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Allgemeine Auswertung

5   Ergebnisse und Diskussion

5.8   C/N-Isotopenanalyse zur Rekonstruktion der Ernährungsweise

5.8.2   Allgemeine Auswertung

Zunächst erfolgte die allgemeine Auswertung der erhobenen Rohdaten um mögliche Zusammenhänge oder Unterschiede festzustellen und darauf genauer einzugehen.

Zwischen δ13C- und δ15N-Werten besteht generell eine signifikant positive Korrelation (r=

0,25**, p=0,001; SpRho), je höher δ15N, desto positiver erscheint auch δ13C. Die einzelnen Bestattungsplätze separat betrachtet ergaben in Großmehring (GrmB3: r= 0,517**, GrmB1B2B4: r = 0,481**) und Etting (r = 0,376*) ebenfalls Korrelationen von δ13C- und δ15 N-Werten, in Bruckmühl und Kelheim korrelieren die Werte nicht (SpRho).

Die δ15N-Werte der erwachsenen Individuen aller untersuchten Friedhöfe haben einen Durchschnittswert von 9,9 ‰ (δ15N Wertespanne von ≈ 8,5 bis 11,5‰). Die δ13C-Werte zeigen hingegen ein relativ weites Wertespektrum (δ13C ≈ -19,5 bis -22,75 ‰) (Abb. 5.61), wobei die Daten der Bestattungsplätze Bruckmühl, Großmehring und Kelheim in ähnlichen Wertebereichen liegen (δ13C ≈ -19,5 bis -21,00 ‰). Die Ergebnisse der Individuen aus Etting sind dagegen deutlich negativer und streuen stärker (δ13C ≈ -20,3 bis -22,75 ‰).

Die Isotopenwerte der untersuchten Populationen befinden sich im Übergangsbereich zwischen den Werten herbivorer und karnivorer Lebewesen (Abb. 5.62). Dies entspricht der üblichen omnivoren Ernährung des Menschen.

Alle hier gemessenen δ13C-Werte liegen innerhalb der im süddeutschen Raum bisher gemessenen Isotopensignatur (Bocherens et al. 1997a; Bösl et al. 2006; Dürrwächter et al.

2006; Hakenbeck et al. 2010; Lösch 2009; Strott 2006). Lediglich die δ13C-Werte der Individuen aus Etting zeigen deutlich niedrigere Werte. Der unmittelbare Vergleich der hier gemessenen Werte mit den δ15N- und δ13C-Werten von Bestattungsplätzen in geographischer Nähe (Altenerding und Straubing) (Hakenbeck et al. 2010) zeigt, dass sich die δ15N-Werte alle ungefähr in der gleichen Wertespanne (ca. 8-11,5‰) befinden (Abb.

5.63). Die Spanne der δ13C-Werte liegt bei einem Hauptteil der Individuen zwischen ca. -20,6 und -18,6. Die δ13C-Isotopien des größten Teils der Bevölkerung Etting und einiger Individuen aus Altenerding liegen jedoch außerhalb dieser Spanne. Einige Individuen aus Altenerding weisen deutlich höhere δ13C-Werte auf, was auf den Verzehr von C4-Pflanzen schließen lässt (Hakenbeck 2010). Die Werte annähernd der gesamten Ettinger Population sind jedoch deutlich negativer. Der Verzehr von Seefisch kann für weniger negative δ13 C-Werte ursächlich sein (z.B. Richards & Hedges 1999; Doppler 2010). Dies kann jedoch aufgrund der geographischen Lage weitgehend ausgeschlossen werden. Die vergleichsweise niedrigen δ13C-Werte der Ettinger Population werden im Folgenden genaueren ausgewertet (siehe unten, δ13C-Werte).

Abb. 5.61:Graphische Darstellung der δ13C und δ15N-Werte der

erwachsenen Individuen aus den untersuchten, bzw. ausgewerteten Gräberfeldern.

(Originaldaten Kelheim:

Strott 2006)

6,0 6,5 7,0 7,5 8,0 8,5 9,0 9,5 10,0 10,5 11,0 11,5 12,0

-23,5 -23,0 -22,5 -22,0 -21,5 -21,0 -20,5 -20,0 -19,5 -19,0 13C

15 N

GrmB1B2B4 GrmB3 Brm Keh Ett

(‰) δ15 N ()

Abb. 5.62: Schematische Zusammenfassung der δ13C- und δ15N-Werte der Hauptnahrungsquellen in Europa und der gewonnenen Daten aus der Isotopenanalyse (nach Ambrose 1993;

Bocherens et al. 1997).

Die δ15N-Werte der untersuchten Populationen entsprechen weitgehend einer omnivoren Ernährung. (Abbildung modifiziert nach Bocherens 1997, Originaldaten Kelheim:

Strott 2006).

Abb. 5.63: Vergleich der gemessenen Werte aus Bruckmühl, Etting und Großmehring mit Daten aus

frühmittelalterlichen Gräberfeldern in geographischer Nähe (Altenerding und Straubing). (Originaldaten Hakenbeck 2010, Abbildung modifiziert nach Hakenbeck 2010).

Tierknochen

Auf den Bestattungsplätzen wurden die Überreste von insgesamt vierzehn Tieren geborgen (Tab. 5.22). Bei einzelnen Bestattungen der Reihengräber des Friedhofs Großmehring wurden Knochen von 10 Tieren gefunden, darunter 3 Rinder, 2 Pferde, 2 Schafe / Ziegen36 und 2 Schweine. Auf dem Friedhof Etting konnte ein Rinderknochen nachgewiesen werden.

Im separaten Teil des Friedhofs Großmehring (B3) befanden sich bei Grab 51 in einem Tongefäß die Überreste einer Katze37 und auf dem Friedhof Großmehring wurde in unmittelbarer Nähe von Grab 11 ein Hund in einem eigenen Grab (35) bestattet. In Bruckmühl wurden keine Tierknochen gefunden (Rohdaten siehe Anhang).

36 Da Schaf- und Ziegenknochen nicht eindeutig unterschieden werden konnten, werden sie hier zusammenfassend unter

“Schaf / Ziege“ ausgewertet (Boessneck et al. 1964)

37 Die Überreste des Tongefäßes und der Katze befanden sich bei Skelettteilen aus Grab 51 und wurden beim Waschen der Skelette entdeckt. Auf dem Übersichtsplan wird den Bestattungen 51 und 60 eine gemeinsame Grabgrube zugewiesen, wobei Grab 51 über Grab 60 lag (Ledderose 2006). Eine genaue Einzelzeichnung des Grabes 51 stand nicht zur Verfügung, daher konnte die Katze keinem der Gräber eindeutig zugewiesen werden.

δ13C (‰) δ15 N ()

Die Isotopenwerte von Tieren und Menschen aus Großmehring (Abb. 5.64) zeigen normale Werteverteilungen eines Nahrungsnetzes mit Herbivoren, Omnivoren und Karnivoren. Es besteht eine direkte lineare Korrelation von δ15N und δ13C-Werten (r=0,751**; Sp-Rho). Je höher die δ15N-Werte, desto positiver die δ13C -Werte. Bei δ13C kommt es zu einer leichten Anreicherung im Knochenkollagen zwischen den Trophiestufen (Bocherens & Drucker 2003;

Dürrwächter et al. 2006). Die mögliche Anreicherung zwischen den Trophiestufen wird mit Werten zwischen 0-2 ‰ für δ13C und 3-5 ‰ für δ15N angegeben, wobei unter Experimentalbedingungen je nach Futterzusammensetzung eine Anreicherung zwischen Nahrung und Kollagen von 3,7-6,0 ‰ für δ13C und von 1,7-6,9 ‰ für δ15N erfolgen kann (Bocherens & Drucker 2003). In einem rein terrestrischen System kann daher eine leicht positive Korrelation zwischen δ15N und δ13C-Werten erwartet werden, wenn die zwei Hauptproteinquellen (mit eindeutigen Isotopien) Pflanzen und Herbivoren sind (Schulting et al. 2008). Kombiniert mit dem bekannten Trophiestufeneffekt bei δ15N zwischen Pflanzen und Herbivoren kann dies zu einer signifikant positiven Korrelation führen (Schulting et al.

2008).

Es besteht hier eine lineare Korrelation der untersuchten Tierarten bei den δ13C-Werten (r=0,688**; Sp-Rho) gemäß ihrer (angenommenen) Stellung in der Nahrungskette, also je karnivorer, desto positiver. Die δ13C-Werte der Rinder weichen jedoch von diesem Schema ab. Sie haben um bis zu 1 ‰ höhere Werte als andere herbivore Tiere (Abb. 5.67).

Bei den δ15N-Werten zeigt sich eine deutlich lineare Korrelation der untersuchten Tierarten (r=0,862**; Sp-Rho), gemäß ihrer Nahrung (Abb. 5.66). Je karnivorer die Ernährung, desto höher die Werte. Die δ15N-Werte der Schweine liegen zwischen den Werten der Menschen und denen der reinen Pflanzenfresser Rind und Pferd, mit einem Abstand von jeweils etwa 2 ‰. Dies entspricht in etwa einer halben Trophiestufe. Die δ15N-Werte der strikt herbivoren Tiere liegen mit durchschnittlich 6 ‰ im normalen Bereich der für Herbivore möglichen Anreicherung zwischen der Nahrung und Kollagen (5-7 ‰) (Bocherens & Drucker 2003). Die Katze hat, einen aufgrund ihrer rein karnivoren Ernährung erwartungsgemäßen, sehr hohen δ15N-Wert (10,51 ‰). Im Vergleich dazu liegen die Werte der Menschen auch auf einem relativ hohen δ15N Niveau (Abb. 5.64 und 5.66). Dies bestätigt die Vermutung, dass die Nahrung der Menschen zu einem sehr großen Anteil aus tierischem Protein bestand.

Eine Rekonstruktion der Ernährung anhand der stabilen Isotope kann nur erfolgen, wenn grundlegende Informationen über das zeitgenössische Nahrungsnetz vorhanden sind (Grupe

& Turban-Just 1998). Um also Aussagen über die spezifische Ernährung der Menschen treffen zu können müssen ihre Isotopendaten mit den Werten von Tieren verglichen werden.

Idealerweise werden hierfür die Daten von Tieren aus zugehörigen Siedlungen oder von Speisebeigaben38 aus den Gräbern verwendet. Anhand von Modellen (sogenannte „mixing-models“) ist es bei ausreichendem direktem Vergleichsmaterial möglich, die Wahrscheinlichkeit, mit der eine potentielle Nahrungsquelle konsumiert wurde zu berechnen (z.B. Phillips & Koch 2002; Phillips et al. 2005; Doppler et al. 2010). Da Anzahl und Auswahl der Tiere auf den untersuchten Gräberfeldern sehr gering oder nicht vorhanden waren und keine zugehörigen Siedlungen ergraben wurden, bzw. das Material zum Zeitpunkt der Auswertung noch nicht zur Verfügung stand (Etting), wurden keine statistischen Berechnungen bezüglich potentieller Nahrungsanteile durchgeführt.

Rinder

Die δ13C-Werte der Rinder liegen in Großmehring bei ca. -21 ‰ (Abb. 5.67), wobei sie vergleichsweise weniger negativ sind (siehe Abb. 5.68). Die Werte der anderen Herbivoren (Pferd, Schaf / Ziege) sind niedriger, etwa bei ca. -22 ‰. Unter Berücksichtigung des Baldachineffektes (Ambrose 1987; France 1996) könnten die Rinder, deren Werte negativer sind im Wald geweidet worden sein (Ehleringer et al. 1986; Mulkey 1986; Winner et al.

2004), während die Rinder mit höheren Werten möglicherweise in einem unbewaldeten Gebiet weideten oder im Stall gehalten wurden. Nach der Völkerwanderungszeit wurden

38 Die im Heidentum tief verwurzelte Sitte der Speisemitgabe für das Jenseits ist hier nur bei den Großmehringer Gräbern eindeutig nachweisbar. Im bayerischen Donauraum und südlich davon sind in Gefäßen aufbewahrte Trank- und Speisebeigaben in der gesamten Merowingerzeit selten. Auf Gräberfeldern in den angrenzenden Regionen kommen diese aber durchaus in größerer Anzahl vor (Ledderose 2006).

Waldflächen zum Zwecke der Besiedelung intensiv gerodet und die Randgebiete der Wälder als Waldweide genutzt. Zwar wurden die Felder während der Brachezeit vom Vieh beweidet („Brachweide“) um nach der Ernte das Unkraut zu bekämpfen (Rösener 1985), aber neben Schweinen (Eichelmast), Schafen und Ziegen wurde auch Großvieh wie Rinder zum Weiden in den Wald getrieben (Borst 1983; Küster 1988; Rösener 1985).

Abb. 5.64: δ15N und δ13C-Isotopenwerte der Menschen und Tiere aus Großmehring. Die Isotopenwerte der Tiere und Menschen aus

Großmehring zeigen normale Werteverteilungen eines Nahrungsnetzes mit Herbivoren, Omnivoren und Karnivoren. Es besteht eine direkte lineare Korrelation von δ15N und δ13C-Werten (r=0,751**; Sp-Rho). Je höher die δ15N-Werte, desto positiver die δ13C –Werte.

Bei δ13C entsteht eine leichte Verschiebung zwischen den Trophiestufen mit einer Anreicherung von ca. 1,0 1,05 ‰. Der Trophiestufeneffekt der δ15N-Werte liegt bei etwa 2-3‰. Die Werte der Menschen liegen bei δ15N zwischen 8 ‰ und 12 ‰, bei δ13C zwischen -21 ‰ und -19 ‰. Die δ15N-Werte der Pferde und Rinder sind ähnlich, entsprechend den Werten von Herbivoren, die δ13C-Werte unterscheiden sich um ca.

1 ‰.

Anzahl Brm Ett Grm

Mensch 31 30 86

Rind - 1 6

Pferd - - 2

Schaf / Ziege - - 2

Schwein - - 2

Katze - - 1

Hund - 1 -

uhn - - -

Hirsch/Reh - - -

Tab. 5.22: Anzahl und Auswahl der von Tieren verwendeten

Isotopendaten (Rohdaten siehe Anhang).

Abb. 5.66: δ15N Isotopenwerte der Menschen und Tiere aus Großmehring (Boxplot). Die Werte steigen gemäß der Trophiestufe der Individuen an. Die δ15 N-Werte der Menschen liegen deutlich über denen herbivorer Tiere. (Rind: n=3, Pferd:

n=2, Schaf / Ziege: n=2, Schwein: n=2, Menschen: n=84).

Abb. 5.67: δ13C -Isotopenwerte der Menschen und Tiere aus

Großmehring (Boxplot). Die Werte zeigen die pro Trophiestufe erwartete Anreicherung von ca. 1 ‰. Im Verhältnis zu den anderen Herbivoren wie Pferden oder Schafen / Ziegen, sind die δ13C-Werte der Rinder jedoch deutlich erhöht (ca. 1 ‰). (Rind: n=3, Pferd: n=2, Schaf / Ziege: n=2, Schwein: n=2, Menschen: n=84).

Hund & Katze

Der δ15N-Wert des Hundes liegt niedriger als der Wert der Katze (Abb. 5.64). Hunde sind in der Regel Allesfresser, während die Katze rein karnivor ist. Diese Werte fügen sich in das Gesamtbild mit den Menschen ein. Die Hunde liegen etwas unterhalb den Werten der Menschen, könnten sich also von deren Tischabfall ernährt haben (Schulting 2002). Der δ15N-Wert des Hundes auf dem Gräberfeld Etting gleicht den Werten der Menschen (Abb.

5.68, Etting). Dieser Hund wurde inmitten der Menschen bestattet, er befand sich sogar in einem eigenen Grab (vgl. Abb. 3.5, Gräberfeldplan Etting). Er war etwa 18 Monate alt und mit einer Widerristhöhe von ca. 57 cm (Manhart 2002) noch nicht vollständig ausgewachsen (Harcourt 1974). Die Grabgrube des Hundes grenzt an das Grab eines ca. 15 Jahre alten Mädchens (Grab 11). Eine zeitgleiche Bestattung konnte nicht nachgewiesen werden, die

N-δ15 N ()

δ13C ()

Rind Pferd Ziege/

Schaf Schwein

Mensch

Katze Katze

δ15 N () δ13 C () Schwein

Rind Pferd Ziege/

Schaf Mensch

Isotopenwerte des Hundes (9,41 ‰) sind aber mit denen des Mädchens (9,69 ‰) annähernd identisch, was wiederum ein Hinweis auf besondere „Nähe“ sein könnte.

Der Hund gilt als ältestes Haustier des Menschen, domestiziert etwa 13 000 v. Chr.

(Benecke 1994). Bereits in vorgeschichtlicher Zeit gab es eine große Variabilität innerhalb der Unterart „Haushunde“. Antike Autoren wie Homer oder Vergil unterschieden Jagd-, Wach- und Hirtenhunde, beschrieben deren Verhalten, ihre Treue und Intelligenz39. Im frühen Mittelalter wurden Hunde für verschiedene Aufgaben gezüchtet. Die Lex baiuvariorum geht auf verschiedene Hunderassen wie Schäferhund (canis pastoralis), Hofhund (houauuart), Spürhund (spurihunt), Jagdhund (…quod suuarzuuild persequitur) etc. ein. Die Hunde wurden aber nicht nach ihrem Erscheinungsbild sondern nach ihrer Aufgabe unterschieden (von den Driesch & Boessneck 1988). Da dieser Hund erst 18 Monate alt war, das heißt noch nicht erwachsen, hatte er vermutlich noch keine „Aufgabe“ wie Jagd- oder Wachhund. Zweifelsohne hatte dieser Hund aber eine besondere „Bedeutung“ da er als

„Gefährte“ mitten unter den Menschen bestattet wurde.

Der δ15N-Wert der Katze befindet sich im oberen Bereich der Werte der Menschen (Abb.

5.66). Da sich Katzen rein karnivor ernähren, kann dieser Wert einerseits Validität und Zuverlässigkeit der übrigen gemessenen Werte belegen, andererseits zeigt es auch, dass sich die hier untersuchten Menschen zu einem sehr großen Teil von tierischen Proteinen (Fleisch, Eier, Milch und Milchprodukte) ernährt haben mussten. Die Überreste der Katze befanden sich in einem Tongefäß und wurden bei den Gräbern zweier etwa 60 jährigen Frauen (GrmB3 51 und 60) gefunden. Wildkatzen leben seit der Latènezeit in Mitteleuropa.

Die Hauskatze gelangte vermutlich mit den Römern nach Mitteleuropa und gehört spätestens seit der Mitte des ersten Jahrtausends n. Chr. zum festen Bestandteil der mitteleuropäischen Haustierfauna (Benecke 1994). In der nordischen Mythologie waren Wildkatzen mit der germanischen Göttin Freya, der Göttin der Fruchtbarkeit, der Liebe und des Glücks assoziiert, was auch ursächlich für deren negative Belegung im christlichen Glauben und ihre feste Verankerung im Aberglauben ist (Meier 2008). In der Lex Baiuvariorum werden Katzen als Haustiere dokumentiert (von den Driesch & Boessneck 1988). Es werden zwar einige Katzenfunde beschrieben (Smith 1998), ein vergleichbarer Befund konnte aber leider nicht gefunden werden. Die Fundsituation hier lässt jedoch eine besondere Bedeutung dieser in einem Tongefäß aufbewahrten Überreste einer Katze vermuten.

Jungtiere

Bei Betrachtung der gemessenen δ15N-Werte einzelner herbivorer Tiere innerhalb einer Tierart zeigt sich, dass die Werte einiger Tiere im Vergleich zu den anderen 1-2 ‰ höher liegen (Abb. 5.68). Besonders auffällig sind die δ15N-Werte zweier Rinder und Schweine des Gräberfeldes Kelheim, die annähernd eine Trophiestufe über denen der übrigen Rinder des Gräberfeldes liegen. Es könnte sich bei diesen Tieren um Jungtiere handeln (Hedges &

Reynard 2007). Leider fehlt eine Altersbestimmung der Tierknochen sowie die C%- und N%-Werte der Rinder und Schweine aus Kelheim als Qualitätskontrolle der Proben.

Vergleich der Isotopenwerte in Raum und Zeit

Um eventuelle Unterschiede oder Veränderungen zwischen den Isotopenwerten von Menschen und Tieren in Raum und Zeit festzustellen, wurden die Daten der hier untersuchten Bestattungsplätze mit denen von Bestattungsplätzen, bzw. Siedlungsfunden aus anderen geologischen und klimatischen Gebieten (Volders, Tirol, 6.-7. Jhd. n. Chr., McGlynn 2007; Berinsfield, Südengland, ca. 5.-7. Jhd n. Chr., Privat et al. 2002) und einer anderen Zeitstellung (Pestenacker, spätneolithische Siedlung, Bösl 2006)

Es zeigt sich, dass sich die δ15N-Werte der Menschen weitgehend innerhalb der gleichen Wertespanne von etwa 8-12 ‰ befinden. Die δ13C-Werte liegen (bis auf Etting, genauere Diskussion siehe unten) ebenfalls innerhalb eines ähnlichen Wertebereichs von ca. 21 bis -19 ‰. Die Unterschiede innerhalb einer Population erscheinen jeweils gering (Abb. 5.68).

39 Homer: Odyssee, Buch XVII, 291-327; Vergil: Buccolica (Hirtengedichte), ec loge 3,67.

Weder geologische noch klimatische Bedingungen, noch verschiedene Zeitstellungen scheinen signifikante Unterschiede sowohl bei den δ15N- als auch bei den δ13C-Werten zu generieren.

Abb. 5.68: Einzelübersicht der δ15N und δ13C-Isotopenwerte der Menschen und Tiere auf den untersuchten

Bestattungsplätzen und Vergleichsplätzen. Die Isotopenwerte der Tiere und Menschen zeigen auf allen Bestattungsplätzen ähnliche normale Werteverteilungen eines Nahrungsnetzes mit Herbivoren, Omnivoren und Karnivoren. Die δ13C-Werte der Rinder auf allen hier dargestellten Gräberfeldern liegen entweder bei -21 ‰ oder -23 ‰. Die Werte der anderen Herbivoren (Pferd, Schaf / Ziege) liegen hier eher im Bereich zwischen ca. -23 ‰ und -22 ‰ (grau hinterlegte Rechtecke: Wertebereich der Menschen, graue Polygone: Wertebereich der Rinder). (Originaldaten Kelheim: Strott 2006, Volders: McGlynn 2007, Pestenacker: Bösl 2006, Berinsfield: Privat et al. 2002).

δ15 N()

δ13C ()

d15 N()

δ13C ()

δ13C () δ 13C () Kelheim

Etting

Volders

Rind

Großmehring

d15 N()δ15 N()

δ15 N()

δ13C () Pestenacker δ13C () δ15 N ()

Rind Pferd Ziege / Schaf Schwein Mensch Hund

Berinsfield

Nutztierhaltung und Ernährung im Mittelalter

Haustiere waren in der Regel Nutztiere. Sie wurden als Arbeitstiere eingesetzt (Pferde, Rinder), lieferten Nahrung (Milch, Eier, Fleisch) und Rohstoffe (Wolle, Federn, Leder, Horn).

Die Tiere wurden in der Regel in Ställen („Wohnställe“) oder Gehegen gehalten und gefüttert oder geweidet (Benecke 1994). Als Haustiere werden in der Lex Baiuvariorum Pferd, Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Huhn, Gans und Ente genannt, aber auch Hund, Katze und Biene.

Diese Haustiere waren aber im Vergleich zu den heutigen Haustierrassen klein, da nach der Römerzeit kein züchterisches Interesse mehr bestand (Kokabi 2001; von den Driesch &

Boessneck 1988).

Pferde wurden als Arbeits- und Reittiere verwendet, für den Verzehr von Pferdefleisch gibt es nur vage Hinweise (von den Driesch & Boessneck 1988). Ziegen wurden als Milchlieferanten gehalten, Schafe hauptsächlich zur Wollgewinnung (Schubert 2006). Die Rolle der kleinen Wiederkäuer als Fleischlieferanten wird jedoch als drittrangig eingestuft.

Die Geflügelhaltung, vor allem die Hühnerhaltung, die bereits von den Römern in Bayern intensiviert wurde (von den Driesch & Boessneck 1988) nimmt ab dem frühen Mittelalter zu.

Hühner wurden vorwiegend als Eier-, weniger als Fleischlieferant gehalten (Benecke 1994).

Im Mittelalter war das einfach zu haltende Schwein bevorzugter Fleischlieferant. So nahm die Schweinehaltung in weiten Teilen Mitteleuropas ab dem Frühmittelalter an Umfang deutlich zu. Schweine sind relativ einfach zu halten und zeichnen sich durch einen schnellen Umsatz der aufgenommenen Nahrung in Fett und Fleisch aus. Mit der zunehmenden Schweinehaltung beginnt auch ein allgemeines Bevölkerungswachstum ab der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts (Benecke 1994). Ein weiteres wichtiges Wirtschaftstier war das Rind (von den Driesch & Boessneck 1988). Rindfleisch wurde aber ab dem frühen Mittelalter im Vergleich zu Schweinefleisch deutlich weniger gegessen. Im Vergleich zum Schwein war ihre Aufzucht arbeitsintensiver und für die Haltung waren entsprechend große Weiden notwendig. Außerdem waren Ochsen und Kühe als Zugtiere und Milcherzeuger wichtiger denn als Fleischlieferanten.

Auch Süßwasserfische standen im Mittelalter auf dem Speiseplan. Zahlreiche Hinweise auf Auseinandersetzungen über Fischereirechte an Wasserläufen belegen dies (Schubert 2006).

Die wichtigsten Fische waren karpfenartigen Fische (Cyprinidae), Hecht (Esox lucius) und Zander (Sander lucioperca). Um 1040 werden im "Ruodlieb“40 bis zu 19 verschiedene Teichfische aufgezählt. Von Flussfischen wurden besonders Aal (Anguilla anguilla), Barsch (Perca fluviatilis) und Forelle (Salmo trutta) geschätzt. Eine umfangreiche Teichwirtschaft wurde zwar bereits während der Römerzeit praktiziert, kam jedoch in der Zeit der Völkerwanderung weitgehend zum Erliegen und wurde erst im Hochmittelalter wieder intensiv genutzt (Fagan 2007). Demnach ist im Frühmittelalter nicht von einer Teichfischhaltung auszugehen.

Honig war neben der natürlichen Fruchtsüße von Obst das wichtigste mittelalterliche Süßungsmittel. Die Bienenzucht lieferte neben Honig auch Bienenwachs als wichtiges Beiprodukt. Bereits seit der Steinzeit werden Bienen vom Menschen wegen ihrer Produkte, aber auch als Blütenbestäuber vieler Nutzpflanzen genutzt (Benecke 1994). In der Lex salica werden bereits um 500 n. Chr. gesetzliche Regelungen für die Imkerei genannt und eine Urkunde des Herzogs Odilo von Bayern belegt um 700 n. Chr. erstmals schriftlich die Waldbienenzucht („Zeidlerei“) (Crane 2000).

Ackerbau war ein wichtiger Teil der Existenzgrundlage. Die Nahrung wurde in der Regel von den einzelnen Höfen selbst erzeugt, wobei Vielfalt einer Risikominderung bei Missernten diente. Auf den Feldern wurden vor allem Dinkel, aber auch Gerste, Hafer, Einkorn, Weizen und Roggen angebaut (Rösch 2001). Die römische Gartenkultur blieb auch im Mittelalter erhalten. In den Gärten wurde Gemüse wie Kraut, Zwiebeln und Lauch angebaut, aber auch Hülsenfrüchte wie Bohnen, Erbsen und Linsen gezogen, ebenso zahlreiche Küchenkräuter.

In Obstgärten wurden Pflaumen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Quitten geerntet. Auch Hanf, Hopfen und Weintrauben gehörten zu den gängigen Kulturpflanzen. Zum Würzen der Speisen wurden zahlreiche Gartenkräuter gepflanzt (Behre 1985; Brunner 1988; Küster 1988; Rösch 2001; van Winter 1985). Ein Problem stellten Lagerung und Konservierung der

40 Ruodlieb ist ein bruchstückhaft überliefertes lateinisches Versepos das etwa Mitte des 11. Jahrhunderts vermutlich von einem Tegernseer Mönch verfasst wurde.

Lebensmittel dar. Nur wenige Nahrungsmittel wie Getreide, Kohl, Rüben und einige Apfelsorten konnten gelagert werden. Demnach gab die Natur den Rhythmus, in dem es Fleisch, Obst und Gemüse gab, vor. Schlachtzeit war üblicherweise im Herbst, da es meist nicht möglich war den gesamten Viehbestand über den Winter zu bringen. Das Fleisch wurde getrocknet, eingesalzen oder geräuchert. Auch die Käserei, eine Form der Haltbarmachung von Milch, war den Bajuwaren noch aus Römerzeiten bekannt (Behre 1985;

Brunner 1988; Küster 1988; Rösch 2001).

Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass die Ernährung im frühen Mittelalter aus einer Mischdiät aus pflanzlicher und tierischer Kost bestand. Es wurden neben Getreide, Feldfrüchten und Obst auch teilweise größere Anteile an Eiern, Milch, bzw. Milchprodukten und auch Fleisch verzehrt (Wahl 2001). Je kürzer allerdings die Nahrungskette, desto effizienter, da die Energie, die jeder Ebene zur Verfügung steht exponentiell abnimmt und pro Trophiestufe etwa 90 % Energieverlust entstehen (Campbell 1997). Am günstigsten wäre demnach der Verzehr von Feldfrüchten, da hier sowohl der geringste Energie- als auch Kostenaufwand bei der Nahrungsmittelproduktion entsteht. Den Energieverlust und die höheren Kosten einer fleischreichen Nahrung muss man sich leisten können. Daher ist anzunehmen, dass sich häufigen Fleischkonsum nur wohlhabende Menschen leisten konnten.