Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 98½½½½Heft 8½½½½23. Februar 2001 AA421
S E I T E E I N S
Krankenhäuser
Einheitlicher Preis D
ie Deutsche Krankenhausgesell-schaft e.V. (DKG) hat erneut be- kräftigt, dass das neue leistungsbe- zogene Entgeltsystem (diagnosebe- zogene Fallpauschalen) mit der Budgetdeckelung unvereinbar sei.
Andernfalls würden auch im Kran- kenhaus floatende Punktwerte und ein Preisverfall ausgelöst werden, wie er bereits im vertragsärztlichen Bereich heftig beklagt werde. Die DKG plädiert im Gleichklang mit der Bundesärztekammer und den Privatkrankenanstalten für eine be- darfsgerechte Finanzierung sämtli- cher versorgungsnotwendigen Lei- stungen.
Unbestreitbar vordringlich: Die Bundesregierung muss rasch den notwendigen ordnungs- und finanz- politischen Rahmen zur Einführung und Anwendung des neuen Vergü- tungssystems schaffen. Die neue
Krankenhausentgeltverordnung, die punktuelle Reform des Kranken- hausfinanzierungsgesetzes (KHG) und einschlägiger Paragraphen des SGB V müssen noch im Jahr 2001 parlamentarisch beraten und ver- abschiedet werden. Die wirtschaft- liche Selbstständigkeit der Kran- kenhäuser kann nur dann gewähr- leistet werden, wenn das System als Festpreissystem ausgestaltet wird.
Die Länder müssten die Letztver- antwortung für die Krankenhaus- planung, zumindest bei der Stand- ortplanung, behalten, so die For- derung der Krankenhausträger.
Grundlage der künftigen Mengen- vereinbarungen sollten die bereits vereinbarten Mengen zurücklie- gender Vereinbarungszeiträume und die erbrachten Leistungen sein. Bei Mengenüber- und -unterschreitun- gen sollten Ausgleichsregelungen
zum Zuge kommen. Die Ausgleichs- zahlungen sollten per überbetrieb- licher Pool-Lösung abgewickelt werden. Danach soll das Kranken- haus auch bei abweichender Men- genentwicklung zunächst einen ein- heitlichen Preis je DRG erhalten.
Bei Kontingentüberschreitungen muss das Krankenhaus Ausgleiche unter Berücksichtigung der Kosten in den Pool einzahlen, bei Mengen- unterschreitungen werden Aus- gleichszahlungen an die empfangs- berechtigte Klinik fällig. Die Zu- und Abschlagsregelung für die Si- cherstellung einer bedarfsgerech- ten Versorgung sollte von der Bun- des- auf die Landeszuständigkeit verlagert werden – eine ebenfalls nachvollziehbare Forderung, um die Eigenwirtschaftlichkeit der Krankenhausträger (§ 1 KHG) zu garantieren. Dr. rer. pol. Harald Clade
G
eheimoperation Gesundheitsre- form“ – unter dieser Über- schrift berichtete der „stern“ in der vergangenen Woche aus dem Ver- borgenen. Nach der nächsten Bun- destagswahl plane der Kanzler den Umsturz im Gesundheitswesen. In der Gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) sollten Arbeitgeber und -nehmer nur noch eine Grund- versorgung paritätisch finanzieren.Wer mehr wolle, müsse dafür allein bezahlen.
In den Schubladen des Bundes- gesundheitsministeriums (BMG) lägen schon allerlei Zukunftspläne, so über einen abgespeckten Lei- stungskatalog und eine Gebühr von 20 DM pro Arztbesuch. Die Genos- sen Gesundheitsexperten in der SPD-Bundestagsfraktion müsse man noch überzeugen. Ministerin
Ulla Schmidt stehe aber auf Kanz- lers Seite und sei beauftragt, dessen Reformwünsche umzusetzen.
Das BMG dementierte unver- züglich die behauptete Geheimope- ration und die angebliche Weisung.
Allerdings müsse man über die Zu- kunft der GKV nachdenken. Dazu gehöre die Frage, „was Eigenver- antwortung der Versicherten und Patienten und was solidarische Lei- stung der GKV ist“.
Ist das geheim und neu? Selbst- verständlich nicht. Wer wissen will, wohin die Fahrt im Gesundheitswe- sen gehen wird, braucht nicht zu warten, bis sich geheime Schubla- den im BMG öffnen. Alle Vorschlä- ge werden seit Jahren diskutiert.
Dass sich viele SPD-Gesundheits- politiker gegen Systemänderungen sperren, ist bekannt. Dennoch wird
angesichts der finanziellen Proble- me der GKV auf Dauer keine Re- gierung um ungeliebte Lösungsvor- schläge herumkommen.
Dass der Bundeskanzler den Wechsel im Bundesgesundheitsmi- nisterium nutzte, um eine ähnlich denkende Ministerin zu berufen, ist nicht verwunderlich. Die Entschei- dung für eine Rentenexpertin galt vielen außerdem als ein Indiz dafür, dass die SPD-Spitze im Gesund- heitswesen Lösungen nach dem Muster der Rentenreform anstrebt.
Schmidt hat in ihrer ersten Rede als Ministerin im Bundestag alle zum gemeinsamen Aufbruch einge- laden. Anders wird es nicht gehen – nicht ohne Aufbruch, nicht ohne gemeinsame Lösungen. Ein Um- sturz des Systems ist deshalb un- wahrscheinlich. Sabine Rieser