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Abläufe im weiblichen Genitale 1. Kapazitation

Nach der posttestikulären Reifung im Nebenhoden durchlaufen ejakulierte Spermien im weiblichen Genitale einen weiteren Reifungsprozess, der als Kapazitation bezeichnet wird (Yanagimachi, 1994). Während der Ejakulation kommen die Spermien mit bestimmten Komponenten des Seminalplasmas in Kontakt, die durch eine Maskierung von Oberflächenstrukturen eine vorzeitige Kapazitation verhindern. Mit dem Verlust dieser schützenden Oberflächenproteine, den sogenannten Dekapazitationsfaktoren, beginnt die Kapazitation. Bedingt durch einen Cholesterin-Efflux aus der Plasmamembran der Spermien kommt es zu einem Absinken des Cholesterin-Phospholipid-Verhältnisses. Die Folge ist eine Destabilisierung und Umgruppierung von Membranstrukturen (Töpfer-Petersen et al., 1998).

Mittlerweile haben sich viele Studien mit der Identifizierung Cholesterin-reduzierender Faktoren im weiblichen Geschlechtstrakt beschäftigt. So konnten Albumin und das High-Density-Lipoprotein als Cholesterin-Akzeptoren charakterisiert werden (Ehrenwald et al., 1990). Therien und Mitarbeiter (1997) konnten in in vitro Versuchen HDL als einen der Auslöser der Kapazitation identifizieren und gleichzeitig eine beschleunigende Wirkung der Seminalplasmaproteinen auf die Kapazitation nachweisen.

Heparin hat einen stimulierenden Effekt auf die in vitro Kapazitation, der über heparinbindende Proteine im Seminalplasma vermittelt wird (Parrish et al., 1988; Thèrien et al., 1995). Heparinähnliche Glykosaminoglykane lassen sich zyklusabhängig im weiblichen Genitale nachweisen und haben regulierende Bedeutung für die Kapazitation in-vivo (Miller et al., 1990; Töpfer-Petersen et al., 1998a).

Desweiteren kommt es im Verlauf der Kapazitation zu einem vermehrten Einstrom von Kalzium, zu einem Anstieg des intrazellulären pH-Wertes und zu einer veränderten Membranspannung.

Der Ort der Kapazitation ist speziesspezifisch unterschiedlich und liegt bei Uterusbesamern aller Wahrscheinlichkeit nach im caudalen Isthmus-Bereich des Oviduktes, wo die Spermien bis zur Befruchtung gespeichert werden. Bei Vaginalbesamern sind erste Veränderungen der Spermienmembran bereits im Verlauf der Zervixpassage zu beobachten (Yanagimachi, 1994;

Töpfer-Petersen et al., 1998b). Im Bereich des Oviduktes kommt es auch zur Bildung eines Spermienreservoires (Hunter, 1988; Lefebvre et al., 1995). Derartige Reservoire konnten bei Rind, Pferd, Schweinen, Mäusen, Hamstern und Schafen gefunden werden (Lefebvre et al., 1995; Suarez, 1987; Smith u. Yanagimachi, 1991). Man nimmt an, dass es mehrere

Funktionen für die Bildung dieser Reservoire gibt. Sie dienen dazu die Befruchtungsfähigkeit der Spermien zwischen dem Zeitpunkt der Insemination und der Ovulation zu erhalten (Pollard et al., 1991; Chian u. Sirad, 1994) und um den zeitlichen Ablauf der Kapazitation zu steuern bzw. zu gewährleisten (Chian et al., 1995).

Ein Fucose-bindendes Protein konnte aus bovinem Seminalplasma und Spermien isoliert werden (Ignotz et al., 2001). Dabei handelt es sich sehr wahrscheinlich um das PDC-109, das als Rezeptor für das Ovidukt-Epithel fungiert und somit direkt an der Bindung der Spermien beteiligt ist (Gwathmey et al. 2003). Für die Bindung an Epithelzellen des Oviduktes ist ein Erkennen der Fucose-Bindungsstellen nötig. Dieses wird durch Ca2+-abhängige Oberflächenlektine vermittelt, die mit der Spermienmembran assoziiert sind (Suarez et al., 1998; Lefevbre et al., 1997).

Durch in vitro Versuche konnte gezeigt werden, dass die Kapazitation ein temperaturabhängiger, nicht speziesspezifischer Prozess ist (Yanagimachi, 1994). Dass laut Yanagimachi (1994) der Vorgang der Kapazitation auch in vitro ablaufen kann, vorausgesetzt die verwendeten Medien entsprechen den natürlichen Bedingungen im weiblichen Genitale, hat sich in vielen Studien bestätigt. Die Kapazitation ist Vorraussetung für die Akrosomenreaktion. So können nur kapazitierte Spermien an die Zona-pellucida binden und die Akrosomenreaktion vollziehen (Yanagimachi, 1994).

Die von Bielfeld et al. (1994) aufgestellte Behauptung, dass humane Spermien in vitro die Akrosomenreaktion durchlaufen ohne zuvor kapazitiert zu sein, konnte durch Cohen-Dagay et al. (unveröffentliche Daten) ebenfalls in vitro, wiederlegt werden. Sie zeigten ebenfalls, dass die Lebensdauer der Spermien durch den Prozess der Kapazitation nicht verlängert wird sondern mit 1-4 Stunden eher kurz ist.

2.5.2. Akrosomenreaktion

Nach dem Wegfall der Dekapazitationsfaktoren kommt es zur Akrosomenreaktion und somit Aktivierung der akrosomalen Enzyme. Während der Akrosomenreaktion fusioniert die äußere Akrosomenmembran mit dem darüber liegenden Plasmalemma des Spermienkopfes. So entstehen Poren, durch die die im Spermienakrosom gespeicherten lytischen Enzyme (Hyaluronidase und Proteasen) freigesetzt werden. Die trypsinähnliche Protease Akrosin ermöglicht die Proteolyse der Glykoproteine der Zona-pellucida. Durch die Hyaluronidase wird der von den Cummuluszellen gebildete Schutzwall aus Hyaluronsäure durchbrochen.

Dies ermöglicht es dem Spermium, die Zona-pellucida zu penetrieren und mit der Vitellinmembran der Eizelle zu verschmelzen (Yanagimachi, 1994). Auslöser für die Akrosomenreaktion ist der Kontakt des kapazitierten Spermiums mit der Zona-pellucida der Eizelle. Bei der Zona-pellucida handelt es sich um eine Schicht von Glykoproteinen, von der die Eizelle umgeben ist. Exponierte Kohlenhydratseitenketten der Zona-pellucida ermöglichen die Bindung von Spermien über komplementäre Rezeptoren (Zona-pellucida-bindende Proteine), die sich auf der Spermienoberfläche befinden (Töpfer-Petersen et al., 1998). Das Zona-pellucida-Protein 3 (ZP3), eines der Glykoproteine in der Zona-Pellucida, ist in der Lage, sich mit einem der komplementären Oberflächenrezeptoren des Spermiums zu verbinden und so die Akrosomenreaktion auszulösen (Cohen-Dagay u. Eisenbach, 1994;

Wassarman u. Litscher, 1995). Da die Protease Akrosin auch an Kohlenhydrate bindet, wird auch eine Beteiligung an der Bindung des Spermiums an die Zona-pellucida postuliert (Töpfer-Petersen u. Henschen, 1987, 1988). Bei der Akrosomenreaktion handelt es sich um einen exocytotischen Prozess, der durch einen Kalzium-Influx, eine Steigerung des intrazellulären pH-Wertes sowie eine Zunahme an zyklischem AMP gekennzeichnet ist (Yanagimachi, 1994; Fraser, 1995; Storey, 1995). Glykosaminoglykane wie Heparin, Hyaluronsäure und Chondroitinsulfat können in vitro die Akrosomenreaktion auslösen (Kopf u. Gerton, 1991; Varner et al., 1993).