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Ausgewählte empirische Befunde zum nutzenbasierten Auswahl- und Kaufverhalten bei Flugdienstleistungen unter besonderer

Im Dokument Strategische Allianzen im Luftverkehr (Seite 143-161)

2. Strategische Luftverkehrsallianzen im Spannungsfeld zwischen End- End-nutzern, Absatzmittlern und Wettbewerbern End-nutzern, Absatzmittlern und Wettbewerbern

2.2 Konzeptionelle Überlegungen und empirische Befunde zu den end- end-nutzergerichteten Beziehungen strategischer Luftverkehrsallianzen

2.2.3 Ausgewählte empirische Befunde zum nutzenbasierten Auswahl- und Kaufverhalten bei Flugdienstleistungen unter besonderer

Berücksich-tigung strategischer Luftverkehrsallianzen

Flugdienstleistungen können als Bündel von Merkmalen und ihren Ausprägungen aufgefaßt werden.381 Als Merkmale sind beispielsweise die Verbindungsqualität und der Preis zu nennen, deren Ausprägungen sich in „Direktverbindung vs.

Umsteigeverbindung" und „hohes vs. niedriges Preisniveau" unterteilen lassen. Im Rahmen eines Bewertungsprozesses werden die zur Verfügung stehenden alter-nativen Leistungsangebote anhand ihrer Merkmale und Merkmalsausprägungen miteinander verglichen und beurteilt. Das Ergebnis dieses Beurteilungsprozesses, der ein rationales Verhalten unterstellt, äußert sich in dem angebotsbezogenen erwarteten Nutzen.382 Aufbauend auf den Nutzenerwartungen, die den Leistungs-angeboten einzelner Fluggesellschaften und Luftverkehrsallianzen zugeordnet werden, bilden die Endnutzer eine Präferenzrangfolge, die auch in Kauf- bzw.

Auswahlwahrscheinlichkeiten ausgedrückt werden kann.383

Die Untersuchung des Erlebens und der Beurteilung von Flugdienstleistungen im allgemeinen und von Allianz-Flugdienstleistungen im speziellen setzt vor diesem Hintergrund voraus, daß diejenigen Merkmale identifiziert werden, welche die Quelle der Nutzenstiftung sind.384 Dementsprechend bemühen sich Airlines im Rahmen der Marktsegmentierung um die Präzisierung nutzenstiftender Eigen-schaften von Flugdienstleistungen.385 Aufgrund ihrer inhaltlichen Überschneidung

381 Vgl. z.B. Dieckmann, R., Optimale Preis- und Angebotspolitik für komplexe Produkte: eine Analyse der Güterbündelung unter Berücksichtigung der Verarbeitung von Preisen durch Konsumenten, Frankfurt am Main u.a. 1993, S. 1.

382 Neben äußeren Reizen nehmen auch Werte und Emotionen des Endnutzers Einfluß auf die Beurteilung der Leistungsangebote. Vgl. Perrey, J., Nutzenorientierte Marktsegmentierung: ein integrativer Ansatz im Verkehrsdienstleistungsbereich, a.a.0., S. 17.

383 Auch bei der vergleichsweise höchsten Kauf- bzw. Auswahlwahrscheinlichkeit ist nicht zwingend von einem tatsächlichen Kauf der Leistung auszugehen. Vgl. hierzu Hahn, C., Conjoint- und Discrete Choice-Analyse als Verfahren zur Abbildung von Präferenzstrukturen und Produktauswahlentscheidungen. Ein theoretischer und computergestützter empirischer Vergleich, Münster 1997, S. 11.

384 Botschen und Mühlbacher (1998) betonen jedoch, daß die dienstleistungsspezifischen Merkmale zumeist nur den funktionalen Teil des Kundennutzens zu erklären vermögen. Sie postulieren daher die zusätzliche Erfassung des individuellen psycho-sozialen Nutzens von Kunden, um Aussagen über das Kaufverhalten ableiten zu können. Vgl. Botschen, G., Mühlbacher, H., Zielgruppenprogramm - Zielgruppenorientierung durch Nutzensegmentierung, in: Handbuch Dienstleistungs-Marketing, Band 1, Hrsg.: Meyer, A., Stuttgart 1998, S. 688.

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geben die solchermaßen erfaßten Nutzenerwartungen Aufschlüsse über die idealerweise vorhandenen Eigenschaften von Flugdienstleistungen.

Zur Segmentierung von Fluggästen auf Basis von Nutzenerwartungen liegen unterschiedliche empirische Studien vor.386 In einer 1977 durchgeführten Befra-gung von Fluggästen auf Nordatlantik-Flugrouten beispielsweise identifizierten die Forscher Robinson und Wind vier Nutzensegmente, die anhand von 12 Merk-malen gebildet wurden, allerdings nur eine bedingte Trennschärfe aufwiesen. Zur Erklärung der Segmentzugehörigkeit trugen insgesamt sechs der zwölf Merkmale bei, die kompositionell erfaßt wurden.387 Aus der Anwendung der kompositionellen Methode, bei der die Befragungspersonen zunächst um die Beurteilung von Ein-zelmerkmalen eines Befragungsobjektes gebeten werden, um diese dann zu einem Gesamturteil zu verdichten, ergab sich in dieser Untersuchung eine hohe Bedeutung der Mehrzahl erfaßter Merkmale (,,Anspruchsinflation"). Die Nutzen-segmente wurden als „Comfort Conscious" (Komfortbewußte), ,,Anti Group Flights"

(Gruppenflug-Gegner), ,,Anti Booking Restrictions" (Buchungsrestriktionen-Geg-ner) und „Price Sensitive" (Preissensible) bezeichnet. Die Nutzenerwartungen der Komfortbewußten drückten sich in vielfältigen Serviceleistungen an Bord des Flugzeugs, möglichst geringen Belästigungen durch Gruppenreisende sowie bequemen Buchungsmöglichkeiten aus. Die Zielgruppe der Gruppenflug-Gegner zeichnete sich durch die dominante abwehrende Haltung gegenüber Gruppenrei-senden an Bord des Flugzeugs aus, während das Segment der Buchungsrestrik-tionen-Gegner vornehmlich an flexiblen Buchungsoptionen interessiert war. Die Zielgruppe der Preissensiblen wies schließlich eine dominant hohe Bedeutung des Merkmals Preis auf, der gegenüber den anderen Merkmalen mehr als 20 Pro-zentpunkte Bedeutungsunterschied zeigte.388 Im Vergleich zu anderen

Unter-385 Vgl. Söderlund, M., Marke! orientation and the firm's market intelligence: an empirical study of what airlines want to know about their customers, in: Marketing Today and for the 21st Century, Proceedings of the 24th Annual Conference of the European Marketing Academy, Cergy-Pontoise Cedex 1995, S. 969.

386 Der Terminus „Nutzensegmentierung" geht auf die Übersetzung des vermutlich von Haley (1968) erstmalig eingeführten Begriffs „Benefit Segmentation" zurück. Vgl. Haley, R.I., Benefit segmentation. A decision oriented research tool, in: Journal of Marketing, Val. 32, No. 7, 1968, S. 30-35. Weiterführend vgl. z.B. Perrey, J., Nutzenorientierte Marktsegmentierung: ein integrativer Ansatz im Verkehrsdienstleistungsbereich, a.a.O.

387 Vgl. Robinson, P.J., Wind, Y., Multinational Trade-off Segmentation, in: Moving Ahead with Attitude Research, Hrsg.: Wind, Y., Greenberg, M.G., Chicago 1977, S. 50ff.

388 Vgl. Robinson, P.J., Wind, Y., Multinational Trade-off Segmentation, a.a.O., S. 53.

suchungen kam dem Preis in der Studie jedoch insgesamt eine überraschend geringe Bedeutung zu.

In einer zwischen 1994 und 1995 durchgeführten Untersuchung nahm Laakmann eine Segmentierung im innerdeutschen Personenluftverkehr vor.389 Mittels Con-joint Measurement wurden die fünf Merkmale „Anbieter", ,,Preis", ,,Sitze",

„Gatebuffet" und „Flexibilität" als clusterbildende Variablen herangezogen.390 Da die ermittelten Merkmalswichtigkeiten insbesondere bezüglich des Preises und der Flexibilität auf Unterschiede zwischen aus geschäftlichem und aus privatem Anlaß reisenden Fluggästen hindeuteten, wurde vor der Nutzensegmentierung eine Aufteilung der Befragten in Geschäfts- und Privatreisende vorgenommen.391 Mittels Clusteranalyse konnten daraufhin jeweils drei Nutzensegmente identifiziert werden, die im Fall der Geschäftsreisenden als „Preissensible Commodity-Flie-ger'', ,,Leistungs- und Komfortorientierte" und „Flexibilitätsorientierte" bezeichnet wurden. Für die Privatreisenden kam Laakmann zu einer nahezu identischen Segmentlösung, deren zweites Segment aufgrund unterschiedlicher Wichtigkeiten im Komfort- und Flexibilitätsmerkmal allerdings geringfügig modifiziert als

„Service- und Komfortorientierte" benannt wurde.392 Die mit 41 Prozent in der Gruppe der Geschäftsreisenden vertretenen „Preissensiblen Commodity-Flieger'' maßen dem Merkmal Preis die höchste Wichtigkeit zu, während die „Leistungs-und Komfortorientierten" (42 Prozent) besonderen Wert auf flexible

Buchungs-389 Vgl. Laakmann, K., Value added services als Profilierungsintrument im Wettbewerb, a.a.O., S.

211ff.

390 Das Verfahren der Conjoint-Analyse kennzeichnet die dekompositionelle Methode der Nutzenmessung, bei der die Nutzenbeiträge der einzelnen Attribute eines Beurteilungsobjektes anhand empirisch erhobener Gesamtnutzenwerte gemessen werden. Für eine weitergehende Darstellung der Methode vgl. Green, P.E., Srinivasan, V., Conjoint Analysis in Consumer Research: lssues and Outlook, in: Journal of Consumer Research, Vol. 5, No. 9, 1978, S.

103ff.; Backhaus, K., u.a., Multivariate Analysemethoden: eine anwendungsorientierte Einführung, 8., verb. Aufl., Berlin u.a. 1996, S. 497ft.

391 Diese Vorgehensweise entspricht einer in der Luftverkehrspraxis nach wie vor zu beobachtenden, nahezu als dogmatisch zu bezeichnenden Trennung zwischen Geschäfts- und Privatreisenden, denen auf der Angebotsseite eine Unterteilung in Beförderungsklassen (Economy, Business und First Class) gegenübersteht. Vgl. auch Diller, H., Deutsche Lufthansa AG - Marktsegmentierung im Luftfahrtgeschäft, in: Fallstudien zum Marketing, Teil 1:

Entscheidungssituationen, Hrsg.: Dichtl, E., Wiesbaden 1979, S. 216-219; Friedrich, H., Görgen, W., Marktsegmentierung auf Dienstleistungsmärkten - dargestellt am Beispiel des Marktes für Flugdienstleistungen, Arbeitspapier des Instituts für Marketing- und Distributionsforschung, Köln 1993, S. 40; Flint, P., Will the real United please stand up?, a.a.O., S. 31.

392 Vgl. Laakmann, K., Value added services als Profilierungsintrument im Wettbewerb, a.a.O., S.

227 u. 231.

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möglichkeiten bei angemessenem Preis und Komfort (normale vs. extra breite Sitze) legten. Die „Flexibilitätsorientierten" (17 Prozent) zeichneten sich durch eine Überbetonung der Wichtigkeit flexibler Buchungsoptionen aus, während der Preis mit 48 Prozentpunkten Abstand folgte. Die Merkmalswichtigkeiten stellten sich bei den Privatreisenden segmentspezifisch in ähnlicher Weise dar, ließen jedoch einen höheren Anteil von Preissensiblen (67 Prozent) in der Stichprobe erken·

nen. 393 Restriktionen der Untersuchung ergeben sich aus der relativ geringen Anzahl berücksichtigter Merkmale, von denen beispielsweise die Verbindungs-qualität oder weitere Serviceattribute fehlen. Einschränkungen der Aussagefähig-keit resultieren zudem aus der national angelegten Befragung, wenngleich von einem bestimmten Anteil erfaßter ausländischer Umsteige-Passagiere auszuge-hen ist.

Stegmüller (1995) setzte sich in einer Studie mit den Nutzenerwartungen von deutschen, US-amerikanischen und japanischen Fluggästen auf interkontinen-talen Flugreisen auseinander und wendete dabei sowohl das kompositionelle als auch dekompositionelle Verfahren zur Messung von Nutzenerwartungen an.394 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Darstellung der Ergebnisse aus der dekompositionellen Messung.395 In die Untersuchung fanden sieben Merkmale Eingang, die mittels Anwendung einer Hybrid-Conjointanalyse zur Bil-dung von Nutzensegmenten herangezogen wurden.396 Es handelte sich um die

393 Vgl. Laakmann, K., Value added services als Profilierungsintrument im Wettbewerb, a.a.O., S.

227-232. Dieser Befund verdeutlicht die Auswirkungen der Ressourcenzuordnung auf den Flugscheinkauf: im Fall einer privat initiierten Flugreise (konsumtive Flugdienstleistung) zahlt der Fluggast selbst, während eine geschäftlich initiierte Flugreise (investive Flugdienstleistung) i.d.R. vom Arbeitgeber bezahlt wird.

394 Vgl. Stegmüller, B., Internationale Marksegmentierung als Grundlage für internationale Marketing-Konzeptionen, a.a.O., 1995, S. 306ft.

395 Diese Einschränkung kann angesichts bestehender Vorbehalte gegenüber der kompositionellen Methode legitimiert werden. Stegmüller selbst weist auf die Problematik der Anspruchsinflation hin, die durch die Vielzahl zu beurteilender Merkmale ohne den Zwang gedanklicher Trade-offs entsteht. Vgl. Stegmüller, B., Internationale Marksegmentierung als Grundlage für internationale Marketing-Konzeptionen, a.a.0., 1995, S. 317. Hahn (1997) kritisiert darüber hinaus die isolierte Merkmalsbeurteilung sowie die mangelnde Einbeziehbarkeit konkurrierender Angebote, so daß eine Einschränkung auf die dekompositionelle Methode an dieser Stelle einen höheren Erkenntnisgewinn verspricht. Vgl.

Hahn, C., Conjoint- und Discrete Choice-Analyse als Verfahren zur Abbildung von Präferenzstrukturen und Produktauswahlentscheidungen, a.a.0., S. 35ft.

396 Im Rahmen der Hybrid-Conjointanalyse kommen sowohl kompositionelle als auch dekompositionelle Messungen zur Anwendung, welche die Verarbeitung einer höheren Zahl von Merkmalen und Merkmalsausprägungen ermöglichen. Vgl. Green, P.E., Hybrid Models for Conjoint Analysis: An Expository Review, in: Journal of Marketing Research, No. 5, 1984, S.

Merkmale Sitzkomfort, Preis, Mahlzeiten und Getränkeservice, Bordunterhaltung und Kommnikationsmöglichkeiten, Aufmerksamkeit gegenüber dem Gast an Bord, Flugplan und Qualität der Verbindungen sowie Zusatzangebote. Während die Clusteranalyse in Deutschland und den USA jeweils zu einem 3-Cluster-Ergebnis führte, ergaben sich bei japanischen Fluggästen lediglich zwei Segmente. In Deutschland zeichneten sich alle drei Segmente durch eine dominante Wichtigkeit des Merkmals Preis aus, dem im Segment 1 der Sitzkomfort und die Aufmerk-samkeit an Bord folgten. Fluggäste im Segment 2 waren dagegen in deutlich höherem Maße an einem guten Sitzkomfort interessiert, während Flugplan/ Ver-bindungsqualität an dritter Stelle lagen. Auch in Segment 3 zeigte sich, daß Preis und Sitzkomfort - zwar mit deutlichem Unterschied - die höchsten Merkmalswich-tigkeiten darstellten. Die übrigen fünf Merkmale lagen jedoch hinsichtlich ihrer Bedeutung dichter beieinander als in den anderen Segmenten.

Für die US-amerikanischen Fluggäste ergab die Untersuchung insgesamt eine weniger starke Diskrepanz zwischen wichtigsten Merkmalen Preis und Sitzkom-fort. Das Segment 2 wies eine hohe Ähnlichkeit zu dem deutschen Segment 2 auf, so daß Stegmüller von „länderübergreifend identischen Nutzensegmenten"

spricht.397 Die Fluggäste des Segments 1 werteten dagegen einen hohen Sitz-komfort sogar höher als einen angemessenen Preis, gefolgt von der ihnen ent-gegengebrachten Aufmerksamkeit an Bord. In dem am preissensibelsten ausge-prägten Segment 3 wiesen die Befragungspersonen dem Sitzkomfort und mit einigem Abstand der Aufmerksamkeit sowie dem Mahlzeiten- und Getränke-service die höchste Wichtigkeit zu. Das Unterhaltungsangebot an Bord war für alle Segmente gemäß ihrer Bekundung nahezu bedeutungslos.

Gegenüber den deutschen und US-amerikanischen Fluggästen zeigten die japa-nischen Probanden eine gänzlich abweichende Nutzenstruktur. Während der Preis lediglich das fünftwichtigste Merkmal darstellte, galt dem Flugplan und der Verbindungsqualität die höchste Bedeutung in beiden Segmenten. Im Segment 1 kam daraufhin der Aufmerksamkeit an Bord sowie der Sitzqualität jeweils eine

155f. Angesichts dieses auch von Stegmüller hervorgehobenen Vorteils verwundert die relativ geringe Anzahl von sieben Merkmalen, die für die Clusterbildung herangezogen werden. Vgl.

Stegmüller, B., Internationale Marksegmentierung als Grundlage für internationale Marketing-Konzeptionen, a.a.O., 1995, S. 232.

397 Stegmüller, B., Internationale Marksegmentierung als Grundlage für internationale Marketing-Konzeptionen, a.a.O., 1995, S. 329.

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relativ hohe Wichtigkeit zu, an die sich mit deutlichem Abstand das Mahlzeiten-angebot anschloß. Die Fluggäste in Segment 2 unterschieden sich vornehmlich durch eine geringer ausgeprägte Dominanz hinsichtlich des Flugplans und der Verbindungsqualität und die höhere Wichtigkeit des Sitzkomforts vom Segment 1.

Die geringste Bedeutung maßen beide Cluster dem Unterhaltungsangebot an Bord sowie den Zusatzangeboten bei.398 Als Kritik an dieser Studie ist die Nicht-berücksichtigung von buchungsbezogenen Merkmalen hervorzuheben, deren Kaufverhaltensrelevanz in den vorgenannten Studien nachgewiesen werden konnte. Das Merkmal „Flugplan und Qualität der Verbindungen" bleibt zudem auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau und eröffnet damit ungewollte Interpreta-tionsspielräume bei der Auswertung der Befragungsergebnisse.

Eine 1996 von United Airlines in Auftrag gegebene Marktforschungsstudie wählte - ähnlich wie in der Analyse von Laakmann - ein zweistufiges Vorgehen.399 Nach einer Unterteilung der befragten Fluggäste in Geschäfts- und Privatreisende wur-den auf der Basis von Nutzenerwartungen fünf Segmente unter wur-den Geschäftsrei-senden gebildet, die zu 40 Prozent in der Stichprobe vertreten waren.400 Das Segment der „Road Warriors" zeichnete sich z.B. durch eine hohe Merkmalswich-tigkeit von Serviceleistungen, Sitzkomfort und statusbezogenen Leistungen wie beispielsweise bevorzugtes Einchecken, Loungenutzung und persönliche Anspra-che aus. Die Privatreisenden mit einem Stichprobenanteil von 60 Prozent wurden in drei Nutzensegmente unterteilt. Die Nutzenerwartungen im Cluster der „Price Driven Occasionalists" orientieren sich nahezu ausschließlich am Preis von Flug-dienstleistungen. 401

398 Vgl. Stegmüller, B., Internationale Marksegmentierung als Grundlage für internationale Marketing-Konzeptionen, a.a.O., 1995, S. 327-329.

399 Die Beschreibung der Untersuchung findet sich in steckbriefähnlicher Form bei Flint, P., Will the real United please stand up?, a.a.O., S. 31f. Methodische Details sind dem Beitrag ebenso wenig zu entnehmen wie eine vollständige, genauere Erläuterung der segmentspezifischen Merkmalswichtigkeiten. Dennoch können dem Beitrag Erkenntnisse für die Bearbeitung der vorliegenden Problemstellung entnommen werden.

400 Die Segmente trugen die etwas blumigen Bezeichnungen „Road Warriors", .,Global Travelers",

„Eager Corporate Soldiers", .Reluctant Corporate Soldiers" sowie .Do-lt-Yourself Price Shoppers". Eine Übersetzung unterbleibt daher aus semantischen Gründen. Vgl. Flint, P., Will the real United please stand up?, a.a.O., S. 31.

401 Die übrigen Privatreisenden-Segmente trugen die Bezeichnung .Personal Service Seekers"

und .Mile Collecting Vacationers·. Flint, P., Will the real United please stand up?, a.a.O., S. 31.

Eine Kritik am Untersuchungsdesign erübrigt sich angesichts der geringen diesbezüglich vorliegenden Angaben.

Den hiermit erörterten Studien lag keine allianzspezifische Fragestellung zugrunde. Gleichwohl lassen sich aus den Ergebnissen einige Erkenntnisse gewinnen, die für die weitere Bearbeitung der vorliegenden Problemstellung hilf-reich sein können:

Im Personenluftverkehr lassen sich auf der Basis individueller Nutzenerwartun-gen Segmente von Fluggästen bilden, die sich bezüglich der Wichtigkeit bestimmter Leistungsmerkmale von Flugdienstleistungen voneinander unter-scheiden.

Als Quellen der Nutzenstiftung benennen die vier Studien vor allem flexible Buchungsmöglichkeiten, niedrige Preise, umfangreiche Serviceleistungen, Sitz-komfort, Verbindungsqualität und statusbezogene Leistungen.

Nutzenerwartungen von Fluggästen können länderspezifisch unterschiedlich ausgeprägt sein, wenngleich in einer Studie ein länderübergreifend einheit-liches Segment identifiziert werden konnte.

Die Nutzenerwartungen zwischen Privat- und Geschäftsreisenden weisen z.T.

hohe Ähnlichkeiten auf. Unterschiede ergeben sich jedoch bei der Wichtigkeit des Merkmals „Preis", die bei Privatreisenden höher ausgeprägt ist.

Im Wettbewerb gegenüber einzeln operierenden Fluggesellschaften muß sich das Leistungsangebot strategischer Allianzen folglich an den segmentspezifischen Nutzenerwartungen der Fluggäste „messen" lassen, die als anzustrebende Ideal-ausprägung einer Flugdienstleistung verstanden werden können.402 Zu berück-sichtigen sind dabei auch länderspezifische Besonderheiten. Diesem endnutzer-seitig induzierten Anspruchsspektrum sind nun die anbieterendnutzer-seitigen, allianzbezo-genen Leistungspotentiale, -prozesse und -ergebnisse gegenüberzustellen. Eine Verdichtung von Plausibilitätsüberlegungen zum „Fit" zwischen Leistungsangebot und Nutzenerwartungen i.S. von Idealausprägungen findet sich, differenziert nach den oben dargestellten Studien, in den Abbildungen 15 a) bis d) wieder. Die Aus-prägungen für den Fit variieren vereinfacht zwischen

(+) .,allianzseitiges Leistungsangebot kommt den Nutzenerwartungen näher als das Leistungsangebot einzeln agierender Fluggesellschaften" und

402 An dieser Stelle wird lediglich auf den Wettbewerb mit einzeln operierenden Fluggesellschaften rekurriert, da die vorgestellten Studien nicht in einem Allianz-Kontext durchgeführt wurden und daher auch keine Rückschlüsse auf spezifische Allianz-Nutzenerwartungen zulassen.

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(-) .,allianzseitiges Leistungsangebot wird den Nutzenerwartungen in geringe-rem Maße gerecht als das Leistungsangebot einzeln agierender Flugge-sellschaften".

Für strategische Luftverkehrsallianzen scheint demnach insbesondere ein Fit durch die Weitergabe von Kostensenkungen in Form von Preisvorteilen sowie durch höhere Buchungsflexibilität erreichbar zu sein. Zudem liegen mögliche Potentiale in der Nutzung der partnerindividuellen Kulturen für die Schaffung einer Servicevielfalt und differenzierten Bordbetreuung. Darüber hinaus ist anzuneh-men, daß die Erwartungen in bezug auf ein störungsarmes Reisen sowie eine Gewährung von statusbezogenen Sonderleistungen einen hohen potentiellen Fit zur gegenseitigen Statusanerkennung innerhalb von Allianzen sowie einer eng aufeinander abgestimmten Durchführung von Flugdienstleistungen aufweisen.

Merkmale mit nutzenstiftender Zu erwartender Fit mit stratiglichen l - lllanan(Allglelch Bedeutung von L.ei.tungangebot und Nutzenerwartungen)

- Studie von Robinson und Wind (1977) Segment 1: ,,Comfort Conscious" (Komfortbewußte)

Serviceangebot an Bord

Steigerung der Servicevielfalt durch mehrere Partner(+) (20,9%)<03

Unterschiedliche Leistungsstandards der Partner(-) keine Gruppenreisen (14,6%)

keine pauschale Aussage möglich

Preis (9,1%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (-)

Segment 2: ,,Anti-Group Flights" (Gruppenflug-Gegner)

keine Gruppenreisen (44,6%)

keine pauschale Aussage möglich

Preis (11,1%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (-)

Buchungssicherheit (7.6%)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern(-)

Segment 3: .,Anti Booking Restrictions" (Buchungsrestriktionen-Gegner)

Buchungssicherheit (22,9%)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern(-)

keine Vorausbuchungsfrist

keine pauschale Aussage möglich (19,3%)

flexible Umbuchungsmöglichkei-

größere Flexibilität bei Umbuchungen im Allianzsystem durch engere ten (16,3%) Abstimmung als im traditionellen lnterlining (+)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern (-)

Segment 4: ,,Price Sensitive" (Prelssensible)

Preis (31,8%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (-)

Buchungssicherheit (10,4%)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern(-)

keine Vorausbuchungsfrist

keine pauschale Aussage möglich (8,9%)

Legende: (+) .allianzseitiges Leistungsangebot kommt den Nutzenerwartungen näher als das Leistungs-angebot einzeln agierender Fluggesellschaften"; (·) .allianzseitiges LeistungsLeistungs-angebot wird den Nutzen-erwartungen in geringerem Maße gerecht als das Leistungsangebot einzeln agierender Fluggesellschaften".

Abb. 15 a): Vergleich zwischen Nutzenerwartungen und Allianz-Leistungs-angebot am Beispiel ausgewählter Studien

403 Die Prozentwerte geben die Teilnutzenwerte der betreffenden Nutzendimensionen an.

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Merkmale mit nutzenstlftender Zu erwartender Fit mit atratagl9ciien Luftvirbhrsalllanzen (Abgleich Bedeutung von Lelatungaangebot und,Nutzenerwartungen)

Studie von Laakmann (1995) ...

,.Preissenslble Commodity-Flieger"

Preis (71,72%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen ( +)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz(-)

Umbuchungsmöglichkeit

größere Flexibilität bei Umbuchungen im Allianzsystem durch engere (14,54%) Abstimmung als im traditionellen lnterlining (+)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern (·)

Sitzkomfort (7,36%)

unterschiedliche Standards der Partner bezüglich Sitzbreite und • abstand ( • bis +)

,.Leistungs-und Komfortorientierte"

Umbuchungsmöglichkeit

größere Flexibilität bei Umbuchungen im Allianzsystem durch engere (33,42%) Abstimmung als im traditionellen lnterlining (+)

Verunsicherung durch informationstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern(·)

Preis (28, 15%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (·)

Sitzkomfort (18, 16%)

unterschiedliche Standards der Partner bezüglich Sitzbreite und • abstand(· bis+)

,.Flexlbilitätsorientierte"

Umbuchungsmöglichkeit

größere Flexibilität bei Umbuchungen im Allianzsystem durch engere (72.41%) Abstimmung als im traditionellen lnterlining (+)

Verunsicherung durch informalionstechnologische Abstimmungs-probleme zwischen Partnern (·)

Preis (24,86%)

Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (·)

Gatebuffet (1,40%)

abweichende Standards zwischen den Partnern bezüglich Vorhan-denseln und Ausgestaltung(· bis+)

Legende: (+) .allianzseiliges Leistungsangebot kommt den Nutzenerwartungen näher als das Leistungs-angebot einzeln agierender Fluggesellschaften"; (·) .allianzseiliges LeistungsLeistungs-angebot wird den Nutzen-erwartungen in geringerem Maße gerecht als das Leistungsangebot einzeln agierender Fluggesellschaften·.

Abb. 15 b): Vergleich zwischen Nutzenerwartungen und Allianz-Leistungs-angebot am Beispiel ausgewählter Studien

404 Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden lediglich die Nutzensegmente der Geschäftsreisenden wiedergegeben. Diese Einschränkung erfolgt unter dem Wissen, daß die Nutzensegmente der Privatreisenden mit Ausnahme einer stärkeren Bedeutung des Preises ähnliche Nutzenstrukturen aufweisen.

Merkmale mit nutzenstifbtnder Zu erwartender Btlllll'

. .

Bedeutung von Leistungsangebot und N~rwartu-)

Studie von Stegmüller (1995)~

Länderübergreifendes Segment 2 (D/USA)

Preis Weitergabe von allianzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-dominanz (·)

Sitzkomfort unterschiedliche Standards der Partner bezüglich Sitzbreite und -abstand(· bis+)

Deutschland, Segment 1

Preis Weitergabe von alllanzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

steigende Preise durch Ausnutzung der allianzbedingten Markt-domlnanz (·)

Sitzkomfort unterschiedliche Standards der Partner bezüglich Sitzbreite und -abstand (- bis +)

Aufmerksamkeit an Bord Verständigungsprobleme zwischen Flugbegleitern und Fluggästen bei unterschiedlichen Nationalitäten der Partner(-)

kulturelle Inkompatibilitäten in der Servicephilosophie zwischen den Partnern(-)

Bereicherung durch kulturelle Diversität (+) Deutschland, Segment 3

Preis Weitergabe von alllanzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

Preis Weitergabe von alllanzbedingten Kostenvorteilen in Form von Preis-senkungen (+)

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