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II. Literaturübersicht

5. Antigenpräsentation oder: die Kontrolle der Immunantwort

T- und B-Lymphozyten sind zwar die Botschafter der Immunabwehr, aber ihre Funktion steht unter der Kontrolle der DC, die zu den effektivsten Antigen-präsentierenden Zellen zählen (BANCHEREAU u. STEINMAN, 1998). B-Lymphozyten als Vorläufer der Antikörper sezernierenden Plasmazellen können über ihren B-Zellrezeptor natives Antigen direkt erkennen. Zur Auslösung einer T-Zellabhängigen Immunantwort benötigt der T-Lymphozyt sein spezifisches Antigen in einer prozessierten und präsentierten Form in einem MHC- Peptid-Komplex und kostimulatorischen Molekülen wie CD28 und LFA-1. Dabei müssen die CD8+ T-Lymphozyten Fremdpeptide auf der Oberfläche von infizierten Körperzellen finden, die sich überall im Körper befinden können. Die Menge spezifischen MHC-Peptid-Komplexe auf infizierten und Tumorzellen ist gering (100 oder weniger pro Zelle), es fehlen meistens kostimulatorische Moleküle und die Zellen müssen von seltenen T-Zellklonen (1: 100.000 oder weniger) erkannt werden, die T-Zellrezeptoren mit niedriger Affinität besitzen (BANCHEREAU u. STEINMAN, 1998). DC haben alle phänotypischen und funktionellen

Eigenschaften, die zur effizienten Einleitung einer zellulären Immunantwort nötig sind: in den meisten Geweben vertreten, binden sie in der Peripherie Antigen, prozessieren es und präsentieren es in einem MHC-Peptid-Komplex in Zusammenhang mit kostimulatorischen Molekülen wie ICAM-1 und der B-7-Familie. Im Gegensatz zu Makrophagen liegt ihre Aufgabe jedoch nicht in der Beseitigung der eingedrungenen Pathogene, sondern in der Alarmierung des Immunsystems (STEINMAN u. BHARDWAJ, 1999).

Dendritische Zellen sind unverwechselbare Antigen-präsentierende Zellen (APC), die drei Hauptfunktionen haben: 1. DC sind überaus potente APC. In vitro und in vivo sind nur einige DC notwendig, um eine starke T-Zellantwort einzuleiten. DC induzieren eine sogenannte gemischte Leukozytenreaktion (mixed leucocyte reaction, MLR), wobei nur eine DC notwendig ist, um 100-3000 T-Lymphozyten zu stimulieren. DC aktivieren T-Lymphozyten nicht nur gegenüber körperfremden MHC-Molekülen, sondern auch gegenüber einer Reihe von Fremdproteinen und mikrobiellen Proteine wie Superantigenen, die ohne Prozessierung direkt an die MHC-Moleküle binden (BHARDWAJ et al., 1993), oder den

„Standardproteinen“, die eine Prozessierung erfordern einschließlich Entzündungsprodukten (INABA et al., 1993) und Tumorantigenen (MAYORDOMO et al., 1995; ZITVOGEL et al., 1996). 2. DC induzieren als einzige Zellen primäre T-Zellabhängige Immunantworten, die sich anschließend in T-Helfer oder zytotoxische Zellen differenzieren. 3. Nach der Aktivierung durch DC können T-Lymphozyten effizient mit Makrophagen und B-Lymphozyten interagieren.

Der Wechsel von der Prozessierung des aufgenommenen Antigens und der Präsentation mit anschließender Aktivierung von naiven T-Lymphozyten wird allgemein als „Reifung“

bezeichnet. DC, die sich in fast alle Geweben befinden, weisen einen „unreifen“ Phänotyp auf, d.h. sie haben nur eine schwache stimulatorische Aktivität für T-Lymphozyten, die des weiteren mit einer niedrigeren oder abwesenden Expression von Oberflächenmolekülen wie MHC Klasse II, CD40, ICAM-1 oder B7-1 assoziiert ist. So ist MHC Klasse II bis zu 10 mal niedriger exprimiert. Nach Isolierung aus Geweben und Organen reifen sie jedoch in der Kultur schnell aus, was durch eine koordinierte Reihe von Veränderungen wie der Hochregulierung der MHC-Moleküle und kostimulatorischer Moleküle deutlich wird (STEINMAN u. BHARDWAJ, 1999). Der Prototyp der unreifen DC ist die Langerhanszelle in der Haut, die auch unter Zugabe von M-CSF nicht zu Makrophagen ausdifferenziert. In

vielen verschiedenen Kultursystemen sind die Stimuli untersucht worden, die zu einer Ausreifung der DC führen. So werden DC durch Entzündungsstimuli und infektiöse Agentien, wie z.B. LPS aus Bakterienwänden, aktiviert und produzieren Chemokine (MIP-1α, MIP-2, MCP-1, TNFα), die Makrophagen, NK-Zellen, Neutrophile Granulozyten und weitere unreife DC an den Ort der Entzündung locken. Danach erst durchlaufen sie ein induziertes Reifungsprogramm, in dem sie irreversible Veränderungen von der Antigenaufnahme (unreifer Phänotyp) über eine intermediäre Phase von 24-48h bis zur Auslösung von Immunantworten (reifer Phänotyp) durchlaufen (RESCIGNO et al., 1999). Verglichen mit anderen Leukozyten sind DC ungewöhnlich reich an Genprodukten des MHC Klasse II, das sich in intrazellulären endozytotischen Vakuolen, MHC II reiche Kompartimente (MIIC) genannt, befindet. Nach einem Stimulus erfolgt eine erhöhte Synthese der MHC Klasse II und die Fusion der Vesikel. Das Antigen wird an das MHC-Molekül gebunden und auf die Oberfläche der Zelle ausgeschleust, wobei die Halbwertszeit der Komplexe über 100h beträgt und sie so über mehrere Tage T-Lymphozyten stimulieren können. Der Wechsel der Kompartimentalisierung aus den MIIC an die Oberfläche erfolgt in 24h bis 48h nach den Antigenaufnahme (PIERRE et al., 1997). Die Gegenwart der MIIC erklärt, warum der unreife Phänotyp das Stadium in der Entwicklung der DC ist, in dem DC aktiv Proteine aufnehmen und zur Präsentation für T-Lymphozyten prozessieren. Diese endgültige Ausreifung der DC nach Stimulierung durch Entzündungsprodukte, virale und bakterielle Komponenten oder durch CD40Ligand wird als der Kontrollpunkt zur Einleitung von Immunantworten oder Toleranz angesehen (STEINMAN et al., 2000). Dabei werden kostimulatorische und Adhäsionsmoleküle wie B7-2, MHC II und CD40 bereits nach 1-2h hochreguliert, B7-1 und MHC I hingegen erst nach 4-6h initiiert und das Maximum nach 18h erreicht. Die Expression der Chemokinrezeptoren (u.a. CCR1, CCR5) wechselt von der Erkennung von Entzündungschemokinen (SLC, ELC) zu konstitutiv im Gewebe exprimierten Chemokinen.

Diesem Wechsel wird auch die erhöhte Wanderungsaktivität in lymphatische Gewebe zugeschrieben, wo sie in den T-Zellarealen zurückgehalten werden und sich auf die Suche nach Antigen-spezifischen T-Lymphozyten machen (RESCIGNO et al., 1999).

Wie es auch der Fall bei anderen Zellen von myeloider Abstammung ist, ist die Morphologie zur Identifizierung der DC nützlich. So weisen DC lange, blattähnliche Ausläufer, die auch

Lamellipodia oder „veiled“ genannt werden, auf, die in verschiedene Richtungen vom Zellkörper ausstrahlen. Im lebenden Zustand werden diese Ausläufer ständig neu geformt und aktiv bewegt. Diese ungerichteten Bewegungen sind bei anderen Leukozyten nicht zu beobachten. Obwohl diese Zelleigenschaften nicht so diagnostisch sind wie die gefärbten Granula von eosinophilen oder basophilen Granulozyten, so ist doch die Morphologie der DC ausreichend charakteristisch, um die Identifikation und Aufreinigung zu erlauben. In humanem Blut, afferenter Lymphe und Haut von Mäusen, Affen und Menschen, aber auch in den lymphatischen Organen von Mäusen, Ratten und Menschen sind DC untersucht worden.

Die einzigartige Morphologie der DC wurde dazu herangezogen, Methoden zur Gewinnung von großen Mengen von DC zu etablieren. Durch FACS-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass neben zahlreichen anderen Molekülen vor allem MHC-Produkte auf der Oberfläche von DC exprimiert werden. Besonders MHC Klasse II ist überreichlich exprimiert.

Quantitative Bindungsstudien mit monoklonalen Antikörpern ergaben mehr als 106 Bindungsstellen pro Zelle (CELLA et al., 1997). Durch die Expression von MHC Klasse I, sowie MHC Klasse II präsentieren DC sowohl Antigene aus dem Zytosol der Zelle, wie auch aus endozytotischen Vesikeln (JANEWAY et al.,1999). DC exprimieren die meisten der bekannten akzessorischen oder kostimulatorischen Moleküle für T-Lymphozyten wie CD40, ICAM-1 (CD54), CD58, B7.1 (CD80) und B7.2 (CD86). Diese Moleküle erklären die Effizienz, mit der DC T-Lymphozyten binden und stimulieren. Die Interaktion ist bidirektional in dem Sinne, dass die Bindung der Lymphozyten zu Veränderungen des T-Lymphozyten wie auch der DC führen. Dies ist besonders kennzeichnend für die Bindung von CD40. Nach Interaktion mit CD40L auf aktivierten T-Lymphozyten bleibt die Lebensfähigkeit der DC erhalten und sie produzieren große Mengen an IL-12 (HOWLAND et al., 2000;

KOCH et al., 1996; TAKASHIMA u. KITAJIMA, 1998). Spezifische Marker für andere Leukozyten fehlen auf DC wie CD14 für Makrophagen, CD16 für NK-Zellen, CD19 und CD20 für B-Lymphozyten. Zellspezifische Marker waren bislang aufgrund geringer verfügbarer Anzahl an DC nur sehr schwierig zu identifizieren. Für den Menschen werden 3 Antigene zur Identifizierung verwendet: S100b, p55 und CD83, die jedoch nicht zellspezifisch sind, da sie ebenfalls auf Zellen im Neuralgewebe exprimiert werden (STEINMAN u. BHARDWAJ, 1999).

Die Charakterisierung der DC macht die Separation von anderen Leukozyten, im besonderen aber von den Makrophagen notwendig. Diese Separation ist aufwendig, da DC in nur sehr geringer Anzahl vorkommen, wie z.B. im humanen Blut, in dem sich das Verhältnis von Monozyten zu DC auf 20-50:1 belaufen. Durch die Entwicklung von Kulturprotokollen ist es neuerlich möglich (CRAWFORD et al., 1999; TALMOR et al., 1998), größere Mengen von DC zu gewinnen und in der aktiven Immuntherapie gegen Tumorzellen oder virale Antigene einzusetzen (HIRAO et al., 2000; LUDEWIG et al., 1999a; MANICKASINGHAM u. REIS, 2000; SCHULER u. STEINMAN, 1997). So konnten aus CD34+ humanen Blutzellen und aus Monozyten durch die Zugabe von GM-CSF und Zytokinen Zellen mit DC-Charakter gewonnen werden (TALMOR et al., 1998).

DC sind in vivo in den meisten Geweben (z.B. Langerhanszellen in der Epidermis, in der afferenten Lymphe, in Herz, Nieren, IDC in den T-Zellarealen der lymphatischen Organe) vorhanden und können aus den verschiedenen Kompartimenten über die afferente Lymphe oder das Blut in die T-Zellareale der lymphatischen Organe einwandern. DC stellen jedoch keine einheitliche Gruppe von Zellen dar. So konnte gezeigt werden, dass DC aus mehreren verschiedenen Vorläuferzellen, aber auch verschiedene funktionelle Phänotypen von DC aus der gleichen Vorläuferzellen in Abhängigkeit von den Kulturbedingungen gewonnen werden können (GRABBE et al., 2000). Auch im Blut, in der Milz (STEINMAN et al., 1997), den Lymphknoten (DE ST GROTH, 1998; SALOMON et al., 1998) und den Peyerschen Platten (ANJUERE et al., 1999; VREMEC u. SHORTMAN, 1997) sind verschiedene Subtypen von DC anwesend.

Die speziellen Fähigkeiten der DC scheinen nur in Relation zur Expression der Oberflächenmoleküle und zu ihrer Regulierung vor und während der Immunantworten zu stehen (BANCHEREAU u. STEINMAN, 1998). Im Vergleich zu anderen Antigen-präsentierenden Zellen wie B-Lymphozyten oder Makrophagen werden MHC- Produkte und MHC- Peptid-Komplexe auf den DC 10-100mal höher exprimiert. Des weiteren synthetisieren DC hohe IL-12-Spiegel, die die angeborene wie erworbene Immunabwehr stimulieren (CELLA et al., 1996; KOCH et al., 1996; SOUSA et al., 1997). Durch Freisetzung von Chemokinen können sie T- und B-Lymphozyten anlocken und das Überleben der rezirkulierenden T-Lymphozyten sichern. DC befinden sich in der afferenten Lymphe, sind aber nicht in der efferenten Lymphe nachzuweisen (INGULLI et al., 1997). So sind DC 48h

nach enger Interaktion mit T-Lymphozyten nicht mehr nachzuweisen. DC erhalten während einer Antigen-spezifischen Interaktion mit Lymphozyten auch Signale durch die T-Lymphozyten, u.a. durch Bindung des Fas-L, das die Apoptose der DC vermittelt (MATSUE et al.,). Der aktive Zelltod der DC stellt einen Mechanismus zur Herunterregulierung einer Immunantwort dar, um eine ständige Aktivierung von Antigen-spezifischen T-Lymphozyten zu vermeiden (VAN PARIJS u. ABBAS, 1998).

Auch die Einleitung und das Aufrechterhalten der peripheren Toleranz benötigt ein Absuchen der DC durch die T-Lymphozyten. Die Kontakte sind notwendig, um potentiell reaktive Klone zu deletieren oder die Anergie zu versetzen. So sind DC in der Lage, apoptotische Zellen aus dem Intestinaltrakt, die beim physiologischen Zelluntergang anfallen, von Tumoren, nach Transplantationen oder nach Virusinfektion aufzunehmen, über die afferente Lymphe in die Lymphknoten zu transportieren und dort den rezirkulierenden T-Lymphozyten zu präsentieren (ALBERT et al., 1998a; ALBERT et al., 1998b; HUANG et al., 2000). Diese Wanderung tritt auch in Abwesenheit von Antigen oder Entzündungen auf, wie in SPF-Tieren gezeigt werden konnte. Im Gegensatz zur Nekrose führt die Aufnahme der apoptotischen Zellen jedoch nicht zur Ausreifung der DC. Diese sind deshalb nur in geringem Ausmaß fähig, eine Immunantwort gegenüber dem Selbstantigen auszulösen (SAUTER et al., 2000; STEINMAN et al., 2000b).

Obwohl DC von großem Interesse für die Wissenschaft sind, ist der physikalische Kontakt in vivo in den lymphatischen Organen nicht weiter untersucht worden. Gerade bei klinischem Einsatz von DC bei neu entwickelten Impfschemata (DNS-Vakzinierung) oder in der Tumorbehandlung ist es von Interesse, Immunantworten über die Charakterisierung der Kontakte, das Wissen über die Funktion und die beteiligten Moleküle besser verstehen zu lernen und beeinflussen zu können. So ist nicht weiter bekannt, ob die Mikroumgebung wie die verschiedenen Kompartimente in den lymphatischen Organen die Interaktion beeinflusst, wie es für die Einwanderung über HEV in die lymphatischen Organe berichtet wurde. Auch der Einfluss der Oberflächenmoleküle auf die Interaktion von T-Lymphozyten und DC ist bislang nicht weiter untersucht worden. Es wurde in der vorliegenden Arbeit versucht zu klären, welcher Anteil der durch die lymphatischen Organe wandernden T-Lymphozyten Kontakte zu dendritischen Zellen ausbildet. Durch ein kongenes Rattenmodell konnten

injizierte Zellen auf Immunhistologien nachgewiesen werden und damit das Verhalten in vivo in den Kompartimenten aufgeklärt werden.