Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 19½½11. Mai 2001 AA1213
S E I T E E I N S
Gebührenordnung für Ärzte
Die Zeit ist reif
Glosse
Im Land des Lächelns M
it dem Referentenentwurf desBundesgesundheitsministeri- ums für eine Sechste Gebührenan- passungsverordnung, der kürzlich vorgelegt wurde, ist ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Anglei- chung der Ostvergütungen auf GOÄ- beziehungsweise GOZ-Basis erfolgt. Erneut gelang es nicht,
„über den Schatten zu springen“
und das Ost- an das Westniveau an- zugleichen. Der Ostabschlag soll le- diglich von derzeit 14 Prozent auf 10 Prozent sinken. Damit sollen Ärzte, Zahnärzte, Hebammen und Kinder- sowie Jugendlichenpsycho- therapeuten in den neuen Bundes- ländern vom 1. Januar 2002 an bei der Privatbehandlung 90 Prozent der Westsätze erhalten.
Die Forderung der Bundesärzte- kammer auf Angleichung ist nur zum Teil erfüllt worden. Angesichts der Tatsache, dass die Wiederverei- nigung Deutschlands fast elf Jahre
Realität ist, weder Beitragszahlun- gen für die private Krankenversi- cherung noch Beitragsbemessungs- grenzen Unterschiede zwischen Ost und West aufweisen, Leistungen ost- deutscher Ärzte nicht geringer zu bewerten sind als Leistungen ande- rer Freier Berufe, deren Vergütun- gen bereits angeglichen sind, wäre es politisch notwendig, auch die ost- deutschen Ärzte mit den westdeut- schen Ärzten gleichzustellen. Dies hatte ein früherer Bundesgesund- heitsminister für den Jahrtausend- wechsel zugesagt.
Leitschnur der Anpassungsrege- lung ist weiterhin die „Sozialversiche- rungs-Rechengrößenverordnung“, die die Einkommensentwicklung der rentenversicherungspflichtigen Bürger in den ostdeutschen Bun- desländern zum Maßstab für die Anpassungsschritte der „privatwirt- schaftlichen“ Amtlichen Gebühren- taxe macht. An dieser fragwürdigen
Rechtsgrundlage wird rigide festge- halten, obwohl eine rechtliche Be- wertung ergeben hat, dass diese Be- zugsgröße in der Sozialversicherung für privatärztliche Leistungen sach- fremd und verfassungswidrig ist.
Wer den Wert einer privatärztlichen Leistung ausschließlich an die Ein- kommensentwicklung der renten- versicherungspflichtigen Bevölke- rung im Osten Deutschlands bindet, vergleicht Unvergleichbares. Maß- geblich für die Anpassung der Ho- norare bei Rechtsanwälten – auch bei Notaren und Steuerberatern – sind die wirtschaftlichen Verhältnis- se. Nicht plausibel ist, warum für die Heilberufe andere „wirtschaftliche Verhältnisse“ gelten sollen.
In Berlin hingegen soll die Anglei- chung der Kostengesetze über eine Gesetzesinitiative des Landes reali- siert werden. Die Zeit sei reif, heißt es in der Begründung. Das gilt für das gesamte Bundesgebiet! Renate Hess
E
s waren schöne Jahre, als Horst Seehofer Bundesgesundheitsmi- nister war. Seine Vorhaben dümpel- ten vor sich hin, scheiterten oder glückten, und die Presse schrieb darüber. Der Minister trug derweil unauffällige Anzüge oder Kombi- nationen. Er lächelte oder ließ es.Lediglich ein Mecki-Haarschnitt, den ihm seine Gattin verpasst hatte, beschäftigte einmal in ereignisar- mer Sommerzeit die Medien.
Dann kamen die Frauen: Andrea Fischer, Ulla Schmidt. Noch immer analysiert die Presse, ob ihre Vor- haben dümpeln, scheitern oder
glücken, doch nur am Rande. Mehr noch treibt gerade Journalisten um, wie sich die Bundesgesundheitsmi- nisterinnen im Amt fühlen. Um dies zu ergründen, wird unablässig in ihren Gesichtszügen geforscht.
Während Fischers Amtszeit began- nen fast alle Porträts mit einer Zu- standsbeschreibung ihrer Mund- partie: Sie lächele immer noch, sie lächele schon wieder, sie komme kaum mehr zum Lächeln.
Als Ulla Schmidt berufen wurde, keimte in mir Hoffnung: ein ande- rer Typ Frau. Ein anderes Vorgehen im politischen Geschäft. Ende der
Lächel-Analysen? Aber nein. Auch Ulla Schmidt bewegt ihren Mund, und das wird ihr zum Verhängnis.
„Lächeln mit den Lobbyisten“, lau- tete dieser Tage eine Überschrift.
„Ihr Zuckerlächeln ist ihre schärf- ste Waffe“ war andernorts zu lesen.
In einem Interview hieß es: „Ihnen wird nachgesagt, Sie würden Pro- bleme einfach weglächeln.“
So geistreich werden Ministerin- nen 2001 beurteilt. Schade, dass un- sereins Lächel-Texte noch nicht weggrinsen kann. Bleibt nur eines:
Geschlechterwechsel. Herr Seeho- fer, übernehmen Sie! Sabine Rieser