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Archiv "Die optimale Krankenhausverweilzeit" (23.02.1978)

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 8 vom 23. Februar 1978

Um der Gefahr eines psychi- schen und infektiösen Hospi- talismus zu begegnen sowie aus wirtschaftlichen Gründen soll die Dauer einer stationä- ren Krankenhausbehandlung auf die medizinisch notwendi- ge Zeit beschränkt werden.

Nachuntersuchungen und die breite Zustimmung von ein- tausend befragten Patienten aus Krankheitsgruppen der

"mittleren" Chirurgie zeigen,

daß die Grenze zwischen not- wendigem und entbehrlichem Krankenhausaufenthalt er- heblich unter den in neueren Untersuchungen ermittelten Verweilzeiten eines gleicharti- gen Patientenkollektivs ange- setzt werden kann. Um die Verweildauer zu reduzieren, wird in diesem Beitrag ein ge- spaltener Pflegesatz mit ei- nem täglichen Entgelt für

"Hotelkosten" und einem

nach Krankheitsart variieren- den Festbetrag empfohlen.

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Die optimale

Krankenhausverweilzeit

Ergebnisse einer Patientenbefragung

Kurt Fritz

Die relativ langen Liegezeiten in vie- len Krankenhäusern der Bundesre- publik Deutschland werden unter anderem auf die Zerstörung der Großfamilie, die asymmetrische Al- tersstruktur und den hohen Anteil von Alleinstehenden zurückgeführt.

Ehlers verweist auf die Bedeutung auch anderer Sozialfaktoren. So wurde festgestellt, daß Patienten mit schulpflichtigen Kindern eine auffal- lend kurze Verweildauer aufweisen.

Sozialversicherte liegen meist län- ger im Krankenhaus als Selbständi- ge. Daß ein hohes Bettenangebot die Verweildauer verlängern kann, haben das Deutsche Krankenhaus- institut Düsseldorf, die Prognos AG Basel, Stöcke! und Berfenstamm gemutmaßt.

Es gibt also unterschiedliche krank- heitsunabhängige Faktoren, die ei- nen Krankenhausaufenthalt über das medizinisch notwendige Maß hinaus verlängern. Fritz Hartmann hat nachgewiesen, daß Erwachsene durch eine Hospitalisierung genau- so wie Kinder in ihrem Verhalten vorübergehend oder dauernd ge- stört werden können. Was im Kran- kenhaus als brauchbare Einordnung in den Betrieb erscheint, ist in Wirk- lichkeit oft Selbstaufgabe, Resigna- tion und Depression. Soziale Isolie- rung, Reglementierung des Le- bensrhythmus (Licht ausschalten, frühes Wecken, Bestimmung der Zeiten für Essen, Besuch, Spazie- rengehen) und Begrenzung der In- formation entmündigen den Kran-

ken und verstärken vorhandene Regressionstendenzen.

Mit fortschreitender Perfektion und Technisierung von Pflege und Be- handlung nimmt die Entfremdung zwischen Patient und Gesellschaft ständig zu. Der Patient gerät nicht selten in eine Situation der Verlas- senheit, Abhängigkeit und Isolie- rung. Eine Einweisung in das Kran- kenhaus ist deswegen "rücksichts-

los", wenn nicht geprüft wird, ob der

Kranke auch in seiner gewohnten Umgebung behandelt werden kann. Man mag die Gefahren eines psychi- schen Hospitalismus für gering und wenig faßbar halten. Zahlenmäßig nachweisbar ist jedenfalls der infek- tiöse Hospitalismus. Nach Untersu- chungen von Edmund Thofern infi- zieren sich zehn Prozent der ope- rierten Patienten im Krankenhaus, zwei Prozent davon erkranken schwer. Marget und Daschner ver- anschlagen die Kosten der Behand- lung von Infektionen, die im Kran- kenhaus "erworben" wurden, für die Bundesrepublik Deutschland mit jährlich 500 Millionen DM. Amerika- nische Untersuchungen zeigen ei- nen eindeutigen Zusammenhang zwischen Liegedauer und lnfek- tionsrate.

Krankenhaus frühzeitig entlasten ..,.. Es ist demnach schädlich, einen Krankenhausaufenthalt über das medizinisch notwendige Maß hinaus zu verlängern. Der Patient sollte in

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Verweildauer

seine gewohnte Umgebung zurück- kehren, sobald er die besonderen pflegerischen und medizinisch- technischen Möglichkeiten des Krankenhauses nicht mehr benötigt.

Die Einschaltung des Hausarztes be- reits in der Klinik, Hauspflege und Sozialstationen sind geeignet, dies zu erleichtern.

Die medizinisch begründete Forde- rung nach einem möglichst kurzen Krankenhausaufenthalt deckt sich weitgehend mit der wirtschaftlichen Notwendigkeit, das „teuerste Heil- mittel", die Krankenhausbehand- lung, nur dann und nur so lange einzusetzen, wie der gleiche Erfolg nicht durch eine andere Behand- lungsform zu erreichen ist.

Bei der Beurteilung der medizini- schen Notwendigkeit einer Kranken- hausbehandlung ist zu unterschei- den, zwischen einem objektiv not- wendigen, einem bedingt notwendi- gen und einem entbehrlichen Be- darf. Über den entbehrlichen Bedarf gehen die Ansichten offenbar weit

auseinander, denn nur so ist zu er- klären, daß in Nordbaden/Nordwürt- temberg die Verweildauer in Kran- kenhausabteilungen gleicher Struk- tur zum Teil um mehr als 200 Pro- zent differiert.

Als Abgrenzung zwischen „notwen- dig" und „entbehrlich" bietet sich diejenige Zeit an, nach der eine Ent- lassung erfolgen kann, ohne daß Komplikationen auftreten, die durch einen längeren Krankenhausaufent- halt vermeidbar gewesen wären.

Wenn zudem der weit überwiegende Teil der Patienten die Liegezeit als richtig akzeptiert, so kann daraus geschlossen werden, daß sie dem notwendigen Bedarf entspricht.

Empirische Überprüfung

Um zu klären, ob die für bestimmte Krankheitsgruppen der „mittleren"

Chirurgie gewählte Verweildauer diesen Kriterien entspricht, wurden

1000 Patienten befragt, wie sie die Liegezeiten beurteilen. Die Fragen bei der Entlassung lauteten: „Wuß- ten Sie, daß die Behandlung hier so kurz ist? Sind Sie hierher gekom- men, weil Sie einen kurzen Kranken- hausaufenthalt wünschen? Ist der Zeitpunkt der Entlassung zu früh - richtig - zu spät? Wären Sie gerne noch einige Tage in einer hotelähnli- chen Einrichtung geblieben?"

Bei der Wiedervorstellung in der Sprechstunde waren die restlichen Fragen zu beantworten: „Wie sind Sie daheim zurechtgekommen? War nach der jetzigen Beurteilung der Zeitpunkt der Entlassung zu früh - richtig - zu spät?"

Die Behandlung erfolgte in einer chirurgischen Praxisklinik, in der jährlich etwa 950 Patienten aufge- nommen werden. Ein Drittel davon sind Kinder, für die günstige Ergeb- nisse mit kurzen Behandlungszeiten und ambulanten Operationen be- reits bei früheren Untersuchungen bestätigt wurden.

Tabelle 1: Altersstruktur und durchschnittliche Verweildauer der befragten Patienten, aufgegliedert nach Diagnosen

Diagnose 18-30 31-40 41-50 51-60 61-70 über 70 Summe Verweildauer

Leistenbrüche 40 67 86 81 70 38 382 6,34

sonstige Bauchwandbrüche 20 21 8 10 6 1 66 5,77

Gallenwegsoperationen 10 22 16 16 9 73 7,7

Appendektomien 33 17 6 4 1 61 6,48

Strumektomien 19 10 13 8 2 52 6,52

Mammaamputationen

-

4 17 10 15 7 53 7,55

gutartige Mammatumoren*) 2 3 7 2 2 9 25 2,72

Hydrozelen und Varikozelen 6 7 7 5 11 1 37 5,15

Phimosen 27 8 3 4 1 43 2,14

Dupuytrensche Kontrakturen

-

5 11 12 10 8 46 2,28

Proktologische Operationen 21 31 51 33 20 6 162 3,56

Gesamt 178 195 225 185 147 70 1000

*) Zahl der im gleichen Zeitraum ambulant operierten Mammatumoren: 314

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Tabelle 2: Vergleich der Verweildauer mit der AOK-Statistik 1975

ICD-NR Diagnose AOK-Statistik eigene Statistik

550 Leistenbruch 17,36 6,34

551 sonstige Eingeweidebrüche 19,78 5,77

574 Cholelithiasis 23,94 7,7

540-542 Appendizitis 12,75 6,48

240-241 Struma 16,67 6,52

174 Mammakarzinom 28,44 7,55

217 sonstige Mammatumoren 11,55 2,72

605 Phimose 11,3 2,14

455 Hämorrhoiden 16,01 3,85

565 Analfistel und -fissuren 17,72 3,57

Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen Verweildauer

Voruntersuchungen und eventuell notwendige Vorbehandlungen erfol- gen zusammen mit dem Hausarzt beziehungsweise niedergelassenen Kollegen anderer Fachrichtungen.

So ist es stets möglich, die Patienten am Tag nach der Aufnahme zu ope- rieren und ihnen dadurch die als be- sonders unangenehm empfundene Wartezeit zwischen Aufnahme und Operation zu ersparen.

Über die voraussichtliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes waren die Patienten in der Regel orientiert. Die entsprechende Frage wurde von 82 Prozent mit „ja" beantwortet. 62 Prozent gaben an, daß sie die Klinik wegen der kurzen Liegezeit aufge- sucht hätten. Die Tabelle 1 gibt die Altersstruktur und durchschnittliche Verweildauer, aufgegliedert nach Diagnosen, wieder. Zwischen den einzelnen Altersgruppen bestehen bei gleicher Diagnose nur geringe Unterschiede in der durchschnittli- chen Verweildauer (maximal 0,9 Tage).

Da auch aufgezeichnet wurde, ob die Patienten alleinstehend waren und wer sie nach der Entlassung versorgte, kam weitgehend das „Pa- tientenprofil" zustande, das Sieg- fried Eichhorn für die Effizienzbeur- teilung im Krankenhaus fordert.

Alle in die Befragung einbezogenen Patienten wurden nach der Entlas- sung aus der stationären Behand- lung wiederbestellt. Eine lückenlose Kontrolle war dadurch sicherge- stellt, daß der zweite Teil des Frage- bogens erst bei diesem neuen Ter- min ausgefüllt wurde. Nur zwei Pa- tienten sind zur verabredeten Kon- trolle nicht erschienen.

Ein 46jähriger Mann hatte zwischen- zeitlich einen Herzinfarkt erlitten; ei- ne 38jährige Frau war unter dem später nicht bestätigten Verdacht auf eine Infarktpleuritis in eine inne- re Abteilung eingewiesen worden.

Beide Komplikationen können dem Entlassungszeitpunkt nicht angela- stet werden. Wegen harmlos verlau- fender Nachblutungen nach der

Operation einer Phimose und einer Analfistel wurden zwei Patienten noch einmal kurzfristig zur Beob- achtung aufgenommen.

Ergebnisse der Befragung

23 Patienten fanden bei der Entlas- sung den Zeitpunkt zu früh. Nicht entscheiden konnten sich zunächst 18. Davon erklärten 14 später, daß sie daheim gut zurechtgekommen seien und daß die Entlassung zur richtigen Zeit erfolgt sei. 24 haben ihre zuerst geäußerte Meinung teils positiv, teils negativ korrigiert, so daß bei Behandlungsabschluß ins- gesamt 31 beziehungsweise 3,1 Pro- zent der Ansicht waren, daß sie zu früh entlassen worden seien. Sie verteilen sich gleichmäßig auf alle Diagnosegruppen. und sind nur bei den proktologischen Operationen und hier bei der hohen intraanalen Abtragung der Hämorrhoiden mit sieben von 68 Fällen überrepräsen- tiert. Das gleiche gilt für die Allein- stehenden. Hier bezeichnen acht von 66 den Entlassungszeitpunkt als zu früh. Überdurchschnittlich sind unter den Unzufriedenen auch die Patienten vertreten, denen die Dauer des Krankenhausaufenthaltes nicht bekannt war. Von den 217 Patienten

über 61 Jahren wären nur drei gerne länger im Krankenhaus geblieben.

Im Gespräch mit älteren Patienten gewann man stets den Eindruck, daß sie in die gewohnte Umgebung zu rückdrängen.

Begründet wurde der Wunsch nach einem längeren Krankenhausaufent- halt mit Schwierigkeiten, sich oder andere zu versorgen, mit Schwäche- gefühl oder dem Auftreten stärkerer Schmerzen. Oft gaben die Patienten auch nur an, daß sie gerne noch ein paar Tage geblieben wären. Zwei Frauen waren früher bei ähnlichen Eingriffen mehrere Wochen im Krankenhaus gewesen und fanden deswegen den jetzigen Aufenthalt zu kurz.

Bewertung

Tatsächlich bestand bei einem Teil dieser Fälle eine nur subjektive, vom Patienten empfundene Notwendig- keit für einen längeren Kranken- hausaufenthalt. Eine bedingte Not- wendigkeit für eine stationäre Pflege wird man für Alleinstehende und alte Patienten und auch für Patientinnen mit Hausfrauenpflicht zugestehen.

In diesen Fällen hätte aber die Kran-

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Verweildauer

kenhausbehandlung ohne Nachteile durch eine Hauspflege oder eine Un- terstützung im Haushalt ersetzt wer- den können.

Bei den an Hämorrhoiden Operier- ten muß man den zunächst gewähl- ten Krankenhausaufenthalt von drei Tagen als zu kurz ansehen, entspre- chende Konsequenzen wurden in den letzten Monaten gezogen. Von der Möglichkeit der Unterbrin- gung in einer hotelähnlichen Ein- richtung "Hostel" hätten nur insge- samt 25 Patienten gerne Gebrauch gemacht.

Sie verteilen sich auf alle Krank- heitsgruppen und Altersstufen ohne erkennbaren Schwerpunkt und oh- ne ersichtliche Notwendigkeit.

.,.. Als Ergebnis ist festzustellen: Es sind bei den 1000 Patienten keine Komplikationen aufgetreten, die der kurzen Verweildauer angelastet wer- den können. Rund 97 Prozent haben die gewählte Dauer des Kranken- hausaufenthaltes akzeptiert. Wirt- schaftliche Mittel wurden nur soviel eingesetzt, wie aus medizinischen Gründen notwendig waren.

Was diese Begrenzung auf das Not- wendige bedeutet, zeigt die Tabelle 2. Sie vergleicht die Verweildauer im eigenen Haus mit den Durch- schnittszahlen, die für die gleichen Erkrankungen der Krankheitsarten- Statistik des Bundesverbandes der Ortskrankenkassen (BdO) zu ent- nehmen sind.

Bei Zugrundelegen eines durch- schnittlichen Pflegesatzes von 140,19 DM für 1976 (nach Angabe des Verbandes der privaten Kran- kenversicherung, Köln) beträgt die Einsparung für die in dieser Tabelle aufgeführten 888 Fälle 11 022 Pfle- getage beziehungsweise rund 1,5 Millionen DM.

Um in der Altersstruktur möglichst identische Kollektive zu vergleichen, wurden aus der BdO-Statistik bei den gutartigen Mammatumoren, Strumen und Gallensteinerkrankun- gen die Rentner, bei den Leistenher-

nien, sonstigen Bauchwandbrü- chen, Phimosen und Appendekto- mien die Familienmitglieder (bei die- sen Krankheitsgruppen meist Kin- der) weggelassen.

Bei den Gallensteinerkrankungen hätte die Aufnahme von komplizier- ten Fällen die Verweildauer sicher verlängert, sonst aber kann das Krankengut als durchschnittlich und damit vergleichbar bezeichnet werden.

Die eigenen Zeiten entsprechen da- bei durchaus solchen, wie sie an manchen anderen Kliniken üblich sind. So gibt Berfenstamm die Ver- weildauer männlicher Leistenbrü- che zwischen 45 und 64 Jahren für Schweden mit 9,9 Tagen und die USA mit 7,3 Tagen an.

Eine auf dem Studium von rund 16 Millionen Entlassungen beruhende Tabelle über die erlaubte Verweil- dauer in bestimmten Bereichen des Staatlichen Gesundheitsprogram- mes der USA begrenzt den Klinik- aufenthalt für Routineappendekto- mien und Leistenbruchoperationen bei der Altersgruppe von 0 bis 19 Jahre auf vier Tage, für 65jährige nach der Herniotomie auf sechs, für Gallenoperationen auf acht Tage.

Das Einverständnis großer Teile der Bevölkerung mit kurzen Liegezeiten läßt sich an den Bauchwandbrüchen belegen. Mit 2204 Fällen wurden in den letzten fünf Jahren zwei Drittel aller im Stadtgebiet operiertEm Her- nien in der eigenen Klinik behandelt.

Aber auch wenn man unterstellt, daß die kurzen Liegezeiten zum Teil ei- nem besonders motivierten Patien- tenkreis zu verdanken sind, müssen die vom BdO ermittelten Durch- schnittszahlen befremden. Ein Kran- kenhausaufenthalt von 17 Tagen für Leistenbrüche ohne Einkle.mmung,

11,5 Tagen für gutartige Mamma-

tumoren (bei Aussparung der Rent- nerinnen, die damit durchschnittlich 20 Tage im Krankenhaus bleiben') und 11 Tagen für Phimosen kann nur ausnahmsweise und beim Vor- liegen von Komplikationen berech- tigt sein.

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Als Durchschnittswerte sind diese Zeiten medizinisch nicht begründ- bar und wirtschaftlich nicht zu ver- treten. Das gleiche gilt, in unter- schiedlich starkem Ausmaß, für die sieben anderen aufgeführten Krank- heitsgruppen.

Fallkosten sinken

Bei verkürzter Verweildauer erhö- hen sich infolge der größeren Be- handlungsintensität die Kosten je Pflegetag, gleichzeitig sinken je- doch die Fallkosten. Aber nur die Fallkosten, bezogen auf dieselbe Krankheitsgruppe, geben Aufschluß über die Wirtschaftlichkeit eines Krankenhauses und die Effektivität der dort eingesetzten Mittel.

.,.. Wenn die Novellierung des Kran- kenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) eine "kostendämpfende" Wir- kung haben soll, dann muß sie Kran- kenhäusern mit unnötig hohen Fallkosten wirtschaftliche Nachteile bringen. Der vielfach vorgeschlage- ne degressive Pflegesatz wird dieser Forderung nicht gerecht, denn er kann bei gleichbleibender Betten- zahl zu vermehrten Aufnahmen für die ersten, teueren Tage und damit zu höheren Gesamtkosten führen. Richtwerte für Personal- und Sach- kosten, die sich ausschließlich an der Bettenzahl orientieren, sind ge- eignet, die Leistungen zu reduzie-

ren, um mit den vorgegebenen Wer-

ten auszukommen. Leistungsminde- rung bei gleichzeitigem Zwang, Bet- ten zu fü IIen, bedeutet aber stets Aufnahme von Bagatellfällen und Verlängerung der Verweildauer.

Ein gespaltener Pflegesatz ist dage- gen geeignet, das angegebene Ziel zu erreichen, wenn er aus einem täglichen Entgelt für .. Hotelkosten"

und aus einem nach Krankheitsart variierenden fallbezogenen Festbe- trag (Fallpauschale) für die ärztli- chen, medizinisch-technischen und pflegerischen Leistungen besteht.

Diese Fallpauschale muß sich an ei- nem mittleren notwendigen und nicht an der mittleren derzeitigen

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Verweildauer

Verweildauer orientieren. Entste- hende Gewinne verbleiben den Krankenhausträgern, Defizite gehen zu ihren Lasten. Für die Feststellung der mittleren notwendigen Verweil- dauer liegen Zahlen in den statisti- schen Angaben der Selbstkosten- blätter und in den Diagnosestatisti- ken der Ortskrankenkassen bereits vor.

~ Danach lassen sich Krankenhäu- ser mit besonders kurzer und beson- ders langer Verweildauer ermitteln.

ln diesen wären dann der Umfang präoperativer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, War- tezeiten auf Operationstermine, Dauer der Nachbehandlung, Korn- plikationsfrequenzen und Mortalität für einzelne Krankheitsgruppen zu analysieren.

Es wäre auf diese Weise feststell bar, welcher medizinische und zeitliche Aufwand für bestimmte Krankheits- gruppen objektiv notwendig ist. Dar- an hätte sich der Festbetrag zu orientieren.

Durch knappe Kalkulation dieses Betrages für solche Fälle, die in der Regel ambulant behandelt werden können, kann man deren stationäre Aufnahme zumindest einschränken. Ebenso lassen sich durch großzügi- ge Vorgaben Anreize in den Berei- chen schaffen, in denen Versor- gungsengpässe bestehen, wie in der Neurochirurgie, der Gefäßchirurgie, Psychiatrie oder Orthopädie. Kran- kenhausträger könnten so zu Struk- turänderungen oder zum Bettenab- bau veranlaßt werden, um Defizite zu vermeiden und die Rentabilität zu steigern.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers: Dr. med. Kurt Fritz Pestalozzistraße 19-21 7100 Heilbronn

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen THEMEN DER ZEIT

Einstellung der Allgemeinärzte zur Fortbildung

Ergebnisse einer Befragung in Nordrhein

Teil 111: Beziehungen zu Persönlichkeits- und Praxismerkmalen

Rudolf Gross, Manfred Kusche, Hannelore Roemer-Hoffmann

Fortbildung- als Teil der ärztlichen Berufsausübung definiert ist ebenso stark wie die Arbeitsorgani- sation der Arztpraxis selbst an Per- sönlichkeits- und Praxismerkmale gebunden. Wie aus neueren Struk- turanalysen von Allgemeinpraxen (z. B. Verdenstudie, 33) geschlossen wird, sind Persönlichkeitsmerkmale dominierend und können die Um- weltfaktoren einer Praxis kompen- sieren. Der Einfluß von Persönlich- keitsmerkmalen auf das Fortbil- dungsverhalten ist daher von gro- ßem Interesse.

1. Beziehungen zum Alter Als ein grundsätzliches Ergebnis un- serer Befragung in Nordrhein wurde errechnet, daß altersabhängige An- gaben vorwiegend einer Drei-Stu- fung folgen: Differente Angaben werden von drei verschiedenen Al- tersgruppierungen gemacht, von jüngeren Allgemeinärzten bis zu 40 oder 45 Jahren, von Allgemeinärzten mittleren Alters von 41 oder 46 bis zu 60 Jahren und von Ärzten ab 61. Lebensjahr.

Die Angaben über Fachzeitschrif- tenlektüre ließen keine Altersbezie- hung erkennen. Mit zunehmendem Alter wurden jedoch die Zeitaufwän- de für die Fortbildungsteile berufs- ständischer Zeitschriften umfangrei- cher, ebenso die Zeitaufwände für Fachschriften der pharmazeuti- schen Industrie und für medizini- sche Beiträge der Tagespresse. Hier handelt es sich möglicherweise tat- sächlich um eine altersbedingte Ge- wohnheit, langsamer zu lesen, denn

die Informationsgewinne aus dieser Lektüre, die genannt wurden, stie- gen mit zunehmendem Alter keines- wegs an. Deutlich war die Altersbe- ziehung auch zu den Lehr- und Fachbüchern, die von jüngeren Ärz- ten stärker bevorzugt und höher ein- geschätzt wurden. Weniger umfang- reiche Lesezeiten und weniger Nut- zungswerte wurden mit zunehmen- dem Alter angegeben.

Für die Kongreßfortbildung wurde ermittelt, daß die jüngeren Ärzte kür- zere Verweildauern angaben, jedoch ein größeres zukünftiges Interesse für diese Fortbildungsform zeigten. Die Wertschätzung der fachlichen Kollegenkontakte durch Gespräche war bei den jüngeren Allgemeinärz- ten stärker zum Krankenhaus ge- richtet, bei den mittleren Jahrgän- gen stärker zu den niedergelasse- nen Kollegen. Dies mag seine Ursa- che in noch fortbestehenden Bin- dungen der jüngeren Ärzte zu ihren Ausbildungsstätten und persönlich bekannten Krankenhäusern haben.

Die mittleren Altersgruppen zwi- schen 45 und 60 Jahren schätzten außerdem auch die Briefe der nie- dergelassenen Fachärzte als Infor- mationsquellen am höchsten ein. Anders waren die Beurteilungen des Informationswertes der Briefe von Krankenhausärzten in Abhängigkeit vom Alter verteilt: Die Wertschät- zung nahm mit steigendem Alter zu.

2. Frauen

Für die Ärztinnen in Nordrhein, die den Fragebogen beantworteten,

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