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4 Messung des technischen Fortschritts

4.1 Input-Konzepte

4.1.1 Anteil der F&E-Ausgaben

Wegen seiner relativ leichten statistischen Erfassung hat dieses Input-Konzept, auch F&E-Intensität genannt, grosse Verbreitung in der Literatur gefunden. Seine theoretischen Mängel bleiben dennoch schwerwiegend:

• Es fehlen operable Kriterien für eine klare Abgrenzung der Unternehmensbereiche "F&E"

und "Produktion", v.a. in Klein- und Mittelbetrieben. Diese Abgrenzungsproblematik wird im - immer wichtiger werdenden - Bereich der Computersoftware-Erstellung noch deutlicher. Während ihr Anteil an der Wertschöpfung in fast allen Produktgebieten ständig zunimmt, ist es in diesem Bereich in der Praxis äusserst schwierig, zwischen einfacher Anwendung bereits existierender Software und eigener F&E zu unterscheiden (Speiser 1992:32). Zudem werden in den meist staatlich geführten statistischen Erhebungen F&E-Definitionen17 verwendet, die sehr komplex und damit primär für Grossunternehmen

17 Das Bundesamt für Statistik der Schweiz definiert diese Begriffe wie folgt: "Forschung ist systematische, schöpferische, wissenschaftliche Arbeit mit dem Zweck der Erweiterung des Kenntnisstandes (eingeschlossen Erkenntnisse über den Menschen, die Kultur und die Gesellschaft), sei es in rein theoretischer Absicht oder sei es im Hinblick auf die Lösung praktischer Probleme."

31 konzipiert und weniger für die Realitäten und Bedürfnisse kleiner und mittlerer

Unternehmen geeignet sind. Diese Probleme führen oft zu einer Unterschätzung der F&E-Aktivitäten in dieser Kategorie von Unternehmen (vgl. z.B. Kleinknecht /Reijnen 1991a).

• Auch die Unterscheidung zwischen Forschung und Entwicklung und zwischen produktspezifischen und verfahrenspezifischen F&E-Tätigkeiten stellt "wegen der engen Verzahnung dieser innovatorischen Tätigkeiten in der Praxis erhebungstechnisch grosse Probleme" (Schweizerischer Handels- und Industrie-Verein 1987:25).

• In Anbetracht des ausgesprochen stochastischen Charakters des Forschungs- und Entwicklungsertrags (s. oben) erscheint es gewagt, von Input-Grössen (hier: F&E-Ausgaben) auf den Output des F&E-Prozesses (hier: z.B. patentierte Erfindungen) zu schliessen.

• Nicht nur die Höhe der F&E-Ausgaben ist wichtig, sondern von zentraler Bedeutung sind auch die richtige Wahl der Forschungsprojekte (die "richtige" Struktur des F&E-Portfolios) und ihre adäquate Einbettung in die allgemeine Innovationsstrategie von Unternehmen und Volkswirtschaften.

Aktuelle Daten zu den F&E-Ausgaben und F&E-Personal in der Schweiz liefern der Bericht des Bundesamtes für Statistik (1994) sowie die gemeinsame Publikation dieses Amtes mit dem Schweizerischen Handels- und Industrie-Verein (1994). Für internationale Vergleichbarkeit sorgt die OECD in ihren regelmässigen Veröffentlichungen (s. z.B. OECD 1994).

Generell lässt sich konstatieren, dass im Hinblick auf den Input-Indikator "F&E-Ausgaben"

sowohl international wie interindustriell beträchtliche Unterschiede bestehen. Im internationalen Vergleich können aus schweizerischer Sicht folgende Punkte festgehalten werden:

• Der Anteil der F&E-Ausgaben am Bruttoinlandprodukt beträgt für die Schweiz 2,6 % im Jahre 1992 und ist somit der dritthöchste im OECD-Raum. Damit gehört die Schweiz, zusammen mit Japan, Schweden, den USA, und der BRD zu den F&E-intensivsten Ländern der Welt (Tab. 1.1 . Bei diesen Zahlen sollte man allerdings folgendes vor Augen halten:

"Entwicklung ist systematische, auf vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischer

Erfahrung aufbauende Arbeit mit dem Ziel, zu neuen oder wesentlich verbesserten Materialien, Produkten, Verfahren, Systemen oder Dienstleistungen zu gelangen."

"Eingeschlossen in F+E sind zudem: die Konzeption von Forschungsvorhaben sowie die Verwaltung von Forschungsprojekten (Management); das Studium, die Konstruktion und Erprobung von Prototypen und deren Weiterentwicklung bis zur Fabrikationsreife, nicht jedoch die Erstellung der Fabrikationsunterlagen;

der Bau und Betrieb von Versuchsanlagen, aber nur soweit sie nicht für die normale Produktion gebraucht werden."

"Ausgeschlossen von F+E sind: Aus- und Weiterbildungstätigkeiten; Dokumentation und bibliographische Arbeiten (sofern nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit F+E); wissenschaftliche Dienstleistungen, die regelmässig erfolgen, wie Datenerhebungen, Messungen, Erstellen von Statistiken, Prüfungen, Qualitäts-Kontrollen, Gesundheitskontrollen; Standardisierungs- und Normierungsarbeiten; Patent- und Lizenzarbeiten; wissenschaftliche und technische Beratung; Vermessungswesen; Investitionskosten für die Grossproduktion, die Produktion von Gütern, inklusive 0-Serien und Versuchsserien;

Produktionsüberwachung; Gesetzgebungsprozesse und deren Vorbereitung, soweit sie nicht Forschungsarbeiten darstellen; technische Verkaufsdienste, Marktforschung und betriebswirtschaftliche Untersuchungen" (Bundesamt für Statistik 1992:7).

"Man sollte sich freilich durch die Genauigkeit dieser Zahlen nicht täuschen lassen; die Stelle nach dem Komma ist vermutlich mit einer Unsicherheit von mindestens drei Punkten behaftet. Die Rangfolge innerhalb der Spitzengruppe hat daher kein allzu grosses Gewicht.

Regierungen haben aus politischen Gründen die Tendenz, diese Zahlen möglichst hoch erscheinen zu lassen. Bemerkenswert ist immerhin, dass sich die Zusammensetzung dieser Spitzengruppe von acht Staaten in den letzten zehn Jahren nicht verändert hat." (Speiser 1992:32).

• Diese eindrückliche Verhältniszahl darf jedoch nicht über die absolute Position der Schweiz in der internationalen Forschungslandschaft hinwegtäuschen, denn: "F&E wird letztlich nicht mit BIP-Anteilen, sondern mit finanziellen und vor allem personellen Mitteln gemacht." (Schweizerischer Handels-und Industrieverein 1991:43). Mit 6,48 Mia.

US-Dollars im Jahre 1992 landet die Schweiz lediglich - und mit grossem Abstand - auf Platz 8 (Tab. 1.1).

• Der Anteil der öffentlich finanzierten F&E-Ausgaben beträgt 28 % und ist damit nach Japan der zweittiefste unter den OECD-Ländern (Tab. 1.1).

Tabelle 1.1: Finanzielle und personelle Aufwendungen für F+E in ausgewählten Ländern

USA 158,4 46 % 2,68 % - -

Interindustrielle Unterschiede im F&E-Bereich lassen sich sowohl mit absoluten Zahlen als auch und vor allem mit Verhältnisziffern belegen.

- Von den rund 9 Mia. Fr., die innerhalb der Schweiz im Jahre 1992 für F&E aufgewendet wurden, sind 7 Mia. durch die Privatwirtschaft aufgebracht worden (77 %). Davon entfielen rund 82 % auf die drei grossen Wirtschaftszweige Chemie, Maschinen/Metall und Elektrotechnik. Diese interindustriellen Unterschiede zeigen sich auch bei den im Ausland getätigten F&E-Ausgaben. Von den rund 7,09 Mia. sFr., die im Ausland im gleichen Jahr für F&E aufgewendet wurden, stammten 44 % von der Chemie, 5 % von Maschinen/Metall und 41 % von der Elektrotechnik; den Rest erbrachten die übrigen Wirtschaftszweige (Tab. 1.2).

Land F+E-Aufwen- Anteil der Anteil am F+E-Personal F+E-Personal dungen in staatlichen1) Bruttoin- in 1000 Per- auf 1000 Be-

Mia. US $ Finanzierung landprodukt sonenjahren schäftigte 1992 1992 1992 1992 1992

1) Kantone und Bund

* 1991 ** 1990

Quelle: OECD: Main Science and Technology Indicators 1990/2, Paris 1990, zitiert nach Bundesamt für Statistik (1992:17)

33 - Untersucht man die F&E-Unterschiede zwischen den Wirtschaftszweigen mittels der

F&E-Intensität, so stechen wiederum die Branchen Chemie (15 %), Elektrotechnik (5 %) sowie Maschinen und Metall (5 %) hervor (Tab. 1.3). Hinzu kommen die stark F&E-intensiven Branchen "private Forschungslabors" und "technische Dienstleistungen". Diese Zweige gewinnen in einer stark arbeitsteiligen Wirtschaft zunehmend an Bedeutung, da bestimmte Unternehmen - wegen Konkurrenzdruck - ihre F&E-Aktivitäten nicht mehr selbst ausführen, sondern ganz oder teilweise externalisieren (auswärts in Auftrag geben).

Bei der hier berechneten F&E-Intensität ist allerdings zu beachten, dass die im Ausland getätigten F&E-Ausgaben nicht berücksichtigt sind.

Tabelle 1.2: F+E-Aufwand der Privatwirtschaft und der Schweizer Unternehmen im Ausland, 1989 und 1992, nach Wirtschaftszweigen