• Keine Ergebnisse gefunden

AHV. Baubeiträge an Heime für Betagte

Im Dokument Jahrgang 1989 (Seite 38-42)

Urteil des EVG vom 24. Oktober 1988 i.Sa. Gemeinde N.

Art. 97 und 128 OG. Die Verfügung, mit welcher das BSV ein Wiederer-wägungsgesuch nach materieller Prüfung abweist, ist ein neuer Sach-entscheid, der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden kann (Erw. 1).

Art. 155 Abs. 1 AHVG. Die Ende 1985 abgelaufene Frist, innert der ein Bauvorhaben im Hinblick auf die Gewährung von Baubeiträgen der AHV beim BSV angemeldet werden musste, ist eine Verwirkungsfrist (Erw. 3a).

35

Mit Schreiben vom 12. Dezember 1985 meldete das Volkswirtschaftsdeparte-ment des Kantons X beim BSV im Hinblick auf die Gewährung von Baubeiträ-gen ein Projekt zum Umbau und zur Erweiterung der Stiftung Bezirksspital T. in B. sowie ein Vorhaben für den Neubau eines Altersheimes in B. an; für die ge-plante Bettenzahl bildete auch die Gemeinde N. Bestandteil des Bedürfnis-nachweises. Am 10. August 1987 teilte die nämliche Stelle dem BSV mit, der Umbau der Stiftung Bezirksspital T. werde nicht realisiert; die Gemeinden N.

und Z. hätten daher beschlossen, die ausfallenden, dringend benötigten Bet-ten in einem Neubau mit Standort N. zu schaffen, weshalb darum ersucht werde, «die mit Brief vom 5. März 1986 bestätigte Annahme der Schaffung von zusätzlichen 19 Betten durch die Stiftung Bezirksspital T. in B. auf das vor-gesehene Alters- und Pflegeheim in N. zu übertragen».

Mit Verfügung vom 31. August 1987 trat das BSV auf das Begehren nicht ein, weil das Projekt für das Altersheim in N. erst nach Ende 1985 angemeldet wor-den sei, weshalb die Gewährung von AHV- Beiträgen gemäss Art. 155 Abs. 1 AHVG ausgeschlossen sei. Ein Wiedererwägungsgesuch der Gemeinde N.

vom 1. Oktober 1987 lehnte das BSV mit Verfügung vom 7. Juni 1988 ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Gemeinde N., die Verfü-gung des BSV vom 7. Juni 1988 sei aufzuheben und die BeitragsberechtiVerfü-gung für das Altersheim in N. sei anzuerkennen. Das BSV schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das EVG weist die Beschwerde ab.

1. Mit einer ersten Verfügung vom 31. August 1987 ist das BSV auf das Be-gehren des Volkswirtschaftsdepartementes des Kantons X um Gewährung von

Bau- und Einrichtungsbeiträgen der AHVan den Bau eines Alters- und Pflege-heimes in N. mangels fristgemässer Anmeldung des Projektes nicht eingetre-ten. Hierauf stellte die Gemeinde N. am 1. Oktober 1987 ein Wiedererwä-gungsgesuch, auf welches das BSV eintrat, es aber nach materieller Prüfung mit Verfügung vom 7. Juni 1988 ablehnte, weil die gesetzlichen Voraussetzun-gen für die Anerkennung der Beitragsberechtigung nicht erfüllt seien. Da das

BSV auf das Wiedererwägungsgesuch eingetreten ist und es materiell geprüft hat, handelt es sich bei der Ablehnungsverfügung vom 7. Juni 1988 um einen neuen Sachentscheid, welcher mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ange-fochten werden kann (BGE 108 Ib 171 Erw. 2b, 100 Ib 372, 95 1 278 Erw. 1 a, 911 361 Erw. 1; Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 220; Imbo-den/Rhinow, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. 1, Nr.

41, S. 255 Ziff. IX). Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzu-treten.

2a. Gemäss Art. 101 Abs. 1 AHVG in der bis Ende 1985 geltenden Fassung konnte die Versicherung Beiträge an die Errichtung, den Ausbau und die Er-neuerung von Heimen und andern Einrichtungen für Betagte gewähren. Im Rahmen der Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen wurde dies Bestimmung mit Bundesgesetz vom 5. Oktober 1984 aufgehoben und durch einen neuen, auf den 1. Januar 1986 in Kraft gesetzten Art. 155

Abs. 1 AHVG ersetzt. Danach kann die Versicherung Beitrage an die Errich-tung, den Ausbau und die Erneuerung von Heimen und anderen Einrichtungen für Betagte gewähren, sofern eine Anmeldung nach den Richtlinien des BSV bis zum Inkrafttreten dieser Bestimmung eingereicht worden ist und der Bau-beginn spätestens 21/2 Jahre nach Inkrafttreten erfolgt. In der Botschaft vom 28. September 1981 über erste Massnahmen zur Neuverteilung der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen führte der Bundesrat zu dieser Bestimmung fol-gendes aus:

«Um dem Wunsch gewisser Kantone, bei denen die Einrichtungen noch kein genügendes Niveau erreicht haben, nachzukommen, und um die Verwirkli-chung der Projekte sicherzustellen, die in Erwartung von Bundeshilfe geplant wurden, ist eine angemessene Ubergangszeit für die Aufhebung der Beiträge der AHV an den Altersheimbau angebracht. Wir schlagen ihnen daher eine Übergangsbestimmung für das AHVG vor, mit der die letzten Termine für die Anmeldung des Projekts auf Inkrafttreten dieses Gesetzes, d.h. auf den 31. De-zember 1983, und für den Baubeginn auf den 31. Dezember 1985 festgesetzt werden (Art. 155 AHV [neu]). Diese Regelung sollte jedoch nicht zu einem Boom bei den Altersheimbauten führen. Es wird deshalb darauf zu achten sein, dass nur sorgfältig vorbereitete Projekte für einen nachgewiesenen Bedarf, der ohne Hilfe der AHV nicht gedeckt werden kann, noch subventioniert werden.

Auf diese Weise wird die AHV-Rechnung ab Mitte der 80er Jahre nach und nach von den Kosten für die Altersheime entlastet» (BBI 1981 III 803f.).

Mit dringlichem Bundesbeschluss vom 18. März 1988, der am gleichen Tag in Kraft getreten ist, wurde bestimmt, dass die Versicherung in Abweichung von Art. 155 AHVG Beiträge an die Errichtung, den Ausbau und die Erneuerung von Heimen und anderen Einrichtungen für Betagte gewähren kann, sofern das Vorhaben vor dem 1. Januar 1986 angemeldet worden ist und mit dem Bau spätestens am 30. Juni 1990 begonnen wird (Art. 1). Bezüglich der Rechtzeitigkeit der Anmeldung eines Projektes bleibt es somit beim Stichtag 31. Dezember 1985 gemäss Art. 155 Abs. 1 AHVG in der seit 1. Januar 1986 geltenden Fassung.

b. Laut Art. 218 Abs. 2 AHVV erlässt das BSV «verbindliche Richtlinien» über die zur Prüfung der Gesuche um Baubeiträge erforderlichen Unterlagen. Ge-mäss Rz 3 der betreffenden Richtlinien (gültig seit 1. Januar 1980) muss das Projekt schriftlich angemeldet werden und Angaben enthalten über Träger-schaft (Rz 31), Zweckbestimmung (Rz 32), Bedürfnis und Standort (Rz 33), allgemeine Konzeption (Rz 34), Raumprogramm (Rz 35) sowie Kostenschät-zung und Finanzierungsmöglichkeiten (Rz 36).

3. Im vorliegenden Fall ist streitig, ob der Neubau des Altersheimes in N. als rechtzeitig angemeldet gelten kann.

a. Vorerst stellt sich die Frage, ob es sich bei der gemäss Art. 155 Abs. 1 AHVG Ende 1985 abgelaufenen Frist für die Anmeldung von Projekten um eine Ver-wirkungsfrist oder lediglich um eine Ordnungsfrist handelt. Um diese Frage beantworten zu können, ist die betreffende Bestimmung namentlich in bezug 37

auf das damit verfolgte Ziel zu untersuchen (vgl. BGE 112 V 8, ZAK 1986 S.467; BGE 111 V 36, 110V 336 Erw. 3). Mit der Festsetzung einer Frist zur Ausübung eines Rechts in einem Erlass wird die Möglichkeit, dieses geltend zu machen, in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Solche Fristen sind - vorbehaltlich an-derweitiger ausdrücklicher Anordnung - grundsätzlich als Verwirku ngsfristen zu betrachten (ARV 1987 S. 87 Erw. 2b; Imboden/Rhinow, a.a.O., Nr. 91, S. 561 Ziff. IV).

Wie der zitierten Botschaft des Bundesrates zu entnehmen ist, soll das Datum des Inkrafttretens von Art. 155 AHVG der «letzte Termin» für die Anmeldung von Projekten sein. Nach dem erklärten Willen des Bundesrates, dessen Ent-wurf eines neuen Art. 155 AHVG (BBl 1981 111 870) vom Gesetzgeber im we-sentlichen unverändert übernommen worden ist, soll somit die Berücksichti-gung von Bauprojekten, die nach Inkrafttreten der vorliegend geltenden Fas-sung von Art. 155 AHVG (am 1. Januar 1986) angemeldet wurden, ausge-schlossen sein. Dieses Ziel kann nur mit einer Verwirkungsfrist, nicht aber mit einer blossen Ordnungsfrist erreicht werden. Eine Bestimmung, welche aus-drücklich eine gegenteilige Anordnung trifft, besteht nicht, so dass der Ver-wirkungscharakter der in Art. 155 Abs. 1 AHVG genannten Frist nicht zweifel-haft sein kann.

Die vom BSV gestützt auf Art. 218 Abs. 2 AHVV erlassenen Richtlinien be-treffend Gesuche um Baubeiträge halten sich im Rahmen der erwähnten Be-stimmung und widersprechen weder dem Gesetz noch anderen Rechtsnor-men. Sie sind zudem unerlässlich für die Umschreibung und Charakterisierung eines Projektes und entsprechen der Absicht des Gesetzgebers, den infolge der Festlegung eines Stichtages für die Anmeldung befürchteten Boom bei den Altersheimbauten zu vermeiden, indem nur sorgfältig vorbereitete Bauvorha-ben noch subventioniert werden sollten (BBI 1981111 803f.).

Das am 10. August 1987 beim BSV angemeldete Projekt für ein Alters- und Pflegeheim in N. ist wohl bezüglich Zweckbestimmung (Rz 32 der Richtlinien des BSV) und Bedürfnis (Rz 33) weitgehend mit dem am 12. Dezember 1985 eingereichten Bauvorhaben identisch. Hingegen stimmt es hinsichtlich Träger-schaft (Rz 31), Standort (Rz 33), Raumprogramm (Rz 35) sowie Kosten-schätzung (Rz 36) nicht mit dem früheren Projekt überein. Beim ersten Vorha-ben war die Trägerschaft bei der Stiftung Bezirksspital T., an welcher die Ge-meinde N. offenbar auch beteiligt war, beim zweiten bei den GeGe-meinden N.

und Z. Das ursprüngliche Projekt sollte in B., das spätere in N. realisiert wer-den. Das Raumprogramm konnte lediglich bezüglich der Bettenzahl insofern in B. und N. mehr oder weniger das nämliche sein, als ursprünglich der Bedarf der Gemeinde N. beim Projekt in B. mitberücksichtigt worden war. Hinsichtlich der übrigen für den Betrieb eines Altersheimes notwendigen Räumlichkeiten (Therapie, Freizeit, Versorgung, Verwaltung usw.) traf dies jedoch nicht zu, weil die Verhältnisse diesbezüglich wesentlich anders sind, wenn eine gege-bene Anzahl Betten in einem entsprechend grösseren Heim integriert wird, als wenn sie in einer funktionell selbständigen Institution unterzubringen ist, was

sich auch auf die Höhe der Kosten auswirkt. Daraus folgt, dass es sich bei dem fristgemäss angemeldeten Bauvorhaben in B. (Umbau und Erweiterung) und dem am 10. August 1987 angemeldeten Projekt in N. - abgesehen von der Zweckbestimmung und dem abzudeckenden Bedürfnis - um zwei völlig ver-schiedene Projekte handelt. Durch die am 12. Dezember 1985 erfolgte Anmel-dung des Projektes in B. ist das erst später entwickelte Projekt in N. daher ent-gegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht abgedeckt. Dass dieses dem BSV vor dem 1. Januar 1986 in anderer Weise gemeldet worden sei, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und kann aufgrund der Akten ausgeschlossen werden. Die erst am 10. August 1987 erfolgte Anmeldung des Bauvorhabens in N. ist klar verspätet, weshalb aufgrund von Art. 155 Abs. 1 AHVG kein Anspruch auf Bau- und Einrichtungsbeiträge der AHV besteht; die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher abzuweisen.

Im Dokument Jahrgang 1989 (Seite 38-42)