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Aufschwung des antiquarischen Interesses und Einflussrichtungen des Humanismus im Ostalpenraum Humanismus im Ostalpenraum

Im Dokument Der sogenannte und weitere (Seite 72-78)

3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht

3.2 Aufschwung des antiquarischen Interesses und Einflussrichtungen des Humanismus im Ostalpenraum Humanismus im Ostalpenraum

Mit Paolo Santonino kam in den Jahren 1485 bis 1487 auch humanistisches Gedan-kengut in die zum Teil entlegenen nördlichen Gebiete der Diözese Aquileia. Wahr-scheinlich waren die Einheimischen damals noch etwas verwundert ob seines Interesses für die lokalen Überreste der Römerzeit. Der Reisende wiederum wird sich seinerseits in den heutigen Kärntner und slowenischen Gebieten mitunter etwas geistig fremd gefühlt haben, ähnlich wie rund 40 Jahre vor ihm Aeneas Silvius Piccolomini in Wien. Santonino ist jedenfalls ein weiteres Beispiel für die Aus-breitung des antiquarisch-epigraphischen Interesses von Süden nach Norden: Er stammte ebenso aus Italien wie die ersten Humanisten, die – zunächst noch verein-zelt – norische Inschriften kopierten: Erinnern wir uns an Ciriaco d’Ancona und die Gelehrten, die Ciriacos Sammlung bzw. jene des sogenannten Tergestinus Antiquus benutzten und erweiterten.268

Es waren aber nicht nur die Italiener, welche das humanistische Gedankengut über ihre Landesgrenzen hinaustrugen. Auch die Gelehrten in unserem Raum waren

267 Siehe Abb. 5. Ob darin ein weiterer Hinweis für eine Abschrift aus der Hand von Santoninos Mit-arbeiter gesehen werden darf, bleibt zweifelhaft.

268 Siehe Kap. 2.

maßgeblich an der Rezeption der neuen Geisteskultur beteiligt, indem sie die Im-pulse italienischer Reisender aufgriffen oder sie sich selbst ins Mutterland der Re-naissance begaben und von dort viele Anregungen mit nach Hause brachten.269 Bereits das Jahrzehnt nach der Mitte des 15. Jahrhunderts kann als „Vorblüte des Humanismus“ in Wien bezeichnet werden270. In diesem Dezennium wurde die Wie-ner Universität zu eiWie-ner der meistbesuchten Universitäten Europas.271 Für die Alter-tumsforschung ist diese frühhumanistische Phase jedoch noch nicht relevant. Auch während der späteren Regierungszeit von Friedrich III. standen philologische Dis-ziplinen wie lateinische Dichtung, Grammatik und Rhetorik im Zentrum des huma-nistischen Interesses im Wiener Raum, weshalb die Nachrichten über den Umgang mit römerzeitlichen Inschriften spärlich sind.272 Auch der Kaiser selbst interessierte sich weniger aus historisch-antiquarischen, denn vielmehr aus genealogischen Gesichtspunkten für eine von Oktavian im Jahre 32 v. Chr. gesetzte Bauinschrift, auf die er in Triest aufmerksam geworden (oder gemacht worden) war.273 Es darf sogar bezweifelt werden, dass Friedrich III. bzw. sein(e) Berater erkannte(n), wer in der Inschrift mit „IMP CAESAR“ gemeint war, doch dürften ihn nach Ansicht von Ortolf Harl und Alois Niederstätter gerade diese „Reizworte“ dazu bewogen haben, den antiken Text im Jahre 1470 zum Vorbild für eine eigene, unmittelbar darunter ge-setzte Bauinschrift zu nehmen.274

Zu dieser Zeit muss sich im Reich Friedrichs III. zumindest punktuell ein tiefer ge-hendes epigraphisches Verständnis entwickelt haben: Dies betrifft vor allem den Wiener Pankraz Caspar Bochensvanz, dessen Name aufgrund von Hinweisen in drei italienischen Handschriften bekannt geworden ist. Er hat nach eigener Aussage die

269 Zu den einzelnen Kommunikationsformen, die bei der Ausdehnung des Humanismus über Italien hinaus eine Rolle spielten, siehe Paul Oskar Kristeller, Die Verbreitung des italienischen Humanismus in Europa, in: Ders., Humanismus und Renaissance II, München 1976, 85–100, v. a. 87 ff. Die Unter-schiede zwischen italienischem und deutschem (d. h. auch österreichischem) Humanismus wur-den untersucht von Heinrich Ritter von Srbik, Geist und Geschichte vom deutschen Humanismus bis zur Gegenwart I, München/Salzburg 1950, Kap. II: Italienischer und deutscher Humanismus, 47–68.

270 Es möge genügen, zwei der bedeutendsten Vertreter dieser Epoche zu nennen: Johann Müller (Regiomontanus) und seinen Lehrer Georg von Peuerbach, der 1454 die erste Vorlesung über Ver-gils Aeneis hielt; siehe u. a. Großmann, Frühzeit des Humanismus 235–254.

271 Ähnlich hohe Studierendenzahlen erreichte diese Universität – durch die starke Förderung Kaiser Maximilians I. – erst wieder im zweiten Jahrzehnt des 16. Jh. Vgl. dazu v. a. Paul Uiblein, Die Wiener Universität, ihre Magister und Studenten zur Zeit Regiomontans, in: Günther Hamann (Hrsg.), Regiomontanus-Studien (Sitz.-Ber. d. ÖAW, phil.-hist. Kl. 364), Wien 1980, 395–432, sowie Hermann Wiesflecker, Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit V: Der Kaiser und seine Umwelt. Hof, Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, Wien 1986, 323–327, und Kurt Mühlberger, Die Gemeinde der Lehrer und Schüler – Alma Mater Rudolphina, in: Peter Czendes, Ferdinand Opll (Hrsg.), Wien. Geschichte einer Stadt I: Von den Anfängen bis zur Ersten Türken-belagerung, Wien/Köln/Weimar 2001, 319–410, bes. 395 ff.

272 Zum Verhältnis von Thomas Ebendorfer und Enea Silvio Piccolomini zu den Inschriften siehe Kap. 3.

273 CIL V 525. Mit dieser Inschrift, ihrem historischen Kontext und ihrer Wirkungsgeschichte haben sich sehr eingehend beschäftigt Ortolf Harl, Alois Niederstätter, Kaiser Friedrich III. als Nachfolger Caesars: Zwei Inschriften zur Befestigung von Tergeste/Triest, in: Beruf(ung): Archivar. Festschrift für Lorenz Mikoletzky (MÖStA 55), Wien 2011, 699–725.

274 Siehe vorherige Anmerkung, hier: 713–714.

Inschrift CIL III 4583 (+11307) an der Wand der Sakristei des Wiener Stephansdomes gefunden (und abgeschrieben).275 Von einer weiteren aus Wien stammenden Inschrift (CIL III 4567) könnte die älteste Abschrift ebenfalls auf Bochensvanz zurückgehen.276 Leider ist der Humanist trotz einiger Bemühungen archivalisch (noch?) nicht näher fassbar.277 Nach Alphons Lhotsky hat Bochensvanz „durch seine auf weiten Reisen, gleich einem Cyriacus von Ancona, gesammelten Inschriften für die Wieder-erweckung des Altertums, für seine wissenschaftliche Eroberung, wahrscheinlich mehr geleistet“ als Enea Silvio Piccolomini278, doch führt er leider keine Quellen für diese Behauptung an. Wir können heute mit Gewissheit nur rekonstruieren, dass sich Bochensvanz wohl bald nach der Mitte des 15. Jahrhunderts für den Wortlaut römer-zeitlicher Inschriften interessiert haben muss, denn bereits die „zweite Generation“

der italienischen Sammlungen, die sich bei der Inschrift CIL III 4583 auf Bochensvanz beruft, stammt aus den 60er und 70er Jahren des 15. Jahrhunderts.279

Ein echter Aufschwung der altertumskundlichen Forschungen ist indes erst in der Regierungszeit von Maximilian I. (1493–1519), der Hochblüte des deutsch-öster-reichischen Humanismus, feststellbar. Durch sein ausgeprägtes persönliches Inter-esse sowie durch seine tatkräftige Förderung hat der Kaiser selbst wesentlich zu einer (zumindest im kleinen Kreis) raschen Etablierung der humanistischen Alter-tumsforschung in den römischen Alpenprovinzen beigetragen. Somit werden nun auch im österreichischen Raum Inschriften gezielt gesammelt, sei es in Form von römerzeitlichen Originalen, sei es in Form von Textabschriften. Ekkehard Weber280 nennt folgende drei Faktoren, die Maximilian selbst zum Sammeln römerzeitlicher Inschriften geführt haben: Seine Erziehung, die ihm auch humanistisches Gedanken-gut näherbrachte281, seine vom Vater (Friedrich III.) geerbte Sammelleidenschaft282 und sein Bestreben, antike Fundgegenstände nach dem Vorbild italienischer Fürsten

275 „In vienna Urbe clarissima Ducatus Austriae Ego Pangratius Guaspar Bochensuanz ea ex civitate ortus hoc sequens Epigramma Sacrarii parietibus Ecclesiae maioris in marmore vetustissimo scultum reperi“ (Biblio-teca Angelica, Roma, Ms. 430, fol. 32v). Für die Übermittlung der entsprechenden Abbildung aus der genannten Handschrift danke ich herzlich Franziska Beutler (Universität Wien). Der Stein ist heute im Bereich der zweiten Textzeile auseinandergebrochen; beide Fragmente werden in der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien aufbewahrt (Inv.-Nr. III 779). Vgl.

lupa 630 und Noll, Inschriften 76 (Nr. 312). Das zur Inschrift gehörige Relief erwähnte Bochensvanz nicht.

276 Diese Vermutung hat bereits Theodor Mommsen, CIL III, S. 564, geäußert. Die genannte Inschrift befindet sich heute ebenfalls im Wiener Kunsthistorischen Museum (Inv.-Nr. III 83). Vgl. Noll, Inschriften 75 (Nr. 307).

277 Vgl. auch Uiblein, Altertumsforschung 53, Anm. 90, und Niegl, Erforschung der Römerzeit 24.

278 Lhotsky, Wiener Artistenfakultät 145.

279 Siehe CIL III, S. 569, und Lhotsky, Ebendorfer-Studien 222, Anm. 117. Vgl. auch Kap. 6.1.

280 Ekkehard Weber, Ein Beitrag zum Beginn der altertumskundlichen Forschung in der Steiermark, in: Die Steiermark im 16. Jahrhundert. Beiträge zur landeskundlichen Forschung (FgLkSt 27), Graz 1979, 85–93, hier: 86.

281 Dazu ausführlich Großmann, Frühzeit des Humanismus 268–273.

282 Lhotsky, Geschichte der Sammlungen II 1, v. a. 84–85. Niegl, Erforschung der Römerzeit 31, weist darauf hin, dass Maximilian anders als sein Vater nicht mehr aus „simpler Freude am Kuriosen“, sondern „vornehmlich aus historisch-antiquarischer Neigung“ sammelte.

und Päpste zu sammeln.283 So ließ der Kaiser einige römerzeitliche Inschriftsteine in die Grazer Burg und das Schloss von Cilli (h. Celje) bringen, was verschiedene Ein-tragungen im kaiserlichen Gedenkbuch zwischen 1506 und 1508 bestätigen.284 Drei Inschriften aus dem nahen Flavia Solva/Leibnitz (CIL III 5698, 5699 und 5701) dürften bereits um die Jahrhundertwende auf der Grazer Burg eingemauert worden sein, da die entsprechenden Gebäudeteile, darunter die berühmte Doppelwendeltreppe, bauinschriftlich zwischen 1498 und 1500 datiert sind.285 Sie werden in den ältesten Inschriftensammlungen gemeinsam mit zwei weiteren epigraphischen Denkmälern überliefert: CIL III 5425 und 5215, wobei letzteres vermutlich bereits unter Friedrich III. nach Graz kam.286 Diese fünf Inschriften stellen damit einen wichtigen Anhalts-punkt für die Datierung und Quellenbestimmung jener epigraphischen Sammlungen dar, in denen sie mit der Ortsangabe „Grazer Burg“ enthalten sind. Maximilians historisch-antiquarisches Interesse galt freilich allein den Fundstücken, Herkunft und Fundumständen wurde noch keine entsprechende Bedeutung beigemessen.

Am 20. April 1506 ließ Maximilian I. ein römerzeitliches Brandgrab (Urne mit bei-gegebener Münze) von seinem Entdeckungsort Leibnitz auf die Grazer Burg bringen und dort beisetzen. Über diesen Vorgang sind wir aufgrund einer damals ange-fertigten Inschrift informiert, deren Textvorlage von Konrad Peutinger stammt.287 Die antiken Fundstücke kamen beim Abbruch des betreffenden Burgtraktes am 4. März 1854 zusammen mit einem beidseitig beschriebenen Papierblatt wieder zum Vor-schein.288 Dieser Zettel gibt etwas genauere Auskunft über den Vorgang und nennt

283 Vgl. Hülsen, Römische Antikengärten 5, mit Hinweis auf F[riedrich] von Duhn, Über die Anfänge der Antikensammlungen in Italien (Nord und Süd XV), Berlin 1880, 293–308. In einem jüngeren Beitrag wird die Vermutung geäußert, Maximilian habe als Sammler Konrad Peutinger nachahmen wollen: Siehe Christopher S. Wood, Maximilian I as Archeologist, in: RenQ 58 (2005) 1128–1174, hier:

1135.

284 Dieser (zweite) liber memorialis (1505–1508) blieb als Cod. ser. nov. 2645 in der ÖNB in Wien erhal-ten. Die relevanten Einträge (darunter jenen von fol. 43v: „Item die stain von Zilli gen Gratz Zuver-samben“) zitieren Simon Laschitzer, Die Genealogie des Kaisers Maximilian I., in: JKSW 7 (1888) 7–8, sowie Uiblein, Altertumsforschung 67. Uiblein gibt darüber hinaus zu bedenken, dass gewiss nicht alle Anordnungen von Maximilian, römerzeitliche Überreste betreffend, Eingang in die Gedenk-bücher fanden. Vgl. auch Andrea Baltl, Maximilians I. Beziehungen zu Wissenschaft und Kunst (un-gedr. Diss.), Graz 1967, bes. Kap. IV: Maximilian und die Antike.

285 Besonderer Dank gebührt an dieser Stelle Stephan Karl (Graz) für seine freundlichen Informatio-nen. Karl meint, dass die Jahreszahlen in den Bauinschriften neben der endgültigen Fertigstellung der Außenfassade auch das Jahr der Einmauerung der Römersteine darstellen.

286 Vgl. dazu Karl, Humanistische Antikenrezeption 52–53. CIL III 5215 wurde schließlich unter Karl VI.

im Jahre 1728 nach Wien gebracht und befindet sich heute in der Österreichischen National-bibliothek. Siehe dazu Groag, Inschriftsteine der Hofbibliothek 7 (Nr. 1), Anders, Inschriftenkatalog ÖNB 16–17 (Nr.1), sowie Beutler/Weber, Inschriften der ÖNB 16–17 (Nr. 1). Zu den übrigen vier In-schriften siehe Weber, RISt 49 und Nr. 1–4.

287 SuStBA, 2° Cod. H 24, fol. 82r. Dazu ausführlich Weber, Altertumskundl. Forschung 86–93, und Hebert, Venerandae Vetustati 41–43. Siehe auch Kap. 8.2.

288 Das Protokoll zu diesen Ereignissen ist zu finden im StLA, A. Joanneum, Landesmuseum, K.21, H.

97, Kuratorium Landesakten 1854, Akt 2079. Vgl. auch MkkCC 1 (1856) 13a, wo sich neben einer Kurzdarstellung der Geschehnisse eine Paraphrasierung des Zettelinhalts findet. Für die Hinweise darauf und die freundliche Übermittlung zugehöriger Unterlagen sei abermals Stephan Karl (Graz) herzlich gedankt. Siehe auch ders., Gabriele Wrolli, Der Alte Turm im Schloss Seggau zu Leibnitz. Historische Untersuchungen zum ältesten Bauteil der Burgenanlage Leibnitz in der Steiermark

sogar einige Namen von Personen, die dabei mitgewirkt haben bzw. anwesend waren, darunter Bedienstete des Hofes und der ausführende Steinmetz.289

Die Anwesenheit des Kaisers bei der Einmauerung des Inschriftsteines ist nicht bezeugt, auch nicht jener Gelehrten, die um und für Maximilian I. in historischen, insbesondere in genealogischen und altertumskundlichen Belangen tätig waren. An der Spitze dieses erlesenen Kreises ist nicht nur der bereits erwähnte Konrad Peu-tinger aus Augsburg zu nennen, sondern auch Konrad Pickel (Celtis), Johannes Spießhaymer (Cuspinianus) und Johannes Fuchsmagen (Fusemannus). Die drei letzt-genannten hatten ihren Lebensmittelpunkt aus verschiedenen Teilen des Reiches nach Wien verlegt und vermochten aus ihrer gewichtigen Position im kaiserlichen Umfeld die Etablierung humanistischen Gedankengutes voranzutreiben. Wie die Untersuchungen in der vorliegenden Arbeit zeigen werden, sollten nicht zuletzt diese Männer – in völlig unterschiedlicher Form und Intensität – dazu beitragen, dass das antike Vindobona relativ rasch zu einer Art Knotenpunkt für die Über-lieferung römerzeitlicher Inschriften wurde.

Die ehemaligen Provinzgrenzen zwischen Noricum und Pannonia (Superior) haben bei der frühen humanistischen Sammeltätigkeit kaum eine Rolle gespielt. Dagegen kön-nen – aus vornehmlich epigraphischem Blickwinkel – in der zeitgenössischen geo-graphischen Situation wesentliche Einflussfaktoren festgestellt werden und zwar in Form von zwei „Einflussachsen des Humanismus“. Diese beiden zum Teil wechsel-seitigen Einflussrichtungen nehmen ihren Ausgang in Süddeutschland (wo beson-ders Augsburg und Ingolstadt zu nennen sind) bzw. im slowenischen Raum (Zen-tren waren v. a. Cilli und Laibach), gehen jedoch in ihrem Kern auf italienisches Gedankengut zurück.

Beide Strömungen sind naturgemäß auf das Engste mit den handelnden Personen verknüpft. So trifft man in Augsburg zunächst abermals auf den Namen von Konrad Peutinger. Die Stadt war aber auch die Heimat von Kardinal Matthäus Lang von Wellenburg, einem der Männer im engsten Machtbereich des Kaisers und späterem Besitzer der Jünglingsstatue vom Magdalensberg, sowie des Handelsgeschlechts der Fugger, die nicht nur als Financiers des Kaisers eine maßgebliche Rolle spielten.

Auch der außerhalb der Inschriftenüberlieferung weitgehend unbekannte Johannes Choler stammte aus Augsburg. Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius wie-derum waren (etwas später) schwerpunktmäßig in Ingolstadt tätig, jener Stadt, die Konrad Celtis zugunsten von Wien verlassen hatte. So wurde die enge Beziehung zwischen Peutinger in Augsburg und Celtis sowie Fuchsmagen in Wien für diese geographische Einflussrichtung prägend. Ein wesentlicher Grund für die geistige

(FgLkSt 55), Wien/Berlin 2011, 208–209, v. a. Anm. 231, sowie Karl, Humanistische Antikenrezeption 54–55 (mit Abb. der Vorderseite) und 150.

289 Der erwähnte Zettel ist heute nur in Form einer Pause erhalten, die 1854 von einem wegen Wasserflecken schlecht leserlichen Original angefertigt wurde. Eingehende Untersuchungen zu den genannten Personen und den genauen Umständen der Einmauerung (1506/1508?) sind noch ausständig.

Vormachtstellung Augsburgs liegt auch darin, dass die schwäbische Stadt neben Innsbruck der Lieblingsaufenthaltsort von Maximilian I. war, wovon die drei Reichs-tage von 1500, 1510 und 1518 Zeugnis ablegen.

Neben den Augsburger Reichstagen war es vor allem der Wiener Kongress im Jahr 1515, der viele Humanisten in das Umfeld des Kaisers zog. So konnte dieses politi-sche und gesellschaftliche Großereignis auch zur weiteren Stärkung der zweiten Ein-flussrichtung beitragen, nämlich der slowenischen. Diese ist in verschiedener Form bereits fast seit der Gründung der Wiener Universität im Jahre 1365 festzustellen, ihr Höhepunkt liegt aber in der zweiten Hälfte des 15. und am Beginn des 16. Jahrhun-derts.290 Hier sind neben Maximilians Lehrer Thomas Prelokar aus Cilli die Namen von Briccius Prepost (ebenfalls aus Cilli) und Bernhard Perger (aus dem steirischen Stainz) zu nennen. Mit Georg von Slatkonia (Chrysippus) war ein gebürtiger Laibacher in Wien Bischof geworden, während die zentrale Figur des Humanismus in Slowenien Christoph Raubar war, der als Bischof von Laibach, Koadjutor bzw.

Administrator von Graz-Seckau, Kommendator von Admont sowie als Kriegsherr und Diplomat im Dienste Maximilians große Autorität ausüben konnte.291 Im engsten Kreis dieser beiden Männer ist Augustinus Prygl (Tyfernus) zu finden, dem wir für Noricum die bisher älteste, namentlich zuordenbare Inschriftensammlung verdanken.

Sowohl die süddeutsche als auch die slowenische Einflussrichtung gehen, wie bereits erwähnt, auf italienische Impulse zurück. In manchen Fällen kann dafür sogar ein und dieselbe Person namhaft gemacht werden: Sowohl Konrad Peutinger als auch Johannes Fuchsmagen und Augustinus Tyfernus empfingen Anregungen des Ita-lieners Giovanni Giocondo. Auch Querverbindungen zwischen den beiden Achsen sind festzustellen: So hatte sich etwa Slatkonia zu Ausbildungszwecken in Ingolstadt aufgehalten.292

Das Beispiel von Slatkonia lässt ansatzweise erahnen, welch mannigfaltige Möglich-keiten es für Kontakte der Humanisten gab – Kontakte, die oft zu vermuten, aber nicht immer (etwa durch erhaltene Briefwechsel) nachzuweisen sind. Auch die Zu-sammentreffen bei kleineren und größeren Anlässen im Umfeld des Kaisers boten den gebildeten Männern willkommene Gelegenheit zu persönlicher Bekanntschaft und geistigem Austausch. Es ist zu bedenken, dass dieser gelehrte Kreis im engeren oder weiteren Umfeld des Kaisers in seiner Größenordnung relativ überschaubar

290 Vgl. Katja Sturm-Schnabl, Slowenistik an der Universität Wien als europäischer Beitrag, in: Trans. Inter-netzeitschrift für Kulturwissenschaften 3 (1998). Online im Internet (URL): http://www.inst.at/

trans/3Nr/sturm.htm [abgerufen am 31.08.2015], und besonders die fundierte Untersuchung von Primož Simoniti, Sloven. Humanismus. Zu den historischen slowenischen Ländern werden Süd-Kärnten, Krain und die Untersteiermark gezählt.

291 Dazu auch Janez Höfler, Ljubljana – Lubiana – Laibach um 1500: Zur kultur-, kunst- und musik-geschichtlichen Situation in der Geburtsstadt Georg von Slatkonias und seiner Heimat im ausgehenden Mittelalter, in: Antonicek/Hilscher/Krones, Wr. Hofmusikkapelle I, 37–48.

292 Höfler, Laibach um 1500 47.

und das Netzwerk direkter und indirekter Kontakte folglich sehr dicht war.293 Durch das gemeinsame Interesse für die Antike standen die handelnden Personen einander recht nahe oder waren sogar miteinander eng befreundet.

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