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Auswahl geeigneter Auditoren

Ein wichtiger Faktor für ein wirtschaftliches und wirksames Managementsystem ist die Vorgehensweise und der Auditor an sich. Für ein erfolgreiches Auditpro-gramm ist die Auswahl eines geeigneten Auditors von entscheidender Bedeu-tung. Seine Fähigkeiten und Kenntnisse entscheiden über die Vorgehensweise während des Audits. (vgl. Gietl/Lobinger 2012, S. 69) Von Auditoren werden angemessene Kompetenzen für das Verständnis eines Managementsystems ver-langt. Es werden ausreichend Qualifikationen benötigt, damit sichergestellt ist, dass Auditprinzipien und deren Methoden richtig eingesetzt werden. Kompe-tenzen und Qualifikationen müssen durch ausreichendes Wissen ergänzt wer-den, erst dann kann ein effizientes Audit durchgeführt werden. (vgl.

Gietl/Lobinger 2012, S. 72) Die ISO 19011 legt in den Kapiteln 7ff. Kompe-tenzen und Bewertungen für einen Auditor fest. Diese sollen in diesem Kapitel mit den Ergebnissen der qualitativen Interviews abgeglichen werden. Hierbei soll immer wieder Bezug auf die Textilindustrie genommen werden. Dies soll bei der Auswahl geeigneter Auditoren behilflich sein.

Ein Aspekt wurde in den Interviews sehr deutlich: Es ist äußerst wichtig, beim Auditor die richtige Wahl zu treffen. Durch einen fachlich kompetenten Auditor können die Ziele eines QM-Systems richtig vorangebracht werden.

Für die Auswahl eines geeigneten Auditors muss die ISO 19011 herangezogen werden. Die Norm beinhaltet Qualifikationskriterien für Auditoren und hat das Ziel, den Anwendern Kriterien „auf den Weg“ zu geben, um Kandidaten zu bewerten und ihre Auditortätigkeiten einschätzen zu können. Des Weiteren skiz-ziert die Norm ein Konzept zur Qualifikation von Auditoren.

In der Norm 19011 werden wesentliche Schritte für einen Bewertungsprozess aufgeführt:

 Kompetenzermittlung des Auditpersonals mit dem Ziel der Erfüllung des Auditprogramms,

 Festlegung der Bewertungskriterien für Auditoren,

 Auswahl der Bewertungsmethoden für Auditoren und

 Bewertungsdurchführung der Auditoren.

61 (vgl. DIN EN ISO 19011, 2011, S. 48)

Die Auditqualifikationen entscheiden über das Ergebnis eines Audits. Die Qua-lifikationen setzen sich aus vielen verschiedenen Faktoren zusammen, die in der Norm 19011 im Kapitel 7 beschrieben werden. Faktoren sind:

1. persönliches Verhalten von Auditoren (Kapitel 7.2.2), 2. allgemeines Wissen und Fertigkeiten von Auditoren (7.2.3.2),

3. Disziplin- und branchenspezifisches Wissen und Fertigkeiten von Audi-toren (7.2.3.3) und

4. allgemeines Wissen und Fertigkeiten eines Auditteamleiters (7.2.3.4; (vgl. DIN EN ISO 19011, 2011, S. 49ff.)

4.2.1 1. Persönliches Verhalten von Auditoren

Das Anforderungsprofil eines Auditors ist anspruchsvoll. So muss dieser eine außergewöhnliche Persönlichkeit und Führungseigenschaften vorweisen gepaart mit einem hohen Maß an Sozialkompetenz.

Die Norm listet eine Reihe von persönlichen Kompetenzen auf, die ein Auditor mitbringen muss. Dabei ist das Berufsethos die erste gelistete Kompetenz und zeigt somit deren Wichtigkeit. Die ISO 19011 verbindet mit dem Ethos Fairness, Wahrheitsliebe, Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Diskretion. In diesem Zusam-menhang sind die diplomatische Fähigkeit und der taktvolle Umgang mit Mitar-beitern von besonderer Bedeutung und unterstreichen die Wichtigkeit der sozi-alen Kompetenzen. Neben dem taktvollen Umgang muss der Auditor standhaft und entscheidungsfähig bleiben. Dies kann einen Auditor an seine Grenzen sto-ßen lassen. Die Akzeptanz solcher Audits kann bei Kollegen zu Unmut führen, da ein Auditor (interner oder extern) Schwachstellen in der Arbeitsweise der Kollegen aufdeckt. Hier ist deutlich zu betonen, dass Prozesse der Arbeitsweise eher auf dem Prüfstand stehen als die Kollegen. Den Mitarbeitern sollte in die-sem Zusammenhang der Zweck eines Audits deutlich sein, so können die Mit-arbeiter in den Veränderungsprozess mit einbezogen werden. Hier ist von einem Auditor Fingerspitzengefühl gefragt. Mitarbeiter können sich in einem Audit

auch Gehör für ihr Anliegen verschaffen. Ein Auditor sollte in solchen Situati-onen seine Teamfähigkeit und die hohe kommunikative Aufgeschlossenheit ge-genüber Kollegen zeigen. Die Verbesserungsvorschläge müssen aufgenommen werden, um eventuelle Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Auf der einen Seite sollen bei Abweichungen keine Mitarbeiter und Kollegen „an den Pranger gestellt“ werden, aber von einem Auditor wird eine gewisse Hartnäckigkeit ver-langt und er muss standhaft zu seinen Entscheidungen stehen. Ein guter Auditor muss in jeder Situation während der Audits „Herr der Lage“ bleiben, er darf sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Nach ISO 19011 muss ein Auditor „kulturell sensibel sein“. (DIN EN ISO 19011, 2011, S. 50) Die Norm meint in ihrer Anmerkung damit, dass der Auditor die Kultur der zu auditierenden Organisation zu berücksichtigen hat und diese auch respektieren soll. Diese Eigenschaft hat eine hohe Bedeutung für die Tex-tilindustrie. Die Branche ist sehr international aufgestellt und muss sich auf viele verschiedene Kulturen einstellen. Ein Auditor in der Textil- und Bekleidungs-branche sollte aus diesem Grund Erfahrungen mit dem Umgang verschiedener Kulturen vorweisen können.

4.2.2 2. Allgemeines Wissen und Fertigkeiten von Auditoren Ein Auditor muss Wissen und Fertigkeiten besitzen, um die richtigen Grunds-ätze, Verfahren und Methoden anzuwenden, die für die jeweiligen Audits ange-bracht sind. Ein QM-System muss im vollen Umfang von einem Auditor erfasst werden können. Nur dann ist ein Auditor in der Lage, Prozesse in Frage zu stel-len und Abweichungen festzustelstel-len. Ein Auditor muss sich auf die jeweilige Organisation einstellen. Dies gelingt jedoch nur dann, wenn die unterschiedli-chen Organisationsformen bekannt sind. Die organisatorische Konstellation muss von einem Auditor verstanden werden. Hier ist die Kultur der jeweiligen Organisation gemeint. Ein Auditor muss seine kommunikative und soziale Vor-gehensweise der Kultur anpassen. Diese Rücksichtnahme ist in der internationa-len Textilbranche von großer Bedeutung. Ein externer oder auch interner Audi-tor kann in kurzen Abständen in verschiedenen Ländern tätig sein. Dabei sind eine gewisse Erfahrung sowie eine hohe Flexibilität im Umgang mit verschiede-nen Kulturen zu empfehlen. Dieser Aspekt sollte bei der Wahl eines Auditors in

63 der Textilbranche besonders berücksichtigt werden. Hier gibt es Parallelen zum Kapitel „Persönliches Verhalten von Auditoren“.

Kenntnisse über gesetzliche Regularien und Vorschriften sind ein weiterer zent-raler Aspekt, den ein Auditor „mitbringen“ muss. Die Vorgaben müssen in den zu auditierenden Bereichen auf ihre Einhaltung hin überprüft werden. Dieser Punkt ist besonders relevant für die Textilindustrie. So sollten zuständige Behör-den, Organisationen und Richtlinien, wie z.B. Öko-Tex-Standards, ebenso be-kannt sein wie verbotene Schadstoffe in Textilien usw.

Nach ISO 19011 stellen sich das allgemeine Wissen und die Fertigkeiten von Auditoren für Managementsysteme wie folgt dar:

a) Auditprinzipien, -verfahren und -methoden (7.2.3.2 a)

Ein Auditor muss in der Lage sein, die geeigneten Prinzipien, Verfahren und Methoden in der jeweiligen Situation auszuwählen und anwenden können. Diese müssen dementsprechend konsequent und korrekt in den Audits zur Anwendung kommen.

b) Managementsystem- und Referenzdokumente (7.2.3.2 b)

Der Auditor muss in der Lage sein, den Auditumfang abschätzen und die entsprechenden Auditkriterien anwenden zu können.

c) Organisatorischer Kontext (7.2.3.2 c)

Ein Auditor muss das Wissen besitzen, Geschäfts- und Management-praktiken einer Organisation im Hinblick auf die Organisationsform, Unternehmensführung, Struktur etc. unterscheiden zu können. Auch der kulturelle Aspekt lässt sich in der Norm wiederfinden. Wie bereits das persönliche Verhalten eines Auditors ist dieser Punkt besonders wichtig für die Textil- und Bekleidungsbranche.

d) Zutreffende gesetzliche und andere Anforderungen(7.2.3.2 d)

Einem Auditor sollten die rechtlichen und vertraglichen Anforderungen innerhalb einer Organisation bekannt sein. Dies setzt spezifisches Wis-sen voraus.

(vgl. DIN EN ISO 19011, 2011, S. 51ff.)

4.2.3 3. Disziplin- und branchenspezifisches Wissen und Fertig-keiten von Auditoren

Nach ISO 19011 sollte ein Auditor über branchenspezifisches Wissen und Fer-tigkeiten verfügen. Diese sollten auf die jeweilige Branche abgestimmt und aus-reichend sein. Diese Fertigkeiten muss nicht jeder einzelne Auditor vorweisen.

Es können auch mehrere Auditoren zu einem Team zusammengestellt werden.

Jeder Auditor kann ein bestimmtes Fachgebiet prüfen. Durch diese Vorgehens-weise ist sichergestellt, dass durch die Summe der Auditoren das Auditziel er-reicht wird und die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden.

Das branchenspezifische Wissen ist in der Textilbranche sehr umfangreich. Ein Auditor muss demnach neben Kenntnissen von diversen Ausrüstungs- und Fär-beeigenschaften von Fasern, Wissen über Fachmetrik und physikalische Eigen-schaften auch Fachwissen bezüglich des Personalwesens, Controllings usw. vor-weisen. Der Wissensumfang ist weitreichend und kaum von einem einzelnen Auditor zu bewältigen. An dieser Stelle ist es ratsam, dass Textilbetriebe in einem Auditteam auditiert werden. Dieses Team kann sich je nach Organisation und Auditzielen neu formieren. Auditoren sollten demnach Fachwissen über ver-schiedene Bereiche und Fertigkeiten besitzen, um die Auditziele zu erreichen.

4.2.4 4. Allgemeines Wissen und Fertigkeiten eines Auditteamlei-ters

In den ersten drei Punkten wurden jeweils die Auditoren und deren Eigenschaf-ten angesprochen. Im vierEigenschaf-ten Punkt der Norm 19011 wird das zusätzliche Wis-sen eines Auditleiters festgelegt. Ein Auditleiter muss demnach fähig sein, ein Auditteam zu leiten und zu lenken. Ein Auditleiter ist verantwortlich für eine effiziente und wirksame Durchführung eines Audits. Die Personalressourcen müssen geplant werden, wobei das Auditziel immer im Fokus steht. Um dieses umsetzen zu können, benötigt er erweiterte Kompetenzen als die Auditoren im Team. Es müssen Kenntnisse über jedes Teammitglied mit seinen Stärken und Schwächen vorliegen, um so auf die Teammitglieder situativ einwirken zu kön-nen. Ein Teamleiter bestimmt die Harmonie und die Motivation zur Zusam-menarbeit. Kompetenzen zur Konfliktlösung können hierbei hilfreich sein. In diesem Punkt weist die Norm nicht explizit auf die Beachtung von kulturellen Unterschieden hin, diese dürfen aber bei der Führung von und der

65 Zusammenarbeit in einem Auditteam nicht vernachlässigt werden. Dieser As-pekt ist besonders zu beachten, wenn ein Auditteam aus unterschiedlichen Na-tionalitäten besteht, da ein Audit häufig auch über Ländergrenzen hinweg durch-geführt wird.

4.2.5 Auditorenauswahl in der Praxis

Die ISO 19011 legt viele Kompetenzen, Anforderungen und Fertigkeiten fest, die ein Auditor mit sich bringen muss. Die Liste laut Norm ist lang und ist in der Praxis wohl kaum umsetzbar und anwendbar. Die Vermutung liegt nahe, dass nur sehr wenige Menschen diesen Anforderungskatalog im vollen Umfang erfüllen. Ein Experte machte es sehr deutlich, denn für ihn ist das Anforderungs-profil für einen Auditor laut Norm nur zu Teilen umsetzbar, die wörtliche Aus-sage des Experten an dieser Stelle war „Dann müsste ein Auditor der liebe Gott sein“.

Nach den jeweiligen Experteninterviews wurde deutlich, dass die Auswahl der Auditoren in der Praxis meist nach anderen Kriterien abläuft. Ein Kriterium ist z.B. die Verfügbarkeit. Welcher Auditor steht für ein Audit zur Verfügung?

Meist wird von den Verantwortlichen die Wichtigkeit der nötigen Kompetenzen der Auditoren unterschätzt. In der Praxis wird „einfach“ jemand zu einem Au-ditor bestimmt, ob er nun die festgeschriebenen Fertigkeiten oder Anforderun-gen besitzt oder nicht. Dramatisch in diesem Zusammenhang ist, wenn dieser Auditor darüber hinaus nicht gewillt ist, die Tätigkeit zu übernehmen und sich auf diesem Gebiet fortzubilden. Eine Objektivität des Auditors ist somit nicht gegeben. In diesem Fall wird es wohl kaum zu einem effektiven QM-System kommen.

Die fachlichen Anforderungen eines Auditors, die branchenspezifischen Fertig-keiten und das dazugehörige Fachwissen der Textilindustrie sollten für die Aus-wahl eines Auditors ausschlaggebend sein. Da kaum ein Auditor alle Eigenschaf-ten der Norm und das spezifische Fachwissen aufweisen kann ist zu empfehlen, dass Auditteams für Audits zusammengestellt werden. Ein Audit muss nicht zwangsläufig aus einem Auditor bestehen, sondern vorzugsweise aus mehreren.

Wird ein Auditteam zusammengestellt, sollte darauf geachtet werden, dass sich Fähigkeiten, Qualifikationen und Kompetenzen von Auditoren ergänzen.

Auch wenn die Normanforderungen eines Auditors in der Praxis nicht in vollem Umfang umgesetzt lassen, sind Organisationen und deren Verantwortliche dazu angehalten, so viele Kompetenzen wie möglich bei der Auswahl eines Auditors zu berücksichtigen.

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