 2002 zit. n. Hurrelmann, Grundmann, Walper 2008, S. 19).

Zum allgemeinen Verständnis ist anzumerken, dass die Begriffe soziale Intelligenz, emotionale Intelligenz und soziale Fertigkeiten in der Forschung mit unterschiedlichen Herangehensweisen im Gleichklang verwendet werden. Der Zusammenhang zwischen sozialer Kompetenz und den oben genannten, teils

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synonym verwendeten Begriffen wird in folgender Abbildung graphisch dargestellt (vgl. Kanning 2005, S. 10ff.).

Abb. 2 „Beziehung zwischen sozialer Kompetenz und verwandten Konzepten“ (Kanning 2005, S. 12).

In der Abb. 2 wird die soziale Kompetenz als Oberbegriff dargestellt, der die übrigen Konzepte umfasst (vgl. Kanning 2005, S. 12). Die soziale Intelligenz [...]

„bietet die Basis für die Verarbeitung sozialer Informationen und die Steuerung des Sozialverhaltens“ (Kanning 2005, S. 12). Die emotionale Intelligenz beinhaltet Selbstaufmerksamkeit und emotionale Stabilität und die sozialen Fertigkeiten sind die Grundvoraussetzung für gelebtes Sozialverhalten (vgl.

Kanning 2005, S. 12).

Dabei geht es mehr um die Vorteile und Wichtigkeit sozialer Kompetenzen als um die Entstehungsbedingungen (vgl. Hurrelmann et al. 2008, S. 19).

Allgemein ist im Gesundheits- und Krankenpflegegesetz der Bundesrepublik Deutschland zum Thema Kompetenzen folgendes zu lesen:

„§ 3 Ausbildungsziel: 1. Die Ausbildung für Personen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 soll entsprechend dem allgemein anerkannten Stand pflegewissenschaftlicher, medizinischer und weiterer bezugswissenschaftlicher Erkenntnisse fachliche, personale, soziale und methodische Kompetenzen zur verantwortlichen

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Mitwirkung insbesondere bei der Heilung, Erkennung und Verhütung von Krankheiten vermitteln. Die Pflege im Sinne von Satz 1 ist dabei unter Einbeziehung präventiver, rehabilitativer und palliativer Maßnahmen auf die Wiedererlangung, Verbesserung, Erhaltung und Förderung der physischen und psychischen Gesundheit der zu pflegenden Menschen auszurichten. Dabei sind die unterschiedlichen Pflege- und Lebenssituationen sowie Lebensphasen und die Selbständigkeit und Selbstbestimmung der Menschen zu berücksichtigen (Ausbildungsziel)“ (Bundesministerium der Justiz 2003, S.5).

Im sehr gelobten österreichischen Krankenpflegegesetz ist solch eine Kompetenzgliederung bisher nicht zu finden (vgl. Lay 2012a, S. 283).

Kompetenzen finden aber während der Ausbildung von Beginn an durch Zielvereinbarungsbögen Beachtung. So werden in einem Beurteilungsbogen einer Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Österreich nachfolgend Kriterien zur jeweiligen Kompetenzerfassung erhoben.

Kriterien für die persönliche Kompetenz:

 Haltung/ Verantwortlichkeit

 Reflexionsfähigkeit

 Leistungsbereitschaft

 Organisationsfähigkeit

 Eigenständigkeit

 Flexibilität

Kriterien für die soziale Kompetenz:

 Beziehungsfähigkeit

 Kommunikationsfähigkeit

 Konfliktfähigkeit

 Kritikfähigkeit

 Teamfähigkeit/ Integrationsfähigkeit Kriterien für die Fach- und Methodenkompetenz:

 Wahrnehmungsfähigkeit/ Beobachtung

 Wissen

 Sicherheit im beruflichen Handeln (Qualität)

 Gesundheitsförderung

 Ökonomie

 Analyse-/ Synthesefähigkeit

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In manchen Einrichtungen, z.B. in einer privaten Institution in Wien, die in der Gesundheits-und Krankenpflege mit einem höheren Abschluss z.B. Bachelor abschließen, gibt es eigene, selbst erstellte Curricula, die Kompetenzen beinhalten. Das Curriculum war auf Anfrage nicht einsehbar.

Kanning unterstreicht in seiner Literatur anhand von Publikationen die extreme Wichtigkeit der sozialen Kompetenz im Beruf anhand von Berufsbeispielen (vgl.

Kanning, S. 14). [...] „es handelt sich um Tätigkeiten, bei denen der Einzelne mit anderen Menschen – insbesondere mit Kunden oder unterstellten Mitarbeitern – erfolgreich interagieren muss“ (Kanning 2005, S. 14).

Soziale Kompetenz stellt das non plus Ultra in unserer Gesellschaft in jeder Lebenslage dar.

Das heißt konkret, dass die Fähigkeit des Beziehungsverhaltens und die Übernahme von Verantwortung ausgeprägt sein muss, aber auch die Konfliktbewältigung ist ein großes Thema. Weitläufig existiert immer noch die Meinung der Schulen, dass Sozialverhalten hauptsächlich Leistungsbereitschaft, Sorgfältigkeit und Zuverlässigkeit bedeutet. Doch es ist die Schule, die den Wegweiser aufstellt z.B. hinsichtlich allgemeinem Verhalten oder Teamfähigkeit (vgl. Largo/Czernin 2008, S. 321).

Affektive Empathie und Mitgefühl sind Grundvoraussetzung für die Ausbildung sozio-moralischer Kompetenzen und geben den Eltern die Aufgabe, durch Erklärungen mittels Perspektiven- oder hypothetischen Rollenwechsels z.B.

unterschiedlich zur Kompetenzerweiterung ihrer Kinder beizutragen (vgl. Keller/

Malti 2008, S. 415).

Dabei agieren Eltern und LehrerInnen als Vorbilder und Erziehung spielt nur eine untergeordnete Rolle. Gehen diese wichtigen Bezugspersonen in einfühlender Art und Weise auf die jungen Menschen ein, so ist die Voraussetzung für die Entwicklung zum sozialen Wesen geschaffen. Jugendliche, die aufgrund dieser positiven Vorbilder Empathie herausbilden konnten, haben viele Vorteile. Sie können ihre eigenen Gefühle besser benennen und auf Bedürfnisse von anderen Menschen besser eingehen. Dadurch haben sie eine höhere soziale Kompetenz, als die Jugendlichen, die diese Erfahrungen nicht sammeln konnten und erfreuen sich auch größerer Beliebtheit (vgl. Largo/Czernin 2008, S. 97).

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Jugendliche benötigen dafür die Plattform der Umwelt, damit ihre Fähigkeiten wachsen können. Dies ist die Voraussetzung zum Aufbau von Kompetenzen. Ein solcher Prozess beinhaltet die Ablösung von den Eltern, das Zurechtfinden in der eigenen Geschlechterrolle, Aufbau von Freundschaften und die Akzeptanz der eigenen körperlichen Veränderungen etc. (vgl. Bojanowski 2012, S. 123).

Da in dieser Arbeit der Schwerpunkt auf der Pflegeausbildung liegt, werden weitere pflegerelevante Kompetenzen aufgezeigt. Diese sollen die Richtung des weiteren Verlaufes der Ausbildung demonstrieren, sind aber keine Voraussetzung, um mit der Ausbildung beginnen zu können. Sie zeigen, welche Kompetenzen von Pflegepersonen erwartet werden, um in der Berufsausübung entsprechende Pflegequalität zu gewährleisten.

Eine praxisnahe, graphische Darstellung der Kompetenzen stellt das Komponentenmodell der Pflegequalität, welches von der Interaktion ausgeht sehr anschaulich dar (vgl. Lay 2012a, S. 282).

Abb. 3 „Komponenten der Pflegequalität“ (Lay 2012, S.282).

Dieses Modell in Abb. 3 meint zusammenfassend: „Pflegerische Kompetenz zeigt sich darin, eine Pflege zu gestalten, die wirksam, sicher und wirtschaftlich ist und sich auch im zwischenmenschlichen Umgang verantworten lässt“ (Lay 2012a, S.

282).

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Daran ist zu erkennen, wie wichtig die Voraussetzung der sozialen Kompetenz ist.

Gelebt wird das als bewährt beschriebene Modell an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule im Landkreis Emmendingen in Deutschland und schließt die gesamte theoretische und praktische Ausbildung mit ein (vgl. Lay 2012a, S. 283).

Der Artikel verzichtet auf die Schwierigkeit der Kompetenzerkennung durch die jeweiligen PrüferInnen bei SchülerInnen und gibt nicht an, ob eine angepasste Form zur Kompetenzerkennung und Ausbildungsreife dieses Berufes in einem Vorstellungsgespräch oder Assessment stattfindet, bzw. wie SchülerInnen, die Defizite in der so wichtigen Sozialkompetenz aufweisen, begleitet und unterstützt werden.

Nach Austausch mit Reinhard Lay über die neuen Medien in Bezug zum Thema Kompetenzen und BewerberInnenverfahren antwortete dieser folgendes:

„Die Kompetenzen werden in Form der beobachteten Performanz hinsichtlich der Komponenten der Pflegequalität bewertet. Es treten nach meiner 16-jährigen Erfahrung keine spezifischen Schwierigkeiten auf. Wir verwenden kein BewerberInnen-Assessmentverfahren; es gibt keine Aufgaben oder Prüfungen, sondern ein individuelles Bewerbungseinzelgespräch mit 1-3 Vertretern der Schule“ (Lay 2013).

Der Begriff Performanz beschreibt „tatsächlich erbrachte und beobachtbare Leistungen“, während zur Unterscheidung der Fachbegriff Kompetenz „das Potential eines Subjekts“ meint. Die Aneignung von Kompetenzen ist mit der Persönlichkeit eines Jeden eng verwoben und von Bildungszielen abhängig (vgl.

Darmann-Finck/Glissmann 2011, S. 195). Der Ansatz der beobachtenden Performanz [...] „wird deswegen kritisiert, weil er zu stark auf beobachtbares Verhalten fokussiert, nicht die dahinterliegenden Begründungen und Fähigkeiten berücksichtigt und auf das Training von Idealverhalten abzielt“ (ebd., 2011, S.

200).

Auch in allgemeinen Schulbereichen wird von der Benotung alleine abgesehen und der Weg geht geradewegs zur Beurteilung von Kompetenzen.

Professor Dr. Gerald Hüther spricht den Noten allein ihre Wichtigkeit ab und unterstreicht die Hinführung zu Metakompetenzen, wie z.B. die Fähigkeit sich in

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andere hineinzuversetzen, komplexe Situationen meistern zu können, bei Schwierigkeiten klare Entscheidungen zu treffen. Dies alles schreit nach einer anderen Art des Unterrichtens (vgl. Hüther 2012, S. 30).

Diese allgemeingültigen Kompetenzen treffen auch eins zu eins auf die Anforderungen eines pflegerischen Berufes zu.

Im Stuttgarter Modell, worauf in Kapitel 7 näher eingegangen wird, ist das Ziel der Ausbildung der Erwerb der pflegeberuflichen Handlungskompetenz. Dabei schreibt die Kultusministerkonferenz der Länder in Deutschland (KMK) die Erlangung einer breiten Handlungskompetenz und nicht nur die Erlangung von beruflichem Fachwissen vor (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 82).

Die nachfolgende Definition dazu macht klar, dass diese Kompetenz, gemessen an sehr jungen BerufsstarterInnen nicht vorausgesetzt werden kann. Die Saat dazu muss im Elternhaus und der Schule zum Keimen angelegt werden.

Die KMK (Kultusministerkonferenz der Länder) versteht unter Handlungskompetenz: „die Bereitschaft und Fähigkeit des einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht, sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Handlungskompetenz entfaltet sich in den Dimensionen von Fachkompetenz, Personalkompetenz und Sozialkompetenz. [...] Eine ausgewogene Fach-, Personal- und Sozialkompetenz ist die Voraussetzung für Methoden- und Lernkompetenz (vgl. KMK 1999, S. 9 zit. n . Kerngruppe Curriculum 2006, S. 83).

Hier sollen schon im Vorfeld beispielhaft die Einzelkompetenzen des Stuttgarter Modells aufgeführt werden, die sich an den Vorstellungen und Empfehlungen der KMK und unter Berücksichtigung der Vorgaben des Krankenpflegegesetzes anlehnen.

66 Zu diesen Komponenten zählen:

1. „Analytisch- reflexive Begründungskompetenz 2. Praktisch- technische Kompetenz

3. Interaktive Kompetenz

4. Ethisch- moralische Kompetenz

5. Gesellschafts- und berufspolitische Kompetenz 6. Organisations-/ systembezogene Kompetenz

7. Planungs- und Steuerungskompetenz“ (Lay 2012a, S. 282).

Diese Kompetenzen des Stuttgarter Modells für integrative Pflegeausbildung sind an den konstitutiven Kompetenzen professionellen Pflegehandelns von Weidner angelehnt, welche pflegewissenschaftliche Begründungstendenz und Entscheidungs- und Handlungskompetenz inkludieren. Letztere verlangt von den SchülerInnen unter Problematiken angemessene Entscheidungen treffen zu können und manifestiert sich stark in einer praktisch-technischen, klinisch-pragmatischen und ethisch-moralischen Kompetenz (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 84).

Im Folgenden wird hier das sogenannte Stufenmodell des Kompetenzerwerbes dargestellt, um beispielhaft aufzuzeigen, dass Kompetenzen im Laufe der Ausbildung systematisch zum Wachsen gebracht werden können. Sowohl die Handlungskompetenz zeigt eine Steigerung von Niveau I bis III, als auch die dazugehörige Erkenntnisstufe. Die Betonung dabei liegt in der Auseinandersetzung mit den Anforderungen der Realität des Krankenhausalltags, so dass die einzelnen Stufen auch sicher erklommen werden können. Dies wird verdeutlicht in der nächsten Abbildung (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 92).

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Abb. 4 Stufenmodell des Kompetenzerwerbs der integrativen Pflegeausbildung nach dem Stuttgarter Modell (Kerngruppe Curriculum 2006, S.93).

Auf die einzelnen Stufen wird nicht weiter eingegangen, da diese Kompetenzen keine Grundvoraussetzung für den Start in die Pflegeausbildung sind.

Erwähnt werden sollten auch die sogenannten Schlüsselkompetenzen, die gegenüber den Schlüsselqualifikationen, welche eine bereits gelungene Arbeit beschreiben, bevorzugt wurden. Dieser Begriff der Schlüsselkompetenzen entstand durch die Erweiterung von der rein kognitiven Ebene der Schlüsselqualifikationen zu sozialen, emotionalen und motivationalen Komponenten der Persönlichkeit (Kerngruppe Curriculum 2006, S. 85). Die Schlüsselkompetenzen finden allgemein schon längere Zeit Beachtung, allein durch permanente Veränderungen des Gesundheitssystems, sind aber empirisch nicht vollständig gesichert (vgl. Dietze 2011, S. 133). „Um diesen gerecht zu werden, muss bereits die Ausbildung dazu beitragen, die notwendigen Kompetenzen auszubilden. Fächerübergreifende und persönlichkeitsorientierte Ziele haben zwar durch die Novellierung des Krankenpflegegesetz Eingang in neue Ausbildungsverordnungen gefunden, jedoch ohne dass die didaktische Umsetzung für die beteiligten Lehrkräfte geklärt wurde“ (ebd., 2011, S. 133f.).

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Kritisch anzumerken ist dabei, wie bei einer quantitativen Untersuchung bestätigt, dass Kompetenzen wie Belastbarkeit, Gesprächsführung, Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit bei Lehrkräften zunehmend im Vergleich zu aktivem Pflegepersonal bedeutungslos werden. Das Problem der Vermittlung derselben entsteht, wenn, wie im Gesetz neu geregelt, nur noch PraxisanleiterInnen zur Anleitung am Krankenbett tätig sein müssen und die Ausbildungsstätte keinem Klinikum unmittelbar angegliedert sein muss (vgl. Dietze 2011, S. 140).

Zum besseren Überblick werden in der nachfolgenden Abbildung Schlüsselkompetenzen der Pflege dargestellt.

Abb. 5 Schlüsselkompetenzen in der Pflege

Bei aller Diskussion um Kompetenzen gilt folgender Satz: „Jeder Mensch, der schon eine Weile gelebt hat, hat gelernt, sich selbst und die Welt als etwas Bestimmtes zu erfahren. Der daraus entstandene Stil prädestiniert ihn zu einer besonderen Kompetenz. Sie ist individuell einzigartig und lässt sich allein nach der Form unterscheiden. Sie bezeichnet nichts anderes, als die unfassbare Leistung eine Person zu sein“ (Koch und Straßer 2008 zit. n. Koch 2012, S. 183).

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Auch die Motivation generell ist ein großes Thema dieser Altersgruppe und immer wieder Schwankungen unterlegen.

Motivation und Emotion im Bezug auf die „Ausbildungsreife“ sind besonders bei jüngeren TeilnehmerInnen große Einflussfaktoren beim Berufsstart in die Pflege, da die persönliche Kompetenz aufgrund der Adoleszenz bei vielen noch nicht ausgeprägt vorhanden ist. Motivation und Emotion sind in dem Alter stark geprägt von Versagensängsten und Unsicherheiten und bedingen sich gegenseitig. Es wäre darum sehr wünschenswert, wenn alle LehrerInnen die Handlungskompetenz besäßen, diese entwicklungsbedingten Probleme zu erkennen und positiv zu beeinflussen. Dabei schließt eine schwächere soziale Kompetenz zu Ausbildungsbeginn nicht aus, dass diese unter gezielter Förderung und Unterstützung nicht schnellstmöglich erreicht werden kann, dafür ist eine Ausbildung zu sehr ein Prozess und immer dynamisch. Das Vorhandensein von passenden Kompetenzen von 16- jährigen SchülerInnen bei Ausbildungseintritt in die Pflege befähigt auf der anderen Seite nicht alleine zu einer gut ausgebildeten Pflegekraft, vielmehr muss an der Kompetenzerhaltung und -erweiterung gearbeitet werden, um trotz Entwicklungsstörungen in der Reife oder fehlender Motivation den Standard halten zu können, damit die SchülerInnen und die Umwelt einen Nutzen aus dem Erlernten ziehen können. Dabei ist ein gewisses Maß an sozialer Kompetenz unabdingbar.

Darum wird in der Pflege während der Ausbildung stark auf Zielvereinbarungskataloge gesetzt, die persönliche-, soziale- und Fachkompetenz im Verlauf überprüfen. Diese sollen die Motivation und den Ehrgeiz der Schüler am Laufen halten. Sie sollten daher vor Beginn der Ausbildung so transparent sein, dass Jugendliche bereits im Vorfeld wissen, welche Erwartungshaltung an sie herangetragen wird.

Die Ziele sollen nicht unerreichbar sein, vielmehr sollen sie einen herausfordernden Charakter besitzen. Bei Nichterreichen sind Hilfestellungen zur Zielerreichung notwendig. Effektiv kann dieses Prinzip nur bei vorhandener Sozialkompetenz sein (vgl. Kanning 2005, S. 16).

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Nach dem auf die Pflegeaus- und weiterbildung ausgelegten Kompetenzverständnis von Patricia Brenner (1994, 2000) ist eine Kompetenzentwicklung nur möglich, wenn eine Tätigkeit plötzlich schwierig und herausfordernd ist, die nicht mit der normalen Routine abgehandelt werden kann.

Die Entwicklung von Kompetenzen ist nach ihrer Vorstellung ein längerer Prozess von eigenem reflektierendem Tun, dessen Qualität mehr und mehr zunimmt (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 86).

Wird die Meinung zum Thema Kompetenz von Brenner analysiert, zeigt sich, dass die SchülerInnen zu Beginn ihrer Ausbildung keine berufsrelevanten Kompetenzen haben müssen, sondern dass sie sich erst während ihrer gesamten Ausbildung aufsteigend entwickeln. Der Erwerb der pflegeberuflichen Handlungskompetenz kann nur während der Ausbildung stattfinden. Die Tendenz dahin kann wie im Bewerbertag des Stuttgarter Modells an Alltagssituationen ausgetestet und beobachtet werden. Dabei werden die SchülerInnen getreu der Maslow’schen Bedürfnispyramide in ihrem Sicherheitsempfinden bestärkt, sie finden sich leichter zurecht und verlieren nicht den Mut.

Des Weiteren beschreibt Erpenbeck (2003) Kompetenzdiagnostik- und entwicklung so: „Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert, aufgrund von Willen realisiert“ (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 87).

Werden die Ausführungen von Erpenbeck betrachtet, so ist Kompetenzentwicklung ein Konglomerat von vielen äußeren und inneren Faktoren, die sich erst aufeinander einspielen müssen. Ein wichtiger Einflussfaktor stellt der individuelle Entwicklungszustand des Jugendlichen dar.

Dadurch bekommt die Bezeichnung „Ausbildungsreife“ einen ganz anderen Charakter. Sie ist in erster Linie an der persönlichen und sozialen Kompetenz orientiert, unter der Voraussetzung berufsbedingter Neigungen, mit denen sich der junge Mensch wünschenswerterweise im Vorfeld genug auseinandergesetzt hat.

In diesem Zusammenhang handelt es sich bei den oben dargestellten Kompetenzen nicht mehr um „originäre“ von „zu Hause“ im Rahmen der primären Sozialisation erworbenen Kompetenzen, sondern um Basis- und Leistungskompetenzen, die sekundär während der Schulzeit und durch

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Vorbildfunktion erfahrener Berufstätiger in der Pflege entstehen (vgl. Kerngruppe Curriculum 2006, S. 87). „Denn Kompetenz entsteht vor allem durch einen aktiven Auseinandersetzungs- und Aneignungsprozess“ (Kerngruppe Curriculum 2006, S. 95).

Also müsste per se jede/r SchülerIn, unter Berücksichtigung der Grundvoraussetzungen und der sozialen Kompetenz, einen Ausbildungsplatz bekommen und als ausbildungsreif für diesen Beruf gelten, da es an der Ausbildung und allen zugehörigen MitstreiterInnen als solchen liegen mag, die so ausgelegt sein sollte, dass eine stetige Kompetenzentwicklung von Beginn an von statten gehen müsste.

Kompetenzvoraussetzungen und deren Überprüfungen im Beruf der Pflege sind Wahrnehmungsfehler in der Bewertung unterlegen. Die Autorin war während ihrer Zeit als Gesundheits- und Krankenschwester bei verschiedenen Kompetenzbewertungen dabei und das größte Problem war, das oftmals der Konsens zum Grundverständnis der Begriffe fehlte, die eine gerechte Bewertung erschwerten.

Es fehlt in der Pflege generell das richtige Werkzeug, um Pflegekompetenz diagnostizieren zu können. Wenn mittels gestellten Situationen versucht wird, eine Kommunikationsszene zwischen PatientInnen und Pflegepersonen fiktiv zu erzeugen, ist die Echtheit der sozialen Kompetenz im Ergebnis anzuzweifeln (vgl.

Darmann-Fink et al. 2011, S. 199).

Dabei stellt sich die Frage, wie aussagekräftig gestellte Situationen in einem Assessment zu sehen sind? Der Diagnostik kommt auch in diesem Bereich eine Schlüsselrolle zu.

In diesem Zusammenhang ist ein Augenmerk auf das aktuelle Voranschreiten der PISA-Studie zu werfen. Dabei wird zusätzlich die Teamfähigkeit, und das Verantwortungsbewusstsein von 15-jährigen Schülern gemessen (vgl. Rollin 2009, S. 51).

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Schleicher, der Begründer der PISA- Studie, beschreibt die Schlüsselfragen, die sich ihm stellen, folgendermaßen:

 „Werden die Jugendlichen heute in der Schule gut genug gerüstet, um sich in der Welt von morgen zurechtzufinden?

 Verfügen sie über jene Grundkompetenzen, auf deren Basis sie sich selber Bildung aneignen können?

 Und können sie das, was sie in der Schule gelernt haben, auf neue Zusammenhänge übertragen?“ (ebd., 2009, S. 51).

PISA bezieht sich dabei nicht nur, wie allgemein angenommen, auf kognitive Leistungen und Abfragen von Wissen, sondern inkludiert die wichtige Grundvoraussetzung der sozialen Kompetenz.

Und diese Meinung unterstreicht das Wunschdenken der Gesellschaft. Es gibt bereits allgemeinbildende Schulen, die Fächer wie „Verantwortung“ und

„Herausforderung“ lehren, deren SchülerInnen dies in Altenpflegeheimen und bei selbstorganisierten Reisen begreifen können. Nach neueren Meldungen der Industrie- und Handelskammer unterstrichen 40 Prozent der Unternehmer die Wichtigkeit von „guten persönlichen und sozialen Kompetenzen“ vor schulisch erlernten Kenntnissen. „Fähigkeiten wie Teamgeist und Rücksichtnahme, Empathie und Umsicht“ werden als herausragend dargestellt (vgl. Hauser 2012, S.

„Herausforderung“ lehren, deren SchülerInnen dies in Altenpflegeheimen und bei selbstorganisierten Reisen begreifen können. Nach neueren Meldungen der Industrie- und Handelskammer unterstrichen 40 Prozent der Unternehmer die Wichtigkeit von „guten persönlichen und sozialen Kompetenzen“ vor schulisch erlernten Kenntnissen. „Fähigkeiten wie Teamgeist und Rücksichtnahme, Empathie und Umsicht“ werden als herausragend dargestellt (vgl. Hauser 2012, S.