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Anliegen für die Weiterentwicklung der GAP nach 2020

4 Positionierung agrarpolitischer Stakeholder zur Weiter- Weiter-entwicklung der GAP Weiter-entwicklung der GAP

4.3 Ergebnisse der Befragung

4.3.3 Anliegen für die Weiterentwicklung der GAP nach 2020

In der folgenden Frage wurden die Befragten gebeten, die aus ihrer Sicht drei wichtigsten Aufga-ben zu nennen, welche die GAP nach 2020 erfüllen soll. Die insgesamt 416 Nennungen wurden induktiv zu neun Oberkategorien zusammengefasst (vgl. Tabelle 35 in Anhang A.4). Abbildung 18 stellt die Ergebnisse dar. Von der Gesamtheit der Befragten wurden mit jeweils ca. einem Fünftel der Nennungen die Berücksichtigung von Umwelt- und Klimaschutzbelangen (n=84) und des Prinzips „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen (n=84) am häufigsten genannt, gefolgt von der Beibehaltung der Einkommensorientierung (n=69). Hinzu kommen Bürokratieabbau und verbesserte Umsetzung (n=46) sowie die Berücksichtigung der Multifunktionalität der Landwirtschaft im ländlichen Raum (n=43). Weniger häufig genannt wurden das Schaffen glei-cher Förderbedingungen (n=26), das Abfedern des Strukturwandels (n=24) sowie die Stärkung der Anpassungsfähigkeit (n=15) sowie die Berücksichtigung der Auswirkungen der GAP auf den globalen Süden (n=5).

Die Bindung der Zahlungen der GAP an das Prinzip „Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“

wurde von Befragten aller Gruppen als Aufgabe genannt. Unter dieser Oberkategorie wurden

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alle Aussagen zusammengefasst, die das (schrittweise) Auslaufen flächengebundener Direktzah-lungen fordern und/oder die (ausschließliche oder verstärkte) Knüpfung der frei werdenden Gelder an die Honorierung öffentlicher Leistungen (Gemeinwohlleistungen) als wichtige Auf-gabe für die GAP nach 2020 ansehen. Während unter den Befragten aus der Wissenschaft und den zivilgesellschaftlichen Organisationen gut ein Viertel der Nennungen diese Aufgabe hervor-heben, sind es unter den Befragten aus Reihen der Landwirtinnen und Landwirte, der Verwal-tung und der BeraVerwal-tung ca. ein Fünftel der Nennungen, bei den befragten landwirtschaftlichen In-teressenvertretungen nur 10 %.

Ebenso oft als Aufgabe genannt wurde die stärkere Berücksichtigung von Umwelt- und Klima-schutzbelangen. Unter dieser Oberkategorie wurden alle expliziten Äußerungen zum Umwelt- und Klimaschutz zusammengefasst. Die hier kodierten Aussagen umfassen allgemeine Forde-rungen nach einer Knüpfung der Zahlungen an Umwelt- und Klimaleistungen, aber auch auf spe-zifische Ausgestaltungsoptionen konkreter Instrumente der „grünen Architektur“ der GAP, wie sie von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. Während von Seiten der Befragten aus Wis-senschaft, Verwaltung und zivilgesellschaftlichen Organisationen gut ein Viertel und seitens der Beratung etwa ein Fünftel der Nennungen auf diese Aufgabe entfielen, waren es bei den befrag-ten Landwirtinnen und Landwirbefrag-ten nur ca. 11 %.

Unter der Oberkategorie „Einkommensorientierung beibehalten“ wurden Äußerungen zusam-mengefasst, welche die Einkommensstützung für landwirtschaftliche Betriebe und/oder konkret den Erhalt der flächenbezogenen Direktzahlungen als wichtige Aufgabe der GAP nach 2020 („starke 1. Säule“, „keine weitere Umschichtung“) benennen. Bei den Befragten von landwirt-schaftlichen Interessensvertretungen entfiel mehr als einem Drittel der Aussagen in diesen Be-reich. Hingegen benannten Befragte aus der Beratung die Beibehaltung einer Einkommensorien-tierung etwas seltener als Aufgabe der künftigen GAP, Befragte aus der Wissenschaft und von zivilgesellschaftlichen Organisationen deutlich seltener.

Über alle Gruppen hinweg wurden Bürokratieabbau und verbesserte Umsetzbarkeit häufig als wichtige Aufgabe genannt. Unter dieser Oberkategorie wurden Äußerungen zusammengefasst, die sich auf die verwaltungstechnischen Abläufe, die Verfahren der Antragstellung, Kontrollen und Sanktionen sowie die praktikablere Umsetzbarkeit der Maßnahmen bezogen. Bei allen Gruppen liegt der Anteil der Nennungen bei ca. 10 %, mit Ausnahme der zivilgesellschaftlichen Organisationen (n=1). Seitens der Landwirtinnen und Landwirte wurde die Nennung dieser Auf-gabe oft mit der Forderung verbunden, in die Maßnahmenformulierung und -ausgestaltung ein-bezogen zu werden, um fachlich sinnvolle und umsetzbare Auflagen zu entwickeln.

Die Schaffung gleicher Förderbedingungen wurde v.a. von landwirtschaftlichen Interessenver-tretungen, Landwirtinnen und Landwirten sowie den landwirtschaftlichen Beratungen als wich-tige Aufgabe genannt. Unter dieser Oberkategorie wurden Aussagen zusammengefasst, die sich auf die europaweite Angleichung von Fördersätzen und Standards oder auf die förderrechtliche Gleichbehandlung der Betriebe in Bezug auf ihre Produktionsausrichtung und Größe innerhalb Deutschlands bezogen.

Von Befragten aller Gruppen, wenn auch in geringer Häufigkeit, wurde die Abfederung des Strukturwandels als wichtige Aufgabe genannt. Unter dieser Oberkategorie wurden Aussagen kodiert, welche sich grundsätzlich auf die verstärkte Förderung bäuerlicher Familienbetriebe bezogen oder konkrete Instrumente wie Kappung und Degression benannten.

Die Kategorie „Berücksichtigung der Multifunktionalität der Landwirtschaft im ländlichen Raum“ als Aufgabe für die GAP nach 2020 schließt Aussagen ein, die in der ländlichen Entwick-lungspolitik Ansätze fordern, welche die Bedeutung der Landwirtschaft für die Bereitstellung von Arbeitsplätzen und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt betonen sowie eine Förderung

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von Vernetzung und Integration fordern. Die größten Anteile von Nennungen diese Kategorie finden sich bei den befragten Landwirtinnen und Landwirten und zivilgesellschaftlichen Organi-sationen, die geringsten bei den Befragten aus Reihen der Beratung.

Die Stärkung der Anpassungsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe wurde vor allem von Be-fragten aus Reihen der Beratung als wichtige Aufgabe der künftigen GAP genannt. Zu dieser Oberkategorie zählen Aussagen, welche die Förderung von Innovationen, Investitionen, Kreis-laufwirtschaft, sowie Forschung und Beratung zur Anpassung an den Klimawandel und sich ver-ändernde gesellschaftliche Erwartungen benennen.

Die Berücksichtigung der Auswirkungen der GAP auf den globalen Süden wurde vereinzelt von Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung, der Wissenschaft, zivilgesellschaftlicher Organi-sationen sowie von Landwirtinnen und Landwirten als wichtige Aufgabe genannt.

Abbildung 18: Wichtigste Aufgaben der GAP nach 2020

Quelle: eigene Erhebung, HU Berlin.

Die folgende Frage zielte darauf ab, die Prioritäten für die künftige GAP zu ermitteln. Die Befrag-ten wurden daher gebeBefrag-ten, sechs in der öffentlichen Diskussion häufig thematisierte Zielsetzun-gen der GAP entsprechend ihrer Wichtigkeit in eine Rangfolge zu brinZielsetzun-gen. Die Ergebnisse sind in

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Tabelle 28 in Form der durchschnittlichen angegebenen Rangwerte aufgeführt. Dabei zeigen die verschiedenen Gruppen deutlich unterschiedliche Prioritätenprofile. Die Gruppe der Landwir-tinnen und Landwirte zeigt dabei die geringste Varianz zwischen den Zielen. Hier rangieren der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft sowie der Umwelt- und Klimaschutz relativ knapp vor Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratieabbau und Einkommensstützung, während der Förderung der tierfreundlichen Viehhaltung eine etwas geringere Priorität beigemessen wird. Eine eindeuti-gere Priorisierung nahmen die Befragten aus Reihen der landwirtschaftlichen Interessensvertre-tung vor. Hier wurde der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft als wichtigstes Ziel angesehen, gefolgt von Einkommensstützung und Wettbewerbsfähigkeit, Umwelt- und Klimaschutz sowie Bürokratieabbau und weit abgeschlagen die Förderung einer tierfreundlichen Viehhaltung. Hier-bei ist festzuhalten, dass Vertreterinnen und Vertreter der Ökolandbauverbände deutlich von dieser Rangfolge der Zielsetzungen abwichen und sehr ähnliche Prioritäten wie die zivilgesell-schaftlichen Gruppen setzten. In den Gruppen Beratung, Wissenschaft, zivilgesellschaftliche Or-ganisationen und Verwaltung erhielt der Umwelt- und Klimaschutz die höchste Wichtigkeit. Die Befragten aus Beratung und Wissenschaft gaben außerdem der Wettbewerbsfähigkeit und einer tierfreundlichen Viehhaltung eine große Bedeutung. Die zivilgesellschaftlichen Gruppen priori-sierten nach dem Umwelt- und Klimaschutz die Förderung einer tierfreundlichen Viehhaltung sowie den Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, während die anderen drei Ziele (Wettbe-werbsfähigkeit, Einkommensstützung, Bürokratieabbau) deutlich geringere Priorität haben. Un-ter den Befragten aus Reihen der Verwaltung hatte nach dem Umwelt- und Klimaschutz und mit großem Abstand nur der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft eine relative hohe Priorität, während die anderen vier Ziele geringer priorisiert wurden. Insgesamt fällt neben der nahezu durchgehend hohen Priorisierung des Umwelt- und Klimaschutz auf, dass der Förderung einer tierfreundlichen Viehhaltung, die in der öffentlichen Diskussion eine zentrale Rolle spielt, sei-tens der Befragten aus der landwirtschaftlichen Interessensvertretung, der landwirtschaftlichen Praxis und der Verwaltung eine relativ geringe Priorität beigemessen wird.

Tabelle 28: Rangfolge der Zielsetzungen der GAP (durchschnittliche Rangwerte)

Wettbewerbsfähigkeit Erhaltuerlicher Landwirtschaft Umwelt- und Klimaschutz Einkommensstützung Tierfreundliche Viehhaltung Bürokratieabbau

Verwaltung (n=19) 3,2 3,9 5,2 3,2 2,8 3,0

Landwirtschaftliche Interessenvertretung (n=24) 4,0 5,0 3,5 4,5 1,0 3,0 zivilgesellschaftliche Organisationen (n=19) 2,0 4,2 5,6 2,4 4,4 2,4

Wissenschaft (n=20) 4,2 2,7 5,6 2,2 4,1 2,5

Beratung (n=17) 4,3 2,5 5,0 2,4 3,5 3,4

Landwirtinnen und Landwirte (n=54) 3,7 3,9 3,9 3,3 2,8 3,5

Quelle: eigene Erhebung, HU Berlin. Skala: 6=wichtigstes Ziel, 5 = zweitwichtigsten Ziel, …, 1= am wenigsten wichtiges Ziel.

Die höchsten Werte je Gruppe sind durch Fettdruck hervorgehoben.

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Anschließend wollten wir wissen, wie die Befragten den im Legislativvorschlag der EU-Kommis-sion enthaltenen Ansatz, den Mitgliedstaaten mehr Kompetenzen bei der Budgetierung und Aus-gestaltung der GAP zu geben, beurteilten. Die Ergebnisse sind in Abbildung 19 dargestellt. Gut zwei Drittel aller Befragten hielten den Ansatz der EU-Kommission für richtig oder eher richtig.

Besonders starke Zustimmung kam aus Reihen der Verwaltung und der Wissenschaft, am ge-ringsten war die Zustimmung bei der Beratung und den zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Abbildung 19: Rollen- und Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten

Quelle: eigene Erhebung, HU Berlin.

In der nächsten Frage wurden die Befragten gebeten, das Budget, das für die GAP zur Verfügung steht, auf die drei übergeordneten Ziele der GAP – Förderung von landwirtschaftlichen Einkom-men, Förderung von Umwelt- und Klimaschutz sowie Förderung der Entwicklung in ländlichen Gebieten – zu verteilen.

Tabelle 29 zeigt die durchschnittlichen Werte der Budgetverteilung nach den befragten Perso-nengruppen (in %) sowie den Median und die Standardabweichung. Landwirtinnen und Land-wirte sowie Vertreterinnen und Vertreter der landwirtschaftlichen Interessensvertretung wür-den etwa die Hälfte des Budgets zur Förderung der landwirtschaftlichen Einkommen verwen-den, gefolgt vom Umwelt- und Klimaschutz und den Ausgaben für die ländliche Entwicklung. Die Befragten aus der Wissenschaft und den zivilgesellschaftlichen Organisationen würden für die

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Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes den größten Anteil des Budgets vorsehen, gefolgt von der Entwicklung ländlicher Gebiete und der Einkommensförderung. Die befragten Vertrete-rinnen und Vertreter der Beratung würden das Budget relativ gleichmäßig auf die drei Oberziele verteilen, während die Befragten aus der Verwaltung deutlichere Budget-Schwerpunkte bei der Einkommensstützung sowie dem Umwelt- und Klimaschutz legen würden.

Tabelle 29: Bevorzugte Budgetverteilung auf GAP-Oberziele

Ziele

Durchschnittlicher Prozentsatz Median Standardabweichung

Verwaltung (n=19) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz Landwirtschaftliche Interessenvertretung (n=24) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz zivilgesellschaftliche Organisationen (n=19) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz

Wissenschaft (n=20) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz

Beratung (n=17) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz Landwirtinnen und Landwirte (n=54) Landw. Einkommen

Umwelt- und Klimaschutz Quelle: eigene Erhebung, HU Berlin.

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