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Adrenerge, noradrenerge und cholinerge Innervation der Prostata

Im Dokument Psychosomatik der Prostata (Seite 20-24)

1.2 Die Prostata

1.2.6 Adrenerge, noradrenerge und cholinerge Innervation der Prostata

Eine eindeutige Interpretation und klare Unterscheidung von sympathischer und parasympathischer bzw. noradrenerger, adrenerger und cholinerger Innervation der Prostata scheint dem momentanen Forschungsstand nach noch nicht möglich zu sein. Die Rezeptoren der menschlichen Prostata sind α1-adrenerg, dopaminerg, musacrin-cholinerg, serotonerg und histaminerg (Kester, Mooppan, Gousse, Alver, Gintautas, Gulmi, Abadir & Kim, 2003).

Wie bereits erwähnt, hat die Prostata eine starke Innervation der sympathisch-cholinergen Nervenfasern, die aus dem Nervus hypogastricus entspringen. Verwunderlich ist diese enge Verbindung zwischen sympathischen und parasympathischen Fasern in der Prostata keinesfalls, da Acetylcholinesterase selbst in catecholaminergen Neuronen des Zentralnervensystems (ZNS) nachweisbar ist. Allerdings gilt es bei der Interpretation vorsichtig zu sein, denn auch wenn sich Acetylcholinesterase nachweisen lässt, bedeutet das noch nicht zwingend, dass es sich um einen cholinergen Nerv handeln muss. Genau so wenig kann man sich absolut sicher sein, dass es sich um einen noradrenergen Nerv handelt, nur weil sich Hydroxilase nachweisen lässt.

Ventura et al. (2002) weisen in ihrem Artikel darauf hin, dass im Prostatagewebe von Ratten die parasympathischen Neuronen größtenteils nicht noradrenerg sind, was wiederum vermuten lässt, dass getrennt sowohl noradrenerge als auch cholinerge Nervenfasern existieren, welche die Prostata innervieren. Auch Nervenfasern, welche die glatte Muskulatur versorgen, könnten einerseits zugleich noradrenerg und cholinerg innerviert sein, aber auch getrennt voneinander. Auf alle Fälle gibt es eine sehr hohe Dichte von noradrenergen und cholinergen Nervenfasern (Ventura et al., 2002). Die veränderte Innervation des ANS vermindert die Relaxation und führt zu einem erhöhten adrenergen Tonus (Untergasser et al., 2005).

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1.2.6.1 Cholinerger Einfluss auf die Prostatafunktion

Nicht nur hormonelle Faktoren beeinflussen die glatte Muskulatur, sondern auch das ANS spielt eine wichtige Rolle für die Funktion (Rao et al., 2008). Da die Kontrolle des ANS unterschiedlich und organspezifisch ist, kommt es folglich auch zu verschiedenen Reaktionen (Antworten) der glatten Muskulatur. Selbst innerhalb ein und desselben Organsystems kann es zu Variationen kommen (Sudoh, Inagaki & Honda, 1997). Rund 40% des prostatischen Drucks wird durch den Tonus der glatten Muskulatur verursacht (Kester et al., 2003). Die Kontraktion der menschlichen Prostata wird von α1-adrenergen Rezeptoren reguliert, wobei zusätzlich endogene adrenerge Stimulationen eine wichtige Rolle spielen (Guh et al., 2000).

Die zahlreichen α-adrenergen Rezeptoren machen die Prostata besonders empfindlich für die Catecholamine Norepinephrin und Epinephrin. Aus der Abgabe von Norepinephrin könnte in Folge ein beschleunigtes Zellwachstum in der Prostata stattfinden und des weiteren eine Zunahme an Spannung (Tension) der glatten Muskulatur (Ullrich et al., 2005). Die cholinergen Begleitfasern des sympathischen Nervus hypogastricus können an der Kontraktion der glatten Muskulatur beteiligt sein, sowie auch an der sekretorischen Funktion der Prostata (Ventura et al., 2002). Das sympathische System, also die noradrenergen Nerven, ist zuständig, dass während der Ejakulation die Prostataflüssigkeit in die Harnröhre ausgestoßen wird, während hingegen das parasympathische System, also die cholinergen Nerven, die Rate der Sekretion verstärkt (Untergasser et al., 2005). Anhand von Studien bei anästhesierten Hunden konnte festgestellt werden, dass Atropin sowohl die durch den Nervus pelvicus als auch den Nervus hypogastricus stimulierte Kontraktion reduziert. Unter Stimulierung des Nervus pelvicus konnte eine Kontraktion des Stroma und der Capsula nachgewiesen werden, während der Nervus hypogastricus nur zu einer Capsulakontraktion geführt hat. Somit scheint der Nervus pelvicus einen stärkeren parasympathischen Anteil zu haben als der Nervus hypogastricus (Ventura et al., 2002). Auch McVary et al. (1994) machen darauf aufmerksam, dass parasympathische präganglionäre Fasern in den Nervus pelvicus ziehen, während hingegen die sympathischen präganglionäre Fasern im Nervus hypogastricus enden.

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Sudoh et al. (1996) haben in ihrer Studie untersucht, inwieweit sich die verschiedenen Agonisten auf die Sensitivität der glatten Muskulatur der Harnblase, Harnröhre und Prostata auswirken. Hierzu haben sie Hasen die jeweiligen Organe entnommen und anschließend die entsprechenden Substanzen zugeführt und kamen teilweise zu widersprüchlichen Ergebnissen als sie von Ventura et al. (2002) geschildert wurden. Eine Kontraktion der glatten Prostatamuskulatur konnte durch Zufuhr aller verwendeten Agonisten erzielt werden. In der Prostata zeigte Noradrenalin, gefolgt von Phenylephrine die stärkste Wirkung. Acetylcholin erzielte nahezu die schwächste Wirkung. Sudoh et al. (1996) konnten zeigen, dass die Harnblase hauptsächlich von cholinergen Mechanismen beeinflusst wird, während hingegen die Prostata und auch die Harnröhre größtenteils α1-Adrenorezeptoren (siehe auch: Guh et al., 2000; Kester et al., 2005) besitzen und somit hauptsächlich sympathisch innerviert sind. Die Harnblase besitzt sowohl parasympathische als auch sympathische Innervation.

Ventura et al. (2002) nehmen auch Bezug auf ältere Studien (Farrell & Lyman, 1937), die feststellen konnten, dass bei Stimulation des Nervus hypogastricus in der Prostata von Hunden eine Sekretion herbeigeführt werden konnte, die wiederum von Atropin gehemmt worden ist. Ergebnisse wie diese lassen vermuten, dass die neuronale Stimulationen aktiviert wird und im weiteren zu einer Sekretion der Drüse führt. Auch McVary et al. (1994) weisen darauf hin, dass Sympathikus und Parasympathikus verschiedene Rollen für Größenwachstum und Sekretionsfunktion der Drüse haben. So konnten sie bei Ratten aufzeigen, dass die Prostata nach einer Sympathektomie ventral an Gewicht verliert, was im weiteren Sinne auf eine Atrophie auf der intakten, ipsilateralen Seite hinweist. Da die Drüse auf dieser Seite operiert wurde, kommt es hier zu einem teilweisen oder gar gänzlichen Verlust der neuralen Stimulation. Hingegen bei einer Parasympathektomie kommt es nur zu einem sehr geringen Gewichtsverlust, während auf der intakten, kontralateralen Seite eine deutliche Gewichtszunahme nachweisbar ist, die eine Prostatahyperplasie repräsentiert. Wurde eine kombinierte Paraysmpathektomie und Sympathektomie durchgeführt, so zeigte sich wiederum eine Gewichtsabnahme auf der denervierten, intakten Seite, und eine Hyperplasie des Organs auf der kontralateralen Seite. Somit scheint die kombinierte präganglionische Sympathektomie und Parasympathektomie den selben Effekt wie die einzelne Denervierung

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zu haben. Auch die Entfernung des Pelvic-Ganglion hat in etwa den gleichen Effekt wie die kombinierte Parasympathektomie und Sympathektomie. Die Tatsache, dass eine Sympathektomie zu einer ipsilateralen, ventralseitigen Atrophie führt, während hingegen die Parasympathektomie eine kontralaterale Hyperplasie hervorruft, ist ein weiterer Indikator dafür, dass die sympathische und parasympathische Innervation eine unterschiedliche Kontrolle über das Größenwachstum der Prostata haben. Diese Ergebnisse zeigten sich allerdings nur für die ventralen Seitenlappen der Prostata, nicht aber für die Dorsalen oder Lateralen. was darauf schließen lässt, dass die ventrale Seite weitaus sensitiver ist. Über eine Hyperplasie auf der intakten Seite konnte zum damaligen Zeitpunkt jedoch nur theoretisiert werden. Da zahlreiche Wachstumsfaktoren in der Rattenprostata entdeckt wurden, wäre es möglich, dass die geschwächte Drüse einen oder mehrere dieser Faktoren über die Blutbahn quasi auf die andere Seite schickt und dort die miotische Aktivität erhöht.

Eine weitere mögliche Erklärung für die hier vorgefundenen Ergebnisse könnte sein, dass Zellen, wenn sie sterben, bestimmte Proteine in erhöhter Menge synthetisieren werden. Somit wäre es auch möglich, wenn Stroma- oder Epithelzellen sterben, dass sie diese Proteine in die umliegende Umgebung abgeben und diese Produkte quasi mit der gegenüberliegenden Seite kommunizieren und diese in weiterer Folge dazu anregen die Anzahl der Zellen zu erhöhen, bis die Proteine wieder in normaler Menge synthetisiert werden. Eine andere Erklärung für die vorgefundene Hyperplasie wäre, dass die Prostatasekretionsaktivität unter Reflexkontrolle des lumbosacralen Spinalcord steht. Bei einer „Zerstörung“ kommt es zu einem Anstieg dieser Reflexaktivität, worauf das ZNS mit einer erhöhten Rate an Signalen auf der gesunden, innervierten Seite reagiert, was in Folge zu einer Hyperplasie führen könnte.

Auf alle Fälle lässt sich mit großer Gewissheit sagen, dass die cholinerge Innervation die Sekretion der Prostata stimuliert und die Kontraktion der Drüse anregt und es scheint, wie schon früher erwähnt, eine Dichotomie von Sympathikus und Parasympathikus zu bestehen.

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1.2.7 Benigne Prostatahyperplasie (BPH) und Lower Urinary Tract

Im Dokument Psychosomatik der Prostata (Seite 20-24)