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Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen

2 Auswertung der wissenschaftlichen Bewertungen der GAP-Instrumente in der Förderperiode 2014 bis 2020 GAP-Instrumente in der Förderperiode 2014 bis 2020

2.3 Ergebnisse der Auswertung

2.3.1 Überblick über die GAP in der Förderperiode 2014 bis 2020

2.3.2.4 Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen

Gem. Artikel 28 der Verordnung (EU) 1305/2013 müssen AUKM in jeden EPLR aufgenommen werden. Agrarumweltprogramme enthalten einen Katalog von betrieblichen Maßnahmen, die sich positiv auf die Umwelt, den Naturschutz und das Klima auswirken. Landwirtinnen und Landwirte können sich freiwillig und i.d.R. für fünf bis sieben Jahre verpflichten, eine oder meh-rere Maßnahmen durchzuführen. Sie erhalten dafür eine Ausgleichszahlung, deren Höhe zuvor auf Basis der für die Region typischen zusätzlichen Kosten und Einkommensverluste der jeweili-gen Maßnahme festgelegt wurde. In der Förderperiode 2014 bis 2020 wurde die Anpassung an den Klimawandel in das Ziel- und Maßnahmensystem des seit dem Jahr 1992 existierenden In-struments integriert (Pe'er et al. 2017, S. 37f.). Aufgrund des Doppelförderungsverbots dürfen die Mitgliedstaaten nur AUKM anbieten, deren Umweltleistungen über den Anforderungen der Cross Compliance-Regelungen und des Greening liegen (Röder et al. 2018, S. 28).

Insgesamt wurden im ersten Schritt der Auswertung 52 Quellen zu den AUKM identifiziert. Für die Bewertung und Vergabe der Scores wurden nach einer weiteren Sichtung schließlich 41 Pub-likationen verwendet, in denen direkte Aussagen zu den jeweiligen Kriterien kodiert wurden.

Abbildung 4 gibt einen Überblick über diese Bewertungen. Die verbundene Linie mit der jeweili-gen Beschriftung ist der Mittelwert der Bewertunjeweili-gen. Die Einzelbewertunjeweili-gen sind als Punkte auf den jeweiligen Achsen angezeigt. Die entsprechende Datengrundlage ist jeweils mit der An-zahl der Studien in den Klammern hinter den Kriterien angegeben.

74 Abbildung 4: Übersicht der Bewertungen der AUKM

Quelle: eigene Darstellung, HU Berlin.

Die Bewertungen der ökologischen Wirksamkeit der AUKM fallen sehr unterschiedlich aus. Auf-grund der vielen verschiedenen Maßnahmen in unterschiedlichen Landschaftstypen mit vielfäl-tigen Schutzzielen ist eine Gesamtbewertung ihrer Effektivität nur bedingt möglich. Allerdings zeigen sowohl die ausgewerteten empirischen Studien, die sich auf einzelne Vorhaben in kon-kreten Gebietskulissen und in Bezug auf spezifische Arten beziehen (vgl. z.B. Bartolini & Brunori, 2014; Fischer & Wagner, 2016; Gamero et al., 2017; McHugh et al., 2017; Rudow, 2014; Russi et al., 2016), als auch die Überblicksarbeiten und Literaturauswertungen zu den AUKM (Batáry et al., 2015; Science for Environment Policy, 2017), dass AUKM insgesamt zu einer leichten Verbes-serung des Zustands der Umweltressourcen auf lokaler Ebene führen können. Allerdings sind die Effekte auf europäischer Ebene limitiert (Pe'er et al., 2017, S. 115). Dies liegt zum einen da-ran, dass der Flächenanteil von sehr effektiven, sogenannten „dunkelgrünen“ Maßnahmen gerin-ger ist als der von wenigerin-ger effektiven, sogenannten „hellgrünen“ Maßnahmen (Batáry et al., 2015, S. 1006; Pe'er et al., 2017, S. 115; Röder et al., 2018, S. 120). Hierbei ist allerdings

anzu-3,3

2,4

2,0

3,4

2,0

3,8 3,0 3,0 5,0

3,0

Effektivität (26)

Effizienz (22)

Leistungsmessung (4)

Instrumentation (20)

Regelungs- und Vollzugsfähigkeit (12) Institutionelle

Anschlussfähigkeit (7) Akzeptanz (13)

Robustheit (1) Adaptabilität (3)

Transformabilität (1)

Insgesamt wurden in 41 Quellen zur Bewertung der AUKM herangezogen. In der Klammer hinter den Kriterien ist die Anzahl der Studien angegeben, in der Aussagen zu den jeweiligen Kriterien kodiert wurden.

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merken, dass in Deutschland die AUKM-Förderung in der Förderperiode 2014 bis 2020 hinsicht-lich ihres Umweltniveaus im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode tendenziell an-spruchsvoller geworden ist. Zu diesem Ergebnis kommen Röder et al. (2018: 122) auf Grundlage der Auswertung der Budgetanteile in Bezug auf die Vorhabensarten und Schutzziele aller 13 deutschen EPLR. Zum anderen sind viele AUKM nicht auf der geeigneten räumlicher Skala defi-niert, was ihre Zielgenauigkeit verringert (Früh-Müller, Bach, et al., 2018, S. 368; Raymond et al., 2016, S. 354). Darüber hinaus wird angeführt, dass die zu geringe Finanzausstattung sich nega-tiv auf die ökologische Wirksamkeit der AUKM auswirkt. Die Budgetierung wird als mitentschei-dender Faktor hinsichtlich der Diskrepanz zwischen potenzieller (vgl. Instrumentation) und em-pirischer Wirkung der AUKM angesehen. Zwar machen in der Förderperiode 2014 bis 2020 die Gesamtausgaben für AUKM in der EU-28 mit 17 % und in Deutschland mit 19 % den größten An-teil an den Mitteln der ELER-Förderung aus (OECD, 2017, S. 74). Allerdings ist das gesamte GAP-Budget für AUKM im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode um fast 9 % gesunken (Pe'er et al., 2017, S. 117).

Insgesamt werden die AUKM in den ausgewerteten Studien in Bezug auf ihr Nutzen-Aufwand Verhältnis als eher wenig effizientes Instrument bewertet. Pe’er et al. (2017, S. 143) kommen in ihrer Literaturauswertung zu dem Ergebnis, dass viele AUKM aufgrund mangelnder Zielgenauig-keit (Angebot spezieller Maßnahmen in bestimmten Zielkulissen) ineffizient sind. Außerdem führen die von der Europäischen Kommission vorgegebenen Regelungen zur Implementierung der Programme zu erhöhten Transaktionskosten bei den umsetzenden Verwaltungsbehörden, so dass diese eher weniger effektive und weniger effiziente Maßnahmen anbieten, die aber mit geringerem Verwaltungsaufwand verbunden sind (Weber, 2014, S. 953f. ; 2015). Andere Instru-mente wie z.B. die Ausweisung von Schutzgebieten versprechen ein günstigeres Nutzen-Kosten-Verhältnis für das Erreichen umweltpolitischer Ziele (Batáry et al., 2015, S. 1013). Offenbar hat auch die Erweiterung der Programme um Klimaziele eine weitere Minderung der Effizienz mit sich gebracht (Pe'er et al., 2017, S. 210).

Das System der Leistungsmessung wird für das Instrument der AUKM in der ausgewerteten Li-teratur als wenig geeignet eingeschätzt. Diese Bewertung basiert hauptsächlich auf der Beobach-tung, dass vielen AUKM multiple Wirkungen in Bezug auf verschiedene Förderziele zugeschrie-ben werden können (Röder et al., 2018, S. 36). Zwar entspricht die verpflichtende Zuordnung der einzelnen Maßnahmen zu einer der sechs Prioritäten im Grundsatz dem Anspruch einer transparenten Zielorientierung, erweist sich allerdings in vielen Fällen als in der Sache proble-matisch und stellt die ausführenden Behörden vor Schwierigkeiten. In der Folge sind die Mög-lichkeiten einer systematischen Evaluierung der Maßnahmenportfolios und Programme be-grenzt (Früh-Müller, Krippes, et al., 2018, S. 369). Dabei wurden besonders bei der Implementie-rung des CMEF in den Mitgliedstaaten noch Defizite bei der Indikatorenbestimmung, der Daten-verfügbarkeit und den Evaluationsmethoden beobachtet (Desjeux et al., 2015, S. 57).

Die erfassten Publikationen bewerten die AUKM hinsichtlich der Instrumentation als teilweise bis eher geeignete politische Intervention. Mit AUKM werden Zahlungen an Fördermittelemp-fänger gewährt, die sich verpflichten, bestimmte umweltorientierte Landbewirtschaftungsme-thoden umzusetzen (Röder et al., 2018, S. 35). Sie erhöhen als positives Anreizinstrument die At-traktivität umweltfreundlicher Landbewirtschaftungsmethoden und können als Zahlung für Um-weltleistungen (Payments for Environmental Services, PES) verstanden werden (Peter H. Feindt et al., 2019a, S. 91f.; Meyer et al., 2015, S. 154; OECD, 2017, S. 75). Durch die Schaffung einer zah-lungswirksamen Nachfrage nach Umweltmaßnahmen können landwirtschaftliche Betriebe ent-weder ergebnisorientiert oder handlungsorientiert für Umweltleistungen vergütet werden. Mit den AUKM tritt der Staat insofern stellvertretend für die Gesellschaft als Käufer von

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tungen auf (Benoit & Patsias, 2017, S. 1; Meyer et al., 2015, S. 154). Trotz der grundsätzlich posi-tiven Bewertung der AUKM hinsichtlich des Instrumentationskriteriums und des Wirkungspo-tenzials lassen sich in der Literatur v.a. drei Kritikpunkte am derzeitigen Design der Programme identifizieren, welche die empirische Wirkung bedingen können. Erstens wird kritisiert, dass überwiegend solche AUKM Anwendung finden, die Vergütungen für die Umsetzung vorgegebe-ner Landbewirtschaftungsmethoden (handlungsorientiert) und nicht für die Erreichung festge-legter Umweltziele (ergebnisorientiert) gewähren (Pacini et al., 2015, S. 78; Russi et al., 2016, S.

59). Die ergebnisorientierte Honorierung gilt jedoch als aufwändig und ist bei den Landwirtin-nen und Landwirten wenig beliebt, weil Ereignisse jenseits ihrer Kontrolle (z.B. Witterungser-eignisse) den Erfolg beeinflussen können. Zweitens schränkt die fehlende räumliche Skalierung die Eignung der politischen Intervention ein, was zu einem räumlichen Missverhältnis zwischen den Programmen und den angestrebten Umweltzielen führen kann (Cormont et al., 2016, S. 23;

Früh-Müller, Bach, et al., 2018, S. 7; Vesterager et al., 2016, S. 775). Drittens wird die Möglich-keit, kollektive AUKM zu programmieren, wodurch die ökologische Wirksamkeit erhöht werden könnte, bislang nur in den Niederlanden genutzt (van Dijk et al., 2015, S. 759).

In der ausgewerteten Literatur wird die Regelungs- und Vollzugsfähigkeit der AUKM überein-stimmend als eher wenig realisierbar bewertet. In Bezug auf die Regelungsfähigkeit wird kriti-siert, dass sich das angewendete Zahlungsschema und die Prämienkalkulation weder in Bezug auf die Heterogenität der Zahlungsempfänger noch der jeweiligen Landschaftstypen als geeignet erweist, so dass die auf regionalen Durchschnittswerten beruhende Kompensationszahlung zu Mitnahmeeffekten führen kann (Peter H. Feindt et al., 2019a, S. 199). In Bezug auf die Vollzugs-fähigkeit stellt der EuRH in einem Prüfbericht zur Integration der Wasserziele in die Agrarpolitik fest, dass die Finanzmittel im Rahmen der AUKM nicht ausreichend für die Wasserschutzziele genutzt werden (Europäischer Rechnungshof, 2014, S. 37). An anderer Stelle werden die Voll-zugsherausforderungen für die Verwaltungsbehörden durch Kontrollen betont, wodurch vor al-lem handlungsorientierte Vergütungen Anreize zur mangelhaften Umsetzung generieren, weil sie nur wenig sanktioniert werden (European Commission, 2016, S. 241f. ).

Die Anschlussfähigkeit der AUKM an die bestehenden institutionellen Rahmenbedingungen wird in den ausgewerteten Publikationen gemischt bewertet. Die Einschätzungen der Umsetzung von AUKM reichen in den Studien von eher wenig bis umfassend praktikabel. Auf der einen Seite existiert das Instrument schon seit knapp 30 Jahren, so dass die umsetzenden administrativen Einheiten bei der Erstellung der EPLR auf Erfahrungen bei der Programmierung und Umsetzung von AUKM zurückgreifen können. Auf der anderen Seite erweisen sich die länderspezifischen Verfahren der Programmierung und Umsetzung der AUKM aufgrund der erhöhten Flexibilität in der Förderperiode 2014 bis 2020 als komplex und stellen die umsetzenden Verwaltungsbehör-den vor administrative Herausforderungen (European Commission, 2016, S. 280). Es besteht dadurch die Gefahr, dass der Verwaltungsaufwand an die Empfänger weitergegeben wird (ebd.).

In den ausgewerteten Quellen wird die Akzeptanz der AUKM in der Landwirtschaft relativ über-einstimmend als eher hoch bewertet. Als grundsätzliche Motivation für die Annahme und Um-setzung des Instrumentes gelten finanzielle Motive (Dessart, 2019, S. 7; Russi et al., 2016). Eine EU-weite Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Programme insbesondere in weniger inten-siven Produktionssystemen (bei tendenziell geringeren flächenbezogenen Prämien) umgesetzt werden (Zimmermann & Britz, 2016, S. 11). Die Relevanz finanzieller Anreize wird auch von ei-ner Befragungsstudie in fünf EU-Staaten bestätigt (Pavlis et al., 2016, S. 807). Zudem vermindern administrative Hürden die Attraktivität der Teilnahme an AUKM für Landwirtinnen und Land-wirte (European Commission, 2016, S. 280; Pavlis et al., 2016, S. 808). Allerdings dürfen neben den finanziellen und administrativen Anforderungen an das Design der AUKM auch soziale

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toren nicht unberücksichtigt bleiben. Sanktionen wegen Nicht-Erfüllung der Bewirtschaftungs-verpflichtungen sind bei Landwirtinnen und Landwirten, die sozial stark in ihre lokale Gemein-schaft eingebunden sind, nicht nur wegen ihres finanziellen Aspektes wirksam, sondern auch wegen der sozialen Kontrolle innerhalb der Gemeinschaft (Alló et al., 2015, S. 685). Ein weiterer Aspekt, der die Annahme- und Umsetzungsbereitschaft beeinflusst, sind andere existierende An-reizinstrumente wie bspw. die Biogasförderung (Russi et al., 2016, S. 69).

Die Forschungsarbeiten im Rahmen des SURE-Farm-Projekt ordnen die AUKM mit Blick auf ihre Resilienzorientierung hauptsächlich der Gruppe adaptabilitätsorientierter Instrumente zu, weil sie Anreize für Landwirtinnen und Landwirte bereitstellen, umweltfreundlichere Landbewirt-schaftungsmethoden anzuwenden und dabei mittelfristig ausgerichtet sind (Programmierungs-zeitraum von 5 bis 7 Jahre), einen gewissen Grad an Flexibilität und Passgenauigkeit aufweisen (EPLR-Formulierung in den Mitgliedsstaaten respektive auf regionaler Ebene in den Ländern) sowie zu Lernprozessen ermutigen (Beratungs- und Informationsmöglichkeiten zur Umsetzung von AUKM) (Buitenhuis, 2018, S. 229f.; Peter H. Feindt et al., 2019b S. 16). Die Einbindung in sol-che Lernprozesse bspw. über Netzwerke ist ein entssol-cheidender Faktor für die Umsetzung der umweltfreundlicheren Landbewirtschaftungsmethoden im Rahmen von AUKM

(Dedeurwaerdere et al., 2015, S. 35). In Bezug auf die anderen beiden Aspekte von Resilienz, Ro-bustheit und Transformabilität, werden AUKM als jeweils teilweise förderlich bewertet. Durch den klaren Fokus auf umweltorientierte Landbewirtschaftungsmethoden tragen die AUKM bei-spielsweise zur Stärkung der ökologischen Robustheit von Agrarsystemen bei. In einigen Fällen können durch die Agrarumweltprogramme Prozesse von In-depth-Learning (ein Aspekt von Transformabilität) angestoßen werden.