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Archiv "Dracula alata" (24.09.1986)

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Dracula alata

Die Kleidung hatte mich gleich etwas erstaunt, aber heutzutage ist man ja allerhand gewöhnt. Er trug ein schwarzes Cape, innen mit rotem Samt ausgeschlagen.

Glattes, gescheiteltes, pech- schwarzes Haar. Stechende Au- gen, kräftiges Gebiß. Seinen Na- men gab er mit „Dracula" an, er komme aus Ungarn, sei Reisen- der und habe beruflich im wei- testen Sinne mit Transfusionen zu tun.

„Herr Doktor, ich bin am Ende", meinte er unvermittelt. Mein Ge- sicht muß Erstaunen ausge- drückt haben, denn er fuhr gleich fort: Na ja, ich wisse viel- leicht, die ewige Umherzieherei.

Es sei immer schwerer gewor- den, was Angemessenes zu fin- den, und das dauernde „Rein in die Gruft, raus aus der Gruft usw." mache einen ganz schön fertig. Das Geschäft werde im- mer schwieriger, keiner lasse sich mehr so bereitwillig beißen wie früher, schon gar nicht die Jungfrauen . .

Ich hielt es für angebracht, ein kurzes, bedeutungsvolles

„Hmm!" einzuwerfen. Zweifellos handelte es sich um eine der höchstseltenen transsylvani-

schen Berufspsychosen, Zei- chen des Niedergangs eines aussterbenden Berufs. Was denn mit Kruzifix und Knob-

lauch sei, wollte ich wissen. Er winkte 'ab. Längst nicht mehr ge- bräuchlich. Es gebe subtilere Methoden. Die Fenster seien fast alle einbruchsicher und, nur so als Beispiel, bei den hohen Glu- kosespiegeln heutzutage be- komme man vom Blutsaugen ei-

ne Karies, wie sie im Buche ste- he. Und damit werde quasi das Handwerkszeug ruiniert. Das verstand ich.

Ja, und dann sei da noch die Sa- che mit dem AIDS. Was er da so gelesen habe. Selbst wenn er einmal eine ungeschützte Karo- tis vor sich habe, traue er sich gar nicht mehr, so nach Lust und Laune zuzubeißen. Immer häufiger komme es vor, daß po- tentielle Beißopfer ihm unge- rührt einen positiven Laborbe- scheid hinhalten. Und er sei dann im Zweifel, ob das stimme oder nicht.

Das verunsichere ihn völlig. Und genau das sei auch der eigent- liche Grund, weshalb er gekom- men sei. Er fühle sich schlapp, so komisch um die Ohren, und die Arbeit mache ihm plötzlich keinen Spaß mehr. Da wolle er sicherheitshalber mal nachse- hen lassen. Ich untersuchte ihn.

Keine Spur körperlicher Sym- ptome. Klare Diagnose: hypo- chondrische Transsylvanose.

Ich verschrieb ihm ein paar HTLV-III-freie Blutkonserven.

Alles in allem ein netter Mensch.

Es ist wirklich nicht mehr das, was es mal war. Da hat er recht.

Wolfgang Rühle POST SCRIPTUM

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KigetTOL

FIRMTINA- FIELD

EmpLic4

2646 (92) Heft 39 vom 24. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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