Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen
Rund um den Golf von Benin
Bar nicht schrecken, er sang schon mit einem Bier ä pression in der Hand um 19 Uhr: It's a long way to Tipperary. Ich verbrachte den Übergang im Bett und hörte gegen 0.30 Uhr ein paar matte Knallfrösche. Das Menü nahm ich am nächsten Tag zu 1850 AF und bekam auch noch ein Stück von der großen bonne annöe Torte.
Zu einer Fahrt in den Regenwald war ich morgens früh auf den Bei- nen. Die hilfsbereiten Geister lagen noch auf Bänken und Sesseln. Das Vogelgezwitscher ist auch in der Innenstadt stark und melodiös. Die Sonne braucht lange, um sich zu behaupten. Der frühe Vormittag ist leicht diesig. Aber später ist sie er- barmungslos. Touristen, die außer- halb der Stadt in einem modernen Schuppen der hotafric untergezo- gen sind, wollen natürlich zu Hau- se ihre Farben zeigen. Da läßt man sich rösten, bis das Gehirn ge- schwollen ist.
Der Regenwald, der sich auf Höhen bis 1000 m hinzieht, ist frisch grün und reich an wechselnden Bäu- men. Wenige Vögel sieht man.
Doch über einem Provinzmarkt kreisen reichlich Geier und warten auf das Marktende, sie sind urbani- siert! An der Straße liegen die typi- schen Dörfer aus Holz, Lehm, Gras und Palmenblättern. Einige Hühner, mal ein kleines Schwein und eine Ziege. Die Milch für die Hauptstadt wird von weither eingeflogen. Kin- der jede Menge, Mütter mit Säug- lingen, auch hier cadeau (Ge- schenk) erwartende Hände. Ein dargebotener Tam-Tam wirkte so saft- und kraftlos wie weiland ein Adlertanz im Grand Canyon. Man sieht kaum alte Leute. Lebenser- wartung Mitte Dreißig. Die traditio- nellen Krankheiten gehen um, es lebe die natürliche Auslese! Im Land ist von Reformmaßnahmen der Regierung wenig zu spüren. In der Stadt werben große Tafeln für die Landwirtschaft: paysan togolai- africaine. Dazu lächelt eine Ma- niokwurzeln schälende Frau mit se, symbol de la bonne cuisine Kind auf dem Rücken. Auch sonst gibt man sich national. Sprüche,
Haus der Partei, Fahnen, Unabhän- gigkeitsdenkmal. Hier sprengt der Sklave die Ketten!
Findige Geschäftsleute — allemal
Der Rebbach wurde schon immer gemacht: Sklavenhandel (Skla- venküste), Gold (Goldküste), Elfen- bein (Elfenbeinküste). Im Museum ist ein Foto ergreifend, das vor über 100 Jahren gemacht wurde.
Vier Schwarze sind zum Abtrans- port in Ketten gelegt. Halseisen, Handschellen und Mundknebel sieht man original. Die Händler kauften den Schwarzen für 20 Ein- heiten und verkauften ihn für 200 Einheiten. Der findige Geschäfts- mann der damaligen Zeit wird ei- nen über die hohe Verdienstspan- ne mit der Bemerkung hinwegge- tröstet haben, daß ja gar nicht alle Ware „brauchbar" angekommen sei. Die Herren von Ansbach und Hessen-Kassel machten es sich leichter und rekrutierten ihre Ware gleich aus dem eigenen Lande. In Monrovia und Freetown schlägt wenigstens das Gewissen der Zweiten Welt.
Trotz allem, die Völker geben sich lustig: drei junge Burschen, die Hüte transportieren, tragen acht bis zehn aufeinander auf dem Kopf.
Eine Hotelcrew trägt funny hats beim Koffertransport und tanzt dazu. Die Jugend tummelt sich im
Meer und futtert Kokosnüsse frisch vom Baum. An Feiertagen sind manche Kinder fein angezogen und bestaunen die Bleichgesichter am Pool über den Zaun.
Auch in der Stadt geht nicht alles zur Schule, wenn, dann ab 6. Hier wird Französisch gelernt. Wen wun- dert, wenn Kinder am Morgen „bon soir" und zu einer Dame „mon- sieur" sagen, um die Bereitschaft für ein cadeau zu schaffen.
Am Abend liegt der Halbmond wie auf Bildern aus 1001 Nacht. Am Strand geht eine angenehme Brise, im Hotelgarten kann man jetzt be- schaulich sitzen. Man überdenkt
den Tag und plant für morgen.
Auch denkt man an zu Hause. Das Schicksal der Europäer hier ist nicht leicht, und es gibt sicher Au- genblicke, wo einem mit Heinrich Heine die Augen übergehen kön- nen, wenn man an Rhein und Sau- erkraut denkt. Doch ist die Strecke vom Äquator nach Frankfurt heute schneller zurückgelegt als im ver- gangenen Jahrhundert die Strecke von Paris nach Düsseldorf. Das trö- stet besonders den, der nach Hau- se zurückkehren kann. Ein Besuch am Golfe du Benin lohnt allerdings immer.
Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Gerhard Wiegand Donarstraße 9
5000 Köln 91
—ECHO
Zu: „Zur karzinogenen und tera- togenen Wirkung von Diäthylstilb- östrol" in Heft 3/1977, Seite 131
Arzneimittelkommission warnt vor
mehreren Medikamenten
„Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft warnt vor einigen Medikamen- ten die Krebs und Mißbildun- gen verursachen können. Es sind Arzneimittel mit dem syn- thetischen Hormon ,Diäthyl- stilböstrol` (DES), das seit etwa 25 Jahren als syntheti- sches Östrogen klinisch ange- wendet wird. Diese Medika- mente wurden, wie aus einem Hinweis im DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT hervorgeht, vor al- lem als Ersatz von natürli- chem Östrogen bei Hormon- mangel sowie zur Behandlung von Prostatakrebserkrankun- gen und seit einigen Jahren in hohen Dosen als empfängnis- verhütende ,Pille danach' benutzt ..." (Frankfurter All- gemeine und andere Tages- zeitungen)
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 7 vom 17. Februar 1977 459