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4.2 Öffentlichkeitsarbeit ausgewählter Institutionen und Initiativen zu

4.2.4 Öffentlichkeitsarbeit des Forums Netzintegration Erneuerbare Energien als

65 angenommen werden“. Daher sei von „keiner Schädigung“ auszugehen (TenneT TSO GmbH 2014a, o. S.). Mögliche Risiken werden hier eher ausgeschlossen.

Um die gesundheitlichen Auswirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern bei Einhal-tung der Grenzwerte als ‚unschädlich‘ zu bekräftigen, wird darauf hingewiesen, dass sich „in der Gruppe 2B der IARC auch das Kaffeetrinken und das Benutzen von Laserdruckern“ als kanzero-gene Auslöser finden ließen (TenneT TSO GmbH 2014a, o. S.).

Die Narrationen auf den Internetseiten von TenneT zu ,Gesundheit‘ verlaufen entlang der Argumentation, dass die ‚gesetzlichen Grenzwerte‘ eingehalten und ‚weit unterschritten‘ würden und somit alles dafür getan würde, dass es zu keinen gesundheitlichen Auswirkungen von elektrischen und magnetischen Feldern komme.

Die Ausführungen zu elektrischen und magnetischen Feldern und Gesundheit sind bei der TenneT TSO GmbH um ein wesentliches länger und ausführlicher als die der Bundesnetzagentur und der Amprion GmbH. Im Kontrast zu denen von Amprion können die Ausführungen von TenneT in Teilen eher als ‚Expertensprache‘ bezeichnet werden. Sie sind recht fachspezifisch und nicht unbedingt für Laiinnen und Laien zugänglich. Beide Übertragungsnetzbetreiber greifen verschie-dene Sorgen auf und reagieren auf spezifische Weise. Die Hauptargumentationslinien verlaufen bei der Amprion GmbH und der TenneT TSO GmbH ebenso wie bei der Bundesnetzagentur entlang von ‚unabhängigen Gutachten‘, ‚unabhängigen wissenschaftlichen Studien‘ und ‚gesetz-licher Grenzwerte‘, die ‚weit unterschritten‘ würden. Elektrische und magnetische Felder umgäben die Menschen zu jeder Zeit in ihrem Alltag – hierzu werden von TenneT auch Ver-gleichswerte herausgestellt, die als eine Rückführung des wissenschaftlichen Diskurses in die Praxis gedeutet werden können (dazu auch Kapitel 5.4.3 und 5.4.4).

Vor dem Hintergrund bisheriger Ergebnisse wird nun dargestellt, wie die Deutsche Umwelthilfe e.V. und ihre Plattform Forum Netzintegration Erneuerbare Energien als Nichtregierungsorganisa-tion den Stromnetzausbau und Bezugnahmen zu Gesundheit und Strahlenschutz rahmen.

4.2.4 Öffentlichkeitsarbeit des Forums Netzintegration Erneuerbare Energien als Projekt der

66 melt“. Das Netz von heute sei noch „auf wenige Großkraftwerke in der Nähe von Ballungszentren zugeschnitten“ (DUH 2014e, o. S.), was sich ändern müsse. Wenn die Leitungen die Elektrizität aus erneuerbaren Energien nicht vollständig abnehmen könnten, behinderten sie den „Ausbau der klimaschonenden Stromproduktion“. Dies, so das Forum Netzintegration, „wäre sowohl wirt-schaftlich als auch klimapolitisch fatal“ (DUH 2014f, o. S.). Als weitere Begründung für den

‚Umbau des Stromnetzes‘ wird angeführt, dass das „bestehende Leistungsnetz“ häufig überlastet sei, der von den erneuerbaren Energien erzeugte Strom ebenso wenig gelagert werden könne wie konventioneller Strom und das Stromnetz „dringend verstärkt werden“ müsse, um „allen verfügbaren Strom aus klimafreundlichen Energieträgern“ nutzen zu können (DUH 2014f, o. S.).

Zudem wird räumlich argumentiert: „[d]er Strom muss von Norden und Osten in den Süden“

transportiert werden (DUH 2014a, o. S.).

Informationen zu elektrischen und magnetischen Feldern und Gesundheit sind auf der Website des Forums Netzintegration für Erneuerbare Energien zentral verankert. Sie sind direkter positio-niert als im Vergleich zu den bisher analysierten Informationskommunikationen, wobei „EM-Felder“ nicht zwingend von Laiinnen und Laien als ,elektromagnetische Felder‘ identifiziert werden müssen – so kann der Gebrauch von Abkürzungen als eine gewisse ,Hürde‘ für Website-Nutzerinnen und Nutzer gesehen werden, die sich nicht bereits mit spezifischen Termini ausken-nen. Wie im Internetauftritt der Tennet TSO GmbH wird in die Unterscheidung von ‚elektrischen‘

und ‚magnetischen‘ Feldern eingeführt, die physikalische Größe, in der ein Magnetfeld gemessen wird angegeben, und über den bestehenden Grenzwert aufgeklärt. Hausinstallationen und elektrische Geräte seien für den Großteil der „alltäglichen Feldbelastung verantwortlich“.

Stromfreileitungen hingegen machten nur einen geringen Teil aus. Mit zunehmender Entfernung zu Hochspannungsleitungen, elektrischen Geräten und Installationen nehme die Feldbelastung ab.

Gleichzeitig wird angeführt, dass niemand „mit Sicherheit“ sagen könne, „[a]b welchem Ab-stand“ „gesundheitliche Risiken von einer Stromleitung komplett ausgeschlossen“ werden könnten. Da Stromleitungen im direkten Wohnumfeld „als bedrohlich empfunden“ würden, sollten

„weitergehende Regelungen zum Wohnumfeldschutz dringend diskutiert werden“ (DUH 2014c, o. S.). Das Forum Netzintegration nimmt entsprechend explizit Stellung und plädiert für eine Ausweitung bestehender Regelungen, um der gefühlten Bedrohung von Anwohnerinnen und Anwohnern zu begegnen. Noch stärker als im Webauftritt wird im ,Factsheet – Strom und Felder‘

auf die gefühlte Bedrohung und auf ,Sorgen‘ Bezug genommen: Die Stromleitungen hätten

„Auswirkungen auf Mensch und Natur“, viele Menschen „sorgen sich um gesundheitsschädliche Wirkungen von neuen Leitungen“ (DUH 2012b, S. 1). Innerhalb des Factsheets wird auf den Zusammenhang von Strahlenbelastung zu Leukämie bei Kindern eingegangen. Studien, die mit Hilfe von Statistiken die Ursachen von Krankheiten ergründeten, hätten eine Häufung ergeben, die dauerhaft mehr als 0,3 bis 0,4 Mikrotesla ausgesetzt waren. Jedoch hätte nachgewiesen werden können, dass ein Großteil der Belastungen auf elektrische Geräte und Leitungen in Häusern zurückzuführen seien und nicht auf Stromleitung außerhalb. Die Ergebnisse hätten bisher auch nicht durch Experimente bestätigt werden können, ebenso sei „kein biologisch plausibler Wirkmechanismus bekannt“ (DUH 2012b, S. 2). Die Risikobewertung erfolgt hier entlang des bestehenden Erkenntnisstandes und der Argumentationslinie, dass das Augenmerk gerade in den privaten Bereich des Strahlenschutzes zu lenken sei.

Zu ‚Erdkabel versus Freileitung‘ führt das Forum Netzintegration an, dass bei Erdkabeln das elektrische Feld durch das Erdreich abgeschirmt werde, das magnetische jedoch nicht. Die Stärke des Magnetfelds nehme bei Erdkabeln mit zunehmender Entfernung schneller ab als bei Freilei-tungen, sei aber direkt darüber um einiges größer als unter Freileitungen (DUH 2014c, o. S.).

67 Als „mögliche Auswirkungen“ auf den Menschen werden „geringfügig erhöhte Risiken, an Alzheimer, Demenz oder Krebs zu erkranken, sowie Kopfschmerzen oder Allergien“ angeführt. Ob ,elektromagnetische‘ Felder die Ursache für diese Erkrankungen seien, sei aber nach wie vor

„umstritten“ (DUH 2014d, o. S.). Die Risikobewertung folgt bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die aber, wie mehrfach bereits angeführt, keine eindeutigen Aussagen zulassen – also Risiken, die aber gerade von betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern als Bedrohung und Drohkulisse wahrgenommen werden können. Weiter wird angeführt, dass Herzschrittmacher und andere elektronische Implantate ab einer Stärke von 20 Mikrotesla „empfindlich auf elektromag-netische Felder“ reagierten. Es wird eingeräumt, dass dieses Problem von der Strahlenschutz-kommission thematisiert würde. Grenzwerte sollten zur Prävention bei Trägerinnen und Trägern mit Herzschrittmachern 10 bis maximal 15 Mikrotesla nicht überschreiten (DUH 2014d, o. S.).

Damit verläuft die Argumentationslinie entlang eines Musters, das schon in den anderen Fallstudien identifiziert wurde: entlang der Grenzwerte in der 26. Bundesimmissionsschutzverord-nung. Das Forum Netzintegration bemerkt an dieser Stelle, dass das Bundesamt für Strahlen-schutz (BfS) und die StrahlenStrahlen-schutzkommission (SSK) eine weitergehende Vorsorge empfehlen würden. Große Abstände von Stromleitungen zu Siedlungen seien „sinnvoll“. Außerdem gebe es

„technische Aspekte beim Bau von Strommasten, z. B. Höhe der Masten und Abstand der einzelnen Leiterseile zueinander“, die elektrische und magnetische Felder reduzieren könnten (DUH 2014d, o. S.).

Auch innerhalb der Wanderausstellung ‚Die Zukunft der Stromnetze‘ werden elektrische und magnetische Felder und Gesundheit aufgegriffen, wobei die Hauptaussagen, die schon auf der Website des Forums Netzintegration und im Factsheet zum Tragen kamen: Ob und wie elektri-sche und magnetielektri-sche Felder „auf Dauer krank machen“, sei „trotz umfangreicher wissenschaft-licher Forschung noch nicht restlos geklärt“. Als risikominimierend wird auf den Rat des Bundes-amtes für Strahlenschutz (BfS) hingewiesen, „vorsorglich, sich elektromagnetischen Feldern so wenig wie möglich auszusetzen“. Anwohnerinnen und Anwohner forderten deshalb „Mindestab-stände von Freileitungen zu Wohnhäusern und Siedlungen.“ (DUH 2012a, Aufsteller 9).

Ebenso wie auch schon bei der TenneT TSO GmbH wird ein alltäglicher elektronischer Gegen-stand angeführt, um magnetische Felder zu verdeutlichen: Hochspannungsleitungsfelder werden in einer Grafik mit Feldern eines Haartrockners verglichen (DUH 2012b, S. 2). Eher abstrakte Fachdiskurse werden damit in den ,Alltag‘ zurückgeführt und auf diese Weise ,greifbarer‘.

Durch das Forum Netzintegration wird unter anderem gefordert, dass es weitere Forschung zu

„biologischen Wirkmechanismen und gesundheitlichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder“, „Anwendungen von Maßnahmen, um Felder zu reduzieren“ (Optimierung der Leiterseile, anderes Mastdesign), ebenso wie eine „frühzeitige Information und Beteiligung der Anwohner und kommunalen Entscheidungsträger an Planungsvorhaben“ geben solle (DUH 2012b, S. 4).

Entsprechend werden auch Beteiligung und angepasste Planungsverfahren aktualisiert – Argu-mentationsmuster, die innerhalb der analysierten Veröffentlichungen als hegemonial verankert gedeutet werden können (siehe Kapitel 4.1).

Mit Webauftritt, Broschüren und Ausstellung bietet das Forum Netzintegration mehrere Formate, die grundsätzlich unterschiedliche Zielgruppen erreichen können – von eher internetaffinen bis hin zu Nutzerinnen und Nutzern, die eher das gedruckte Wort favorisieren. Die Hauptaussage hinsichtlich gesundheitlicher Risiken von elektrischen und magnetischen Feldern zeigt in der Analyse, dass nach dem momentanen wissenschaftlichen Stand ein gewisses Risiko nicht völlig auszuschließen sei. Die Hinweise und Betonungen zur Vorsorge regen zu Handlungsalternativen an, wie größere Abstände von Stromleitungen zum Wohnumfeld ebenso wie auch zur Minimie-rung von elektrischen und magnetischen Feldern im häuslichen Umfeld. Es werden

Argumentati-68 onsmuster (re)produziert, die den Stromnetzausbau als notwendig und Gesundheitsrisiken als bisher nicht abschließend und umfassend geklärt aktualisieren. Gesundheits- und strahlenschutz-bezogene Fragestellungen stellen eher einen Aspekt unter einer größeren Anzahl an Hauptfeldern wie Umweltschutz und Partizipation dar – allerdings durchaus gleichbedeutend nebeneinander und nicht als Subdiskurs.

4.2.5 Zusammenfassung: ,Gesundheit‘ eher als randständiger Aspekt beziehungsweise als