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Absatzmarktgerichtete Wirkungsziele

Im Dokument Strategische Allianzen im Luftverkehr (Seite 72-81)

4. Problemstellung und Gang der Untersuchung

1.2 Ziele für strategische Luftverkehrsallianzen

1.2.1 Absatzmarktgerichtete Wirkungsziele

Unter absatzmarktgerichteten Wirkungszielen werden im folgenden Umsatz- und Marktanteilssteigerung, Markterschließung, der Aufbau und/oder die Umgehung von Markteintrittsbarrieren, die Steigerung des Bekanntheitsgrads und die Ver-besserung des Markenimage subsumiert.170 Dabei wird die strategische Allianz als Instrument eingesetzt, um den Zielerreichungsgrad der einzelnen Partnerunter-nehmen in diesen Zieldimensionen zu erhöhen. Sofern die strategische Allianz mit einer eigenen Marke im Markt etabliert ist, können die Ziele ,,Bekanntheitsgradsteigerung" und „Markenimageverbesserung" auch für die Alli-anz definiert werden. Die Zieldiskussion ist dann aus einer Einzelunternehmens-und Allianzsicht zu führen.

Zwischen den genannten absatzmarktgerichteten Wirkungszielen bestehen zahl-reiche lnterdependenzen.171 Die Zielgröße Umsatz bildet ein übergeordnetes Ziel, zu dem die übrigen Ziele in einer Mittel-Zweck-Relation stehen. Es erscheint daher sinnvoll, zunächst auf die untergeordneten Ziele einzugehen.

Durch die gemeinsame Abstimmung von Streckennetzplanung, Marketing- und Vertriebsaktivitäten streben die an einer Allianz beteiligten Fluggesellschaften eine Erhöhung ihrer Marktanteile in den zugrunde liegenden strategischen Geschäftsfeldern an.172 Im Geschäftsfeld des Personenluftverkehrs 173 mit groß-volumigen Jet-Flugzeugen auf der Transatlantik-Route174 zwischen den USA und

170 Meffert (1998) faßt die ersten drei Zieldimensionen unter der Basiskategorie

„Marktstellungsziele" zusammen. Vgl. Meffert, H., Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a.a.O., S. 71. Damit handelt es sich bei den Allianzzielen nicht um grundsätzlich neue Ziele, sondern um die Erreichung höherer Zielerreichungsniveaus bei bestehenden Zielen.

171 Adam (1996) spricht von Interdependenzen, wenn das zielsetzungsgerechte Niveau einer Variablen z.B. Marktanteil vom Niveau einer anderen Variablen z.B. Markteintrittsbarriere -abhängt. Vgl. Adam, D., Planung und Entscheidung: Modelle - Ziele - Methoden, 4., vollst.

überarb. u. wesentlich erw. Aufl., Wiesbaden 1996, S. 175. Im Beispielfall könnte die Erreichung eines bestimmten Marktanteilsniveaus durch eine hohe Markteintrittsbarriere erschwert oder sogar verhindert werden.

172 Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Abstimmung gemeinsamer Aktivitäten innerhalb strategischer Luftverkehrsallianzen erfolgt im anschließenden Kapitel.

173 An dieser Stelle wird bewußt auf eine weitere Untergliederung dieser Geschäftsfelddimension in Abnehmerbedürfnisse verzichtet, da der gesamthafte Eindruck im Vordergrund steht.

174 In der Luftverkehrspraxis wird i.d.R. von „Märkten" gesprochen, welche die räumliche Dimension von Start- und Zielpunkt in den Vordergrund stellen. Die kleinste Einheit eines .. Marktes" stellt demnach eine Flugstrecke zwischen zwei Punkten dar.

Europa gelang es beispielsweise Northwest Airlines und KLM, ihren Marktanteil von zusammengerechnet 7 Prozent vor der Allianz (1992) auf 11,5 Prozent nach der Allianz (1994) zu steigern.175 Eine Untersuchung des US-amerikanischen General Accounting Office kommt zu dem Ergebnis, daß Marktanteilsgewinne von Allianzen i.d.R. zu Lasten konkurrierender Fluggesellschaften gehen, ohne diesen Verdrängungseffekt jedoch quantifizieren zu können.176

Neben der Steigerung von Marktanteilen auf bestehenden Strecken streben Flug-gesellschaften Marktanteilsgewinne auf neuen, bisher nicht beflogenen Flugstrek-ken an. Dieses Ziel steht damit in engem Zusammenhang mit dem Ziel der Markt-erschließung. Durch die Bündelung von Verkehrsaufkommen in einem gemein-samen Allianz-Streckennetz ergeben sich teilweise Start-/Zielkonstellationen oder Anschlußmöglichkeiten, die eine Erschließung bisher nicht bedienter Flugstrecken ökonomisch vorteilhaft erscheinen lassen.177 Als ein Teil der strategischen Allianz zwischen Delta Air Lines und Austrian Airlines wurde z.B. die Flugverbindung zwi-schen Washington (D.C.) und Wien im Code Sharing etabliert, die zuvor von kei-ner Fluggesellschaft oder strategischen Luftverkehrsallianz angeboten worden war. Ähnliche Beispiele finden sich für die Verbindungen Houston-Rom (Continental Airlines/Alitalia) und Cincinnati-Zürich (Delta Air Lines/Swissair).178 Im Zuge eines sogenannten Drittland-Code Sharing zielen strategische Luftver-kehrsallianzen auf die Erschließung von Märkten ab, die über diejenigen der Part-nerländer hinausgehen. Northwest Airlines fliegt beispielsweise das Drehkreuz Amsterdam des Partners KLM an, der seinerseits Städteverbindungen nach Deutschland durch Code Share-Dienste an das Netz von Northwest anbindet. In

175 In ihrem Bericht geht das US-amerikanische General Accounting Office von 1992 als .offiziellem" Startzeitpunkt der Allianz aus, da in diesem Jahr das Open Sky-Abkommen zwischen den USA und den Niederlande unterzeichnet und nur wenig später die Ausnahmegenehmigung von kartellrechtlichen Auflagen gewährt wurde (.antitrust immunity").

Faktisch währte die Allianz bereits seit 1989 mit einer Kapitalbeteiligung von KLM an Northwest. Vgl. General Accounting Office (Hrsg.), International Aviation: Airline Alliances Produce Benefits, but Effect on Competition is Uncertain, a.a.O., S. 27 und Airline Business, No. 6, 1997, S. 67.

176 Vgl. General Accounting Office (Hrsg.), International Aviation: Airline Alliances Produce Benefits, but Effect on Competition is Uncertain, a.a.O., S. 30.

177 Zu Netzeffekten, die aus der Bündelung von Verkehrsaufkommen resultieren, vgl. z.B. Weber, G., Erfolgsfaktoren im Kerngeschäft von europäischen Luftverkehrsgesellschaften, Bamberg 1997, insb. S. 70-76.

178 Vgl. Airline Business, No. 6, 1997, S. 49 sowie Gellman Research Associates (Hrsg.), A Study of International Airline Code Sharing, a.a.O., S. 22.

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ähnlicher Weise kann Verkehrsaufkommen aus Nachbarländern gebündelt und dann über das eigene Heimatland in das Partnerland verteilt werden.179

Strategische Luftverkehrsallianzen werden auch eingegangen, um Marktein-trittsbarrieren gegenüber Wettbewerbern aufzubauen.180 Ein wichtiger Faktor, der im Sinne einer Markteintrittsbarriere den Eintritt anderer Airlines in Märkte erschwert oder verhindert, 181 besteht im Aufbau sogenannter Wechselkosten für Fluggäste.182 Durch die Mitgliedschaft im Vielfliegerprogramm 183 einer Fluggesell-schaft kann ein Fluggast verschiedene Vorteile erlangen, die für ihn ein Anreiz sind, Flüge möglichst nur bei der betreffenden Airline zu buchen. Da Allianzpart-ner i.d.R. ihre Vielfliegerprogramme miteinander abstimmen, brauchen Kunden bei Flügen mit Partnerfluggesellschaften nicht auf die gewohnten Vorzüge zu ver-zichten und können zudem schneller Meilen sammeln, auch wenn sie

verschie-179 Der erste Fall ist mit Verkehr der fünften, der zweite Fall mit Verkehr der sechsten Freiheit vergleichbar. Vgl. Beyhoff, S., Ehmer, H., Wilken, D., Code-Sharing im internationalen Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 29.

180 Der Begriff der Markteintrittsbarriere geht auf die industrieökonomische Forschung zurück, die durch Porter maßgeblich für betriebswirtschaftliche Fragestellungen der Wettbewerbsanalyse und -strategie nutzbar gemacht wurde. Gleichwohl verzichtet Porter in seinem grundlegenden Werk „Competitive Strategy" auf eine explizite Definition; vielmehr setzt er sich mit den Quellen von Markteintrittsbarrieren auseinander. Vgl. Porter, M.E., Competitive Strategy: Techniques for Analyzing lndustries and Competitors, New York, London 1980, S. 7-17.

181 Zur Definition von Markteintrittsbarrieren vgl. z.B. Meffert, H., Marketing-Management: Analyse, Strategie, Implementierung, a.a.O., S. 144.

182 Wechselkosten entstehen aus Sicht von Nachfragern durch den Wechsel des Anbieters einer bestimmten Leistung. Zugrunde liegt die Annahme, daß sich Geschäftsbeziehungen im Zeitablauf zu netzwerkartigen Beziehungen verfestigen (vgl. die Ausführungen zum Netzwerkansatz) und der Wechsel des Anbieters daher mit psychischem Unbehagen, aufwendigem Knüpfen neuer Beziehungen sowie der Einstellung auf veränderte Prozeßabläufe oder technische Gegebenheiten seitens des Nachfragers verbunden ist. Vgl. Porter, M.E., Competitive Strategy: Techniques for Analyzing lndustries and Competitors, a.a.O., S. 10. In die neuere Literatur haben diese Überlegungen unter dem Aspekt der Kundenbindung Eingang gefunden. Vgl. z.B. Blattberg, R.C., Deighton, J., Aus rentablen Kunden vollen Nutzen ziehen, in: Harvard Business Manager, 19. Jg., Nr. 1, 1997, S. 24-32, die sich um eine Operationalisierung des Kundenbindungs-Konstruktes bemühen.

183 Dieses auch als .Frequent Flyer Program" oder Bonusprogramm bezeichnete Marketinginstrument besteht aus einer Kundendatenbank zu Erfassung von persönlichen und Reisedaten, einem Meilen- oder Punktesystem, mittels dessen ein möglicher Anspruch auf bestimmte Sach- oder Dienstleistungsprämien erworben werden kann, sowie einem Servicepaket, das bestimmte Zusatzdienstleistungen umfaßt. Vgl. Schmengler, H.J., Thieme, M., Die Bedeutung eines Bonusprogramms im Marketing einer Luftverkehrsgesellschaft, in:

Marketing ZFP, Nr. 2, 1995, S. 130f. Petersen diskutiert den Stellenwert derartiger Programme im Rahmen strategischer Luftverkehrsallianzen. Vgl. Petersen, R., The price of loyalty, in:

Airline Business, No. 8, 1997, S. 38-40.

dene Airlines nutzen.184 Lufthansa erkennt beispielsweise das United Airlines

„Mileage Plus"-Programm an, während United Airlines die „miles&more"-Karte der Lufthansa-Kunden akzeptiert. Bei einem Wechsel zur Konkurrenz-Allianz KLM/Northwest Airlines entstünden Fluggästen demzufolge Kosten in Form von entgangenen Vorteilen, die daher den Markteintritt für KLM/Northwest in bestimmte Märkte erschweren oder gänzlich verhindern.185

Weiterhin können strategische Allianzen den Markteintritt von Wettbewerbern durch die gezielte Abstimmung von Preisen und Kapazitäten erschweren oder verhindern. Wenngleich die konkreten Auswirkungen strategischer Allianzen auf die Tarifstrukturen bis heute nicht eindeutig geklärt sind, stimmen Partnerflugge-sellschaften unter der Prämisse kartellrechtlicher Genehmigung ihre Preis- und Konditionenpolitik in den betreffenden Geschäftsfeldern ab und bieten Flug-dienstleistungen teilweise deutlich unter dem durchschnittlichen Marktpreisniveau an.186 In einem Expertengespräch kam zum Ausdruck, daß das Allianz-Ticket für umgerechnet DM 1.200,- angeboten wurde, während der reguläre IATA-Tarif bei DM 1.800,- lag.187 Grenzen sind derartigen Praktiken allerdings durch rechtliche Auflagen und das Verhalten der Wettbewerber gesetzt, die insbesondere bei hohen Preisunterschieden Einspruch bei nationalen Gerichten einlegen.188 Neben dem Aufbau zielt die Bildung strategischer Luftverkehrsallianzen auf die Überwindung von Markteintrittsbarrieren ab, indem beispielsweise

Beschrän-184 Vgl. Gallacher, J., Power to the plans, in: Airline Business, No. 8, 1997, S. 34.

185 Aus ökonomisch leicht nachvollziehbaren Gründen ist es für Flugreisende günstiger, das Sammeln von Meilen auf nur ein Bonussystem zu konzentrieren, da ein bestimmter Zeitraum für das Erreichen der kritischen Meilengrenze vorgegeben wird.

186 Flugtickets werden z.T. zu „Graumarkttarifen• verkauft, welche die Tarifhoheit der IATA umgehen und daher in offiziellen Statistiken nicht erfaßt werden. Vgl. Weber, G., Erfolgsfaktoren im Kerngeschäft von europäischen Luftverkehrsgesellschaften, a.a.O., S. 108f.

Ein weiteres Problem für die Untersuchung von Preiseffekten strategischer Allianzen ergibt sich aus der luftverkehrsspezifisch hohen Anzahl von Preisdifferenzierungen, die durch den Einsatz komplexer Preisoptimierungssysteme ermöglicht werden. Tarife haben im Luftverkehr oft eine geringe Zeitstabilität. Vgl. z.B. Whitaker, R., A system approach, in: Airline Business, No. 1, 1996, S. 40ff.

187 Vgl. Anhang 4.

188 Hinthorne (1996) zeichnet Gerichtsverfahren aufgrund von .Kampfpreisverhalten•

ausgewählter US-amerikanischer Fluggesellschaften detailliert in seinem Beitrag nach. Vgl.

Hinthorne, T., Predatory Capitalism, Pragmatism, And Legal Positivism In The Airlines lndustry, in: Strategie Management Journal, Val. 17, No. 4, 1996, S. 251-270.

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kungen von Luftverkehrsrechten umgangen werden.189 Wenn zwischen Ländern restriktive bilaterale Abkommen existieren, die bestimmte Fluggesellschaften für die Bedienung der Flugstrecken designiert haben, 190 bietet sich im Code Sharing für die nicht-designierten Airlines eine Möglichkeit, in Konkurrenz zu jenen zu tre-ten. Einerseits können sie durch strategische Allianzen mit den designierten Flug-gesellschaften am Flugverkehrsaufkommen partizipieren. Andererseits können die nicht-designierten Fluggesellschaften Nachbarländer anfliegen und mit dort ansässigen Airlines durch strategische Allianzen den Verkehr in das Zielland auf der Basis von Verkehrsrechten der dritten und vierten Freiheit aufnehmen (Drittland-Code Sharing).191

Mittels strategischer Allianzen versuchen Fluggesellschaften zudem, Zugang zu Start- und Landerechten zu erhalten, die an vielen großen Verkehrsflughäfen ein knappes Gut darstellen. Da Slots neben Luftverkehrsrechten unabdingbare Vor-aussetzung für den Zugang zu bestimmten Zielorten sind, bilden fehlende oder nur schwer erhältliche Start- und Landerechte eine Markteintrittsbarriere.192 Der Londoner Flughafen Heathrow beispielsweise darf nach dem derzeit gültigen Luft-verkehrsabkommen im Verkehr zwischen den USA und Großbritannien nur von jeweils zwei Fluggesellschaften beider Länder angeflogen werden - United Airlines und American Airlines seitens der USA sowie British Airways und Virgin Atlantic seitens Großbritanniens. Für Delta Air Lines ergab sich aus dieser Situation eine

189 Krahn (1994) unterscheidet strukturelle und strategische Markteintrittsbarrieren, die privater (unternehmensseitiger) oder staatlicher (institutioneller) Natur sein können. Während die oben genannte Abstimmung der Vielfliegerprogramme sowie Preis- und Kapazitätsabsprachen strategisch-privat ausgeprägt sind, handelt es sich bei einer Regulierung des Marktzutritts in seinem Systematisierungsvorschlag um eine strategisch-staatliche Markteintrittsbarriere. Vgl.

Krahn, H., Markteintrittsbarrieren auf dem deregulierten US-amerikanischen Luftverkehrsmarkt:

Schlußfolgerungen für die Luftverkehrspolitik der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main u.a. 1994, S. 43.

190 Die Designierung ist i.d.R. mit der Gewährung von Luftverkehrsrechten der vierten oder fünften Freiheit verbunden.

191 Vgl. Beyhoff, S., Ehmer, H., Wilken, D., Code-Sharing im internationalen Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 27-30. Beide Fälle setzen voraus, daß Code Sharing-Dienste nicht staatlich reguliert sind.

192 Grund für die Vergabe von Start- und Landerechten an Fluggesellschaften sind Kapazitätsrestriktionen seitens der Flughäfen. Slotquoten legen die maximale Anzahl an planmäßigen Flugzeugbewegungen innerhalb bestimmter Zeitintervalle fest. Die Vergabe an Fluggesellschaften richtet sich nach verschiedenen Allokationsmechanismen, von denen die sogenannte IATA-Regel (auch .grandfathering" genannt) und das in den USA praktizierte buy-sell-Prinzip die wichtigste Bedeutung haben. Vgl. Langner, S.J., The Allocation of Slots in the Airline lndustry: A Transaction Cost Economics Analysis, Baden-Baden 1996, S. 18f.

Markteintrittsbarriere im Zielmarkt London Heathrow, welche die Fluggesellschaft durch ein Code Share-Abkommen mit Virgin Atlantic überwinden konnte.193 Weitere Ziele, die mit strategischen Luftverkehrsallianzen verfolgt werden, liegen in einer Steigerung des Bekanntheitsgrads und einer Verbesserung des Mar-kenimage begründet. Die Bedeutung des Bekanntheitsgrades - verstanden als Anteil einer Personengesamtheit, der den Namen eines Produktes, einer Dienst-leistung oder eines Unternehmens kennt - ergibt sich aus dem nachgewiesenen Einfluß desselben auf das Kaufverhalten. Demgemäß ist die Bekanntheit eines Unternehmens oder seiner Leistung Voraussetzung für den Aufbau eines Mar-kenimage, das seinerseits präferenzbildend wirkt und einen Kaufakt zugunsten der betreffenden Leistung entscheiden kann.194 Die Verfolgung dieses Ziels im Sinne einer partnerindividuellen Zielsetzung ist nur möglich, wenn die Flugge-sellschaften ihre eigene Marke 195 im Rahmen der Allianz weiterführen und damit eindeutig identifizierbar sind.196 Als Beispiel ist die strategische Allianz von British Airways, American Airlines, Qantas und Canadian Airlines International zu nen-nen, in der jedes Unternehmen mit eigener Marke auftritt. Ein anderer Sachverhalt liegt im Fall der „Star Alliance" vor. In dieser Allianz sind derzeit sechs Fluggesell-schaften aus unterschiedlichen Ländern vereinigt, die ihre eigenen Unterneh-mensmarken parallel zur Allianzmarke „Star Alliance" führen.197 Daraus ergibt sich

193 Vgl. Gallacher, J., Airline Alliances: Partners for now, in: Airline Business, No. 6, 1997, S. 26f.

und S. 65. Mittlerweile hat Virgin Atlantic diese Allianz zugunsten einer Allianz mit Continental Airlines aufgegeben.

194 Vgl. zu diesem Wirkungszusammenhang Meffert, H., Bruhn, M., Dienstleistungsmarketing:

Grundlagen-Konzepte-Methoden, mit Fallbeispielen, a.a.O., S. 144-146. Im Konzept der selektiven Markenauswahl führt ein hoher Bekanntheitsgrad dazu, daß sich die betreffende Marke im Kaufzeitpunkt bei einem großen Anteil der Konsumenten im sogenannten awareness set befindet. In Verbindung mit einem positiven Markenimage kann es gelingen, einen günstigen Rangplatz im sogenannten evoked set einzunehmen, aufgrund dessen der Konsument letztlich seine Kaufentscheidung trifft. Vgl. zu einer Darstellung des auf Narayana-Markin zurückgehenden Modells Meffert, H., Marketingforschung und Käuferverhalten, a.a.O., S.40f.

195 Eine Marke kann als Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung bezeichnet werden, das in der Psyche von Konsumenten verankert ist. Das markierte Produkt oder die markierte Dienstleistung wird in einem möglichst großen Absatzraum über einen längeren Zeitraum in gleichartiger Erscheinung sowie konstanter oder verbesserter Qualität angeboten.

Vgl. Meffert, H., Marketing: Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung, a.a.O., S. 785.

196 Fluggesellschaften fassen ihre Leistungen in der überwiegenden Zahl der Fälle unter dem Namen ihres Unternehmens zusammen, der dann als Dachmarke verwendet wird und dadurch u.a. eine Identifikationsfunktion für Fluggäste erfüllt. Zur Funktion von Marken unter besonderer Berücksichtigung von Dienstleistungsaspekten vgl. Meffert, H., Bruhn, M., Dienstleistungsmarketing: Grundlagen-Konzepte-Methoden, mit Fallbeispielen, a.a.O., S. 321.

197 Es handelt sich um Air Canada, Lufthansa, SAS, Thai Airways, United Airlines und Varig.

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die Notwendigkeit, im Zuge interaktiver Verhandlungsprozesse zu einem gemein-samen Konsens zwischen partnerindividuellen Zielsetzungen - Erhöhung des Bekanntheitsgrades eines bestimmten Unternehmens i - und einer partnerüber-greifenden Zielsetzung - Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Star Alliance - zu gelangen.198

Von strategischen Allianzen erhoffen sich einige Fluggesellschaften zudem, am Markenimage ihres Partners oder ihrer Partner partizipieren zu können.199 Unter einem Markenimage verstehen Meffert und Burmann (1996) die „Gesamtheit aller subjektiven Vorstellungen einer Person von der Marke hinsichtlich der wahrge-nommenen Eigenschaften und der Eignung dieser Marke zur Befriedigung der rationalen und emotionalen Bedürfnisse des lndividuums".200 Der Aufbau eines positiven Markenimage soll generell eine absatzfördernde Wirkung erzielen.

Eigenschaften, die zu einem positiven Markenimage von Fluggesellschaften füh-ren können, sind beispielsweise eine hohe Pünktlichkeit, hohe Zuverlässigkeit sowie ein zuvorkommender Umgang mit Fluggästen. Auch ein weltweites Strek-kennetz sowie technische Kompetenz stellen positive Eigenschaften dar, die mög-licherweise das Markenimage von Airlines prägen.201 Teile eines solchermaßen positiven Markenimage können durch einen gemeinsamen Marktauftritt von einem Allianzpartner auf den anderen im Zuge eines Marken- bzw. Imagetransfers

über-198 Die Beantwortung dieser Frage ist u.a. von Bedeutung für die Abstimmung der Marketinginstrumente im Rahmen der strategischen Allianz, da diese einen wichtigen untemehmensseitigen Parameter zur Beeinflussung von Marketingzielen wie des Bekanntheitsgrades darstellen.

199 Vgl. Beyhoff, S., Ehmer, H., Wilken, D., Code-Sharing im internationalen Luftverkehr der Bundesrepublik Deutschland, a.a.O., S. 31.

200 Meffert, H., Burmann, C., ldentitätsorientierte Markenführung - Grundlagen für das Management von Markenportfolios, Arbeitspapier Nr. 100 der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Marketing und Unternehmensführung e.V., Hrsg.: Meffert, H., Wagner, H., Backhaus, K., Münster 1996, S. 34. Gemäß dieser Definition handelt es sich beim Markenimage um ein multidimensionales Konstrukt, dessen Konzeptualisierung und Operationalisierung in Ansätzen der Markenwertforschung vertieft diskutiert werden. Vgl. weiterführend z.B. Sander, M., Die Bestimmung und Steuerung des Wertes von Marken. Eine Analyse aus Sicht des Markeninhabers, Heidelberg 1994; Sattler, H., Markenbewertung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 65. Jg., Nr. 6, 1995, S. 663-682.

201 Weber (1997) unterscheidet bei Fluggesellschaften zwischen „Muß-Komponenten" des Markenimage wie Sicherheit, Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit sowie .,Zusatznutzen-Komponenten", die besondere Betreuungsleistungen wie beispielsweise Vielflieger-Lounges und Unterhaltungsangebote umfassen. Vgl. Weber, G., Erfolgsfaktoren im Kerngeschäft von europäischen Luftverkehrsgesellschaften, a.a.O., S. 84ff.

tragen werden.202 Fluggesellschaften bemühen sich teilweise, das Markenimage ihrer Partnerairlines - unter Voraussetzung positiver Ausprägung - insbesondere in deren Heimatmärkten für die Stärkung des eigenen Markenimage nutzbar zu machen.203 Deutlich wird dabei die im Netzwerkansatz problematisierte Netzwerk-position, die hier in der starken Imageposition eines Unternehmens zum Ausdruck kommt und demensprechend die Handlungsmöglichkeiten desselben zu erweitern vermag.204 Zu beachten ist in diesem Zusammenhang der sogenannte Herkunfts-landeffekt, nach dem das Markenimage eines Unternehmens oder einer Leistung auch durch das Image des Landes mitgeprägt sein kann, aus dem das Unterneh-men oder die Leistung stamUnterneh-men.205 Zudem ist davon auszugehen, daß das Mar-kenimage einer Fluggesellschaft von Land zu Land variiert.206 Eine von Lufthansa im November 1995 durchgeführte Fluggastbefragung belegt, daß die Allianz zwi-schen United Airlines und Lufthansa zum Befragungszeitpunkt 14 Prozent der befragten US-amerikanischen Passagiere auf Transatlantikstrecken bekannt war.

74 Prozent dieser Personen urteilten, daß Lufthansa einen Markenimagegewinn durch die Allianz erfährt, während 13 Prozent von einem Markenimageverlust für

202 Vgl. z.B. Hätty, H., Der Markentransfer, Heidelberg 1989; Meffert, H., Heinemann, G., Operationalisierung des Imagetransfers, in: Marketing ZFP, Nr. 1, 1990, S. 5-10. Eine jüngere empirische Untersuchung bestätigt das Vorliegen positiver Markentransfereffekte bei strategischen Allianzen zwischen zwei Unternehmen. Vgl. Rao, A.R., Qu, L., Ruekert, R.W., Brand Alliances as Information About Unobservable Product Quality, MSI Working Paper No.

97-100, Cambridge, Mass. 1997, insb. S. 18f.

203 Die Expertengespräche belegen die Relevanz dieses Ziels. Vgl. Anhang. Zudem unterstützen Dollinger, Golden und Saxton (1997) in ihrer empirischen Untersuchung die Bedeutung der Unternehmensreputation für den Auswahlprozeß von Partnern in horizontalen und vertikalen Allianzen. Vgl. Dollinger, M.J., Golden, P.A., Saxton, T., The Effect of Reputation on the Decision to Joint Venture, in: Strategie Management Journal, Vol. 18, No. 2, 1997, S. 127-140.

204 Vgl. Mattsson, L.-G., Management of strategic change in a „markets-as-networks" perspective, in: The management of strategic change, Hrsg.: Pettigrew, A.M., Oxford 1987, S. 237.

205 Empirische Forschungsarbeiten konnten zeigen, daß sich ein negatives Herkunftslandimage nachteilig auf den Absatz von Leistungen im Ausland auswirkt. In umgekehrter Weise können aus einem positiven Landesimage absatzfördernde Wirkungen für Leistungen von Unternehmen aus dem betreffenden Land resultieren. Vgl. z.B. Papadopoulos, N., What product and country images are and are not, in: Product-Country Images: Impact and Role in International Marketing, Hrsg.: Papadopoulos, N., Binghamton 1993, S. 3-38. Strategische Allianzen können folglich durch ausländische Fluggesellschaften genutzt werden, um eventuell bestehende Reaktanzen auf dem Heimatmarkt des Partners mittels gemeinsamen Marktauftritts abzubauen.

206 Nach Meffert und Burmann (1996) spannt sich zwischen den ländermäßig unterschiedlich wahrgenommenen Markenimages ein Spannungsfeld auf, das durch ein .Management der Markenidentitär zu überbrücken ist. Vgl. Meffert, H., Burmann, C., ldentitätsorientierte Markenführung, in: International Brand Management, Dokumentationspapier Nr. 103 der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Marketing und Unternehmensführung e.V., Hrsg.: Meffert, H., Wagner, H., Backhaus, K., Münster 1996, S. 37f.

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Lufthansa überzeugt waren. 8 Prozent blieben diesbezüglich unentschieden.207 Obwohl sich diese Daten auf einer relativ hoch aggregierten Ebene bewegen, las-sen sie die Vermutung zu, daß sich die Allianz aus Sicht der Lufthansa über einen

Lufthansa überzeugt waren. 8 Prozent blieben diesbezüglich unentschieden.207 Obwohl sich diese Daten auf einer relativ hoch aggregierten Ebene bewegen, las-sen sie die Vermutung zu, daß sich die Allianz aus Sicht der Lufthansa über einen

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