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Ausgehend von den für die Berechnung einer Ehepaar-Altersrente geltenden Bestimmungen hat das EVG betont, daß diese Rentenart auf

dem Grundsatz beruhe, daß Ehepaare als Einheit zu behandeln seien,

einem Grundsatz, den auch die verschiedenen Revisionen der AHV nicht

aufgehoben haben. Diese Einheit äußert sich darin, daß allein der

Ehe-mann Anspruch auf die Ehepaar-Altersrente erheben kann, und daß

diese zum Unterhalt beider Ehegatten bestimmte Rente nach Maßgabe

des durchschnittlichen Jahresbeitrages des Ehemannes unter

Hinzurech-nung der Beitragsleistungen der Ehefrau berechnet wird. Dieser in

Artikel 22, Absatz 1 und 2, AHVG ausdrücklich festgelegte Grundsatz

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läßt erkennen, daß nur der Ehemann gegenüber der AH\ auftritt. Uni mit den Worten des EVG im genannten Urteil zu sprechen, wird das Ehepaar, was die Rentenberechnung anbetrifft, einzig durch den Ehe-mann vertreten. Dieser Grundsatz ist nicht neu, stimmt er doch mit den in Artikel 160 ZGB umschriebenen Rechten und Pflichten des Hauptes der ehelichen Gemeinschaft überein.

Die Vertretung des Ehepaares durch den Ehemann verliert aber ihren Sinn, wenn dieser während eines Teils oder während der ganzen Dauer der Ehe keine Beziehungen zur Versicherung unterhält und allein die Ehefrau die Verbindung mit der AHV aufrechterhält. An diesem Punkte setzt die vorn EVG gefundene neue Lösung an, die gewisse Härten des gesetzlichen Systems mildert. In der Tat scheint es nicht angängig, den Rentenanspruch der Ehegatten von der alleinigen Vertretungsbefug-nis des Ehemannes abhängig zu machen, insbesondere wenn dieser, willentlich oder nicht, darauf verzichtet hat, die eheliche Gemeinschaft gegenüber der AHV zu vertreten. Der Wortlaut des Gesetzes ist zwar eindeutig, da nach Artikel 32 AHVG die Ehepaar-Altersrente auf Grund des durchschnittlichen Jahresbeitrages des Ehemannes, d. h. auf Grund seiner Beiträge und Beitragszeiten, zu berechnen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob unter dem in Artikel 29, Absatz 2, und Artikel 30 AHVG verwendeten Begriff des Versicherten nur der Ehemann im Sinne von Artikel 32 AHVG zu verstehen ist. Das EVG hat sich gegen diese enge Auslegung des Begriffes ausgesprochen und läßt in qcwiscn Ausflahme-fdllcn die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch die Ehefrau zu, wenn es um die Wahl der maßgebenden Rentenskala und die Berechnung des durchschnittlichen Jahresbeitrages geht. Selbstverständlich ist strikte darauf zu achten, daß der Ehemann zwar die Bedingungen zur Zusprechung einer ordentlichen Ehepaar-Altersrente erfüllt, während einer gewissen Zeit aber einzig die Ehefau die Beziehungen zur AHV auf-rechterhalten hat.

Wenn diese beiden Bedingungen erfüllt sind, können für diejenigen Ehejahre, während welcher der Ehemann die Verbindung zur Versiche-rung gelöst und die eheliche Gemeinschaft nicht vertreten hat, die Bei-träge und Beitragszeiten der Ehefrau die fehlenden des Ehemannes er-setzen. Im vorliegenden Falle erlaubte diese Gleichstellung, die Rente auf Grund einer vollständigen Beitragsdauer von 9 Jahren und 9 Monaten (Rentenskala 19) zu berechnen, während auf Grund der tatsächlichen Beitragsdauer des im September 1892 geborenen Ehemannes von einem Jahr und fünf Monaten die Rentenskala 1 hätte Anwendung finden müssen.

Die Ausgleichskassen werden indessen ausdrücklich darauf aufmerk-sam gemacht, daß durch diese Vertretung des Ehemannes durch die Ehefrau bei der Berechnung von Ehepaar-Altersrenten nur ausnahms-weise Beitragslücken geschlossen werden dürfen. Die neue Praxis er-fordert deshalb in jedem einzelnen Falle eine gewissenhafte Prüfung aller maßgebenden Umstände; so sind insbesondere die Verhältnisse des Ehe-mannes während der Ehe und seine Stellung gegenüber der Al-IV genau zu prüfen. Es ist vor allem abzuklären, weshalb der Ehemann keine Beiträge entrichtete, und ob er auch wirklich in dieser Zeit nicht beitrags-pflichtig war (z. B. weil er nicht in der Schweiz wohnte, für keinen schweizerischen Arbeitgeber im Ausland arbeitete und auf den Beitritt zur freiwilligen Versicherung verzichtete). Derartige Fälle sind streng zu scheiden von solchen, wo aus irgend einem Grunde trotz bestehender Beitragspflicht keine Beiträge entrichtet wurden und das IBK des Ehe-mannes deshalb Beitragslücken aufweist. Ebenso ist dann Zurückhaltung geboten, wenn der Ehemann wegen unzumutbarer Doppelbelastung vom Einbezug in die Versicherung befreit wurde. Das EVG hat denn auch diese besondere Frage noch offen gelassen. Gleiches ist zu sagen, wenn die Ehefrau zwar Beiträge bezahlt hat, jedoch nicht auf Grund der obli-gatorischen Beitragspflicht, sondern lediglich infolge Zugehörigkeit zur freiwilligen Versicherung.

Die gleiche Frage wird sich übrigens nicht nur bei der Berechnung der Ehepaar-Altersrente stellen. Sie wird auch bei der Berechnung von Witwen- und Waisenrenten auftauchen, da ja die Hinterlassenenrenten ebenfalls auf Grundlage des für die Ehepaar-Altersrente maßgebenden durchschnittlichen Jahresbeitrages berechnet werden. Auch hier kommt es vor, daß - wie im vorliegenden Fall --- aus irgend einem Grunde der Ehemann während einer bestimmten Zeit keine Beiträge entrichtete, während welcher jedoch die Ehefrau gegenüber der Versicherung die eheliche Gemeinschaft vertrat. Das EVG läßt diese Frage der Berech-nung von Hinterlassenenrenten jedoch ebenfalls noch offen. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Frage der Anrechnung von Bei-trägen des einen Ehegatten für den andern anläßlich der Einführung des pro rata-Rentensystems an Bedeutung gewinnen wird.

Anderseits kann man sich fragen, ob sich die vom EVG empfohlene Lösung noch rechtfertigen läßt, wenn die wörtliche Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen weniger stoßende Folgen als im beurteilten Falle zeitigt, wo ein äußerst unbilliges Ergebnis, welches eine bis auf die Spitze getriebene Durchführung des gesetzlichen Systems ergäbe, beseitigt wurde. Einer Beitragsdauer der Ehefrau von neun Jahren stand

eine solche des Ehemannes von nur einem Jahr und fünf Monaten gegen-über. Man dürfte wohl im umgekehrten Falle, d. h. bei einer Beitrags-lücke des Ehemannes von nur einem Jahr, während zufälligerweise die Ehefrau ihrerseits Beiträge für dieses einzige Jahr entrichtet hat, die Vertretung durch die Ehefrau kaum zulassen, ebensowenig dann, wenn sie von keinem oder doch nur sehr geringem Vorteil für das Ehepaar wäre.

Die vorn EVG getroffene Lösung wirkt sieh auch auf die Berechnung der dem überlebenden Ehegatten zustehenden ordentlichen einfachen Altersrente aus. In dieser Hinsicht ist auf eine saubere Trennung zwi-schen der dem Ehemann und der der überlebenden Ehefrau zustehenden Rente zu achten. Die Rente des Ehemannes dürfte wohl kaum unter Be-rücksichtigung der Beitragszeiten der Ehefrau berechnet werden, obwohl grundsätzlich die einfache Altersrente auf den gleichen Grundlagen wie die vorausgehende Ehepaar-Altersrente zu berechnen ist. So hat auch das EVG im besprochenen Entscheid ausdrücklich erklärt, diese Berech-nungsart solle bei vorzeitigem Ableben der Ehefrau den Ehemann in keiner Weise begünstigen. Dieser Ueberlegung ist beizupflichten, da der Ehemann gemäß der neuen Rechtsprechung schon zu Lebzeiten der Ehe-frau erheblichen Nutzen aus der Beitragsleistung und der Beitragsdauer der Ehefrau ziehen kann. Es ginge nicht an, etwaige Mißbräuche in dieser Richtung zu begünstigen.

All die vorstehend kurz gestreiften Gesichtspunkte, die das kürzlich ergangene Urteil aufwirft, veranlassen uns, den Ausgleichskassen be-sondere Sorgfalt bei der künftigen Behandlung derartiger Fälle nahe zu legen, damit stoßende, mit dem Willen des Gesetzgebers in Widerspruch stehende Härten vermieden werden können.

Um eine möglichst einheitliche Praxis zu erzielen, wird den Aus-gleichskassen empfohlen, derartige Fälle vorerst dem Bundesamt für Sozialversicherung zu unterbreiten.

Die Praxis des Bundesamtes für Sozialversicherung