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Auswertungsmethode

3. Material und Methoden

3.2. Bewegungsanalyse-Versuche auf natürlichem Boden

3.3.7. Auswertungsmethode

3.3.7.1. Analyse der kinematischen Daten in Simi Motion

Die aufgezeichneten Hochfrequenzvideos werden mit dem Programm „Virtual Dubx86“

komprimiert und anschließend in das Programm Simi Motion geladen. Hier kann nun nach Kalibrierung der Kameras für jede Kamera ein „Tracking“ der jeweiligen Marker am Pferd durchgeführt werden, d.h., die einzelnen Marker werden in der Software benannt und der Bewegungsverlauf jedes einzelnen Markers wird von der Software registriert.

Diese „Markerverfolgung“ wird von der Autorin kontrolliert und ggf. korrigiert, bis jeder einzelne Markerverlauf in jeder Kamera von der Software erfasst ist.137

Während des Trackings werden die Aufnahmen erneut auf ihre Auswertbarkeit für den Versuch kontrolliert. Nur wenn das Pferd regelmäßig, losgelassen und unbeeinflusst läuft und keine Ablenkung des Pferdes zu erkennen ist (wie z.B. offensichtliches zur Seite Schauen mit gespitzten Ohren), kann die Aufnahme ausgewertet werden. Bei manchen Aufnahmen mussten daher einzelne Gangzyklen unbeachtet bleiben.

Abbildung 3.25: Entspannt laufendes, losgelassenes Pferd (Proband K) während einer Aufnahme im Schritt.

137 Falls es bei einem schwer zu verfolgenden Marker zu sehr rauhen Kurven kommt (erfasster Punkt bleibt von Bild zu Bild nicht in der Mitte des Markers, sondern springt innerhalb des Markers hin und her), werden diese mit der Funktion „Glätten: wenig“ in Simi Motion geglättet. Zuweilen werden Marker verdeckt (rglm.

z.B. durch das kontralaterale Bein) und es ergeben sich einzelne Lücken in der Markererfassung. Für die Berechnung von 3D-Koordinaten ist die Erkennbarkeit des Markers in mindestens zwei der drei Kameras nötig. Ist dies nicht mehr gegeben, entstehen auch in den 3D-Koordinaten Lücken. Der Umgang mit diesen Lücken ist im Anhang detailliert beschrieben („Umgang mit lückenhafter Markererfassung“, ab S. 281).

Nach Aufbereitung aller Marker berechnet Simi Motion mithilfe der Kalibrierdaten der Ka-meras 3D-Koordinaten für alle Marker zu jedem Aufnahmezeitpunkt. Diese werden in das Programm „Microsoft® Excel® 97-2003“ importiert.

Abbildung 3.26: Beispiel des 3D-Koordinatenverlaufs eines Halsmarkers im Trab (Marker C1 li, Pro-band A). Die häufig sinusförmigen Kurvenverläufe sowie die Vergleichbarkeit der Trittzyklen sind hier deutlich erkennbar.

Abbildung 3.27: Beispiel des 3D-Koordinatenverlaufs eines Wirbelsäulenmarkers im Trab (Marker Th11, Proband A).

Abbildung 3.28: Beispiel des 3D-Koordinatenverlaufs eines Kronrandmarkers im Trab (Marker Kron-rand VL, Proband A). Deutlich zu erkennen ist anhand der Y-Koordinate die gleichmäßige Vor- und Rückführung des Beines.

3.3.7.2. Berechnungen mit den kinematischen Daten in Microsoft Excel

In Microsoft Excel werden die Daten für die Berechnung aufbereitet und die weiteren Berechnungen durchgeführt.

3.3.7.2.1. Berechnung der Gangzyklen

Zur Einteilung der Gangzyklen wird die Bewegung des Markers auf dem linken Tuber coxae in z-Richtung (vertikal) herangezogen sowie zusätzlich die Vor- und Rückführunng des linken Vorderbeines (im Schritt) bzw. des linken Hinterbeines (im Trab), definiert durch die Bewegung des entsprechenden Kronrandmarkers in y-Richtung (Bewegungs-richtung). Ein Gangzyklus beginnt im Schritt dann, wenn der li. Hüftmarker maximal tief ist und sich gleichzeitig das linke Vorderbein in Rückführung befindet; im Trab, wenn der li. Hüftmarker maximal tief ist und gleichzeitig das linke Hinterbein vorgeführt wird.138

138 Die unterschiedliche Einteilung ergab sich aus der Notwendigkeit, den Zeitpunkt des Gangzyklusbe-ginns automatisch so berechnen zu lassen, dass sich bei allen Pferden korrekte Zyklen ergeben. In der genannten Weise traf dies für alle Probanden zu.

Abbildung 3.29: Beispiele für die Gangzykleneinteilung in Schritt (oben, Proband H) und Trab (un-ten, Proband A). Y, Z = 3D-Koordinaten

I.d.R. können im Schritt 4-5 und im Trab 6-9 Gangzyklen pro Aufnahme ausgewertet wer-den. Meist sind diese aufeinanderfolgend; gibt es jedoch z.B. in der Mitte der Aufnahme eine Störung (z.B. Pferd stolpert oder guckt kurz zur Seite), so dürfen alle betroffenen Zyklen nicht mit ausgewertet werden.

3.3.7.2.2. Berechnung des Abstellungswinkels

Bei einem „gerade“ laufenden Pferd wäre in den symmetrischen Gangarten Schritt und Trab zu erwarten, dass die Längsachse der Bewegungsrichtung entspricht. Um dies zu überprüfen, wird die Längsachse des Pferdes berechnet als Gerade, die den Mittelpunkt zwischen den Markern an der Schulter (Tuber spinae scapulae li./re.) mit dem zwischen den Markern an der Hüfte (Tuber coxae li./re.) verbindet; dabei werden nur die x- und y-Koordinaten verwendet, da die Höhe der Marker für diese Auswertung unerheblich ist; es wird also die Längsachse des Pferdes auf die Laufebene projeziert.

Die Marker längs den Dornfortsätzen der Wirbelsäule werden hier bewusst nicht verwen-det, da eine evtl. bestehende Biegung sonst die Position der Längsachse verfälschen könnte (Rotation der Dornfortsätze um die Längsachse!).

Abbildung 3.30: Verdeutlichung der Berechnung des Abstellungswinkels. Links die Laufbandebene in der Aufsicht mit den Markerpunkten an Schulter (SL = Schulter links, SR = Schulter rechts) und Hüfte (HL = Hüfte links, HR = Hüfte rechts) und den daraus zu berechnenden Mittelpunkten S und H, durch die die Längsachse des Pferdes (g) verläuft. Der schwarze Pfeil marliert die Laufrichtung.

Rechts Verdeutlichung des Abstellungswinkels α.

Die Punkte SL („Schulter links“), SR („Schulter rechts“), HL („Hüfte links“), und HR („Hüfte rechts“), werden bestimmt, indem die Mittelwerte der jeweiligen Markerkoordinaten139 über einen Gangzyklus errechnet werden. Die Punkte S und H stellen jeweils die Mitte zwischen SL und SR bzw. HL und HR dar. Durch S und H wird die Gerade g (entspricht der Längsachse des Pferdes) gezogen, deren Steigung m sich durch die Koordinaten von S und H berechnen lässt (xS/H bzw. yS/H: x- bzw. y-Koordinate von S bzw. H):

g(x) = mx + n m = H-yS

H-xS

Der zweite Teil der Abbildung oben, in dem die Längsachse des Pferdes zur Verdeutli-chung stark schräg gezeichnet ist, zeigt den Abstellungswinkel α des Pferdes (in dem jeweiligen Gangzyklus).

tan(α) entspricht dem Kehrwert der Steigung, also . Damit ist der Winkel α = tan-1( ).

Ist die Hüfte gegenüber der Schulter nach rechts verschoben (wie in diesem Beispiel), so ist die Steigung negativ und es ergibt sich ein negativer Abstellungswinkel (AW). Diese Pferde werden als „rechtsabgestellt“ bezeichnet. Dagegen ist der Winkel positiv, wenn die Hüfte nach links verschoben ist (Bezeichnung „linksabgestellt“).

3.3.7.2.3. Vor- und Rückführung der Gliedmaßen

Um die (maximale) Vor- und Rückführung der Gliedmaßen seitenvergleichend beurteilen zu können, werden die Koordinaten der Kronrandmarker ausgewertet:

Die Maxima und Minima der Kronrandmarker in Bewegungsrichtung (y) werden erfasst;

um sie zu vergleichen, müssen sie in Beziehung gesetzt werden zu einem Referenzpunkt am Pferd, um eine Beeinflussung durch die momentane Position des Pferdes auf dem Laufband auszuschließen. Hierfür hat sich der Marker Th5 (y-Wert, jeweils im selben Bild wie das entsprechende Minimum o. Maximum) als geeignet erwiesen, da er bei allen Pferden im Moment der maximalen Vorführung einer Vgldm. immer hinter dem Kronrand-marker dieser Gldm. liegt, im Moment der maximalen Rückführung einer Vgldm. sowie im Moment der maximalen Vor- oder Rückführung einer Hgldm. immer vor dem Kron-randmarker dieser Gldm. liegt. Die Differenz zwischen dem entsprechenden y-Wert eines Kronrandmarkers und dem dazugehörigen von Th5 in einem bestimmten Gangzyklus

139 Tuber spinae scapulae li./re. und Tuber coxae li./re.

VL VR

ergibt den Vergleichswert zur kontralateralen Gliedmaße (s.u.: FPL, FPR etc.), der für die weitere Auswertung über mehrere Gangzyklen gemittelt werden kann.

Abbildung 3.31: Darstellung der max. Vor- und Rückführung der Gliedmaßen anhand einer Auf-nahme von Proband E. Das Verhältnis zwischen Vor- und Rückführung der einzelnen Beinpaare wird in der Aufsicht dargestellt (Laufrichtung nach oben im Bild). Die Pfeile zeigen die Vor- und Rückführung der einzelnen Beine, ihre Spitzen markieren jeweils den weitesten Punkt der Vor- bzw.

Rückführung (relativ zur jeweiligen Position des Markers Th5 in Bewegungsrichtung) und erlauben einen visuellen Vergleich mit derjenigen des kontralateralen Beins: Bei Symmetrie sind die Pfeil-spitzen der kontralateralen Beine auf gleicher Höhe. VL = vorne links, VR = vorne rechts, HL = hinten links, HR = hinten rechts. Weitere Legende s.u. im Text.

Die Berechnung zum Vergleich der Gliedmaßenpaare erfolgt folgendermaßen:

FP: Forelimb Protraction = Vorführung der Vorderbeine FR: Forelimb Retraction = Rückführung der Vorderbeine HP: Hindlimb Protraction = Vorführung der Hinterbeine HR: Hindlimb Retraction = Rückführung der Hinterbeine

VLmax [m]: y-Wert des Kronrandmarkers des linken Vorderbeins im Moment der maxi-malen Vorführung (= größter y-Wert des Gangzyklus)

VRmax, HLmax und HRmax gelten für die anderen Gliedmaßen entsprechend.

VLmin [m]: y-Wert des Kronrandmarkers des linken Vorderbeins im Moment der maxi-malen Rückführung (= kleinster y-Wert des Gangzyklus)

VRmin, HLmin und HRmin gelten für die anderen Gliedmaßen entsprechend.

yTh5 [m]: y-Wert des Markers auf Th5 in dem Moment, in dem die jeweilige Gldm.

Entfernung von Th5 in Bewegungsrichtung [m]

Höhe von Th5 Vor- und Rückführung in

Bewegungsrichtung, gemittelt über eine Aufnahme

ihren max. Vor- bzw. Rückführpunkt erreicht WH [m]: Stockmaß des jeweiligen Pferdes

Die berechneten Differenzen werden nun verglichen, indem der Wert (FPL, FPR etc.) des rechten Markers jeweils von dem des linken Markers subtrahiert wird; die Differenz wird dem Faktor 100 multipliziert und danach durch das Stockmaß des Pferdes geteilt. Das Ergebnis beschreibt den Unterschied der Vor- bzw. Rückführung zwischen rechter und linker Gliedmaße in % des Stockmaßes des betreffenden Pferdes. Dieser zur Symmet-riebeurteilung berechnete Quotient wird jeweils durch den zusätzlichen Buchstaben „Q“

gekennzeichnet. Die Berechnungen lauten also im einzelnen:

Vorführung Vorderbeine: FPQ [%] =

Die Quotienten haben jeweils den Wert 0, wenn die Beine beider Seiten gleich weit vor-geführt werden. FPQ und HPQ sind positiv, wenn die linke Gliedmaße weiter vorvor-geführt wird als die rechte, negativ im umgekehrten Falle. FRQ und HRQ sind positiv, wenn die rechte Gliedmaße weiter rückgeführt wird als die linke, negativ im umgekehrten Falle.

3.3.7.2.4. Wirbelsäulensymmetrie

Schritt und Trab sind symmetrische Gangarten. Bewegt sich die Wirbelsäule symmetrisch zur Längsachse des Pferdes, so müsste sie, von oben gesehen, über die Gangzyklen gemittelt die Form einer Gerade haben, da sich die nach rechts und links symmetrischen

Biegungen (Lateroflexionen) gegeneinander aufheben würden. Es geht hierbei also da-rum, ggf. auftretende asymmetrische Lateroflexionen140 der Wirbelsäule festzustellen.

Erneut werden hier zur Auswertung nur die x- und y-Koordinaten verwendet, also die Längsachse des Pferdes auf die Laufebene projeziert.141 Zur Auswertung werden die Halsmarker sowie alle Marker in der Medianen verwendet:142 Nasenrücken, Stirn, Schopfansatz, Genick, C1, C2/3, C3/4, C4/5, C5/6, Th5, Th8, Th11, Th14, Th17, L2, L5, S1. Um für die Halsmarker Werte in der Medianen zu erhalten, wird aus den x- und y-Koordinaten der paarigen Marker jeweils der Mittelpunkt zwischen rechtem und linkem Marker berechnet; nur dieser wird für die Auswertung verwendet. Die Position der Marker wird über je einen kompletten Gangzyklus gemittelt und kann anschließend über die ver-schiedenen Gangzyklen pro Aufnahme oder auch pro Gangart gemittelt werden.

Abbildung 3.32: Links: Aufsicht auf ein gebogenes Pferd auf dem Laufband. Die Kreise stellen die medianen Marker dar. Rechts: Schema der Aufsicht auf die medianen Marker der Pferde auf dem Laufband. Die Kreuze symbolisieren die Mittelwerte der Marker entlang der Wirbelsäule bzw. in der Medianen (über einen oder mehrere Gangzyklen), die schwarzen Pfeile zeigen die Laufrichtung.

Schwarz: Bsp. bei geradem Laufen und komplett symmetrischer Bewegung; rot: Bsp. bei schiefem Laufen, aber längsachsensymmetrischer Bewegung; blau: Bsp. bei geradem Laufen und im Mittel nach links gebogener Wirbelsäule.

Es ergibt sich eine „mittlere Wirbelsäulenform“, an der Asymmetrien u./o. Schiefhaltungen zu erkennen sind. Aufgrund der geringen seitlichen Beweglichkeit der Pferdewirbelsäule

140 Eine Lateroflexion ist natürlich immer asymmetrisch. Gemeint ist eine im Verlauf des Gangzyklus zu beiden Seiten unterschiedlich starke (daher asymmetrische) Lateroflexion, sodass sich im Mittel keine Ge-rade mehr ergibt.

141 S. Kap. „3.3.7.2.2 Berechnung des Abstellungswinkels“, S. 126

142 Erst in den Ergebnissen zeigte sich, dass nicht bei allen Pferden alle geforderten Marker zu allen Zeit-punkten erfassbar waren. Daher wurde eine Ergänzung der Methodik notwendig, die im Kap. „4.4 Zeigen die Pferde eine bevorzugte Biegung (auf dem Laufband gemessen)?“, S. 159, beschrieben wird.

nähert sich ihre mittlere Form grundsätzlich am ehesten einer Gerade an. Biegt ein Pferd sich aber ungleich (weit) zu beiden Seiten, so sind zwei Situationen biologisch denkbar (zusätzlich zur „Hauptkomponente“ Gerade):

- Die Wirbelsäule beschreibt eine Kurve in einer Richtung (einfache Biegung) - Die Wirbelsäule beschreibt eine S-Form (doppelte Biegung)

Varianten mit mehr als einem Wendepunkt sind biomechanisch nicht sinnvoll denkbar.

Um rechnerisch eine Einpassung der Markerkoordinaten in eine der drei Formen (Ge-rade, einfache Biegung, doppelte Biegung) zu erreichen und anhand der am besten pas-senden Zuordnung objektiv über die jeweilig vorliegende Form der Wirbelsäule (WS-Form) eines Pferdes (pro Gangart) zu entscheiden, werden die 3D-x- und 3D-y-Marker-koordinaten innerhalb des Koordinatensystems rechnerisch um 90° nach rechts um den Ursprung des Koordinatensystems gedreht.143 Da dadurch die neuen y-Werte negativ werden (zwischen 0 und -1), werden sie zum Erhalt positiver Werte durch Addition der Konstanten 1 in den positiven Bereich verschoben. So wird erreicht, dass die drei mögli-chen Formen unter Bildung einer Trendlinie nun mit definierten mathematismögli-chen Glei-chungen zu beschreiben sind:

Abbildung 3.33a: Zwei Beispiele für längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung (nach rech-nerischer Drehung der Marker): Die aus den mittleren Markern in der Medianen berechneten Trend-linien (schwarze Pfeile, die Pfeilspitze symbolisiert den Kopf) entsprechen einer Gerade. Die Lauf-richtung ist längs der x-Achse. In orange eingezeichnet die mittlere Position der Längsachse144 und der Schulter- bzw. Hüftmarker (Kreise). Die Längsachse ist schlecht zu sehen, da sich ihre Position mit der Trendlinie der Wirbelsäule deckt. Links ein gerade gestelltes Pferd, rechts eines mit Abstel-lung.

143 Das Pferd schaut somit im Koordinatensystem nach rechts und läuft entlang der x-Achse.

144 S. Kap. „3.3.7.2.2 Berechnung des Abstellungswinkels“, S. 126

Abbildung 3.33b: Zwei Beispiele für nicht längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung mit einfacher Biegung: Die aus den mittleren Markern in der Medianen berechneten Trendlinien be-schreiben eine Kurve, die sich mathematisch durch eine Funktion 2. Gerades bebe-schreiben lässt.

Links ein Pferd mit Linksbiegung bei leichter Abstellung (positiver Abstellungwinkel), rechts eines bei Rechtsbiegung mit starker Abstellung (negativer Abstellungswinkel). Sowohl die Abstellung als auch die Biegung sind zur Verdeutlichung stark übertrieben dargestellt.

Abbildung 3.33c: Zwei Beispiele für nicht längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung mit doppelter Biegung: Die aus den mittleren Markern in der Medianen berechneten Trendlinien be-schreiben eine S-Form, die sich mathematisch durch eine Funktion 3. Gerades bebe-schreiben lässt, deren Wendepunkt sich „im Pferd“ befindet. Links ein Pferd mit hinterer Rechts- und vorderer Linksbiegung (RL-Form), rechts eines mit hinterer Links- und vorderer Rechtsbiegung (LR-Form).

Beide Pferde zeigen keine Abstellung. Auch hier sind die Biegungen zur Verdeutlichung stark über-trieben dargestellt.

Die mathematischen Gleichungen für die verschiedenen WS-Formen lauten wie folgt:

Tabelle 3.3: Funktionsgleichungen für die Trendlinien der Wirbelsäulenformen

Wirbelsäulenform Funktionsgleichung

Längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung (Gerade,

Funktion 1. Grades) y= ax+b

Nicht längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung mit

ein-facher Biegung (Funktion 2. Gerades) y= ax²+bx+c

Nicht längsachsensymmetrische Wirbelsäulenbewegung mit

doppelter Biegung (Funktion 3. Grades) y=ax³+bx²+cx+d

Um entscheiden zu können, welche WS-Form vorliegt (d.h., welcher Gleichungstyp den Verlauf der gemittelten und gedrehten medianen Marker am genauesten beschreibt), wird

mithilfe eines Statistikprogramms145 mittels der Typ I SS-Analyse eines linearen Modells (GLM146) eine Regressionsgleichung 3. Grades für diese Marker angepasst. Nun wird zunächst überprüft, ob das jeweilige Rechenmodell statistisch signifikant und ist und da-mit als grundsätzlich korrekt angesehen werden kann. Ist dies der Fall, werden die Vari-ablen x, x² und x³ anhand des F-Tests der Type I SS-Analyse der GLM-Prozedur auf Signifikanz des F-Wertes geprüft. I.d.R. weist x den höchsten F-Wert auf (selten auch x²).

Um als relevant für die Trendlinie zu gelten, muss jeder Parameter außerdem eine Zu-satzbedingung erfüllen: Sein F-Wert muss mindestens 10% des F-Wertes von x (bzw. x², falls dieser der höchste ist) betragen. Die zutreffende WS-Form wird wie folgt ermittelt:

- Nur x erfüllt die Bedingungen: Wirbelsäule beschreibt eine Gerade, Gleichung 1.

Grades wird angewendet

- x und x² erfüllen die Bedingungen: Wirbelsäule beschreibt eine einfache Kurve, Gleichung 2. Grades wird angewendet; das Vorzeichen des zu x² gehörigen Koef-fizienten a zeigt die Richtung der Kurve:

- Koeffizient a ist negativ: Wirbelsäule beschreibt Rechtsbiegung - Koeffizient a ist positiv: Wirbelsäule beschreibt Linksbiegung

Abbildung 3.34: Beispiel für einfache Linksbiegung (schematische Aufsicht auf die Wirbel-säule des Pferdes, das entlang der x-Achse läuft; der Pfeil stellt den Kopf dar)

- Alle 3 Parameter erfüllen die Bedingungen: Es muss kontrolliert werden, ob der Wendepunkt der Gleichung „im Pferd“ liegt.147 Biologisch relevant im Sinne der Studie können aber keine Wendepunkte in Randbereichen sein. Daher wurde fest-gelegt, die vorderen und hinteren 25% der Länge der Wirbelsäule148 für die Wen-depunkte auszuschließen. Ein Pferd gilt also nur dann als S-förmig, wenn der Wendepunkt der x³-Gleichung in der mittleren Pferdehälfte liegt. Ansonsten wird wie oben eine Gleichung 2. Grades berechnet.

Ist das Kriterium erfüllt, gilt die Wirbelsäule als doppelt gebogen, die Gleichung 3.

Grades wird angewendet; das Vorzeichen des zu x³ gehörigen Koeffizienten a zeigt die Richtung der Kurve: