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Überblick über die Organisation und die Zuständigkeit des BFG

6.2.1 Organisation des BFG

In organisatorischer Hinsicht ist der Aufbau des BFG im Vergleich zum UFS im Wesentlichen unverändert geblieben.259 An Stelle des bisherigen Organisati-onsgesetzes des UFS (UFSG) wurde mit dem FVwGG 2012 das neue Organi-sationsgesetz des BFG (BFGG) erlassen.260 Aus dem Wortlaut zu den Erläute-rungen zum BFGG ist zu entnehmen, dass die „Beibehaltung und Nutzung be-währter Strukturen des unabhängigen Finanzsenates“ angestrebt werden.261 Folglich bilden die vormaligen UFS-Standorte nun die Außenstellen des BFG.262 Einzige Ausnahme ist die Bundeshauptstadt Wien. Hier befindet sich nunmehr an Stelle der vormaligen UFS-Außenstelle der Sitz des BFG.263

Völlig neu hingegen und Kernstück des Organisationsrechts des BFG ist die feste Geschäftsverteilung.264 Während bis zum 31.12.2013 die Geschäftsvertei-lung im UFS noch als flexibel265 angesehen werden konnte, wird nunmehr das BFG von einer „festen“ Geschäftsverteilung geprägt.266 Die verfassungsrechtli-che Normierung des Grundsatzes der festen Geschäftsverteilung für die VwG erfolgte in Art 87 Abs 3 und Art 135 Abs 2 B-VG.267 Demnach sind vom VwG zu besorgende Geschäfte für die gesetzlich bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen,

259 Vgl Lenneis, Umwandlung des UFS in das BFG, taxlex 2014, 4.

260 Vgl Unger in Larcher (Hrsg), Handbuch Verwaltungsgerichte, 2013, 186.

261 ErläutRV 2007 BlgNR 24. GP, 3.

262 Die Außenstellen sind in Feldkirchen, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz und Salzburg, vgl § 2 BFGG.

263 Vgl Lenneis, Umwandlung des UFS in das BFG, taxlex 2014, 4.

264 Vgl Gunacker-Slawitsch in Ehrke-Rabel, Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen, 2013, 40.

265 Bisher wurden die zu bearbeitenden Gegenstände in Abgabesachen auf die Referenten der jeweiligen Senatsgruppe aufgeteilt. Dies geschah gem § 270 Abs 3 BAO „unter Beachtung der Gleichmäßigkeit der Arbeitsbelastung und der Verwaltungsökonomie“.

266 Vgl Gunacker-Slawitsch in Ehrke-Rabel, Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen, 2013, 40.

267 Vgl Kofler/Summersberger in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg), Handbuch der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, 2014, 636.

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damit kein Einfluss ausgeübt werden kann.268 In Übereinstimmung mit den ver-fassungsrechtlichen Grundlagen wurde in § 13 BFGG der festen Geschäftsver-teilung insofern Rechnung getragen, dass die vom BFG zu besorgenden Ge-schäfte für jeweils ein Kalenderjahr im Voraus durch den Geschäftsverteilungs-ausschuss auf die Einzelrichter und Senate zu verteilen sind.269 Dadurch soll zum einen eine gleichmäßige Auslastung der Richter und Senate erreicht wer-den und zum anderen die Verteilung der Rechtssachen nach fachlichen Ge-sichtspunkten erfolgen, um eine einheitliche Entscheidungspraxis dem Grunde nach zu ermöglichen.270

Ebenfalls ein Novum stellt die Einrichtung von Kammern dar, die im bisherigen System des UFS nicht bestanden haben.271 In Anlehnung an das BVwG wird damit beabsichtigt, Gerichtsabteilungen aufgrund ihres sachlichen Zusammen-hanges zu Kammern zusammenzufassen.272 Im Bereich des BFG werden die diesbezüglichen Bestimmungen im § 11 BFGG geregelt, wonach die Vollver-sammlung verpflichtet ist, Kammern einzurichten. Die Einrichtung von Kammern soll insbesondere nach fachlichen Bezügen erfolgen,273 damit ein richterlicher Meinungs- und Gedankenaustausch stattfinden kann, der dem Ziel einer ein-heitlichen Rechtsprechung iSd § 5 Abs 1 letzter Satz BFGG dient.274 Dadurch soll einerseits eine hohe Qualität der Rechtsprechung garantiert und anderer-seits unbeabsichtigte oder versehentliche Abweichungen in der Rechtspre-chung vermieden werden.275

268 Vgl Art 135 Abs 2 B-VG.

269 Vgl § 13 Abs 1 BFGG. Die Fälle beim BFG werden per Computersystem auf die einzelnen Richter aufgeteilt. Beim UFS wurden die Fälle durch die Senatsvorsitzenden auf die einzel-nen Entscheidungsträger aufgeteilt, vgl Koran, Bundesabgabenordnung, 2014, 299.

270 Vgl Kofler/Summersberger in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg), Handbuch der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, 2014, 642.

271 Vgl Laudacher, Das neue Bundesfinanzgericht, SWK 2012, 1385.

272 Vgl Ritz/Koran, Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit neu in Österreich, 2013, 64.

273 Vgl § 11 Abs 1 BFGG. Eine Gliederung nach regionalen Aspekten steht dieser Normierung aber nicht entgegen, vgl Laudacher, Das neue Bundesfinanzgericht, SWK 2012, 1385;

Ritz/Koran, Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit neu in Österreich, 2013, 64.

274 Vgl Kofler/Summersberger in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg), Handbuch der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, 2014, 633.

275 Vgl Kofler/Summersberger in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg), Handbuch der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, 2014, 633.

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6.2.2 Zuständigkeiten des BFG

Die Zuständigkeiten der VwG (LVwG, BVwG, BFG) sind verfassungsrechtlich in Art 131 B-VG verankert.276 Art 131 Abs 1 B-VG normiert zunächst eine Gene-ralklausel zugunsten der LVwG mit taxativen Ausnahmen für das BVwG und das BFG.277 Der Verfassungsgesetzgeber regelt somit eine subsidiäre All-zuständigkeit der LVwG.278 Demnach erkennen LVwG über Beschwerden iSd Art 130 Abs 1 B-VG, wenn keine Ausnahmen des BVwG (Art 131 Abs 2 B-VG) und des BFG (Art 131 Abs 3 B-VG) entgegenstehen.279 Das BVwG ist für Be-schwerden iSd Art 130 Abs 1 B-VG zuständig, wenn es sich um Angelgenehei-ten der Vollziehung des Bundes handelt, die unmittelbar von der Bundesbehör-de vollzogen werBundesbehör-den und sich aus Art 131 Abs 3 B-VG (Zuständigkeit Bundesbehör-des BFG) nichts anderes ergibt.280 Art 131 Abs 3 B-VG regelt sodann die Zuständigkeit des BFG, der über Beschwerden gem Art 130 Abs 1 Z 1 bis Z 3 B-VG (Be-scheid-, Maßnahmen281- und Säumnisbeschwerden282) „in Rechtssachen in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsab-gaben des Bundes, der Länder und Gemeinden) und des Finanzstrafrechts so-wie in sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten, soweit die genannten Angelegenheiten unmittelbar von den Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden“, erkennt.283 Währen der Begriff „öffentliche Abgabe“

iSd Art 131 Abs 3 B-VG an den Abgabenbegriff des F-VG anknüpft,284 sind die Begrifflichkeiten „Abgabenbehörde des Bundes“ (§ 1 Abs 2 BFGG) und „sonsti-ge „sonsti-gesetzlich fest„sonsti-gelegte An„sonsti-gele„sonsti-genheiten“ (§ 1 Abs 3 BFGG) im BFGG nor-miert. Demnach ist Abgabenbehörde iSd Art 131 Abs 3 B-VG – neben den

276 Siehe auch Kapitel 3.1.

277 Vgl ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP, 15.

278 Vgl Pabel, Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012: Überblick über die mehrstufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 493.

279 Vgl Art 131 Abs 1 B-VG.

280 Vgl Art 131 Abs 2 B-VG.

281 Detaillierte Ausführungen über die in die BAO neu aufgenommene Maßnahmenbeschwerde siehe Kapitel 6.6.

282 Detaillierte Ausführungen über die Säumnisbeschwerde in der BAO siehe Kapitel 6.7.

283 Art 131 Abs 3 B-VG. Dieser in der Verfassung verankerte Gesetzestext wurde nahezu ident in § 1 BFGG übernommen, vgl § 1 Abs 1 BFGG.

284 Im Sinne des F-VG sind lediglich Geldleistungen, die von Gebietskörperschaften öffentlichen Rechts (Bund, Länder, Gemeinden) für die Deckung ihres Finanzbedarfs erhoben werden, unter dem Abgabenbegriff zu subsumieren, vgl Ritz/Koran, Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit neu in Österreich, 2013, 25.

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herigen Behörden (Finanzämter und Zollämter) – auch das BMF.285 Somit be-steht nunmehr auch die Möglichkeit gegen einen Bescheid des BMF286 Be-schwerde einzulegen, wodurch die gesamte Finanzverwaltung gerichtlich kon-trollierbar ist.287 Neben den Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben, die un-mittelbar von Abgaben- oder Finanzstrafbehörden des Bundes besorgt werden, greift die Zuständigkeit des BFG nur dann, wenn dies gesetzlich festgelegt ist.288 Zu diesen sonstigen gesetzlich festgelegten Angelegenheiten zählen bei-spielsweise Kammerumlagen nach § 122 WKG aber auch sämtliche Maßnah-men der Finanzpolizei, die mit Inkrafttreten des 2. AbgÄG 2014 ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich des BFG fallen.289

Neben den zuvor ausgeführten verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbestim-mungen des Art 131 Abs 1 bis Abs 3 VG enthält Art 131 Abs 4 und Abs 5 B-VG Regelungen, die den einfachen Gesetzgeber des Bundes bzw der Länder dazu ermächtigen, Zuständigkeiten der VwG begründen zu können.290 Gem Art 131 Abs 4 B-VG kann durch Bundesgesetz Zuständigkeit der LVwG vorge-sehen werden, die eigentlich nach den verfassungsgesetzlichen Bestimmungen des Art 131 Abs 2 und Abs 3 B-VG in den Zuständigkeitsbereich des Bundes fallen würden.291 Voraussetzung für den Übergang der Zuständigkeit ist die Zu-stimmung aller Länder.292 Umgekehrt kann durch Landesgesetz in Angelegen-heit des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder eine Zuständigkeit der VwG des Bundes (BVwG bzw BFG) vorgesehen werden, wenn eine

285 Vgl § 1 Abs 2 BFGG.

286 Mögliche Bescheide des BMF siehe Fn 206.

287 Vgl Gunacker-Slawitsch in Ehrke-Rabel, Rechtsmittelverfahren in Abgabensachen, 2013, 40.

288 Vgl § 1 Abs 3 BFGG. Neben § 1 Abs 3 BFGG sind auch in den §§ 30h, 31e, 31d, und 42a FLAG sonstige gesetzlich festgelegte Angelegenheiten geregelt, vgl Ritz/Koran, Finanzverwaltungsgerichtsbarkeit neu in Österreich, 2013, 44.

289 Vgl § 1 Abs 3 Z 2 BFGG.

290 Vgl Pabel, Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012: Überblick über die mehrstufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, ecolex 2013, 494.

291 Vgl Art 131 Abs 4 B-VG.

292 Vgl Art 131 Abs 4 Z 1 iVm Art 131 Abs 4 letzter Satz B-VG. Desweiteren wird in Art 131 Abs 4 B-VG geregelt, dass der Bundesgesetzgeber mit Zustimmung aller Länder auch in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, Zuständigkeit des BVwG begründen kann, vgl Art 131 Abs 4 Z 2 lit b iVm Art 131 Abs 4 letzter Satz B-VG. Darüber hinaus steht es dem Bundesgesetzgeber zu, ohne Zustimmung der Länder die Zuständigkeit des BVwG für Rechtssachen in den Angelegen-heiten der Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben, bei denen mit erheblichen Auswir-kungen auf die Umwelt zu rechnen ist, zu begründen, vgl Art 131 Abs 4 Z 2 lit a B-VG.

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mung der Bundesregierung vorliegt.293 Der VfGH bestätigte beispielsweise die Zuständigkeit des BFG Wien betreffend Parkometerabgabe.294

Der Anwendungsbereich der BAO ist allerdings nicht mit der Zuständigkeit des BFG gleichzusetzen. Die Bestimmungen der BAO sind weitläufiger und auch im Verfahren vor den VwG anzuwenden, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten.295 Dementsprechend umfasst der Anwendungsbereich der BAO nicht nur das BFG, sondern auch LVwG, soweit die belangte Landes- oder Gemeindebehörde in Abgabeverfahren die BAO anzuwenden hatte.296 Deshalb wird in der BAO und auch in der vorliegenden Arbeit allgemein vom

„Verwaltungsgericht (VwG)“ gesprochen und nicht vom BFG.