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Anlage der empirischen Untersuchung

Im Dokument Strategische Allianzen im Luftverkehr (Seite 161-164)

2. Strategische Luftverkehrsallianzen im Spannungsfeld zwischen End- End-nutzern, Absatzmittlern und Wettbewerbern End-nutzern, Absatzmittlern und Wettbewerbern

2.2 Konzeptionelle Überlegungen und empirische Befunde zu den end- end-nutzergerichteten Beziehungen strategischer Luftverkehrsallianzen

2.3.1 Anlage der empirischen Untersuchung

Die vorausgegangenen Ausführungen haben verdeutlicht, daß sich bereits vor der eigentlichen Inanspruchnahme einer Allianz-Flugdienstleistung Einstellungen gegenüber dem Leistungsangebot strategischer Luftverkehrsallianzen bilden kön-nen. Dies gilt sowohl für die Wahrnehmungstypen „Allianz-Theoretiker" als auch für „Allianz-Erfahrene". Der im folgenden zu erörternden Untersuchung liegt die Annahme zugrunde, daß Endnutzer im Zuge der Informationssuche Nutzen-erwartungen i.S. von Idealausprägungen bilden, anhand derer die Flugdienstlei-stungen sowohl einzeln agierender Fluggesellschaften als auch gemeinsam agie-render Airlines in Luftverkehrsallianzen bewertet werden. Führt die Bewertung zum Kauf bzw. zur Buchung einer Allianz-Flugdienstleistung, verschaffen sich die Endnutzer im Zuge des Erlebens der weiteren Teilprozesse ein Bild von deren Realausprägungen. Der Abgleich zwischen der Ideal- und Realausprägung der Allianz-Flugdienstleistung als Beurteilung derselben gibt schließlich wertvolle Hin-weise auf die strategische Positionierung von Luftverkehrsallianzen. Die umfas-sendsten Aussagen zur Beurteilung strategischer Luftverkehrsallianzen lassen sich aus einer Untersuchung von „Allianz-Erfahrenen" ableiten, die Allianzen sowohl wahrnehmen als auch erleben.

Aufbauend auf diesen Überlegungen wurde im Zeitraum zwischen August und September 1996 im Auftrag einer strategischen Luftverkehrsallianz eine Befra-gung von Fluggästen durchgeführt,419 die sich als „Vielflieger" bezeichnen las-sen. Diese Benennung orientiert sich an dem Merkmal der Reisehäufigkeit, die als ein Filterkriterium bei der Auswahl der Befragungspersonen fungierte. Jede Befra-gungsperson unternahm mindestens 6 geschäftlich veranlaßte Flugreisen pro Jahr. Innerhalb der letzten 24 Monate mußten die Befragungspersonen zudem mindestens 4 interkontinentale Flugreisen, die geschäftlich veranlaßt waren, unternommen haben, von denen 2 nicht länger als ein Jahr zurückliegen durften.

Eine dieser interkontinentalen Flugreisen mußte dabei mit dem Wechsel der Flug-gesellschaft verbunden sein (Umsteigeverbindung).

419 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die dem Verfasser vorliegende Dokumentation der empirischen Untersuchung, die sich jedoch auf einem relativ hohen Aggregationsniveau bewegt. Detailliertere Erkenntnisse, die an einigen Stellen wünschenswert gewesen wären, lassen sich daher nicht wiedergeben.

Frithjof Netzer - 978-3-631-75092-6

Befragt wurden insgesamt 150 Personen, die zu 18 Focusgruppen420 mit einer durchschnittlichen Gruppenstärke von 8 Personen zusammengefaßt wurden. Die Focusgruppeninterviews wurden in 9 Großstädten durchgeführt, die über die 3 Kontinente Amerika, Europa und Asien verteilt sind. Es handelte sich im einzelnen um San Francisco, Chicago, Toronto, London, Frankfurt, Kopenhagen, Säo Paulo, Bangkok und Tokyo. Pro Befragungsort wurden 2 Gruppen gebildet und befragt.

Gruppe 1 wurde als „allianzloyale Gruppe" bezeichnet, deren Mitglieder die Mehrzahl ihrer Flugreisen mit einer der auftraggebenden Fluggesellschaften, i.d.R. derjenigen ihrer Heimatländer, unternahmen. Zugleich sollten mindestens 50 Prozent der Gruppe bereits mit einer der Allianzpartner-Fluggesellschaften geflogen sein. Gruppe 2 (,,Wettbewerber-Gruppe") setzte sich dagegen aus Mit-gliedern zusammen, welche die Mehrzahl ihrer interkontinentalen Flugreisen mit einer anderen Airline als der für das Heimatland „zuständigen" Fluggesellschaft unternahmen. Gleichzeitig mußte die Hälfte von ihnen bereits mit einem Wettbe-werber eines der auftraggebenden Allianzpartner geflogen sein421 und

Erfahrun-420 Focusgruppeninterviews, auch als Gruppenexploration bezeichnet, beinhalten eine gleichzeitige Befragung mehrerer Personen, denen während des Gesprächs die Kommunikation und Interaktion untereinander erlaubt sind. Vgl. Meffert, H., Marketingforschung und Käuferverhalten, a.a.O., S. 230.

Im Anwendungsfeld der Marktforschung werden Focusgruppeninterviews vornehmlich zur wegbereitenden, qualitativen Exploration, zur Ideengenerierung und -selektion sowie der Erforschung komplexer, schlecht strukturierter Sachverhalte eingesetzt. Im Vordergrund steht die Gewinnung qualitativer Daten wie beispielsweise Motive, Einstellungen, Gedanken und Gefühle, um weniger zu einer quantitativen Erfassung als vielmehr zu einem besseren Verständnis des Untersuchungsobjekts zu gelangen. Vgl. weiterführend Drayton, J.l., Fahad, G.A., Tynan, A.C., The Focus Group: A Contoversial Research Technique, in: Graduale Management Research, Winter 1989, S. 36f.; Salcher, E.F., Psychologische Marktforschung, 2., neu bearb. Aufl., Berlin, New York 1995, S. 44f. Zu einer Beschreibung des Ablaufs von Focusgruppeninterviews vgl. Greenbaum, T.L., The handbook for focus group research, New York 1993. Angesichts der bislang kaum vorhandenen empirischen Erkenntnisse zu strategischen Luftverkehrsallianzen und des als hoch anzusehenden Komplexitätsgrads des hier betrachteten Untersuchungsobjekts erscheint die Auswahl dieser Befragungsmethode nachvollziehbar. Einschränkungen der Aussagefähigkeit ergeben sich jedoch vor allem aus der mangelnden Repräsentativität der gewonnenen Daten, wie die Beschreibung der Stichprobe verdeutlicht, aus möglichen Verzerrungen im Antwortverhalten, die durch die Gruppeninteraktion verursacht werden, sowie dem qualitativen Charakter der gewonnenen Informationen, der eine statistische Auswertung stark limitiert oder gänzlich verhindert. Vgl.

Tuckel, P. Leppo, E., Kaplan, B., A View From the Other Side of the Mirror, in: Marketing Research, Vol. 5, No. 4, 1995, S. 24ff.; Whipple, T.W., Mapping Focus Group Data, in:

Marketing Research, Vol. 6, No. 1, 1996, S. 16ff.; Mendes de Almeida, P.F., A Review of Group Discussion Methodology, in: European Research, Vol. 8, No. 3, 1980, S. 114; Fahad, G.A., Group discussions: a misunderstood technique, in: Journal of Marketing Management, Vol. 1, No. 3, 1986, S. 319.

421 Für jeden Befragungsort wurden die in Betracht zu ziehenden Wettbewerber ex ante definiert.

gen mit den Allianzpartnern der von ihnen bevorzugten Airline besitzen. Für beide Gruppen galt, daß die Zielorte der interkontinentalen Flugreisen in mindestens 2 der 6 vorab definierten Hauptverkehrsmärkte liegen mußten.422

Mindestens zwei Drittel der Mitglieder beider Gruppen mußten ferner überwiegend in der Business oder First Class geflogen sein. Bis zu ein Drittel der Gruppenmit-glieder konnten demnach aufgrund von Reiserichtlinien überwiegend Economy Class genutzt haben. Voraussetzung war zudem, daß keine Befragungsperson grundsätzlich ablehnend gegenüber einer der auftraggebenden Fluggesellschaf-ten eingestellt war.423 Das Durchschnittsalter der Befragungspersonen betrug 45 Jahre, und die Stichprobe bestand zu 92 Prozent aus Männern und 8 Prozent aus Frauen. Insgesamt 94 Prozent der Stichprobe setzten sich aus acht unterschied-lichen Nationalitäten zusammen.

Der empirischen Studie lagen vier aufeinander aufbauende Teilzielsetzungen zugrunde. In der ersten Teilzielsetzung galt es, die grundsätzlich mit einer Flug-dienstleistung in Verbindung stehenden Bedürfnisse der Befragungspersonen zu eruieren, um anhand dieser fundamentalen Bedürfnisse die Einstellungen der Vielflieger zu strategischen Luftverkehrsallianzen zu explorieren. Aufbauend auf den fundamentalen Bedürfnissen verfolgte die Studie daraufhin die zweite Teil-zielsetzung, die aus Sicht der Befragungspersonen zentralen Nutzenerwartungen an Flugdienstleistungen zu identifizieren und die strategischen Luftverkehrsallian-zen zugesprochene Fähigkeit zur Erfüllung derselben im Vergleich zu einzeln agierenden Fluggesellschaften zu ermitteln. Daraufhin bestand eine dritte Teilziel-setzung der Untersuchung in der Konzipierung alternativer Positionierungsansätze für eine fiktive Allianz, die auf den zuvor gewonnenen Erkenntnissen aufbauen sollten. Als vierte Teilzielsetzung beinhaltete die Studie die Ableitung einer Posi-tionierungsempfehlung für die Allianz des Auftraggebers, indem explorierte Ideal-ausprägungen mit den durch die Befragungspersonen empfundenen Realausprä-gungen abgeglichen wurden, um auf diese Weise eine Grundlage für die Ablei-tung von Umsetzungsmaßnahmen der strategischen Positionierung zu schaffen.

422 Als Hauptverkehrsmärkte wurden Nordamerika, Südamerika, Europa, Afrika, Mittlerer Osten sowie Asien zugrunde gelegt.

423 Dieses Merkmal war nicht erfüllt, wenn eine der auftraggebenden Fluggesellschaften als Antwort auf folgende Frage genannt wurde: ,,Gibt es Fluggesellschaften, mit denen Sie nicht fliegen würden?"

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2.3.2 Fundamentale Bedürfnisse von Vielfliegern und ihre Einstellungen

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