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In der Fragestellung dieser Arbeit ist bereits darauf hingewiesen worden, dass ver-sucht werden soll, einen Parameter zu bestimmen, der sich am besten eignet, um den Krankheitsverlauf, insbesondere die damit verbundenen motorischen Einschränkun-gen, zu charakterisieren. Nach den in dieser Arbeit gewonnenen Daten kommen hier-für sowohl die Frequenz als auch das Inter-Onset-Intervall in Frage. Beide korrelieren stärker mit der klinischen Symptomatik im UPDRS III als die anderen Parameter. Je-doch ist die Korrelation zwischen UPDRS III und IOI mit einen Signifikanzniveau von

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p = 0,01 viel deutlicher als die Korrelation zu der Frequenz mit einem Signifikanzniveau von p = 0,05. Darüber hinaus zeigt das Inter-Onset-Intervall einen höheren Prozentsatz an korrekten Zuordnungen zur jeweiligen Gruppe (Patien-ten/Kontrollen) in der Diskriminanzanalyse und eine signifikante Korrelation zur Krankheitsdauer, sodass man so (auch unter Medikation stehende) Patienten zu einem hohen Prozentsatz der richtigen Gruppe zuordnen kann. Bezogen auf unseren Ver-suchsaufbau lässt sich damit postulieren, dass die Akinese das entscheidende Symp-tom für die Einordnung und den Verlauf des idiopathischen Parkinson-Syndroms dar-stellt.

Es ist zu erwarten, dass Patienten mit dem Verdacht auf ein idiopathisches Parkinson-Syndrom, die bisher keine regelmäßige Medikation einnehmen, mit einer hohen Wahr-scheinlichkeit von gesunden Probanden unterschieden werden können und somit die hier vorgestellte Technik auch für den Einsatz in der Frühdiagnostik geeignet ist. Die hierfür benötigten Daten können einfach, reliabel und preiswert erhoben werden und eignen sich folglich auch zur Therapiekontrolle ambulanter Patienten. Weiterhin ist es möglich, verschiedene Komponenten der Feinmotorik zu untersuchen, die auch zur Charakterisierung anderer motorischer Störungen im Rahmen von wissenschaftlichen Fragestellungen genutzt werden können. Hier wäre vorstellbar, differentielle Effekte auf die Feinmotorik bei unterschiedlichen Zielpunkten im Rahmen einer tiefen Hirn-stimulation zu untersuchen. Des Weiteren ließen sich auch motorische Nebenwirkun-gen von Medikamenten überprüfen, was vor allem für den Bereich der Psychiatrie von Interesse wäre.

Schließlich ist es auch denkbar, andere Bewegungsstörungen oder Erkrankungen im Hinblick auf die Feinmotorik zu untersuchen. Hierzu liegen bereits ermutigende erste

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Ergebnisse bei einer Gruppe von Tortikollispatienten vor, die auf eine subtile Bewe-gungsverlangsamung im Bereich der Handmotorik hindeuten, obwohl diese klinisch nicht betroffen ist (persönliche Mitteilung Dr. med. T. Peschel).

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Unterschiedliche therapeutische Strategien bei Patienten mit idiopathischem Parkin-son-Syndrom erfordern ein standardisiertes Verfahren zur Beurteilung der Bewe-gungseinschränkung. Aus diesem Grund wurden verschiedene Verfahren entwickelt, mit denen Bewegungsstörungen objektiv und reliabel erfasst werden können wie bei-spielsweise Videoanalysen oder die einfache Erfassung der Tapping-Rate mittels Computertastatur. Diese haben sich in der Praxis allerdings nicht durchgesetzt, da die Videoauswertung nicht automatisiert möglich ist und somit einen hohen personellen Zeitaufwand erfordert. Die alleinige Berechnung eines einfachen Fingertappings wird dagegen dem komplexen Krankheitsbild des IPS nicht gerecht.

Die Beweglichkeitsstörungen beim idiopathischen Parkinson-Syndrom werden eher theoretisch in Hypokinese (Amplitudenminderung), Bradykinese (Bewegungsverlang-samung) und Akinese (Hemmung des Bewegungsstarts) eingeteilt. Diese tragen unter den motorischen Kardinalsymptomen des IPD am deutlichsten zur Gesamtbehinde-rung der Patienten bei. Ziel dieser Arbeit war es, die Möglichkeiten der MIDI-Technologie (Musical Instrument Digital Interface) für eine genauere Charakterisie-rung der einzelnen feinmotorischen Komponenten am Beispiel des IPS zu evaluieren.

Hierfür wurden 25 Patienten mit IPS (im medikamentösen On) sowie 31 gesunde Kon-trollen, welche alle nie zuvor ein Musikinstrument gespielt hatten, an einem elektroni-schen Klavier (Yamaha CLP 110) untersucht. Dabei wurden fünf unterschiedliche Übungen für jeweils 15 Sekunden zweimalig bei definierter Lautstärke mit höchstmög-licher Geschwindigkeit ausgeführt:

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Einzeltapping mit dem Zeigefinger (zweiter Finger), Triller (zwischen zweitem und drittem Finger), Sequenz (1-2-3-4-5-4-3-2-1-2-3-usw.), Fingersprünge (mit dem Zeige-finger im Wechsel über eine Oktave) und ein Wechseltapping mit beiden ZeigeZeige-fingern (zweiter Finger links, zweiter Finger rechts, zweiter Finger links, …).

Berechnet wurden die Frequenz (F), Anschlagsgeschwindigkeit (V), Anschlagsdauer (DUR), das Intervall zwischen zwei Tastenanschlägen (IOI) sowie das Intervall vom Ende des einen bis zum Beginn des folgenden Anschlags (ISI) für jede Taste getrennt.

Die Auswertung der Variablen erfolgte mit SPSS 13.0. Dabei lag das Signifikanzniveau bei p = 0,05 für signifikante beziehungsweise bei p = 0,01 für hochsignifikante Unter-schiede.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Patienten in den meisten Parametern von den Kontrollen unterschieden. Allerdings variiert dies abhängig vom Aufgabentyp. Über-raschenderweise ergeben sich Unterschiede zwischen Patienten und Kontrollen hin-sichtlich der Anschlagsfrequenz nicht bei allen Übungen. Als zuverlässiger Parameter zur Diskriminierung zwischen Patienten und Kontrollen eignete sich hier vielmehr das berechnete Intervall zwischen den Tastenanschlägen (Inter-Onset-Intervall), das als indirektes Maß für die verzögerte Initiierung von Bewegungen (Akinese) gelten kann.

Dieser Parameter korrelierte ebenfalls hochsignifikant mit der Krankheitsdauer, wäh-rend dies für die Anschlagsfrequenz nicht der Fall war.

Bereits mit einem einfachen Fingertapping konnte gezeigt werden, dass sich die MIDI-Technologie zur objektiven Quantifizierung der Bewegungseinschränkung bei IPS-Patienten eignet. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie deuten daraufhin, dass mit-tels QDG andere Komponenten der Feinmotorik untersucht werden können, die für die Charakterisierung auch unterschiedlicher Bewegungsstörungen im Rahmen von

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wissenschaftlichen Fragestellungen genutzt werden können. Hierbei kann die Fre-quenz ein Maß für die Hypokinese darstellen, die Anschlagsgeschwindigkeit als Para-meter für die Bradykinese und das Intervall zwischen den Tastenanschlägen (Inter-Onset-Intervall) als Parameter für die Akinese genutzt werden. Diese Daten lassen sich einfach, reliabel und preiswert erheben und eignen sich somit auch zur Therapiekon-trolle ambulanter Patienten.

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