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Anordnung der Arbeitsplätze .1 Gestaltungsempfehlung

Im Dokument Bildschirmarbeit in Leitwarten (Seite 148-155)

4.11 Weitergehende Analysen .1 Allgemeine Vorbemerkungen

5.2.2 Anordnung der Arbeitsplätze .1 Gestaltungsempfehlung

Arbeitsplätze sollten innerhalb des Wartenraums aufgabenbezogen angeordnet wer-den.

5.2.2.2 Anlass für die Gestaltungsempfehlung

Die Anzahl von Arbeitsplätzen für Leitwartenoperateure in Leitwarten variiert zwi-schen einem einzigen Leitplatz bis hin zu einer Vielzahl von einzelnen oder auch gruppierten Leitwartenarbeitsplätzen. Befinden sich in einer Leitwarte mehrere Ar-beitsplätze, ist – neben den Anforderungen, die auch an Wartenräume mit nur einem Leitplatz gestellt werden – eine Vielzahl von weiteren Aspekten bei der Anordnung und Organisation der Arbeitsplätze im Raum zu berücksichtigen (DIN EN ISO 11064-2:2001).

Die Untersuchung in den Betrieben zeigte eine Vielzahl von verschiedenen Lösun-gen in Bezug auf die Anordnung von Arbeitsplätzen in Leitwarten. Während zwar die Bewertung der meisten Lösungen anhand der Beurteilungsmerkmale keine gravie-renden Probleme offenbarte, waren es vielmehr andere, damit verbundene Beurtei-lungsmerkmale, die weniger häufig erfüllt werden konnten und dabei auch mit der Anordnung von Arbeitsplätzen verbunden waren.

Vorhandene Vorgaben und Empfehlungen zur Anordnung von Arbeitsplätzen in Leit-warten berücksichtigen die über die vergangenen Jahre gestiegene Bandbreite in der Anzahl von Arbeitsplätzen pro Leitwarte nicht ausreichend. Darüber hinaus soll hier insbesondere auch auf die notwendige Berücksichtigung von Wechselwirkungen mit anderen Gestaltungsaspekten hingewiesen werden.

5.2.2.3 Allgemeine und spezifische Gestaltungsempfehlungen

Vor der Entwicklung oder Wahl einer Anordnung von Arbeitsplätzen innerhalb eines Wartenraums, die die Bearbeitung von Arbeitsaufgaben auch in ihrem Arbeitsablauf unterstützen sollen, gilt es zunächst folgende Fragen zu klären:

 Gehören die einzelnen Arbeitsplätze zu unterschiedlichen funktionalen Grup-pen?

 Wer muss mit wem innerhalb einer Arbeitsgruppe zusammenarbeiten und kommunizieren?

 Müssen die Operateure auch mit Operateuren einer anderen Gruppe im War-tenraum Informationen austauschen?

Zur Beantwortung dieser Fragen erscheinen Arbeitsablaufanalysen und Analysen der (kommunikativen) Zusammenarbeit unverzichtbare Bestandteile und sind damit er-forderlich und sinnvoll zur Planung der Anordnung von Arbeitsplätzen in der Warte

(DIN EN ISO 11064-3:2003; Stanton et al., 2010). Wenn notwendige Erkenntnisse nicht aus existierenden Anlagen abgeleitet werden können, sind Simulationsmodelle empfehlenswert, um die Arbeitsstrukturen und -prozesse innerhalb der Leitwarte und nach extern offenzulegen (vgl. Ivergård & Hunt, 2009c). Die Antworten auf die oben genannten Fragen haben Konsequenzen für die Anordnung der Arbeitsplätze im Wartenraum, z. B. in Bezug auf die Gewährleistung eines ungestörten Kommunikati-onsflusses oder die Reduktion von Störgeräuschen. So sollten nicht-aufgaben-bedingte Störungen, wie z. B. Besuchergruppen oder Bearbeitung von Arbeitsge-nehmigungen, möglichst gering gehalten werden, um die Sprachverständlichkeit und die Konzentration der Operateure gewährleisten zu können.

Wenn Leitwartenarbeitsplätze einer funktionalen Gruppe angehören, sollten diese in unmittelbarer Nähe zueinander angeordnet werden, um eine reibungslose Kommuni-kation und Blickkontakt zwischen den Operateuren zu ermöglichen (vgl. Abb. 5.3 a, b). Bei der Anordnung benachbarter Arbeitsplätze ist jedoch trotzdem darauf zu ach-ten, dass räumliche Distanz zwischen den Leitwartenoperateuren vorhanden ist, da-mit sie nicht im Nahbereich des anderen sitzen und soda-mit eine gewisse Privatsphäre gewahrt bleibt (vgl. Oborne, 1996).

[Bild: © JST und GAWO e.V.]

Abb. 5.3a Anordnung von zwei Arbeitsplätzen zueinander und im Wartenraum Einen Einblick in einige Formen zur Anordnung von Arbeitsplätzen in Leitwarten gibt DIN EN ISO 11064-3:2003. Darin werden auch verschiedene Merkmale genannt, die durch verschiedene Formen von Anordnungen besser oder schlechter erfüllt werden können. Zu den Merkmalen zählen:

 die gemeinsame Nutzung von Arbeitsmitteln,

 die gemeinsame Nutzung von getrennt angeordneten Anzeigeeinrichtungen,

 der direkte Blickkontakt,

 die verbale Verständigung,

 die Höhe des Schalldruckpegels,

 der Austausch von Meldungen oder Dokumenten,

 die Unterstützung von Teamarbeit,

 die Notwendigkeit einer Gruppentrennung und

 der Zugriff auf Instandhaltungsausrüstungen.

[Bild: © JST und GAWO e.V.]

Abb. 5.3b Anordnung von zwei Arbeitsplätzen zueinander und im Wartenraum Wenn mehrere Leitwartenoperateure miteinander interagieren müssen, kommt es durch Kommunikationsprozesse zwangsläufig – zusätzlich zur akustischen Alarmie-rung – zu einer hohen Geräuschkulisse. Generell ist daher zu beachten, dass Opera-teure mit bestimmten hoch kommunikativen bzw. hoch aufmerksamkeitsfordernden Aufgaben nicht betraut werden sollten, wenn eine Vielzahl an Arbeitsplätzen im War-tenraum angeordnet sind. In solchen Fällen wären kleinere, funktional getrennte Wartenräume vorzuziehen.

In Wartenräumen mit vielen Arbeitsplätzen kann es durch eine geeignete Anordnung von Arbeitsplätzen gelingen, beeinträchtigende Konsequenzen durch hörbaren In-formationsaustausch (z. B. Gespräch zwischen Operateuren) oder durch akustische Störungen (z. B. Maschinengeräusche von außerhalb) abzumildern. Neben der Ver-wendung schallreduzierender Materialien für Boden, Wände und Decke (DIN EN ISO 11064-3:2003), ermöglicht die Anordnung der Arbeitsplätze in funktionale Gruppen eine Art räumliche Trennung, so dass Gruppen von Operateuren besser voneinander getrennt sind und auch weniger Operateure innerhalb einer Gruppe sich möglichst wenig gegenseitig stören. Bei Umgestaltungsmaßnahmen können auch schallschlu-ckende Raumteiler positive Effekte bewirken (Hahn et al., 1995; vgl. Abb. 5.4 a, b).

Selbstverständlich sollten sich Arbeitsmittel auch mit geringerem Geräuschpegel (z. B. Drucker, Rechner) außerhalb des Wartenraums befinden (DIN EN ISO 11064-2:2001).

[Bild: © JST und GAWO e.V.]

Abb. 5.4a Leitwarte mit vier Gruppen und einer getrennten Anordnung, die durch Trennwände verdeutlicht wurde

[Bild: © JST und GAWO e.V.]

Abb. 5.4b Leitwarte mit vier Gruppen und einer getrennten Anordnung, die durch Trennwände verdeutlicht wurde

Bei der aufgabenbezogenen Anordnung von Arbeitsplätzen in einer Leitwarte sollten auch mögliche weitere, nicht-aufgabenbezogene Störungen berücksichtigt werden, beispielsweise durch Besuchergruppen, Krisenstäbe oder indirekte Aufgaben der Operateure, wie z. B. das Ausfüllen von Arbeitserlaubnisscheinen oder Ausweisaus-gaben (DIN EN ISO 11064-2:2001; DIN EN ISO 11064-3:2003). Durch entsprechen-de bauliche Gestaltung lässt sich die Gefahr erhöhter Schalldruckpegel minimieren und darüber eine Beeinträchtigung der Sprachverständlichkeit und der Konzentration der Leitwartenoperateure abwenden (DIN EN ISO 11064-3:2003).

So stellt sich die Frage, ob sich Besuchergruppen oder Krisenstäbe überhaupt in der Leitwarte aufhalten müssen und ob Aufgaben, die mit der Prozessführung nicht un-mittelbar zusammen hängen, überhaupt in der Leitwarte ausgeführt werden müssen.

Eine Trennung von Besuchern und Arbeitsplätzen könnte so gestaltet werden, dass sich die Besucher in einem Raum aufhalten, der durch eine Sichtverbindung mit elektrisch schaltbarer Verglasung zur Steuerung der Sichtregulierung („elektro-chromes Glas“) vom Wartenraum getrennt ist, aber bei Bedarf den Blick in die Warte ermöglicht (Abb. 5.5 a, b). Will man also die Sicht in den Raum erlauben, so kann die Scheibe per Knopfdruck transparent geschaltet werden. Dabei ist es allerdings erfor-derlich, dass diese Sichtfreigaben den Operateuren in der Leitwarte rechtzeitig im Voraus angezeigt werden und ggf. auch von ihnen, abhängig von den gerade anste-henden Aufgaben, blockiert werden können. Ebenso sollten Krisenstäbe in separaten Besprechungsräumen tagen, von wo aus mittels elektrochromem Glases Sichtkon-takt in die Leitwarte möglich ist. Derartige Trennungen waren in einigen der von uns untersuchten Leitwarten bereits realisiert und entsprechen dem Stand der Technik.

[Bild: © Deutsche Telekom Technik GmbH]

Abb. 5.5a Elektrisch schaltbare Verglasung zur Sichtregulierung (opak)

[Bild: © Deutsche Telekom Technik GmbH]

Abb. 5.5b Elektrisch schaltbare Verglasung zur Sichtregulierung (transparent) 5.2.2.4 Wechselwirkungen mit anderen Gestaltungsmerkmalen

Die aufgabenbezogene Anordnung der Arbeitsplätze im Wartenraum hat vielseitige Verbindungen zu anderen Gestaltungsaspekten. Innerhalb einer Leitwarte bezieht sie sich nicht nur auf die räumliche Aufteilung mehrerer Arbeitsplätze im Raum. Mit der Anordnung können darüber hinaus z. B. Arbeitsprozesse zwischen Operateuren unterstützt (oder behindert) werden, die Nutzung gemeinsamer Arbeitsmittel ermög-licht (oder behindert) werden und der Schalldruckpegel in der Leitwarte gesenkt (oder erhöht) werden.

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, neben den bereits oben aufgegriffenen Aspekten, eine überlegte, funktionale Anordnung der Ein- und Ausgänge (DIN EN ISO 11064-2:2001; DIN EN ISO 11064-3:2003). Den Operateuren sollte es möglich sein, die eintretenden Personen aus ihrer üblichen Arbeitsposition heraus und mit nur einer minimalen Ablenkung von ihrer Aufgabenbearbeitung zu beobachten. Gerade unter dem Sicherheitsaspekt ist es wichtig, dass die Operateure stets einen Über-blick darüber haben, wer sich gerade in der Leitwarte befindet. Daher sollten sich Ein- und Ausgänge nicht im Rücken der Leitwartenoperateure befinden (vgl. Abb.

5.3).

Auch der Einsatz von Großbildtechnik hat Einfluss auf die Anordnung der Arbeits-plätze (DIN EN ISO 11064-3:2003). Die ArbeitsArbeits-plätze und die Großbildschirme müs-sen so angeordnet werden, dass die entsprechenden Leitwartenoperateure eine un-eingeschränkte Sicht auf die gemeinsam zu nutzenden Informationen haben (Schmidtke, 1993b).

Bei der Anordnung der Arbeitsplätze sind auch immer die Beleuchtungsverhältnisse einzubeziehen (s. Kap. 5.6.2) bzw. entsprechend zu planen (DIN EN ISO

11064-2:2001). Um Störungen durch Lichteinfall von außen auf die Bildschirme zu minimie-ren, sollten die Bildschirmgeräte in einer Entfernung von mindestens 3 m (rechtwink-lig) zum Fenster aufgestellt werden (BGI 650:2012; BG Chemie, 2003).

5.2.2.5 Handlungsempfehlungen

Bei der Anordnung von Arbeitsplätzen im Wartenraum müssen aufgabenbezogene Argumente deutliche Priorität vor technischen Argumenten (wie z. B. niedrigere leuchtungsstärken vor CRT-Monitoren, geringe Luftfeuchte zum Geräteschutz, Be-leuchtungsinstallation unabhängig von der Raumnutzung, nicht gebrauchstaugliche Steuerungen für anthropometrische Einstellungen des Arbeitsplatzes) haben. Daher kann die Entscheidung für eine bestimmte Anordnung der Arbeitsplätze nur auf der Grundlage einer detaillierten Aufgabenanalyse erfolgen.

5.2.2.6 Umsetzbarkeit im Gestaltungsprozess

Planung oder Änderungen der Anordnung von Arbeitsplätzen im Wartenraum bedür-fen einer Vorbereitung durch Aufgabenanalysen. Auch hat die Entscheidung, Ar-beitsplätze in einem bestehenden Wartenraum (anders) anzuordnen, Einfluss auf andere Gestaltungsaspekte. So muss z. B. auch das Beleuchtungskonzept ange-passt werden, um für optimale Lichtverhältnisse an den Arbeitsplätzen zu sorgen.

Änderungen einmal umgesetzter Anordnungen lassen sich somit nicht kurzfristig um-setzen und können durch die damit verbundenen Konsequenzen für davon abhängi-ge Gestaltungsbereiche kostenintensiv sein. Flexible Lösunabhängi-gen zur Raumflächennut-zung erlauben allerdings, wenn rechtzeitig und weitsichtig eingeplant, eine schnellere Umsetzung alternativer Anordnungen, die dann auch relativ kostengünstig sein kön-nen.

5.2.2.7 Weiterführende Literatur

BG Chemie: Mensch – Sicherheit – Technik. Gestern. Heute. Morgen. Heidelberg:

Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie (BG Chemie) 2003

BGI 650: Bildschirm- und Büroarbeitsplätze. Leitfaden für die Gestaltung. Hamburg:

Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) 2012 [http://www.vbg.de/apl/zh/z418/titel.htm]

DIN EN ISO 11064-2: Ergonomische Gestaltung von Leitzentralen – Teil 2: Grund-sätze für die Anordnung von Warten mit Nebenräumen. Berlin: Beuth 2001-08 DIN EN ISO 11064-3: Ergonomische Gestaltung von Leitzentralen – Teil 3:

Auslegung von Wartenräumen. Berlin: Beuth 2003-06

Hahn, H.; Köchling, A.; Krüger, D.; Lorenz, D.: Arbeitssystem Bildschirmarbeit.

Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW 1995 (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, FA 31)

Ivergård, T.; Hunt, B.: Control room layout and design. In: Ivergård, T.; Hunt, B.

(Eds.): Handbook of control room design and ergonomics: A perspective for the future. Boca Raton: CRC Press 2009c, 155-176

Oborne, D.J.: Ergonomics at work. Human factors in design and development.

Chichester: Wiley 1996

Schmidtke, H.: Arbeitsplatzgestaltung. In: Schmidtke, H. (Hrsg.), Ergonomie.

München: Hanser 1993b, 502-520

Stanton, N.A.; Salmon, P.; Jenkins, D.; Walker, G.: Human factors in the design and evaluation of central control room operations. Boca Raton: CRC Press 2010 5.3 Arbeitsplatz

5.3.1 Positionierung der Bildschirmgeräte am Arbeitsplatz

Im Dokument Bildschirmarbeit in Leitwarten (Seite 148-155)