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Anstellungsverhältnisse der Erwerbstätigen Lehrabgänger/-innen

Übergang in eine erste Erwerbstätigkeit erfolgreich vollzogen haben. Von der Zürcher Stichprobe sind das 195 Personen. Dabei wird angenommen, dass für viele dieser Er-werbstätigen der Einstieg mit Betriebs- und teilweise auch Berufswechsel verbunden ist.

Weiter ist davon auszugehen, dass ein bedeutender Anteil der Erwerbstätigen nicht in eine unbefristete Anstellung im gelernten Beruf einsteigt, sondern befristete oder teil-zeitliche Anstellungen in Kauf nehmen (Heinz, 2008; Kock, 2008; Müller & Schweri, 2009; Wagner, 2002).

8.3.1 Betriebswechsel

In Deutschland wird die abnehmende Bereitschaft von Betrieben beklagt, junge Berufs-absolvierende einzustellen. Die geringe Übernahmebereitschaft von Ausbildungsbetrie-ben wird als Grund für die Übergangsschwierigkeiten von Lehrabgänger/-innen gesehen (Heinz, 2008). In der Schweiz wurden solche Diskussionen um Betriebswechsel weni-ger intensiv geführt. Wichtiweni-ger sind Fragen zum Berufswechsel nach dem Lehrab-schluss (vgl. Kapitel 8.3.2). Tatsächlich wird nur ein Teil der Lernenden als Berufs-nachwuchs für den Lehrbetrieb ausgebildet, und nicht alle Lernenden wollen im Aus-bildungsbetrieb bleiben, sondern berufliche Erfahrungen in einem anderen Betrieb sammeln. Deshalb wird nicht von der Annahme ausgegangen, dass Betriebswechsel nach Lehrabschluss ungewöhnlich sind. Dies wird durch die Befragung der 195 er-werbstätigen Lehrabgänger/-innen bestätigt. Nur 35% von ihnen (N=66) arbeiten neun Monate nach dem Lehrabschluss noch im selben Betrieb. Dabei besteht kein signifikan-ter Unsignifikan-terschied zwischen den Geschlechsignifikan-tern, χ2(1)=0.55, p>.05, oder nach Migrations-hintergrund, χ2(1)=0.61, p>.05.

Hingegen spielt der gelernte Beruf eine Rolle, χ2(9)=25.82, p<.01. Köchinnen/Köche arbeiten signifikant seltener im gleichen Betrieb, während Montageelektriker tenden-ziell häufiger im gleichen Betreib arbeiten. Wenn die Berufe nach ihrer Geschlechtsty-pik verglichen werden, besteht kein signifikanter Unterschied, χ2(2)=1.04, p>.05. Eben-falls spielt es keine Rolle, ob jemand in einem kleinen oder mittleren bis grossen Be-trieb ausgebildet wurde, χ2(1)=0.11, p>.05, oder wie gut die Lehrabschlussnoten der jungen Erwachsenen waren, t(176)=0.65, p>.05. Es bestand kein signifikanter Unter-schied in Bezug auf die Zufriedenheit mit dem Berufsbildner resp. der Berufsbildnerin zwischen Personen, die den Betrieb wechselten oder blieben, t(185)=0.39, p>.05. Dieje-nigen, die im Ausbildungsbetrieb geblieben waren, waren tendenziell mit ihrer Ausbil-dung zufriedener gewesen, t(145)=1.88, p<.10, und hatten weniger Schwierigkeiten in der beruflichen Sozialisation gehabt, t(147)=1.87, p<.10.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Betriebswechsel nach Lehrabschluss der Normalfall ist. Vermutlich spielen dabei sehr unterschiedliche Gründe eine Rolle, so-wohl auf Seite des Betriebs als auch auf Seite der jungen Erwachsenen. In einigen Beru-fen sind Betriebeswechsel häufiger. Diejenigen, die wechselten, hatten tendenziell mehr Schwierigkeiten in ihrer beruflichen Sozialisation im Betrieb erlebt.

8.3.2 Berufswechsel

Im dualen Berufsbildungssystem der Schweiz werden Jugendliche in einem spezifi-schen Beruf ausgebildet. Durch die betriebliche Sozialisierung und die berufliche Spe-zialisierung gelingt ihre Integration in den Arbeitsmarkt, im internationalen Vergleich, relativ gut (Müller & Schweri, 2009; OECD, 2000). Dennoch finden nach der zweiten Schwelle Berufswechsel statt; nach Daten der TREE-Studie betrifft dies ca. 9% der jun-gen Erwachsenen kurz nach Lehrabschluss (Müller & Schweri, 2009). Als Grund für den Berufswechsel wird die ungleiche Ausbildungsbeteiligung je nach Branche gese-hen, so dass einige Branchen über ihren Bedarf an Berufsnachwuchs ausbilden (Coradi Vellacott et al., 2007). Dadurch finden Lehrabgänger/-innen am Übergang an der zwei-ten Schwelle auf ihrem Beruf keine Stelle und sie versuchen mit einem Berufswechsel Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder abzuwenden. Demnach sollte die Häufigkeit von Berufswechseln vom erlernten Beruf abhängen, aber auch mit individuellen Faktoren, welche das tatsächliche oder wahrgenommene Arbeitslosigkeitsrisiko beeinflussen, wie askriptive Merkmale (Müller & Schweri, 2009; Konietzka & Seibert, 2003).

Nach der Wert-Erwartungs-Theorie (vgl. Eccles, 2005) wird die Einstellung zu einem möglichen Berufswechsel von den Werten und Erwartungen einer Person beeinflusst.

Der Wert zeigt sich darin, wie wichtig es jemandem ist, den eigenen Beruf behalten zu können. So ist anzunehmen, dass je mehr sich eine Person mit ihrem Beruf identifiziert, desto geringer ihre Berufwechselwahrscheinlichkeit ist. Weiter kann es sein, dass die Lernenden mit den Arbeitsbedingungen oder den Lohnaussichten ihres Berufs unzufrie-den sind und sich durch einen Berufswechsel eine Optimierung erhoffen. In diesem Fall steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Person für die Alternative des Berufswech-sels entscheidet. Neben dem Wert haben zusätzlich die Erwartungen einen Einfluss.

Wenn Personen glauben, dass Stellensuchstrategien zu einer Verbesserung der Chancen führen, auf dem eigenen Beruf eine Stelle zu finden, werden sie seltener den Beruf wechseln. Im Folgenden soll der Einfluss mehrerer dieser Indikatoren auf die Wahr-scheinlichkeit eines Berufswechsels überprüft werden.

Die Ausgangstichprobe bilden die 195 erwerbstätigen Lehrabgänger/ -innen. Es wurde an Hand des ISCO-Codes (International Standard Classification of Occupations) des er-lernten und des aktuellen Berufs ermittelt, welche Personen den Beruf gewechselt ha-ben. Von den 149 klassifizierten Personen, hatten 13% (N=26) den Beruf gewechselt.

Es wurde untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen askriptiven Merkmalen und der Häufigkeit von Berufswechseln besteht. Es zeigte sich, dass es keinen Unterschied zwi-schen den Geschlechtern, χ2(1)=0.39, p>.05, oder nach Migrationshintergrund gab, χ2(1)=0.32, p>.05, was den Befunden der TREE-Studie entspricht (Müller & Schweri, 2009).

Entgegen der Erwartungen bestand zwischen den zehn Berufen kein signifikanter Un-terschied, χ2(9)=14.22, p>.05. Diese Resultate müssen auf Grund der geringen Fallzahl aber wieder mit Vorsicht interpretiert werden. Wenn die Berufe nach ihrer Geschlechtstypik eingeteilt werden, besteht ebenfalls kein signifikanter Unterschied, χ2(2)=4.19, p>.05.

In einem nächsten Schritt wurde in einem Regressionsmodell überprüft, welchen

Ein-Identifikation, Arbeitslosigkeit nach dem Lehrabschluss, Wichtigkeit von Stellensuch-strategien (Faktor der Wichtigkeit von fünf Strategien zur Verbesserung der Arbeits-marktchancen, wie z.B. "Kontakt zu potentiellen Arbeitgebenden") und Zufriedenheit mit dem Lohn im letzten Lehrjahr. In Tabelle 8.5 sind die Resultate dargestellt. Die be-rufliche Identifikation hatte, unter Kontrolle der anderen Prädiktoren, einen signifikan-ten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit den Beruf zu wechseln. Wenn jemand sich stark mit seinen Beruf identifiziert, ist die Wahrscheinlichkeit auch kleiner, dass er diesen wechselt. Darüber hinaus steigt die Wahrscheinlichkeit eines Berufswechsels, wenn je-mand Phasen der Arbeitslosigkeit erlebt hatte. In dieser Situation nehmen viele junge Erwachsene auch berufsfremde Arbeitstellen an, um die Arbeitslosigkeit abzuwenden.

Ein weiterer signifikanter Prädiktor sind die Stellensuchstrategien. Je wichtiger Lernen-de Stellensuchstrategien im letzten Lehrjahr erachten, Lernen-desto seltener wechseln sie nach dem Übergang den Beruf. Diese Personen glauben, durch ihr Handeln einen positiven Einfluss auf ihren Stellensucherfolg zu haben, und strengen sich während einer längeren Zeit an, um eine Stelle auf ihrem Beruf zu finden. Hingegen hatte die Zufriedenheit mit dem Lernendenlohn keinen signifikanten Einfluss auf die Berufswechselwahrschein-lichkeit. Dies ist ein Indikator, dass ein Berufwechsel an der zweiten Schwelle nicht primär zur Verbesserung des Lohns gemacht wird. Insgesamt ergibt sich das Bild, dass Lehrabgänger/-innen vor allem dann den Beruf wechseln, wenn sie sich durch Erwerbs-losigkeit dazu gezwungen sehen. Dabei spielt nicht nur die tatsächliche Erfahrung von Erwerbslosigkeit eine Rolle, sondern auch die subjektive Erwartung, mit eigenen Hand-lungen, wie Anwendung von Stellensuchstrategien, die eigenen Chancen beeinflussen zu können. Daneben wechseln junge Erwachsene schneller den Beruf, die eine weniger starke Bindung an ihren Beruf haben.

Tabelle 8.5: Vorhersage der Wahrscheinlichkeit eines Berufswechsels (Logistische Regressi-onsanalyse)

Prädiktoren Berufswechsel (Odds Ratios)

Arbeitslosigkeit '08

Berufliche Identifikation '07

Wichtigkeit von Stellensuchstrategien '07 Zufriedenheit mit dem Lohn '07

9.43**

0.28*

0.14**

1.62 Gesamt-Modell χ2(df), Nagelkerke's R2

N

25.87(4)***, R2=34.2%

124

Anmerkungen: †=p<.10;*=p<.05; **=p<.01; ***=p<.001

8.3.3 Anstellungsverhältnisse

Wir gehen von der These aus, dass Lehrabgänger/-innen beim Berufseinstieg Kompro-misse bei den Anstellungsverhältnisse eingehen. Die jungen Erwerbstätigen gaben in

der Befragung zu zwei Facetten ihres Anstellungsverhältnisses Auskunft: Erstens, ob sie voll- oder teilzeitlich angestellt waren und zweitens, ob ihr Vertrag befristet war.

Teilzeitarbeit:

16% (N=29) der Erwerbstätigen hatte ein teilzeitliches Anstellungsverhältnis. Davon hatten 7 Personen höchstens eine 50% Anstellung. Diese Zahl ist erstaunlich hoch, wenn man bedenkt, dass es sich hier um junge Erwachsene handelt, die ihre erste Ar-beitstelle angetreten sind.

Im Anteil der Teilzeitanstellungen besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern, χ2(1)=1.55, p>.05, oder nach Migrationshintergrund, χ2(1)=0.07, p>.05.

Es zeichnet sich also keine Benachteilung aufgrund dieser askriptiven Merkmale ab.

Hingegen gibt es einen signifikanten Unterschied je nach der Geschlechtstypik der Be-rufe, χ2(2)=10.30, p>.01. Personen in frauentypischen Berufen arbeiten signifikant häu-figer Teilzeit. Gerade diese Berufe scheinen also ein Teilzeitverhältnis zu begünstigen, bereits nach Lehrabschluss. Das kann aber auch dazu führen, dass junge Personen, die eigentlich eine Vollzeitanstellung suchen, auf Teilzeitanstellungen ausweichen müssen.

Allerdings gibt es einen Hinweis, dass sie in vielen Fällen bewusst gesucht wurde, denn Personen mit einer Teilzeitanstellung hatten signifikant häufiger mit einer Weiterbil-dung begonnen (35%) als Vollzeitangestellte (4%, χ2(1)=26.78, p<.001).

Befristete Anstellung:

Ebenfalls 16% (N=30) haben in ihrer ersten Anstellung einen befristen Vertrag, wovon fünf Personen zusätzlich nur teilzeitlich angestellt waren. Auch hier wiederum besteht kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern, χ2(1)=0.08, p>.05, oder nach Migrationshintergrund, χ2(1)=1.32, p>.05.

Es gibt auch keinen signifikanten Unterschied nach der Geschlechtstypik der Berufe, χ2(2)=1.09, p>.05, der Unternehmensgrösse des Arbeitsgebers, χ2(1)=2.58, p>.05, oder ob jemand im Ausbildungsbetrieb oder in einem neuen Betrieb angestellt war, χ2(1)=2.17, p>.05. Auf Personenseite spielt es keine Rolle, wie hoch die Lehrabschluss-noten gewesen waren, t(176)=1.55, p>.05, oder ob jemand mit einer Weiterbildung be-gonnen hatte, χ2(1)=0.60, p>.05, oder plante mit einer zu beginnen, χ2(1)=0.18, p>.05.