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Besondere Problemstellungen von Leasing- gesellschaften im Rahmen des KonTraG

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B e r i c h t e

Besondere Problemstellungen von Leasing- gesellschaften im Rahmen des KonTraG

von Karl-Heinz Helfrich

Gliederung

1. Problemstellung

2. Anforderungen des KonTraG an das Risikomanagement von Unterne h- men

3. Die Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften als Gestaltungsbedin- gung des Risikomanagements

4. Risikoinventur: Risiken des Mobilien-Leasinggeschäfts 5. Spezielle Fragestellungen der Steuerung von Bonitätsrisiken 6. Analyse bilanzieller Risiken

7. Analyse von Zinsänderungsrisiken 8. Schlussbemerkungen

Literatur

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1. Problemstellung

Vermeintliches und tatsächliches Miss-Management, Missbrauch eingeräumter Kompetenzen sowie eine Reihe mehr oder weniger spektakulärer Unterne h- menskrisen bzw. -zusammenbrüche gaben in der Vergangenheit rechtspolitisch wie auch betriebswirtschaftlich immer wieder Anlass zu Diskussionen darüber, wie eine „wünschenswerte“ – d.h. den Interessen der Anteilseigner und anderer Unternehmensbeteiligter entsprechende – Unternehmensführung und -überwa- chung sichergestellt werden könnte.

Sicherlich nicht zuletzt vor dem Hintergrund nachhaltig gestiegener Insolvenz- zahlen hat der deutsche Gesetzgeber die internationale Diskussion um die Ef- fektivität von Systemen der Unternehmensführung und -kontrolle Mitte der neunziger Jahre aufgegriffen und einigen der dabei erörterten Fragen mit dem 1998 in Kraft getretenen „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unterne h- mensbereich“ – kurz KonTraG genannt – einen gesetzlichen Rahmen verliehen.

Ziele dieses Artikelgesetzes waren unter anderem die Stärkung der Kontroll- funktion des Aufsichtsrates, die Erhöhung der Transparenz im Rahmen der ex- ternen Berichterstattung, die Verbesserung der Kontrolle durch die Anteilseig- ner sowie die Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung. Dabei – und dieser Aspekt steht im Mittelpunkt unseres heutigen Themas – wendet sich das KonTraG mit besonderer Aufmerksamkeit auch Fragen des Umgangs mit un- ternehmerischen Risiken zu: So ist der Vorstand einer Aktiengesellschaft nach der Erweiterung des § 91 Abs. 2 des Aktiengesetzes nunmehr dazu verpflichtet,

„ ... geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklun- gen früh erkannt werden“

Kurz gesagt bedeutet diese Formulierung, dass der Vorstand einer Aktienge- sellschaft sicherstellen muss, dass das vom ihm geführte Unternehmen über ein angemessenes Risikomanagement-System verfügt. Besonderes Gewicht erlangt diese spezielle Organisationsverantwortung dadurch, dass Vorstand und Aufsichtsrat im Falle einer Klage gezwungen sind nachzuweisen, dass ein funktionsfähiges Risikomanagement-System zum betreffenden Zeitpunkt be- standen hat und dass dessen Funktionsfähigkeit überwacht wurde.

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Nun könnte man an dieser Stelle zu Recht einwenden, was diese Regelungen eigentlich mit Leasinggesellschaften zu tun haben, bezieht sich das KonTraG doch offensichtlich auf Aktiengesellschaften, während die überwiegende Zahl der deutschen Leasinggesellschaften in der Rechtsform der GmbH firmiert.

In der Tat wurde in das GmbH-Gesetz keine vergleichbare Regelung aufge- nommen. Angesichts der Gesetzesbegründung zum KonTraG muss allerdings davon ausgegangen werden, dass für Gesellschaften mit beschränkter Haftung – ab einer bestimmten Unternehmensgröße und organisatorischen Komplexität – sinngemäß das gleiche wie für Aktiengesellschaften gelten soll; mit anderen Worten: Die Neuregelungen im Aktiengesetz entfalten eine Ausstrahlungswir- kung auf den Pflichtenrahmen der Geschäftsführung anderer Gesellschaftsfor- men. Dies ergibt sich auch aus den Kommentierungen zum GmbH-Gesetz, de- nen zufolge die dort umrissene „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“

der im Aktiengesetz konturierten Sorgfaltspflicht des Vorstandes entspricht.

Also muss sich auch die Leasingbranche den Anforderungen dieser gesetzli- chen Neuerung stellen. Sicherlich haben sich Leasinggesellschaften schon im- mer mit Fragen des Risikomanagement beschäftigt, zählen doch die Beurtei- lung, die bewusste Übernahme und das „Handling“ von Risiken seit je her zu deren Kerngeschäft.

Doch sind sie seit in Kraft treten des KonTraG eben nicht mehr – wie dies bis- lang der Fall war – in der Gestaltung ihrer Risikomanagement-Systeme frei, sondern müssen sich hierbei nunmehr auch an gesetzlichen Vorgaben orientie- ren. Und viele der bislang zur Risikoanalyse eingesetzten Instrumente werden in Zukunft sicherlich kritischer von den Wirtschaftsprüfern hinterfragt werden, als dies bislang der Fall war.

Welche Anforderungen aus der gesetzlichen Neuregelung an das Risikomana- gement von Unternehmen erwachsen und welche besonderen Problemstellun- gen mit der Risikosteuerung bei Leasinggesellschaften verbunden sind, ist Ge- genstand der folgenden Ausführungen. Hierbei wendet sich der zweite Ab- schnitt zunächst den Vorgaben zu, die sich aus dem Aktiengesetz für die Aus- gestaltung eines Risikomanagement-Systems ableiten. Anschließend wird ein kurzer Überblick über die Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften gege- ben, um den weniger mit dem Leasinggeschäft vertrauten Lesern einen kleinen Eindruck davon zu vermitteln, was dieses Geschäft ausmacht. Doch auch aus einem anderen Grund ist dieser Punkt im Zusammenhang des Risikomanage-

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ment als wesentlich anzusehen: Ein gutes Verständnis der Geschäftstätigkeit ist – wie die Erfahrung zeigt – eine der zentralen Voraussetzungen, um die Risiko- situation eines Unternehmens überhaupt erfassen und analysieren zu können.

Eine umfängliche und tiefgehende Geschäftsanalyse – hierauf sei bereits an dieser Stelle besonders hingewiesen, weil dieser Aspekt in der Literatur häufig übersehen wird – muss insofern Ausgangspunkt aller Risiko-bezogenen Über- legungen und Organisationsmaßna hmen sein.

Auf den Überlegungen zur Geschäftstätigkeit aufbauend werden dann die wich- tigsten Risiken erläutert, mit denen sich Leasinggesellschaften auseinanderset- zen müssen. Hiervon werden schließlich einige herausgegriffen, um die Beson- derheiten des Risikomanagement im Leasinggeschäft zu verdeutlichen und mögliche Lösungsansätze der Praxis aufzuzeigen.

2. Anforderungen des KonTraG an das Risikomanagement von Unter- nehmen

Mit Blick auf die bereits zitierte Norm über die Einrichtung eines Risikomana- gement-Systems fällt unmittelbar auf, dass hierin – wie im gesamten KonTraG – keine konkreten Aussagen darüber getroffen werden, welche Bestandteile und welche Struktur ein solches System aufweisen sollte. Ganz bewusst hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, umfassende und detaillierte Vorgaben zu ma- chen und sich statt dessen des Instruments der aus unbestimmten Rechtsbeg- riffen zusammengesetzte n Generalklausel bedient. Der Grund dafür ist leicht ersichtlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die Leitungsaufgabe des Vor- stands bzw. der Geschäftsführung in unserer Wirtschaftsordnung maßgeblich durch das Prinzip der unternehmerischen Freiheit bestimmt wird. Umfassende, durch Verankerung in einem formellen Gesetz jedoch starre Verhaltensvorga- ben würden diesem elementaren Prinzip vollkommen zuwiderlaufen.

Damit stellt sich aber für jeden Vorstand bzw. Geschäftsführer ganz individuell die Frage, wie die besagte aktienrechtliche Norm für „sein“ Unternehmen inhalt- lich ausgefüllt werden kann.

Hinsichtlich der Anforderungen, die an ein Risikomanagement-System zu ste l- len sind, lässt sich dem Gesetzestext zunächst unmittelbar nur entnehmen, dass die Sicherung des Unternehmensbestands oberste Zielgröße des Risiko- management ist und dass das System mit gewissem zeitlichem Vorlauf auf Be- stands-gefährdende Entwicklungen reagieren muss.

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Abb. 1: Das KonTraG als Rahmenbedingung des Risikomanagement

Von der Zielsetzung der Bestandssicherung gelangt man gedanklich jedoch schnell zu dem Begriff der Unternehmenskrise, der in betriebswirtschaftlicher Hinsicht konkreter fassbar ist. Folgt man der Auffassung, dass der Bestand ei- nes Unternehmens maßgeblich von der Zielrealisierung seiner Anspruchsgrup- pen abhängt, so lässt sich eine Unternehmenskrise als Zustand beschreiben, in dem die Zielerreichung dieser Anspruchsgruppen so weit beeinträchtigt ist, dass diese ihre Beiträge zum Unternehmen einstellen.

Nun hängt die Zielerreichung der einzelnen Anspruchsgruppen wiederum maß- geblich von der Erreichung der (finanziellen) Unternehmensziele ab. Verfehlt ein Unternehmen also seine Ziele in einem Maß, das existentiellen Anspruchs- gruppen nicht mehr tolerierbar erscheint, gehen hierdurch wichtige Ressourcen verloren, mit der möglichen Folge, dass „sich das Unternehmen auflöst“. Für ein Risikomanagement-System ergeben sich aus dieser Überlegung folgende An- forderungen:

(1) Es muss sicherstellen, dass die existenziellen Unternehmensziele nur in- nerhalb bestimmter Bandbreiten schwanken, die so gesteckt sind, dass den Vorstellungen möglichst aller Anspruchsgruppen entsprochen werden kann.

Anforderungen des KonTraG an das Risikomanagement von Unternehmen

„Der Vorstand einer Aktiengesellschaft hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen frühzeitig erkannt werden.“

Konkretisierung?

Konkretisierung?

Bindungswirkung für andere Rechtsformen?

Bindungswirkung für andere Rechtsformen?

Gilt auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung!

Bestandssicherung als Zielsetzung ausreichender zeitlicher Vorlauf

Unternehmenskrise als Ausgangspunkt

Vermeidung von Zielverfehlungen

Krisen-Frühwarnung

Rendite-Risiko-Steuerung

§ 91 Abs. 2 AktG

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(2) Es muss sicherstellen, dass Krisen verursachende Entwicklungen – hierzu zählen auch eintretende Risiken – bereits zu einem Zeitpunkt erkannt werden, zu dem noch Zeit zur Einleitung von Gegenmaßnahmen besteht.

(3) Es muss im Hinblick auf die Erwartungen der Kapitalgeber sicherstellen, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen Ertrag und Risiko des Ge- schäfts beste ht.

Damit wird deutlich, dass „Risikomanagement“ im Sinne des Aktiengesetzes sehr weit zu verstehen ist und zugleich auch Ertragsmanagement bedeutet.

Gleichwohl soll hier eine Beschränkung auf Aspekte der Risikosteuerung im engeren Sinne, also auf Fragen der Analyse und Handhabung von Risiken, er- folgen.

Um den Anforderungen des Aktiengesetzes Rechnung zu tragen, gestaltet man ein Risikomanagement-System idealerweise als in die Zukunft gerichteten Steuerungsprozess – genauer müsste man eigentlich von einem Regelungs- prozess sprechen –, der die in nachstehender Abbildung dargestellten Phasen umfasst.

Abb. 2: Risikomanagement als Steuerungsprozess

In der Phase der Risikoidentifikation und Systematisierung geht es zunächst darum herauszufinden, welche Risiken überhaupt bestehen und wie diese Risi- ken wirken. Gleichzeitig ist auch darüber zu entscheiden, welche dieser Risiken aufgrund ihrer Bedeutung als Steuerungs-relevant einzustufen sind. Man kann diese Phase auch als Risikoinventur bezeichnen. Da der Steuerungsprozess

Vorstand

Vorstand Sekretariat

Zentralabteilungen

EDV / Organisation

Finanzierung

Personal

Rechnungswesen und Controlling

Interne Revision

Verwaltung

Marketing

Filialen

Filiale A

Filiale B

Filiale Z

Filiale C

(...)

Filiale D

Risikomanagement

Vertrieb Vertrieb

Vorstand Vorstand

Zentralabteilungen

Verwertung

Vertragsbearbeitung

Recht

Kreditprüfung Zentralabteilungen

Unternehmens- ziele

Analyse und

Bewertung bestehender Risiken Wirkungs- und Prämissen-

kontrolle

Identifikation und Systematisierung bestehender und potentieller Risiken

Entwicklung und Realisierung einer Sicherungsstrategie

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mehr als einmal durchlaufen wird, beinhaltet diese Phase natürlich auch, die Ergebnisse der Risikoinventur immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Im zweiten Schritt, der Phase der Risikoanalyse und -bewertung, gilt es dann, für jede relevante Risikoart einen Wert zu ermitteln, der die möglichen fina nziel- len Konsequenzen eintretender Risiken zum Ausdruck bringt; die einzelnen Ri- sikowerte sind zusammenzufassen und den vorhandenen Deckungsmitteln ge- genüberzuste llen.

Sollte sich dabei ergeben, dass die vorhandenen Risiken die Tragfähigkeit der Gesellschaft übersteigen, ist darüber nachzudenken, welche Maßnahmen ge- eignet sind, um wieder ein „angemessenes“ Verhältnis zwischen beiden Größen zu erreichen. Welches Verhältnis als angemessen zu bezeichnen ist, entschei- det sich vor dem Hintergrund der Risikoneigung der Anteilseigner bzw. der Un- ternehmensleitung.

Der Steuerungskreislauf wird schließlich dadurch geschlossen, dass die einge- leiteten risikopolitischen Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überwacht werden. Außerdem ist danach zu fragen, ob bzw. inwieweit sich die den getrof- fenen Steuerungsentscheidungen zu Grunde liegenden Annahmen als realis- tisch erweisen (Modellrisiken).

Dabei sind zwei Aspekte von zentraler Bedeutung: Erstens – theoretisch eine Selbstverständlichkeit – muss der gesamte Prozess natürlich durch ein Risiko- bezogenes Informationssystem begleitet werden, das allen Entscheidungsträ- gern die erforderlichen Informationen zeitnah und lückenlos bereitstellt. Deckt man hierbei aber nur die formale Seite ab, also das Risikoberichtswesen, fehlt ein wesentliches Element: Mindestens von gleicher Bedeutung ist nämlich, dass ein informales Kommunikationssystem entsteht, durch das sämtliche Verant- wortliche unmittelbar von neu entstehenden und bis dahin unberücksichtigten Risiken erfahren.

Hiermit in Zusammenhang steht der zweite angesprochene Aspekt, nämlich Risikomanagement im Unternehmen nicht als Institution, sondern als Funktion zu begreifen. Sicherlich ist immer auch eine Institution erforderlich, die den Steuerungsprozess trägt (koordiniert). Doch sollte dies nicht darüber hinweg- täuschen, dass Risikomanagement Aufgabe aller Mitarbeiter im Unternehmen ist – aus diesem Grund ist auch die Darstellung des Steuerungskreislaufs auf der Folie mit einem Organigramm unterlegt. Ein entsprechendes Grundver-

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ständnis und Verantwortungsgefühl bei den Mitarbeitern zu entwickeln, ist eine wichtige, vielfach unterschätzte Aufgabe des Risikomanagement.

Hinsichtlich des Handlungsbedarfs, der sich aus der Erweiterung des § 91 AktG ergibt, sind es im Wesentlichen vier Handlungsfelder, die hierdurch abgegrenzt werden; nämlich Systemgestaltung, Systemdokumentation, Organisation sowie Berichtswesen und Kommunikation.

Abb. 3: Handlungsfelder des KonTraG

Bei der Systemgestaltung geht es vor allem darum, eine sachgerechte metho- dische Basis zu schaffen, um eine realistische Einschätzung der Risikolage des Unternehmens vornehmen zu können. Wie auch im Finanzierungsgeschäft zählt hierzu im Leasinggeschäft zunächst ein Rating-System, dass eine diffe- renzierte und möglichst zuverlässige Klassifizierung der einzelnen Kunden nach ihrer Bonität ermöglicht. Denn ein solches System stellt die Ausgangsvoraus- setzung für die Analyse des Kreditrisikos dar, dass den größten Anteil am Ge- samtrisiko einer Leasinggesellschaft ausmacht. Es gilt aber auch, geeignete Bewertungsverfahren einzusetzen, um jeder Risikoart einen entsprechenden Risikowert zuordnen zu können.

Neben methodischen nehmen auch organisatorische Aspekte einen sehr hohen Stellenwert ein. Wie sich aus den Prüfungsstandards des Instituts der Wirt- schaftsprüfer ergibt, ist dabei insbesondere dafür zu sorgen, dass eindeutige, von Dritten nachvollziehbare Regelungen über Zuständigkeiten und Verantwort- lichkeiten sowie klare Regelungen der betrieblichen Abläufe bestehen. Die Ein-

Handlungsfelder Handlungsfelder

Systemgestaltung

und Methoden Dokumentation Risikoberichtswesen u.

interne Kommunikation

Handlungsbedarf Handlungsbedarf

Verfahren zur Messung u. Analyse bestehender Risiken

Steuerungsverfahren

Umfassende Darstellung des RM-Systems (organi- satorische Maßnahmen) in Form eines Risiko- handbuchs

Bedarfs-gerechtes und Zeit-nahes Risikoberichtswesen

reibungslose Risiko- Kommunikation Organisation

• Risiko-bezogene Gestaltung von Prozessen und Strukturen

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richtung eines Überwachungssystems für die Funktionsfähigkeit des RM- Systems und die Einhaltung der getroffenen Maßnahmen fällt ebenfalls unter diesen Punkt. Diese Aufgaben könnte beispielsweise von einer internen Revisi- on wahrgenommen werden.

Die lückenlose und ausführliche Dokumentation des Risikomanagement- Systems stellt ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld dar, das im Rahmen der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben anzugehen ist. Gemeint ist damit die Erstellung eines Risikohandbuchs. Dieses ist deshalb von so hoher Bedeutung, weil es die Grundlage der gesetzlich vorgeschriebenen Funktionsprüfung des Risikomanagements durch die Wirtschaftsprüfer ist. Fehlende oder unvollstä n- dige Dokumentation sowie Unstimmigkeiten zwischen Dokumentation und tat- sächlicher Handhabung können dabei (laut Prüfungsrichtlinie des IDW) zu Zweifeln an der dauerhaften Funktionsfähigkeit des Risikomanagement- Systems führen.

Und schließlich – hierauf wurde bereits hingewiesen – ist natürlich für eine sys- tematische, reibungslose und zügige Weiterleitung Risiko-bezogener Informati- onen zu sorgen (Berichtswesen und Kommunikation). Als Voraussetzung hier- für wird dabei ein angemessenes Risikobewusstsein sowie eine ausreichende Kommunikationsbereitschaft aller Mitarbeiter angesehen. Diese Eigenschaften sind u.a. durch entsprechende Schulungsmaßnahmen zu fördern.

Man sieht also, dass Risikomanagement nach KonTraG bzw. AktG – selbst im engeren Sinne verstanden – weitaus mehr ist, als man zunächst vermuten könnte. Nimmt man die gesetzlichen Vorgaben ernst – und aus betriebswirt- schaftlicher Sicht spricht alles dafür, dies zu tun – so gilt es eben nicht nur, ge- eignete Risiko-Messverfahren einzuführen. Es gehört auch dazu, die entspre- chenden organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen. Gerade diesen Punkt, der in der Literatur eine eher geringe Rolle spielt, sollte man, wie die Er- fahrungen in der Praxis zeigen, nicht unterschätzen.

3. Die Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften als Gestaltungs- bedingung des Risikomanagements

Grundsätzlich besteht die Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften darin, nach Maßgabe ihrer Kunden Investitions- bzw. Konsumgüter zu erwerben und den Kunden diese Objekte für einen begrenzten Zeitraum gegen Entgelt zur Nutzung zu überlassen. Im Anschluss an die Zeit der Nutzungsüberlassung er-

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folgt die Verwertung der im Eigentum der Leasinggesellschaft stehenden Objek- te, und zwar, indem diese an den Leasingnehmer beziehungsweise über den Markt verkauft oder dem Leasingnehmer weiterhin gegen Entgelt überlassen werden (Mietverlängerung). Es sind also im Wesentlichen zwei Aktivitäten, die die Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften ausmachen, nämlich zum ei- nen die Nutzungsüberlassung, die zugleich meist eine Finanzierungsfunktion erfüllt, und zum anderen die Objektverwertung, das heißt, der Handel mit ge- brauchten Maschinen, Fahrzeugen usw.

Hinzukommen kann eine Dienstleistungsfunktion, die darin besteht, den Kun- den bestimmte Aufgaben abzunehmen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Objekt bzw. dem Objektbetrieb stehen, so z.B. Wartungsarbeiten, Wirt- schaftlichkeitsrechnungen oder ähnliches. Zwar erbringen die Leasinggesell- schaften diese Leistungen nicht selbst, sondern greifen hierzu auf Subunter- nehmer zurück; doch können sie diese Leistungen aufgrund von Nachfrage- macht und besserem Marktüberblick in aller Regel kostengünstiger und zuver- lässiger gewährleisten als ihre Kunden dies könnten.

Abb. 4: Geschäftstätigkeit von Leasinggesellschaften

Je nach Art der im Wege des Leasing überlassenen Objekte ist zwischen Mobi- lien- und Immobilien-Leasinggeschäft zu unterscheiden. Im Immobilien-Leasing tätige Gesellschaften konzentrieren ihre Aktivitäten in erster Linie auf das Lea- sing von Grundstücken, Gebäuden, standortgebundenen Betriebsanlagen (z.B.

Kraftwerke) sowie Großmobilien wie etwa Flugzeugen oder Schiffen. Die Refi- nanzierung der Leasinggeschäfte erfolgt dabei meist unter steuerlichen Ge-

Nutzungsüberlassung Objektverwertung

Service-Leistung

Immobilien-Leasing Mobilien Leasing Geschäfts-Sparten

Produktarten

Operate Leasing Finanzierungs -Leasing

Vollamortisationsvertrag Teilamortisationsvertrag

§ 39 AO / Leasingerlasse

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sichtspunkten über so genannte Objektgesellschaften, also über Beteiligungs- modelle, um auf diese Weise die Kapitalkosten zu senken.

Geschäftsgegenstand des Mobilien-Leasing-Geschäfts sind hingegen bewegli- che Wirtschaftsgüter, so vor allem Kraftfahrzeuge, Produktionsmaschinen sowie EDV-Geräte und Büromaschinen. Anders als im Immobilien-Leasing-Geschäft erfolgt die Finanzierung hier durch Forderungsverkauf – eine Finanzierungs- möglichkeit, die sich ebenfalls Steuer reduzierend auswirkt – sowie durch Auf- nahme mittel bis langfristiger Darlehen.

Dass sich Investitionsvolumina und Risiken in beiden Geschäftszweigen ganz grundlegend voneinander unterscheiden, liegt auf der Hand; da eine differenzie- rende Darstellung jedoch den Rahmen dieses Beitrags übersteigen würde, soll hier eine Beschränkung auf das Mobilien-Leasinggeschäft erfolgen.

Nicht unerheblich wenn man nach den Risiken des (Mobilien-)Leasinggeschäfts fragt, ist die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Produktarten, und zwar zwischen Operate- und Finanzierungsleasing sowie zwischen Voll- und Teilamortisationsverträgen.

Bei der Produktgestaltung sind Leasinggesellschaften an die so genannten Leasingerlasse der Finanzverwaltung gebunden. Diese Erlasse dienen der Konkretisierung des § 39 der Abgabenordnung, einer Generalnorm, die die steuerliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern regelt. Ohne an dieser Stelle auf Einzelheiten einzugehen, sei hierzu nur gesagt, dass sich die Zurechnung von Wirtschaftsgütern in steuerlicher Hinsicht danach bemisst, ob der Besitzer den Eigentümer während der Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann.

Wie diese sehr allgemein gefasste Formulierung speziell im Falle des Leasing zu interpretieren ist, wird – wie gesagt – durch die Leasingerlasse geregelt. Ist beabsichtigt – und dies ist meist der Fall – dass das Leasingobjekt steuerlich dem Leasinggeber zugerechnet wird, muss sich die Vertragsgestaltung inner- halb des durch die Erlasse vorgegebenen Rahmens bewegen. Grundsätzlich geht es dabei um die Frage, welcher der Vertragspartner die Chance einer Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung des Leasingobjekts trägt.

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Im Wesentlichen sind es zwei Kriterien, die für die Zurechnungsfrage aus- schlaggebend sind, nämlich die Amortisation und das Verhältnis von Vertrags- laufzeit zu betriebsgewöhnlicher Nutzungsdauer. Stark vereinfacht gesagt sieht die Regelung vor, dass das Leasingobjekt in steuerlicher Hinsicht dann dem Leasinggeber zugerechnet wird, wenn

§ der Leasingnehmer einen vollständigen Rückfluss der Anschaffungs- bzw.

Herstellungskosten des Objekts sowie aller entstehenden Kosten des Lea- singgebers garantiert und

§ die Vertragslaufzeit zwischen 40 und 90 Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer liegt.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, spricht man von so genanntem Finanzie- rungsleasing. Im Gegensatz dazu ha ndelt es sich um Operate-Leasing, wenn die vom Leasinggeber eingesetzten Mittel während der Vertragslaufzeit nur teilweise zurückfließen und das Objekt mehrmals vermietet werden muss, um eine vollständige Amortisation zu erreichen.

Es bedarf keiner großen Überlegungen, um zu erkennen, dass sich diese bei- den Produktarten ganz grundlegend hinsichtlich ihrer Risikostruktur unterschei- den: Während das Investitionsrisiko beim Finanzierungsleasing vollständig vom Leasingnehmer getragen wird, liegt es im Falle des Operate-Leasing beim Lea- singgeber. Insofern geht mit dem Abschluss von Operate-Leasing-Geschäften eine erhebliche Risikokumulation einher, die von der Leasinggesellschaft her- vorragende Objekt- und Markt-bezogene Kenntnisse sowie hohe Kompetenz in der Objektverwertung ve rlangt.

Im Rahmen des Finanzierungsleasing, das in der Praxis überwiegt und auf das sich die folgenden Ausführungen konzentrieren, sind – wie bereits angedeutet – wiederum zwei Vertragstypen von Bedeutung, nämlich der Voll- und der Teil- amortisationsvertrag. Vollamortisationsverträge zeichnen sich dadurch aus, dass die investierten Mittel des Leasinggebers bereits während der Vertrags- laufzeit vollständig über die Leasingraten zurückfließen. Bei Teilamortisations- verträgen ist dies nicht der Fall. Zwar garantiert der Leasingnehmer auch hier die Vollamortisation, doch fließt nur ein Teil des eingesetzten Kapitals über die Leasingraten zurück. Der noch offene Rest ist als Einmalzahlung nach Ablauf

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der Vertragslaufzeit fällig und wird gegebenenfalls mit einem Verwertungserlös verrechnet.

In Bezug auf die Risiken dieser Produkttypen ist wichtig zu erkennen, dass bei Teilamortisationsverträgen dem Kundenvorteil einer niedrigeren und nutzungs- gerechteren Ratenbelastung während der Vertragslaufzeit aus Sicht der Lea- singgesellschaft der Nachteil erhöhter Risiken gegenübersteht. Denn mit zu- nehmendem Zeithorizont von Zahlungen steigt die Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der Kundenbonität und des Objektwertes und damit die Möglich- keit, dass es zu Zahlungsausfällen kommt.

4. Risikoinventur: Risiken des Mobilien-Leasinggeschäfts

Die Risikoinventur bildet den Ausgangspunkt aller Risiko-bezogenen Gesta l- tungsmaßnahmen. Sie beinhaltet eine möglichst vollständige Erfassung aller in- und externen Einflussfaktoren, die negative Zielabweichungen verursachen können. Diese Einflussfaktoren sind nach Unternehmensbereichen, nach Art, Ausmaß und zeitlicher Reichweite der Bedrohung sowie nach ihrer Beeinfluss- barkeit zu systematisieren. Eine regelmäßige, systematische Risikoinventur zu gewährleisten, ist eines der neuen Erfordernisse, die das KonTraG für Leasing- gesellschaften mit sich bringt.

Ganz wesentlich ist hierbei, für jedes der identifizierten Risiken eine eindeutige und allgemein verständliche Definition zu geben. Denn in aller Regel hat jeder Mitarbeiter eine höchst eigene Vorstellung darüber, was sich hinter den Begrif- fen verbirgt, mit denen die einzelnen Risikoarten benannt werden. Doch meist decken sich diese Vorstellungen eben keineswegs mit den Sachverhalten, die tatsächlich hinter den verwendeten Begriffen stehen. Wenn also beispielsweise von Zinsänderungsrisiken die Rede ist, so ist noch längst nicht jedem klar, dass hiermit die Gefahr der Barwertminderung eines in bestimmter Weise abge- grenzten Cash-Flo ws gemeint ist. Insofern bilden klare Abgrenzungen der iden- tifizierten Risiken eine der zentralen Ausgangsvoraussetzungen für eine effekti- ve Risikokommunikation.

Methodisch kommen für eine Risikoinventur ganz unterschiedliche Vorgehens- weisen in Betracht. So kann man beispielsweise auf Fragebögen zurückgreifen, Expertengespräche führen, Workshops durchführen, Schadenstatistiken aus- werten, Akten und andere Unterlagen durchsehen – der Phantasie sind hier im Grunde keine Grenzen gesetzt. Bei der Disko Leasing haben wir uns dazu ent-

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schieden, zunächst auf analytischem Wege eine grundlegende Risikosystema- tik zu entwickeln, um diese in einem zweiten Schritt durch alle Führungskräfte sowie weitere erfahrene Mitarbeiter auf Vollständigkeit prüfen zu lassen und gegebenenfalls inhaltlich weiter auszufüllen. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt, weil hierdurch nicht nur eine intensive Auseinandersetzung aller Ver- antwortungsträger mit der Risikosituation der Gesellschaft angeregt wurde, sondern zugleich auch eine hohe Akzeptanz des Ergebnisses erzielt werden konnte.

Die wichtigsten Risiken, die das Leasinggeschäft typischerweise birgt, die man also bei jeder Gesellschaft im Rahmen der Risikoinventur mindestens findet, sollen nachfolgend erläutert werden. Hierbei werden ausschließlich operative Risiken des Leasinggeschäfts betrachtet, die sich anhand der zu Grunde lie- genden Zielgröße abgrenzen lassen: So können diejenigen Risiken, die sich unmittelbar auf den operativen Periodenerfolg auswirken, als operative Risiken bezeichnet werden, während es sich bei Risiken, die auf das Erfolgspotential wirken, um so genannte strategische Risiken handelt.

Abb. 5: Typische operative Risiken des Mobilien-Leasinggeschäfts

Im Zusammenhang mit der bereits angedeuteten Finanzierungsfunktion des Leasing entstehen natürlich bei jeder Leasinggesellschaft Bonitätsrisiken. Diese Risiken, die auch als Adressenausfallrisiken bezeichnet werden, bestehen ganz allgemein gesagt in der Gefahr, dass ein Vertragspartner die ihm obliegenden Verpflichtungen nicht einhält, so dass der Leasinggesellschaft ein Zahlungsaus- fall entsteht. Im Rahmen des Leasinggeschäfts ist dabei prinzipiell zwischen zwei Ausprägungen dieser Risikoart zu unterscheiden, und zwar zwischen dem Lieferanten-Bonitätsrisiko und dem Leasingne hmer-Bonitätsrisiko.

Betriebsrisiken Ausfallrisiken Preisrisiken Liquiditätsrisiken

Investitionsrisiken (bei Operate Leasing)

Investitionsrisiken (bei Operate Leasing)

bilanzielle Risiken

nachlassende Zahlungs- moral der Kunden nachlassende Zahlungs-

moral der Kunden Auslastung Refinanzierungslinie

Auslastung Refinanzierungslinie Refinanzierungsrisiken Refinanzierungsrisiken Objektrisiken

Objektrisiken Zinsänderungsrisiken Zinsänderungsrisiken Bonitätsrisiko

(materiell / formal) Bonitätsrisiko (materiell / formal) Lieferanten-Bonitätsrsk.

Lieferanten-Bonitätsrsk.

Drittkäufer-Bonitätsrsk.

Drittkäufer-Bonitätsrsk.

Bestandshaftungsrisiko Bestandshaftungsrisiko

betrügerisches Handeln betrügerisches Handeln höhere Gewalt

höhere Gewalt IT-Risiken IT-Risiken Organisationsrisiken Organisationsrisiken

Fehler bei der (Vertrags-)BearbeitungFehler bei der (Vertrags-)Bearbeitung unsachgemäße Bonitäts-

bzw. Objektprüfung unsachgemäße Bonitäts-

bzw. Objektprüfung

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Das Lieferanten-Bonitätsrisiko, das sich letztlich nur auf die Gewährleistungs- frist eines Leasing objekts erstreckt, umfasst dreierlei: Erstens das Risiko unzu- reichender Lieferfähigkeit und Lieferwilligkeit eines Lieferanten, zweitens das Risiko der Insolvenz eines Lieferanten sowie drittens das Risiko der Nicht- erbringung notwendiger Wartungsleistungen durch den Lieferanten, wodurch die Funktionsfähigkeit des Leasingobjekts beeinträchtigt wird und die Verwer- tungschancen reduziert werden. Lieferanten-Bonitätsrisiken lassen sich nur bis zu einem gewissen Grad auf den Leasingnehmer überwälzen.

Von weitaus größerer Bedeutung im Hinblick auf den Schadenserwartungswert ist das Leasingnehmer-Bonitätsrisiko, das während der gesamten Vertragslauf- zeit besteht und das als die Gefahr einer mangelnden Zahlungsfähigkeit oder Zahlungsbereitschaft eines Leasingnehmers definiert werden kann. Da bei ei- nem Nachlassen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Leasingnehmers tendenziell auch dessen Bereitschaft zur Wartung und Werterhaltung des Lea- singobjektes nachlässt, besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Leasing- nehmer-Bonitätsrisiko sowie dem Objekt bezogenen Verwertungsrisiko.

Eine spezielle, häufig unterschätzte Variante des Leasingnehmer-Bonitäts- risikos stellt das so genannte Bestandshaftungsrisiko dar, das im Zusammen- hang forfaitierter Leasinggeschäfte auftritt. Die Forfaitierung eines Leasingge- schäfts, das heißt der Verkauf der zukünftigen Raten- und Restwertforderungen an eine Bank, bietet einer Leasinggesellschaft die Möglichkeit, das Leasing- nehmer-Bonitätsrisiko auf den Forderungskäufer abzuwälzen und sich insofern vor Zahlungsausfällen zu schützen. Allerdings haftet die Leasinggesellschaft dabei für den Bestand der Forderung sowie für die Freiheit der Forderung von Einwendungen und Rechten Dritter. Damit besteht die Möglichkeit, dass die Risikoüberwälzung unter Umständen nicht wirksam wird, nämlich dann, wenn die Forderung zu diesem Zeitpunkt keinen rechtlichen Bestand hat.

Dass diese Risikokategorie – vor allem bei kleineren und mittleren Leasingge- sellschaften – existenzbedrohende Ausmaße annehmen kann, wird immer wie- der durch Beispiele in der Praxis belegt. Insofern erfordert die Risikoüberwäl- zung durch Forfaitierung eine hohe Professionalität bei Abschluss und Erfüllung des Leasingvertrages, denn eine Verletzung der Informations- und Sorgfalts- pflichten der Leasinggesellschaft kann neben der faktischen Rückverlagerung des Bonitätsrisikos sogar zu einem Vertragsrücktritt des Forderungskäufers füh- ren.

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Objektrisiken sind diejenigen Risiken, die sich aus dem Besitz und Betrieb eines Leasingobjekts ergeben. Objektrisiken liegen in technischem und wirtschaftli- chem Verschleiß eines Leasingobjekts begründet und umfassen auch die Ge- fahr des (teilweisen) Untergangs des Objekts. Ausdruck eingetretener Objektri- siken ist ein übermäßiger Wertverfall des Leasing objekts, das heißt eine über den im Normalfall zu erwartenden Wertverzehr hinausgehende Wertminderung.

Bei Vollamortisationsverträgen fallen die Objektrisiken, wie bereits angedeutet, geringer aus als bei Teilamortisationverträgen, da der Rückfluss des investier- ten Kapitals über die Raten hierbei schneller erfolgt. Bei Teilamortisationverträ- gen erhöht sich das Objektrisiko, wenn der Restwert im Verhältnis zum reali- sierten Marktwert zu hoch angesetzt wird. Ebenso erhöht sich das Objektrisiko, wenn ein erwarteter, die Vollamortisation der Leasinginvestition übersteigender Nacherlös bei der Kalkulation der Leasingraten mietmindernd berücksichtigt wird (sogenannter verdeckter Restwert). Grundsätzlich gilt schließlich, dass sich das Objektrisiko um so mehr verringert, je weiter sich die Vertragslaufzeit dem vorgesehenen Ende nähert.

Zinsänderungsrisiken entstehen in Mobilien-Leasinggesellschafte n vornehmlich dadurch, dass Leasinginvestitionen nicht laufzeitgerecht finanziert werden, das heißt die Refinanzierung dem Betrag nach nicht für die Gesamtlaufzeit des Re- finanzierungsbedarfs gesichert und/oder der Refinanzierungszins nicht für die gesamte Laufzeit fest vereinbart ist. In diesen Fällen besteht grundsätzlich die Gefahr, dass es zu einer nicht kostendeckenden Margenveränderung bei der Anschlussfinanzierung und Neufestsetzung des Refinanzierungszinssatzes kommt. Daneben besteht die Möglichkeit, dass Leasingverträge vorzeitig been- det werden und dem Leasinggeber Liquidität zufließt, die er im Neugeschäft nicht mehr zum ursprünglichen Aktivsatz anlegen kann. In allen Fällen besteht die Gefahr, dass aufgrund einer Marktzinsveränderung negative Ergebnisbei- träge ausgewiesen werden.

Bilanzielle Risiken stellen schließlich eine Risikoart dar, die in dieser Form aus- schließlich bei Leasinggesellschaften auftritt. Aufgrund des speziellen Charak- ters dieser Risikoart sowie aus Gründen besserer Verständlichkeit soll dieser Punkt allerdings noch für einen Moment zurückgestellt und erst im Zusammen- hang der Risikoanalyse ausführlicher aufgegriffen werden.

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5. Spezielle Fragestellungen der Steuerung von Bonitätsrisiken

Hinsichtlich der Steuerung von Bonitätsrisiken ist bei Leasinggesellschaften vieles ähnlich wie im Bankbereich. Wie in Banken wird auch in Leasinggesell- schaften vor jedem neuen Geschäftsabschluss eine Bonitätsanalyse durchge- führt. Hierbei werden die üblichen Kriterien geprüft, bei Firmenkunden bei- spielsweise vor allem die aktuelle und zu erwartende Vermögens-, Finanz- und Ertragslage mittels einer Bilanzanalyse, daneben aber auch Faktoren wie Marktposition und Branche des Kunden, Qualität des Management und ähnli- ches. Idealerweise erfolgt die Bonitätsbeurteilung mittels eines Rating- Verfahrens, und so sind einige Leasinggesellschaften im Zuge der Umsetzung der Vorgaben des KonTraG dazu übergegangen, solche Systeme einzuführen.

Abb. 6: Steuerung des Bonitätsrisikos

Anders als eine Bank ist eine Leasinggesellschaft aber stets originäre Eigentü- merin des zu finanzierenden Objekts und typischerweise bildet das Objekt die einzige Sicherheit des Leasinggebers. Insofern liegt auf der Hand, dass insbe- sondere Objekt- bezogene Kriterien neben den genannten Kriterien eine wichti- ge Rolle bei der Entscheidung über den Geschäftsabschluss spielen. Stabiler Wertverlauf, Drittverwendungsfähigkeit und Marktgängigkeit sind wesentliche Aspekte, die Gegenstand jeder Antragsprüfung sind und die untrennbar mit Fragen der Leasing nehmer-Bonität verbunden sind.

So kann es beispielsweise vorkommen, dass bei hervorragenden Objekteigen- schaften durchaus Zugeständnisse in puncto Leasingnehmer-Bonität gemacht

Bonitätsrisiken

Vor Vertragsabschluss:

Beurteilung der Bonität des Leasingnehmers Rating-Analyse

Risikoprämien

Beurteilung der Bonität des Lieferanten

Nach Vertragsabschluss:

Analyse des aktuellen und potentiellen Bonitätsrisikos z.B. auf der Grundlage

Segment spezifischer Standard- Risikokosten

Wertentwicklung der Objekte z.B. technischer Fortschritt oder

neue gesetzliche Regelungen (Abgasnormen o.ä.);

Verhalten des Leasingnehmers

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werden. Andererseits gilt es aber zu berücksichtigen, dass die Wertentwicklung eines Wirtschaftsgutes in aller Regel degressiv verläuft, so dass es – relativ gesehen – zu höheren Zahlungsausfällen kommt, wenn der Leasingnehmer zu Beginn der Vertragslaufzeit zahlungsunfähig wird.

Derartige Überlegungen hinsichtlich des „trade-offs“ zwischen Leasingnehmer- Bonität und Objekteigenschaften wurden in Leasinggesellschaften bislang eher intuitiv und aus der Erfahrung des Einzelnen heraus angestellt. Hier stehen Leasinggesellschaften – ganz anders als Banken – seit in Kraft treten des Kon- TraG vor der Herausforderung, geeignete Verfahren zu entwickeln, um die Zu- sammenhänge zwischen Objekt und Bonität sowie die damit verbundenen Entscheidungsspielräume transparent zu machen und zu dokumentieren. Na- türlich sind diese Informationen auch bei der Kalkulation von Risikoprämien von entscheidender Bedeutung. Vorstellbar wären hierzu beispielsweise umfangrei- che Verwertungsstatistiken, die Sammlung und Archivierung von Marktdaten und, darauf aufbauend, die Konzeption von Expertensystemen. Allerdings be- findet sich die Branche in dieser Hinsicht eher noch im Anfangsstadium.

6. Analyse bilanzieller Risiken

Auch mit dieser Risikoart werden sich Leasinggesellschaften zukünftig viel in- tensiver auseinandersetzen müssen als dies bislang, also vor in Kraft treten des KonTraG, erforderlich war. Vor allem mittlere und kleinere Gesellschaften dür f- ten hier auf Schwierigkeiten stoßen, da die Analyse dieser Risiken personelle und technische Ressourcen erfordert, über die diese Gesellschaften in der Re- gel nicht verfügen. Worum geht es dabei?

Bilanzielle Risiken entstehen – kurz gesagt – aufgrund der Anwendung ha n- dels- und steuerrechtlicher Bewertungsvorschriften. Beispiele hierfür sind etwa die Abschreibung des Vermietvermögens über die betriebsgewöhnlichen Nut- zungsdauern ans tatt über die Vertragslaufzeit oder die lineare Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens aus der Forfaitierung über die Grundmietzeit.

Dies kann dazu führen, dass die bei Ablauf der Grundmietzeit ausgewiesenen Restbuchwerte deutlich über dem Marktwert des Leasingobjektes liegen und insofern nur teilweise durch die Verwertungserlöse gedeckt sind. So kommt es mit der Ausbuchung des Objekt bei Vertragsende zu einem Buchverlust, dem Buchgewinne in früheren Rechnungsperioden gegenüberstehen. Und auch die

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Wahl des Abschreibungsverfahrens hat Einfluss auf die zeitliche Verteilung des Geschäftserfolgs. Ein einfaches Beispiel mag dies verdeutlichen:

Abb. 7: Bilanzielle Risiken

Es handelt sich dabei um einen fiktiven Teilamortisationsvertrag über ein Objekt mit einem Anschaffungswert von 2 Millionen DM und einer Vertragslaufzeit von 54 Monaten. Die monatliche Leasingrate beträgt gerundet 40.000 DM bei einem kalkulierten TA-Wert von 200.000 DM, die Abschreibungsdauer ist 60 Monate.

Alle weiteren Daten des Beispiels können Abbildung 7 entnommen werden. Die Gewinn- und Verlustrechnungen der einzelnen Rechnungsperioden sind eben- falls in Abbildung 7 dargestellt, und zwar einmal bei linearer Abschreibung und einmal bei degressiver Abschreibung. Hierbei wurde davo n ausgegangen, dass eintretende Risiken das GuV-Ergebnis des Beispielvertrages anteilig belasten – bei einem nicht-leistungsgestörten Geschäft dürften ansonsten natürlich keine Aufwendungen aus eingetretenen Risiken ausgewiesen werden.

Man sieht deutlich, dass über die Gesamtlaufzeit gesehen zwar ein Gewinn entsteht, über die einzelnen Rechnungsperioden verteilt aber sowohl Gewinne als auch Verluste ausgewiesen werden. Vor allem bei degressiver Abschrei- bung wird der Effekt deutlich größer.

Bezogen auf einen großen, heterogenen Vertragsbestand besteht die besonde- re Problematik nun darin, dass aus der GuV nicht mehr erkennbar ist, ob es sich bei ausgewiesenen Gewinnen oder Verlusten um tatsächlich aufgetretene Gewinne oder Verluste oder um Buchgewinne oder Buchverluste handelt. Da- mit könnte es in einer rein Perioden-bezogenen Betrachtung beispielsweise

Ausgangsdaten: TA-Vertrag über 54 Monate; Vertragsbeginn: 1. Juli 2000; AW: 2.000.000 DM; TA-Wert: 10% AW;

Aktiv-Satz: 7,115% p.a.; Leasingrate: 40.000,40 DM, gerundet auf 40.000 DM; Verwertungserlös: 185.000 DM;

Finanzierung: Laufzeitkongruentes Darlehn zu 5% p.a., Zins und Tilgung jährlich; Anlaufkosten: 7.500 DM; Lauf- zeitkosten: 150 DM pro Monat; Verwertungskosten: 3.000 DM; Risiko: 0,24% p.a. vom AW; Bnd: 60 Monate.

1. Gewinn- und Verlustrechnung bei linearer Abschreibung

2. Gewinn- und Verlustrechnung bei degressiver Abschreibung (30%) und Übergang zu linearer nach dem zweiten Laufzeitjahr

Geschäftsjahr 2000 2001 2002 2003 2004

Erträge aus Leasingraten 240.000 480.000 480.000 480.000 480.000

Abschreibung 200.000 400.000 400.000 400.000 400.000

Zinsaufwand 50.000 80.000 60.000 40.000 20.000

Betriebsaufwand 8.400 1.800 1.800 1.800 4.800

Aufwendungen / Risiko 2.400 4.800 4.800 4.800 4.800

Verwertungsergebnis 185.000

Buchwertabgang 200.000

Mindererlösausgleich 15.000

Jahresergebnis -20.800 -6.600 13.400 33.400 50.400

Summe GuV: 69.800 DM

Summe GuV: 69.800 DM

Geschäftsjahr 2000 2001 2002 2003 2004

Erträge aus Leasingraten 240.000 480.000 480.000 480.000 480.000

Abschreibung 300.000 510.000 340.000 340.000 340.000

Zinsaufwand 50.000 80.000 60.000 40.000 20.000

Betriebsaufwand 8.400 1.800 1.800 1.800 4.800

Aufwendungen / Risiko 2.400 4.800 4.800 4.800 4.800

Verwertungsergebnis 185.000

Buchwertabgang 170.000

Mindererlösausgleich 15.000

Jahresergebnis -120.800 -116.600 73.400 93.400 140.400

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dazu kommen, dass Buchgewinne in Form von Liquidität ausgeschüttet werden, denen keine tatsächlichen Gewinne gegenüberstehen.

Um die erforderliche Transparenz in die externe Rechnungslegung zu bringen, bedarf es eines speziellen Rechnungsverfahrens, das als Substanzwertrech- nung bezeichnet wird. Die Grundidee der Substanzwertrechnung besteht darin, sämtliche in der Zukunft zu erwartenden Aufwands- und Ertragswirkungen des Vertragsbestands einer Mobilien-Leasinggesellschaft in einer Größe und auf einen Zeitpunkt bezogen zu verdichten.

Während der Jahresabschluss der Gesellschaft die – nach handels- bezie- hungsweise steuerrechtlichen Kriterien ermittelten – Erfolgswirkungen des Ver- tragsbestands in der aktuellen Rechnungsperiode widerspiegelt, antizipiert die Substanzwertrechnung bzw. der Substanzwert der Gesellschaft die Erfolgswir- kungen des Vertragsbestands aller zukünftigen Rechnungsperioden bis zum Ende von dessen Laufzeithorizont.

Durch Addition des handelsrechtlichen Jahresergebnisses und der Verände- rung des Substanzwertes lässt sich das sogenannte betriebswirtschaftliche Er- gebnis eines Geschäftsjahres berechnen, das als Maßstab für den wirtschaftli- chen Erfolg des Geschäftsjahres sowie als Richtlinie der Ausschüttungsbemes- sung zu verstehen ist. Der Aufbau einer Substanzwertrechnung und die einze l- nen Komponenten, die darin einfließen, sind in der nächsten Abbildung darge- stellt:

Abb. 8: Substanzwertrechnung

1. Lineare Abschreibung

2. Degressive Abschreibung

Substanzwertberechnung 31. Dez. 2000 31. Dez. 2001 31. Dez. 2002 31. Dez. 2003 31. Dez. 2004 zukünftige Leasingraten 1.920.000 1.440.000 960.000 480.000 ---

Verwertungserlöse 200.000 200.000 200.000 200.000 ---

Restbuchwert 1.800.000 1.400.000 1.000.000 600.000 ---

zukünftiger Zinsaufwand 200.000 120.000 60.000 20.000 ---

Risikoaufwendungen 19.200 14.400 9.600 4.800 ---

zukünft. Betriebsaufw. 10.200 8.400 6.600 4.800 ---

Substanzwert 90.600 97.200 83.800 50.400 0

Substanzwertdifferenz 90.600 6.600 -13.400 -33.400 -50.400

betriebsw. Ergebnis 69.800 0 0 0 0

Substanzwertberechnung 31. Dez. 2000 31. Dez. 2001 31. Dez. 2002 31. Dez. 2003 31. Dez. 2004 zukünftige Leasingraten 1.920.000 1.440.000 960.000 480.000 ---

Verwertungserlöse 200.000 200.000 200.000 200.000 ---

Restbuchwert 1.700.000 1.190.000 850.000 510.000 ---

zukünftiger Zinsaufwand 200.000 120.000 60.000 20.000 ---

Risikoaufwendungen 19.200 14.400 9.600 4.800 ---

zukünft. Betriebsaufw. 10.200 8.400 6.600 4.800 ---

Substanzwert 190.600 307.200 233.800 140.400 0

Substanzwertdifferenz 190.600 116.600 -73.400 -93.400 -140.400

betriebsw. Ergebnis 69.800 0 0 0 0

(21)

Wie das Beispiel zeigt, ist das betriebswirtschaftliche Ergebnis in beiden Bei- spielfällen gleich, das heißt, das betriebswirtschaftliche Ergebnis eines Lea- singgeschäfts beziehungsweise eines Geschäftsjahres ist unabhängig von der gewählten Abschreibungsmethode bzw. der Abschreibungspolitik der Leasing- gesellschaft.

Durch die degressive Abschreibung werden zu Beginn der Vertragslaufzeit zwar höhere stille Reserven gelegt als bei linearer Abschreibung, allerdings kommen diese auch in einem entsprechend höheren Substanzwert des Geschäfts zum Ausdruck. Während der Vertragslaufzeit realisiert sich diese stille Reserve in ungleichmäßiger Form im Jahresabschluss, jedoch steht diesem Effekt jeweils eine genau entgegengesetzte Veränderung des Substanzwertes gegenüber, so dass das betriebswirtschaftliche Ergebnis für die auf das Jahr des Geschäfts- abschlusses folgenden Jahre Null beträgt.

Im Gegensatz zur externen Rechnungslegung, in deren Rahmen der Erfolg des Geschäfts im Beispiel willkürlich den letzten Jahren der Vertragslaufzeit zuge- ordnet wird, ordnet das betriebswirtschaftliche Ergebnis den Geschäftserfolg damit derjenigen Rechnungsperiode zu, in der dieser tatsächlich verursacht wurde.

7. Analyse von Zinsänderungsrisiken

Vor ähnliche Probleme wie bei der Beurteilung des GuV-Ergebnisses sind Lea- singgesellschaften auch bei der Analyse bestehender Zinsänderungsrisiken gestellt. Das klassische Instrument, mit dem vielfach an diese Aufgabe heran- gegangen wird, ist die Zinsbindungsbilanz.

In Banken geht man dabei so vor, dass die in der Bilanz ausgewiesenen Fest- zins-Aktiva und -Passiva entsprechend ihrer jeweiligen Restlaufzeit mit ihrem jeweils ausstehenden Kapital definierten Laufzeitbändern zugeordnet werden.

Ein Zinsänderungsrisiko besteht in dieser Perspektive dann, wenn das ausste- hende Kapital in einem oder mehreren dieser Laufzeitbänder nicht mit den da- gegen stehenden Finanzierungsmitteln übereinstimmt.

Versucht man nun, dieses Verfahren auf eine Leasinggesellschaft zu übertra- gen, so stößt man dabei auf das Problem, dass in deren Bilanz keine Forderun- gen ausgewiesen werden sondern Restbuchwerte von Objekten. Statt Forde- rungsbeträgen würde man also Vermögenswerte in die Zinsbindungsbilanz ei-

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ner Leasinggesellschaft einstellen. Dahinter steht die Überlegung, dass das in der Bilanz ausgewiesene Vermögen dem gebundenen Kapital entspricht und insofern – nach der Logik der Bilanz – durch das auf der Passivseite ausgewie- sene Kapital finanziert wird.

Allerdings geht dieser Gedanke für das Leasinggeschäft nicht auf. Wie das fo l- gende Beispiel unterstreicht, stimmen die Restbuchwerte eines Leasingobjekts im Regelfall nicht mit dem gebundenen Kapital überein.

Abb. 9: Buchwert-/Restschuld-Vergleich

Hierbei sind die jeweiligen Restbuchwerte sowie die Restschuld, die sich durch Aufteilung der Leasingrate mit dem Aktivzins (Nominalzins) des Vertrages er- gibt, für einen TA-Vertrag mit 60 Monaten Laufzeit zu den jeweiligen Bilanz- stichtagen gegenübergestellt. Vertragsgegenstand ist eine Maschine, deren Abschreibungszeit 72 Monate beträgt und deren Anschaffungskosten sich auf rund 4,1 Millionen DM belaufen. Der TA-Wert wurde mit 10 Prozent des An- schaffungswertes kalkuliert.

Man sieht gleich, dass Restbuchwert und Restschuld zu keinem Zeitpunkt der Vertragslaufzeit übereinstimmen. Interessanter Weise liegt die Restschuld da- bei in den ersten drei Laufzeitjahren über dem jeweiligen Restbuchwert, in den darauf folgenden beiden Jahren hingegen darunter.

Nimmt man nun an, dass dieses Geschäft durch Forderungsverkauf finanziert worden wäre, zeigt sich noch ein anderes Bild, das jedoch ebenfalls keinerlei

0,00 500.000,0 0 1.000.000, 00 1.500.000, 00 2.000.000, 00 2.500.000, 00 3.000.000, 00 3.500.000, 00 4.000.000, 00 4.500.000, 00

199 9

200 0

200 1

200 2

200 3

200 4

Restbuchw ertRestschul d Beispiel:

TA-Vertrag

AW: ca. 4,1 Mio. DM Laufzeit: 60 Monate AfA-Dauer: 72 Monate TA-Wert: 10% des AW

Stichtag Restbuchwert Restschuld Differenz Bestand RAP fikt. Überhang 31.12.1999 3.783.930,50 3.834.169,41 -50.238,91 3.772.768,01 11.162,49 31.12.2000 3.095.941,58 3.143.855,05 -47.913,47 3.026.106,77 69.834,81 31.12.2001 2.407.952,66 2.423.181,03 -15.228,37 2.279.445,53 128.507,13 31.12.2002 1.719.963,74 1.670.812,16 49.151,58 1.532.784,29 187.179,45 31.12.2003 1.031.974,82 885.354,49 146.620,33 786.123,05 245.851,77

31.12.2004 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00

Angaben jeweils in DM

Verlaufsänderung, da Vertragslaufzeit<AfA-Dauer (Anlagenabgangam Ende der Grundmietzeit)

(23)

Realitätsbezug aufweist: In konsequent bilanzieller Betrachtung ist dann näm- lich der Bestand des passiven Rechnungsabgrenzungspostens, der für die Ein- nahme aus dem Forderungsverkauf gebildet werden muss, auf der Passivseite der Zinsbindungsbilanz anzusetzen. Wie das Beispiel zeigt führt diese Darstel- lung zu dem widersinnigen Ergebnis, dass ein wachsender Aktivüberhang und damit ein Zinsänderungsrisiko ausgewiesen würde, wo im Grunde gar kein Ri- siko besteht; denn die Forfaitierung stellt ein Geschäft – bis auf das Wiederan- lagerisiko – von Zinsänderungsrisiken frei.

Ursächlich für diese Verzerrungen sind, wie bereits angedeutet, im Wesentli- chen zwei Effekte: Zum einen der Umstand, dass die Vertragslaufzeit zwangs- läufig immer unterhalb der Abschreibungszeit liegt und der Kapitalrückfluss so- mit schneller als die Abschreibung des Objekts erfolgt. Zum anderen der Um- stand, dass die Auflösung des passiven RAPs gemäß steuerrechtlicher Rege- lungen linear und nicht entsprechend des Tilgungsverlaufs zu erfolgen hat und außerdem über die kürzere Vertragslaufzeit vorgenommen werden muss.

Aus diesen Gründen ist es nicht möglich, das Zinsänderungsrisiko einer Lea- singgesellschaft mittels einer Zinsbindungsbilanz und unter Rückgriff auf bila n- zierte Größen zu ermitteln. Sachgerechter erscheint hingegen, sich von dieser Betrachtungsweise zu lösen und auf strikt Zahlungsstrom-bezogene Verfahren zurückzugreifen. Die Vorgehensweise ist auf der folgenden Übersicht darge- stellt.

Abb. 10: Zahlungsstrom-orientierte Analyse des Zinsänderungsrisikos 1. Schritt: Analyse der Ausgangssituation

1. Schritt: Analyse der Ausgangssituation

Auswahl aller Zinsänderungsrisiken unterliegenden Aktiv- und Passivgeschäfte und Abbildung der Zahlungsströme dieser Geschäfte in einer Ablaufbilanz.

2.

2. Schritt: Erstellen einer Schritt: Erstellen einer BarwertbilanzBarwertbilanz

Laufzeit gerechte Diskontierung der Ablaufbilanz mit Zinssätzen der aktuellen Zinsstrukturkurve.

Ergebnis: Barwert des Risiko behafteten Zahlungsstroms aus Investitionen und Finanzierungen.

3. Schritt: Festlegen standardisierter

3. Schritt: Festlegen standardisierter ZinsänderungsZinsänderungs--SzenarienSzenarien

Ableitung möglicher zukünftiger Zinsstrukturen - z.B. Parallelverschiebungen und Drehungen der Zinsstrukturkurve; Forward-Rates; statistische Methoden (VaR); Zinsprognosen.

4. Schritt: Simulation der Erfolgswirkungen eintretender Zinsänderungsrisiken 4. Schritt: Simulation der Erfolgswirkungen eintretender Zinsänderungsrisiken

Analyse der Veränderung des Cash-Flow-Barwertes bei Eintreten der Definierten Zinsszenarien unter Verwendung so genannter Überhangkoeffizienten und Laufzeithebel.

5. Schritt: Entscheidung über mögliche Risiko politische Maßnahmen 5. Schritt: Entscheidung über mögliche Risiko politische Maßnahmen

Z.B.: Kompensatorische Eigengeschäfte / Volumen- oder Ergebnislimite

(24)

In einem ersten Schritt werden die Zahlungsströme aller Leasinggeschäfte, die Zinsänderungsrisiken unterliegen, in einer Ablaufbilanz zusammengefasst. Eine Ablaufbilanz fasst die zukünftig zu erwartenden Ein- und Auszahlungen ent- sprechend ihres zeitlichen Anfallens zusammen und ermittelt den ZahlungssalIn einem ersten Schritt werden die Zahlungsströme aller Leasinggeschäfte, die Zinsänderungsrisiken unterliegen, in einer Ablaufbilanz zusammengefasst. Eine Ablaufbilanz fasst die zukünftig zu erwartenden Ein- und Auszahlungen ent- sprechend ihres zeitlichen Anfallens zusammen und ermittelt den Zahlungssal- do jedes Laufzeitbandes. Nicht ganz einfach ist dabei festzulegen, welche Ge- schäfte mit welchen Zahlungsstrom-Bestandteilen in die Analyse eingehen.

Wesentliche Kriterien, nach denen sich dies im Leasinggeschäft bestimmt, sind zum einen die Vertragsart, zum anderen die Finanzierung eines Geschäfts: So können Geschäfte, die im Wege des Forderungsverkaufs finanziert wurden, beispielsweise als Risiko frei betrachtet und aus der Analyse ausgenommen werden. Handelt es sich jedoch um einen Teilamortisationsvertrag, bei dem le- diglich die Raten, nicht aber der Restwert forfaitiert wurden, ist der Restwert natürlich in der Analyse zu berücksichtigen.

Ist die Ablaufbilanz erstellt, erfolgt eine Laufzeit-gerechte Diskontierung der ein- zelnen Überhänge mit Zinssätzen der aktuellen Zinsstrukturkurve. Im Ergebnis erhält man auf diese Weise den Barwert des mit Zinsänderungs-Risiken behaf- teten Gesamt-Zahlungsstromes aus Leasing-Investitionen und Finanzierungen.

Dieser Barwert bildet die Referenzgröße der Risikoanalyse, bei der danach ge- fragt wird, wie sich kurzfristige Zinsänderungen auf den Cash-Flow-Barwert auswirken.

Dementsprechend ist es in einem dritten Schritt zunächst erforderlich, standar- disierte Zinsänderungs-Szenarien festzulegen. Wie diese aussehen, ist unter- nehmensindividuell festzulegen, jedoch sollten hierbei zumindest Szenarien für Parallelverschiebungen und Drehungen der Zinsstrukturkurve, ein Szenario, dem die impliziten Zinssätze zu Grunde liegen, ein auf historischer Simulation basierendes Szenario sowie natürlich Zinsprognosen verwendet werden.

Der vierte Verfahrensschritt erstreckt sich dann, wie bereits angedeutet, auf die Analyse der Veränderung des Cash-Flow-Barwertes bei Eintreten der definier- ten Zinsszenarien. Anhand der so ermittelten Risikowerte sowie vor dem Hi n- tergrund der vorhandenen Deckungsmittel kann dann über mögliche Risiko poli- tische Maßna hmen nachgedacht werden.

(25)

Insgesamt lässt sich festhalten, dass dieses Verfahren dem Zinsänderungsrisi- ko weitaus besser gerecht wird, als die bilanzielle Betrachtungsweise, und zwar nicht nur deshalb, weil es rechnerisch genauer ist, sondern auch, weil es dem Umstand Rechnung trägt, dass Leasinggesellschaften ihre Objekte nicht um des Eigentums willen erwerben, sondern um hierdurch einen Zahlungsstrom zu generieren.

8. Schlussbemerkungen

Die Übernahme von Risiken und der Umgang mit Risiken zählt seit jeher zu den wesentlichen Merkmalen des Leasinggeschäfts. Und so haben sich Leasingge- sellschaften immer schon mit Fragen des Risikomanagement auseinanderge- setzt. Dennoch war es in der Vergangenheit vielfach so, dass die Weiterent- wicklung der Steuerungsinstrumente hinter der Weiterentwicklung des Ver- triebssystems zurückblieb. Ein Grund hierfür mag sicherlich darin liegen, dass hier – anders als etwa im Bankenbereich – auf Grund fehlender Regulierung keine unmittelbaren Handlungszwänge hierzu bestanden haben.

Insofern stellt das KonTraG für die Leasingbranche weniger eine „lästige Pflicht“

als vielmehr einen längst fälligen Handlungsanstoß dar und gibt neue Impulse für eine aktive Steuerung der Risikosituation und des Geschäftsportfolios. Ein aktives Risiko- und Erfolgsmanagement erlangt nicht zuletzt auch vor dem Hi n- tergrund des allmählichen Rückzugs der Banken aus dem Firmenkreditge- schäft, von dem die Branche merklich profitiert, durch den aber auch neue Risi- ken entstehen, zunehmend an Bedeutung. Dabei entstehen aufgrund des Ob- jektbezugs des Geschäfts und aufgrund von Besonderheiten der Rechnungsle- gung spezielle Problemstellungen, die in dieser Weise bei keinem anderen Un- ternehmenstyp auftreten, die aber zugleich – wie in diesem Beitrag deutlich werden sollte – den besonderen betriebswirtschaftlichen Reiz der Risikosteue- rung bei Leasinggesellschaften ausmachen.

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Referenzen

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