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AHV/IV. Freiwillige Versicherung für Auslandschweizer

Im Dokument Jahrgang 1989 (Seite 91-99)

Urteil des EVG vom 27. April 1987 i.Sa. G.B.

(Übersetzung aus dem Italienischen) Art. 2 AHVG, 25 VFV und 39 AHVV.

- In der freiwilligen Versicherung für Auslandschweizer bezieht sich die Freiwilligkeit einzig auf die Freiheit, den Beitritt zur rung zu erklären oder von ihr zurückzutreten. Solange das Versiche-rungsverhältnis besteht, sind die Versicherten unter Vorbehalt der Bestimmungen der VFV den Vorschriften der obligatorischen Versi-cherung unterworfen (Bestätigung der Rechtsprechung).

- In der freiwilligen Versicherung ist namentlich Art. 39 AHVV an-wendbar, welcher der Verwaltung die Möglichkeit einräumt, ge-schuldete Beiträge innert den Verwirkungsfristen mittels Nachzah-lungsverfügung einzufordern. Insoweit ist die Freiheit des cherten, jederzeit sein Interesse an der Aufrechterhaltung des Versi-cherungsverhältnisses abwägen zu können, eingeschränkt (Erw. 4).

Art. 17 Abs. 1 VFV. Es liegt im Ermessen der Verwaltung, im Bereich der freiwilligen Versicherung die Beiträge durch Veranlagungsverfü- gung festzusetzen (Erw. 5).

Art. 12 Abs. 2 VFV. Der Rücktritt nur auf das Ende des Kalenderjahres ist gesetzmässig. Auch die Veranlagung gilt bis zu diesem Zeitpunkt (Erw. 5b).

Aus den Erwägungen:

3a. Art. 2 AHVG, der die Grundlage für die freiwillige Versicherung bildet, legt in Abs. 7 fest, dass der Bundesrat auf diesem Gebiete ergänzende Bestimmun-gen zu erlassen und namentlich den Beitritt, den Rücktritt und den Ausschluss sowie die Erhebung der Beiträge und die Gewährung der Leistungen zu regeln hat. Im weiteren hat der Bundesrat die Befugnis, die Dauer der Beitragspflicht sowie die Bemessung und Anrechnung der Beiträge den Besonderheiten der freiwilligen Versicherung anzupassen. Die aufgrund der erwähnten Gesetzes-bestimmung erlassene VFV (Verordnung über die freiwillige Alters-, Hinterlas-senen- und Invalidenversicherung für Auslandschweizer vom 26. Mai 1961)

sieht hinsichtlich Mahnung und Beitragsveranlagung in Art. 17 VFV vor, dass der Beitragspflichtige, der die nötigen Angaben zur Beitragsfestsetzung nicht fristgemäss macht, innert zweier Monate unter Ansetzung einer Nachfrist von 30 Tagen schriftlich zu mahnen ist. Wenn auch die Nachfrist nicht eingehalten wird, so sind, falls bereits Beiträge an die freiwillige Versicherung entrichtet wurden, die geschuldeten Beiträge durch Veranlagungsverfügung festzuset-zen (Abs. 1). Der Versicherte, der fällige Beiträge nicht bezahlt, ist wiederum innert zweier Monate schriftlich unter Ansetzung einer Nachfrist von 30 Tagen zu mahnen. Wird auch die Nachfrist nicht eingehalten, so hat die Ausgleichs-kasse eine letzte Zahlungsfrist anzusetzen und auf die Folgen der Nichtzahlung aufmerksam zu machen (Abs. 2).

Die VFV regelt im besonderen den Rücktritt und den Ausschluss aus der Versi-cherung. Art. 12 VFV legt fest, dass Auslandschweizer den Rücktritt auf einem amtlichen Formular zu erklären haben. Bei verheirateten Versicherten ist die schriftliche Zustimmung der Ehefrau erforderlich (Abs. 1). Der Rücktritt kann nur auf das Ende des laufenden Kalenderjahres erfolgen (Abs. 2). Schliesslich bestimmt Art. 13 VFV, dass ein Auslandschweizer aus der freiwilligen Versiche-rung ausgeschlossen wird, wenn der Jahresbeitrag nicht innert drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches er rechtskräftig festgesetzt wurde, voll entrichtet ist (Abs. 1). Die Ausgleichskasse hat dem freiwillig Versicherten vor Ablauf der dreijährigen Frist eine eingeschriebene Mahnung mit Andro-hung des Ausschlusses aus der Versicherung zuzustellen. Diese AndroAndro-hung kann mit der Mahnung gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 2 VFV erfolgen (Abs. 3).

Gemäss Art. 25 VFV sind, soweit diese Verordnung nichts Abweichendes ent-hält, die Bestimmungen der AHVV anwendbar.

3b. Unterlässt es ein Beitragspflichtiger auf erfolgte Mahnung hin, die zur Be-rechnung der Beiträge notwendigen Angaben zu machen, so werden die Bei-träge durch Veranlagungsverfügung festgesetzt (Art. 14 Abs. 3 AHVG). Ge-mäss Abs. 4 dieser Bestimmung erlässt der Bundesrat Vorschriften über das Mahn- und Veranlagungsverfahren (Bst. b) sowie über die Nachzahlung zu-wenig entrichteter Beiträge.

In Ausführung dieses Auftrages hat der Bundesrat Art. 38 und 39 AHVV erlas-sen. Werden gemäss Art. 38 AHVV nach der festgesetzten Frist Arbeitgeber-oder Arbeitnehmerbeiträge nicht bezahlt Arbeitgeber-oder die für die Abrechnung erforder-lichen Angaben nicht gemacht, so hat die Ausgleichskasse die geschuldeten Beiträge nötigenfalls durch eine Veranlagungsverfügung festzusetzen (Abs.

1). Die Ausgleichskasse ist berechtigt, die Veranlagungsverfügung aufgrund von Feststellungen an Ort und Stelle zu erlassen (Abs. 2). Nach Art. 39 AHVV hat die Ausgleichskasse, die Kenntnis davon erhält, dass eine Person keine oder zu niedrige Beiträge bezahlt hat, die Nachzahlung der geschuldeten Bei-träge unter Vorbehalt von Art. 16 Abs. 1 AHVG zu verfügen.

4. Vorliegend hat die Ausgleichskasse, nachdem sie die von G.B. für die Jahre 1973 und 1974/75 geschuldeten Beiträge aufgrund der in den Jahren 1970/71 und 1972/73 deklarierten Einkommen festgesetzt hatte, für die zwei

folgenden Jahre eine Kasseneinschätzung vorgenommen, indem sie jeweils das bei der vorangegangenen Einschätzung berücksichtigte Einkommen um 20 bis 30 Prozent erhöhte. Diese Beiträge sind regelmässig bezahlt worden. In Kenntnis eines am 14. März 1979 im «Corriere della sera» veröffentlichten Aus-zugs aus dem Steuerregister, welcher die 1976 erzielten Einkommen bestimm-ter in M. steuerpflichtiger Personen aufzeigte und namentlich für B.G. einen Betrag von Lit 85 803 000.— auswies, legte die Ausgleichskasse diese in Fran-ken umgerechnete und um 30 Prozent erhöhte Summe der Beitragsfestsetzung für 1982/83 zugrunde. Trotz seinem Einwand, die Beiträge für 1982/83 seien auf der Grundlage des letzten steuerbaren Einkommens festzusetzen, hat der Versicherte die geforderten Beiträge entrichtet.

In einer folgenden Phase hat die Verwaltung, nachdem sie den Versicherten vergeblich aufgefordert hatte, die in den Jahren 1979 bis 1983 tatsächlich er-zielten Einkommen anzugeben, die nunmehr bestrittenen berichtigenden Bei-tragsverfügungen erlassen, wobei sie die Beiträge wie folgt festsetzte: für 1980/81 und 1982/83 auf dem 1976 erzielten und umgerechneten Einkom-men von 205 827 Franken unter Aufrechnung eines Zuschlages von 30 Pro-zent auf dem jeweils in der vorangehenden Bemessungsperiode erzielten Ein-kommen. Gleichzeitig wurde für 1984 eine provisorische Beitragsverfügung aufgrund der mit demselben Verfahren ermittelten Bemessungsgrundlagen er-lassen.

Der Beschwerdeführer bestreitet jetzt grundsätzlich die Zulässigkeit einer be-richtigenden Veranlagungsverfügung im Bereich der freiwilligen Versicherung.

Für ihn ist die Tatsache wesentlich, dass der Versicherte in der freiwilligen Ver-sicherung in Abwägung der finanziellen Verhältnisse und nach eigenem Gut-dünken jederzeit über den Rücktritt von der Versicherung entscheiden könne.

Art. 39 AHVV, auf den sich die Verwaltung beruft, sei nur in der obligatori-schen Versicherung anwendbar, weil sich dort der Versicherte nicht durch den Verzicht auf die Zugehörigkeit zur AHV einer allfälligen Beitragsneufestset-zung entziehen könne. Unabhängig von der Rechtmässigkeit stünden die be-richtigenden Nachzahlungsverfügungen im Widerspruch zum Rückwirkungs-verbot und dem Gebot der Verhältnismässigkeit und verletzten vorliegend zu-dem den Gutglaubensschutz.

a. Bezüglich der Grenzen der freiwilligen Versicherung hat sich das EVG be-reits geäussert und gesagt, dass sich bei Auslandschweizern die Freiwilligkeit lediglich auf den Versicherungsbeitritt beschränke, dass aber für das Versiche-rungsverhältnis dieselben Grundsätze Geltung hätten, wie sie für die im Inland wohnenden Versicherten durch Gesetz und Rechtsprechung festgesetzt wür-den. Andernfalls wäre die Rechtsgleichheit in unzulässiger Weise verletzt, und es käme bei der Rückkehr von Auslandschweizern zu Unbilligkeiten und Kom-plikationen, die sich nicht rechtfertigen liessen (EVGE 1950 S.31, ZAK 1950 S. 274). Bereits die Botschaft des Bundesrates vom 24. Mai 1946 betreffend die Gesetzesvorlage über die Alters- und Hinterlassenenversicherung hält ein-räumend fest, dass «nach allgemeiner Auffassung die Auslandschweizer mög-

lichst entgegenkommend behandelt werden sollten» und die «freiwillig versi-cherten Auslandschweizer den für die obligatorisch Versiversi-cherten geltenden Vorschriften unterstehen» (siehe BBI 1946 II 382). Im weiteren wird festge-halten, dass für Auslandschweizer, welche die Voraussetzungen für die freiwil-lige Versicherung erfüllen, «die gleichen Bestimmungen gelten wie für ihre obligatorisch versicherten Altersgenossen» (BBI 1946 11 520).

Aus dem Willen des Gesetzgebers geht nach den für die AHV/IV geltenden Prinzipien der Solidarität und der Gleichbehandlung klar hervor, dass für die freiwillig Versicherten kein Sonderrecht geschaffen werden soll.

b. Der Beschwerdeführer bestreitet jedoch die Anwendbarkeit der Vorschrif-ten der obligatorischen Versicherung auf die freiwillige AHV/IV nicht grund-sätzlich, wenn er nur die Einschränkungen kritisiert, welche den Versicherten daran hindern, die Zugehörigkeit zur freiwilligen AHV/IV von seinen persön-lichen Interessen abhängig zu machen. Er bestreitet letztlich die Anwendbar-keit von Art. 39 AHVV. Diese Bestimmung, welche die Nachzahlung für nicht entrichtete oder zu niedrige Beiträge vorsieht, kann seiner Meinung nach nur im Bereich der obligatorischen Versicherung Anwendung finden. Für die frei-willige Versicherung sollte nur Art. 17 VFV gelten, eine Bestimmung,die seiner Ansicht nach «alles in allem vollständig und erschöpfend» ist.

Diese Betrachtungsweise ist unzutreffend, erklärt doch Art. 25 VFV die Be-stimmungen der AHVV insoweit für anwendbar, als die VFV nicht ausdrücklich davon abweicht. Die Argumentation des Beschwerdeführers findet somit in der gesetzlichen Systematik keine Stütze. Es trifft zwar zu, dass sowohl die ob-ligatorische Versicherung - in Art. 38 Abs. 1 AHVV - als auch die freiwillige Versicherung - in Art. 17 Abs. 1 VFV - in analoger Weise bestimmen, wie vor-zugehen ist, wenn die für die Beitragsfestsetzung nötigen Angaben nicht frist-gemäss geliefert werden - nämlich durch den Erlass einer Veranlagungsverfü-gung - und es ist umgekehrt ebenfalls richtig, dass nur die Verordnung zur obligatorischen Versicherung eine Bestimmung über die Nachzahlung ge-schuldeter Beiträge enthält (Art. 39 AHVV), wogegen die VFV sie - wie der Beschwerdeführer feststellt - nur im Zusammenhang mit der Möglichkeit des Ausschlusses aus der Versicherung erwähnt. Aus dem Schweigen der VFV darf jedoch nicht geschlossen werden, dass in diesem Bereich kein Raum sei für eine Anwendung von Art. 39 AHVV. Damit wird übrigens der in Art. 4 Abs. 1 AHVG festgelegte allgemeine Grundsatz der Bemessung der Beiträge auf dem Erwerbseinkommen konkretisiert. Dies schliesst notwendigerweise für die Ver-waltung nicht nur das Recht, sondern sogar die Pflicht ein, im Falle von Feh-lern und unabhängig von deren Ursache die Berichtigung der Veranlagung zum Vor- oder Nachteil des Versicherten im Rahmen der Vorschriften von Art.

16 Abs. 1 AHVG vorzunehmen.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach die obligatorische Versiche-rung die Möglichkeit der nachträglichen Oberprüfung und der Berichtigung von Beitragsverfügungen zulasse, die freiwillige Versicherung jedoch einzig Ausschluss kenne, ist auch bei Beachtung des Wortlauts von Art. 13 Abs. 3 91

und Art. 17 Abs. 2 VFV unhaltbar. Diese Bestimmungen - anwendbar bei der Nichtbezahlung von Beiträgen an die freiwillige Versicherung - machen den Ausschluss nicht von der Nichterfüllung der Pflicht, Angaben zur Beitragsfest-Setzung zu liefern, sondern von der Nichtzahlung der Beiträge nach erfolgten

Bezugshandlungen abhängig.

Es ist auch nicht abwegig, Art. 39 AHVV selbst dann anzuwenden, wenn keine Ermessenseinschätzung erfolgte. Diese Annahme macht vielmehr deutlich, wie ungerecht die Anwendung der Bestimmung nur auf die obligatorisch Versi-cherten wäre: nur sie könnten dann z.B. die Korrektur eines Bemessungsfehlers der Verwaltung verlangen. Es bestehen keine genügenden Gründe anzuneh-men, die Anwendung von Art. 39 AHVV in der freiwilligen Versicherung sei davon abhängig, ob die ursprüngliche Verfügung auf tatsächlichen Zahlen oder auf einer Ermessenseinschätzung beruht.

c. G.B. beruft sich schliesslich, um die Berichtigungsverfügungen zu bestrei-ten, auf die Grundsätze der Nichtrückwirkung, der Verhältnismässigkeit und des guten Glaubens. Er bemerkt zudem, dass die anwendbaren Vorschriften den Schweizern im Ausland nicht bekannt seien.

Die Berufung auf diese Grundsätze hält jedoch aus folgenden Erwägungen nicht stand:

Zur Frage der Rückwirkung hat sich das EVG bisher mehrfach geäussert. Da-nach kann die Verwaltung jederzeit eine formell rechtskräftige Verfügung, die vom Richter nicht materiell beurteilt worden ist, abändern, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (BGE 110 V 178 Erw. 2a, ZAK 1985 S. 63; BG 110V 292 Erw. 1, ZAK 1985 S. 234). Diese Bedingungen sind offensichtlich erfüllt, wenn - wie im vorliegenden Fall - Tatsachen auftreten, die zu einer Neufestsetzung der Beiträge führen. Eine Ab-weichung von diesem Grundsatz im Bereiche der freiwilligen Versicherung lässt sich nicht rechtfertigen.

Die Vorbringen bezüglich des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit sind ebenfalls nicht zutreffend. Vorliegend wird dieser Grundsatz mit der Verhän-gung einer Strafe in Verbindung gebracht. Nun handelt es sich aber bei der nachträglichen Beitragsveranlagung, auch wenn sie von Amtes wegen erfolgt, nicht um eine Strafe. Es gilt zweifellos der auch im Steuerrecht herrschende Grundsatz, wonach die Veranlagung von Amtes wegen nicht eine Bestrafung darstellt, wohl aber ein Mittel zur korrekten Anwendung des Gesetzes in Zwei-felsfällen (vgl. Masshardt/Tatti, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 1985, S.406). Es handelt sich für die Versicherungsorgane - aufgrund des Legali-tätsprinzips - nur darum, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen (EVGE 1967 S. 93, ZAK 1967 S.543).

Der Beschwerdeführer beruft sich auch zu Unrecht auf den Grundsatz von Treu und Glauben bezüglich der von der Verwaltung erhaltenen Auskünfte. Im Verwaltungsrecht schützt der Grundsatz von Treu und Glauben den Bürger in seinem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten und bedeutet unter 92

anderem, dass falsche Auskünfte der Behörde unter bestimmten Vorausset-zungen eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung des Recht-suchenden gebieten. Gemäss Rechtsprechung ist in der Regel eine falsche Auskunft verbindlich, wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Be-zug auf bestimmte Personen handelte, wenn sie für die betreffende Auskunft zuständig war, wenn der Bürger die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres erkennen konnte, wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Aus-kunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig ge-macht werden können und wenn die gesetzliche Ordnung in der Zwischenzeit nicht geändert wurde (BGE 110V 155, ZAK 1984 S. 496 Erw. 4b; BGE 109 V 55). Das EVG hatte die Gelegenheit, diese Rechtsprechung auch im Falle der Nachforderung von Beiträgen als anwendbar zu erklären (BGE 108 V 181, ZAK 1983 S. 203; BGE 106V 143, ZAK 1981 S. 208). Im vorliegenden Fall hat sich die Beziehung der Verwaltung zum Versicherten auf allgemeine Informa-tionen bezüglich der Beitragsveränderung von Amtes wegen beschränkt. Es liegen daher keine Anhaltspunkte vor, die es dem Versicherten erlaubt hätten, mögliche nachträgliche Berichtigungsverfügungen auszuschliessen.

Auch kann der Einwand nicht gehört werden, wonach die Schweizer im Aus-land keine Kenntnis des für die Beitragsfestsetzung anwendbaren Verfahrens hätten, weil die ihnen zugestellte Dokumentation nichts zu diesem Thema aus-sage. Nach ständiger Rechtsprechung kann niemand aus der Unkenntnis des Gesetzes Vorteile für sich beanspruchen (BGE 110 V 338 Erw. 4 und 343 Erw. 3).

In Anbetracht des Gesagten muss abschliessend bestätigt werden, dass für die Beitragsfestsetzung in der freiwilligen Versicherung kein besonderes Verfahren besteht, das den Versicherten vor nachträglichen Beitragsberichtig u ngsverfü - gungen schützt. Dies heisst nicht, dass es dem Versicherten verwehrt wäre, ab-zuklären, ob die Weiterführung des Versicherungsverhältnisses für ihn vorteil-haft sei oder nicht. Aber eine zuverlässige Einschätzung setzt voraus, dass der Versicherte der Verwaltung seine tatsächlichen Einkommen mitgeteilt hat.

Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so muss er damit rechnen, im Rahmen der Verjährungsfrist von Art. 16 AHVG eine Nachzahlungsverfügung zu erhalten, wodurch naheliegenderweise die Einschätzung seines Versicherungsverhält-nisses erschwert wird. Auch ist in diesem Zusammenhang der Einwand unzu-treffend, wonach Art. 16 AHVG - der auf das Nachsteuerverfahren infolge Steuerhinterziehung verweist, für welches nur die schweizerische Steuerbe-hörde zuständig ist - nicht anwendbar sei. Die Behauptung der Nichtanwend-barkeit einer Bestimmung für die im Ausland versicherten Schweizer, die sich in einzelnen Punkten auf internes schweizerisches Verwaltungsstrafrecht be-zieht, erscheint befremdend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Gesetz, in dem sie enthalten ist, hauptsächlich die in der Heimat wohnhaften Schwei-zer betrifft. Die Bestimung muss, kraft des erwähnten Grundsatzes der allge-meinen Beitragspflicht, naheliegenderweise auch für freiwillig versicherte Per-sonen sinngemäss Anwendung finden.

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Eine Lösung im Sinne des Beschwerdeführers könnte bewirken, dass die Ver-sicherten im Bewusstsein, keine Beitragsnachforderungen mehr gewärtigen zu müssen, es vorsätzlich unterliessen, den Behörden Angaben zu liefern, oder dass sie lückenhafte Informationen geben, welche die Versicherungsorgane dazu verleiten, Beitragsverfügungen gemäss den Interessen der Versicherten zu erlassen, beispielsweise nur bis zu dem Masse, als die Beiträge rentenbil-dend sind. Dies wäre dasselbe, wie wenn es dem Versicherten erlaubt wäre, sein Einkommen so zu bestimmen, dass er nur soviel Beiträge zu entrichten hat, wie für maximale Leistungen notwendig sind. Dies wurde der Freiwilligkeit der Versicherung eine Tragweite verleihen, die vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt war, hat er doch das ganze AHV/IV-System dem Grundsatz der Solidarität unterstellt.

5. Nachdem die Gesetzmässigkeit der Nachzahlungsverfügungen feststeht, bleibt zu prüfen, ob die Beitragsbemessung für frühere Jahre und für die Nach-forderung bezüglich 1984 korrekt vorgenommen wurde. Im besonderen han-delt es sich darum, zu prüfen, ob die Verwaltung berechtigt war, als Grundlage Angaben zu verwenden, die in der Presse erschienen waren, und ob sie zu Recht hintereinander die Beiträge auf dem angegebenen Einkommen festge-setzt hat, indem sie es in Schweizer Franken umrechnete und anlässlich jeder neuen Erhebung einen Aufschlag von 30 Prozent vornahm.

Als Grundlage für die Beitragsfestsetzung dient der Verwaltung die vom BSV herausgegebene Wegleitung zur freiwilligen Versicherung für Ausland-schweizer, welche unter Randziffer 62 präzisiert, dass das Einkommen und das Vermögen von der Auslandsvertretung anhand aller ihr zur Verfügung stehen-den Unterlagen ermittelt werstehen-den. Diese Verwaltungsnorm, welche sich an die steuerrechtliche Praxis anlehnt (s. Masshardt/Tatti a.a.O. S. 407), ist gesetz-mässig.

Im vorliegenden Fall sind die Zahlen, auf welche sich die Verwaltung stützte, nicht einfach journalistische Behauptungen; sie sind vielmehr einem Steuer-registerauszug entnommen worden, der von der Gemeinde M. veröffentlicht wurde. Die in Frage stehenden Daten waren daher vertrauenswürdig. Es be-stand höchstens die Möglichkeit von Druckfehlern, aber der Versicherte macht in dieser Hinsicht keinen Einwand.

Bezüglich des anwendbaren Wechselkurses bestimmt die VFV in Art. 14 Abs. 4, dass das Einkommen und das Vermögen zu dem Kurs in Schweizer Franken umgerechnet werden, der zu Beginn der Beitragsperiode gültig war.

Offensichtlich betrifft diese Bestimmung den Normalfall, in dem der Verwal-tung für jede Beitragsperiode das Einkommen in fremder Währung gemeldet wird, wobei für jede Periode der entsprechende Beitragssatz anzuwenden ist.

Die Bestimmung bezieht sich nicht auf den besonderen Fall, wo der Versi-cherte - wie vorliegend - anlässlich der nachträglichen Beitragsfestsetzungen keine konkreten Angaben liefert und die Versicherungsorgane sich deshalb auf die Daten stützen müssen, die sie bei früheren Verfahren erhalten haben.

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Wie der Beschwerdeführer bemerkt, könnte im vorliegenden Fall sicher in an-derer Weise vorgegangen werden, zum Beispiel, indem der Abwertung der Lira im Verlaufe der Jahre Rechnung getragen würde.

Zweifellos können bei der Beitragsfestsetzung von Amtes wegen verschiedene Methoden angewandt werden, wenn mangels konkreter Angaben eine sum-marische Einschätzung vorzunehmen ist. Insbesondere könnte - wie das BSV in seiner Vernehmlassung zur Beschwerde zu Recht hervorhebt - als Grund-lage das in der Schweiz von einem Versicherten erzielte Einkommen herange-zogen werden, der denselben Beruf wie der Beschwerdeführer ausübt. Der Verwaltung muss bei der Beitragsermittlung von Amtes wegen ein gewisser Beurteilungsspielraum zugestanden werden, besonders wenn sie im Ausland operiert, wo sie über eine ziemlich beschränkte Abklärungsbefugnis verfügt.

Wichtig ist dabei, dass im wesentlichen stets gleich vorgegangen wird.

Die von den Versicherungsorganen angewandte Praxis mag auf den ersten Blick sicher streng erscheinen, wenn sie anlässlich jeder Beitragsperiode das vorangegangene massgebliche Einkommen um 20 bzw. 30 Prozent erhöht ha-ben. Es darf aber nicht ausser acht gelassen werden, dass die Beitragsermitt-lung von Amtes wegen indirekt auch das Ziel verfolgt, den Versicherten zu motivieren, seinen Pflichten nachzukommen, nicht aber, wie der

Die von den Versicherungsorganen angewandte Praxis mag auf den ersten Blick sicher streng erscheinen, wenn sie anlässlich jeder Beitragsperiode das vorangegangene massgebliche Einkommen um 20 bzw. 30 Prozent erhöht ha-ben. Es darf aber nicht ausser acht gelassen werden, dass die Beitragsermitt-lung von Amtes wegen indirekt auch das Ziel verfolgt, den Versicherten zu motivieren, seinen Pflichten nachzukommen, nicht aber, wie der

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