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Arbeiterpartei Sozialistische Linkspartei

Im Dokument rls Die Linke in Europa (Seite 62-66)

4 Vgl. Valgundersøkelsen 2005, in: SSB Rapport 2007/31, S. 32-34.

ArbeiterInnen Angestellten im Niedriglohnbereich

Angetellte mit mittlerem Einkommen Landwirte/Fischer

Selbstständige StudentInnen

RenterInnen

0 12,5 25,0 37,5 50,0

Arbeiterpartei Sozialistische Linkspartei

Parteimitgliedschaft

Wie in anderen europäischen Ländern, haben auch die norwegischen Parteien in den letzten Jahrzehnten Mitglieder einbüßen müssen. Hatte die Arbeiterpartei 1995 noch 72.600 Einzelmit-glieder, so waren es 2007 nur noch 51.500. Dazu kam die „Kollektivmitgliedschaft“, wobei die Gewerkschaften Teile ihrer Mitgliedschaften als Mitglieder der Arbeiterpartei anmelden konn-ten, sie wurde 1995 abgeschafft. Nicht zuletzt wegen dieser Bestimmung konnte die Partei 1950 mehr als 200.000 Mitglieder zählen.

Die SV erreichte 1992 mit 14.000 ihren Spitzenwert an Mitgliedern. 2001 waren es nur noch 7.300, seitdem ist die Zahl wieder auf 9.500 gestiegen (Stand 2007). Seit 1990 sind die Frauen unter den Mitgliedern der SV in der Mehrheit. Die letzten vergleichbaren Daten für die beiden Parteien gehen auf 2001 zurück: Zu dieser Zeit waren 57 Prozent der SV-Mitglieder Frauen, während es in der Arbeiterpartei nur 40 Prozent waren5. Eine Frauenquote (die „40-Prozent-Re-gel“) für alle ehrenamtliche Stellen in der Partei wird seit der Parteigründung 1975 im SV-Statut festgelegt, sie war von der Sozialistischen Volkspartei geerbt worden. Die Arbeiterpartei führte zehn Jahre später ein ähnliches Statut ein.

2001 waren 64 Prozent der Mitglieder der Arbeiterpartei Mitglieder einer Gewerkschaft, bei der SV waren es 76 Prozent. Bei der Mitgliedschaft in anderen Organisationen gibt es deutliche Unterschiede: 26 Prozent der Mitglieder der SV, aber nur 3 Prozent der Arbeiterpartei, waren Mitglieder einer Umweltorganisation. Ähnlich sieht es bei der Mitgliedschaft in internationalo-rientierten Organisationen aus: 37 Prozent der SV-Mitglieder, aber nur 6 Prozent von Arbeiter-parteimitglieder sind entsprechend engagiert, der Organisation Nei til EU(„Nein zur EU“) gehö-ren 38 bzw. 2 Prozent an. Nur 1 Prozent der SV-Mitglieder und 7 Prozent der Arbeiterparteimit-glieder waren hingegen auch MitArbeiterparteimit-glieder von Organisationen, die den EU-Beitritt befürworten.6

Die SV-Mitglieder sind generell zu einem höheren Grad außerhalb ihrer Partei politisch en-gagiert, als Mitglieder der Arbeiterpartei. Im Jahr 2001 hatte nur 12 Prozent der Arbeiterpartei-mitglieder irgendwann einmal an Aktionen, Demonstrationen oder Streiks teilgenommen, Pro-klamationen unterschriebenen oder Geld zur Unterstützung solcher Aktivitäten gespendet.7 In der SV waren es 53 Prozent.

Der Anteil von Einwanderern aus nichtwestlichen Ländern

Es gibt keine zuverlässigen Informationen über die Position von Immigranten aus nichtwestli-chen Ländern in den beiden Parteien. Im Allgemeinen wird angenommen, dass der Anteil von Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern in den beiden Linksparteien größer ist, als in den an-deren norwegischen Parteien. Dies stimmt mit Daten für die Kommunalratswahlen im Jahre 2007 überein. Damals waren etwa 180.000 Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern wahlbe-rechtigt, also etwa 5 Prozent der Wählerschaft. Die Wahlbeteiligung lag bei den Wähler/innen aus nichtwestlichen Ländern bei 37 Prozent, die Wahlbeteiligung insgesamt bei 62 Prozent. Also gaben Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern weniger als 3 Prozent der tatsächlich abgege-benen Stimmen ab.

5 Vgl. Knut Heidar/Jo Saglie: Hva skjer i partiene?, Oslo 2002, S. 82.

6 Vgl. Ebenda, S. 274-75.

7 Vgl. Ebenda, S. 284.

Insgesamt wurden 136 Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern in Kommunalräte gewählt, die somit 1,3 Prozent aller Ratsmitglieder stellten. Damit ist diese Gruppe in diesen Gremien ein-deutig unterproportional vertreten. Nur bei den beiden Linksparteien war das anders: Mit 2,4 Prozent der gewählten Ratsmitgliedern der Arbeiterpartei bzw. 4,5 Prozent der SV-Ratsmitglie-dern, stellten die Einwanderer aus nichtwestlichen Ländern hier einen höheren Anteil8. Die hauptsächlichen Herkunftsländer der zurzeit amtierenden SV-Ratsmitglieder aus nichtwestlichen Ländern sind der Iran (41), der Irak (22), Chile (19), Bosnien-Herzegowina (18) und Somalia (17).

Programmatische Positionen und politische Aktionen

Bis 1993 gab es keine wirkliche Diskussion in der SV über die Frage einer gegenseitig binden-den Zusammenarbeit mit der Arbeiterpartei im Parlament bzw. in der Regierung. Das Gefälle zwischen den beiden sah man als zu groß, sowohl hinsichtlich des Wahlerfolgs (5-6 Prozent bzw. 35-45 Prozent) als auch hinsichtlich der jeweiligen Politik.

Danach hat sich über eine Reihe von Tatbeständen der Frust angestaut. Mehrere Minderheits-regierungen der Arbeiterpartei haben mit wechselnden Mehrheiten regiert: in der Sozialpolitik suchten sie dabei die Unterstützung der SV, dann aber zur Durchsetzung von neoliberalen Pro-jekten wie die Deregulierung, die Privatisierung usw., die der rechten Parteien. Die Parteifüh-rung, und nach und nach auch die Basis, merkten, dass diese Situation nur dadurch gelöst wer-den könne, dass man die Arbeiterpartei in ein Bündnis einbände, wobei Kräfte von Außerhalb dieser Partei deren neoliberale Tendenzen zurückdrängen könnten.

Ab 2005 sind SV und Gewerkschaften in der Lage gewesen, die Arbeiterpartei dazu zu zwin-gen, eine fortschrittlichere Politik zu übernehmen. Zum Beispiel hat sich die Partei von ihrer bisherigen Politik der Privatisierung und der Einführung des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs im Gesundheits- und Sozialwesen verabschiedet. In mehreren Bereichen hat die neue Regierung Bestimmungen rückgängig gemacht, die von allen norwegischen Regierungen, einschließlich der Arbeiterparteiregierungen, durchgesetzt worden waren. Die Arbeiterpartei hatte in etwa die neoliberale Politik fortgesetzt, die die Rechtsregierung 1981 abrupt eingeführt hatte.

In der gegenwärtigen Koalitionsregierung setzt die Arbeiterpartei teilweise eine Politik in entscheidenden Bereichen durch, an die die Parteivorsitzenden oft selbst nicht glauben. Viele von ihnen glauben beispielsweise nicht, dass es möglich wäre, die europaweite Strategie der Anpassung an neoliberale Sachzwänge zu vermeiden. In den 1990er Jahren hat die Arbeiterpar-teiführung ihre Zusammenarbeitspartner stets im rechten Lager gesucht, wenn sie in Schwierig-keiten geriet. Seit der dramatischen Niederlage bei den Wahlen von 2001 sieht man den „einfa-cheren Weg“ stattdessen in einer Kooperation innerhalb der Linken, da man erkannt hat, dass die Gewerkschaften und die Wähler/innen sich eindeutig für diese Richtung entschieden haben.

Zweifellos gibt es große Uneinigkeiten zwischen den drei Regierungsparteien, die die Arbeit der gemeinsamen Regierung behindern.

8 Vgl. Vebjørn Aalandslid: Innvandrere og kommunestyrevalget i 2007, in: SSB Rapport 2008/47

1. Die Außenpolitik: Die Parteien sind sich darüber uneins, ob die norwegischen Streitkräfte an weitentfernten Kriegen teilnehmen sollten.

2. Es gibt unterschiedliche Meinungen über das Gewicht, das Umweltfragen gegenüber Erwä-gungen des wirtschaftlichen Gewinns haben sollten, beispielsweise zur Frage der Erfor-schung neuer Öl- und Gasquellen im Nord- und im Polarmeer.

3. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob das Recht auf Vorbehalte im EWR-Vertrag gegen europä-ische Gesetze verwendet werden sollte, die norwegeuropä-ische Interessen bedrohen.9

Der Außenpolitische Kompromiss für die Wahlperiode bis 2009 basiert auf drei Säulen:

1. Die Arbeiterpartei akzeptiert, dass Norwegen für die Dauer der Regierung der Europäischen Union nicht beitritt.

2. Die SV akzeptiert, dass die Regierung Norwegens die Mitgliedschaft in der NATO und im EWR fortsetzt.

3. Die Zentrumspartei, eine starke Unterstützerin der NATO-Mitgliedschaft, akzeptiert, dass die Regierung Norwegens die Mitgliedschaft im EWR fortsetzt.

Dieser Kompromiss ist kein stabiler. Die Grundprinzipien der Europäischen Union, die freie Bewegung von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit, zusammen mit dem Recht der Un-ternehmensgründung, schränken den Spielraum einer Regierung ein, wirksam „Fehler des Mark-tes“ zu korrigieren. Aufgrund ihrer Mitgliedschaft im EWR ist Norwegen in dieser Hinsicht in einer ähnlichen Situation wie die EU-Länder. Die neuen Regeln des Europäischen Gerichtshofs haben die Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsrechte derart eingeschränkt, dass sich der Traum von einem „sozialen Europa“ in einen sozialen Alptraum verwandelt hat.

Der schwierigste Teil der Koalitionsverhandlungen im Jahre 2005 bezog sich auf militärische

„out-of-area“-Einsätze. Der entscheidende Punkt war, ob ein klares VN-Mandat als Vorbedin-gung für eine norwegische BeteiliVorbedin-gung an internationalen militärischen Einsätzen gelten sollte.

Die Unterhändler der Arbeiterpartei versuchten bis tief in die letzte Nacht der Verhandlungen schwächere Bedingungen wie „entsprechend dem Völkerrecht“ oder „entsprechend dem VN-Vertrag“ durchzusetzen, letztlich fanden sie sich aber mit der Forderung der SV ab, die lautete:

„ein klares VN-Mandat“.

Die SV hat als Teil der globalisierungskritischen Bewegung – zusammen mit der ATTAC-Norwegen und der breiten NRO-Front im norwegischen Sozialforum – die norwegische Politik in der WTO, der Weltbank und dem IWF stark kritisiert. Die Zentrumspartei teilt diese Kritik zum Teil, während die Arbeiterpartei die genannte Politik akzeptiert. Als sie allein regierte, hat sie eine Politik durchgeführt, die nicht von jenen der anderen europäischen Länder bzw. der U-SA zu unterscheiden war.

9 Obwohl Norwegen kein EU-Mitglied ist, ist es zusammen mit Island und Liechtenstein durch den Vertrag von 1992 zum Europäischer Wirtschaftsraum (EWR) in den europäischen Binnenmarkt eingebunden. Daher gelten alle Binnenmarkt-Richtlinien und Bestimmungen für Norwegen, das aber das Recht hat, ein Vorbehalt gegen die Durch-führung einer bestimmten Richtlinie oder Regelung geltend zu machen, was es bis dato allerdings noch nie in An-spruch genommen hat.

Im Dokument rls Die Linke in Europa (Seite 62-66)