A 1922 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 108|
Heft 37|
16. September 2011KOPENHAGEN
Dreimal Louise
Im Museum Louisiana verbindet sich dänische Lebenslust mit großer Kultur.
M
it sanften Bewegungen bringt Inger ein eisernes Mobile zum Schwingen, ein Kunstwerk so rot wie die Liebe. Ein paar Schritte weiter bestaunt ihr Freund Jens eine surrealistische Figur des katalani- schen Multitalents Joan Miró. Kurz darauf sitzen die beiden jungen Leute aus Kopenhagen eng umschlungen auf den Stufen vor der Cafeteria des Museums Louisiana und schauen über den Øresund. Was für ein Ge- samtkunstwerk: im Vordergrund der Skulpturenpark mit Plastiken vonMiró und Henry Moore, im Hinter- grund die glitzernde Ostsee.
Louisiana, nur eine gute halbe Stunde mit dem Auto oder der Bahn von der dänischen Hauptstadt ent- fernt, ist Dänemarks beliebtestes Museum. Kein anderes bekommt in seinem Gästebuch oder bei Inter- netportalen so viel Lob: „unglaub- lich schöne Lage“, „schlichtweg atemberaubend“ oder „ganz einfach märchenhaft und wunderschön“, heißt es da wie dort in einem Dut- zend verschiedener Sprachen.
Bei der Eröffnung 1958 wurden zunächst nur die Objekte zeitgenös- sischer Künstler aus dem eigenen Land ausgestellt. Schon bald aber wurden das Konzept und mit ihm das Museum erweitert, um eine Konzerthalle, um Flügelbauten, an denen auch Jørn Utzon, der Archi- tekt der Sydney-Oper, mitgewirkt hat, um einen Konzertsaal, schließ- lich um ein Kinderkunsthaus. Seit- her werden permanent etwa 3 000 Artefakte gezeigt, immer wieder er- gänzt durch Sonderausstellungen.
Louisiana bietet vorwiegend Kunst nach 1945, im Mittelpunkt stehen dabei Gemälde und Plasti- ken der 60er bis frühen 90er Jahre.
Aus Deutschland sind so prominen- te Namen wie Georg Baselitz und Anselm Kiefer, aber auch der Leipziger Fotograf Andreas Gur- sky vertreten. Die Bilder der Pop-Art-Größen Roy Lichtenstein, Robert Rauschenberg und Andy Warhol sind ständig zu sehen, großzügig präsentiert, hell und lichtdurchflutet auch in den unter- irdischen Räumen.
Am Rande des Dorfes Humle- bæk hatte sich 1855 der königliche Hofjäger Alexander Brun einen Landsitz zugelegt, nobel und weit- läufig. Brun war dreimal verheira- tet, und wie der Zufall es wollte, hieß jede seiner Frauen Louise. Das
brachte 100 Jahre später die Grün- der des neuen Kunstmuseums dazu, ihren modernen Bau neben der Brun-Villa „Louisiana“ zu nennen;
es war der Beginn einer anhaltenden Erfolgsgeschichte.
Man kann das zeitgenössische Kunsterlebnis Louisiana auch lust- voll mit den Traditionen dänischer Esskultur verbinden. Zehn Fußmi- nuten nördlich vom Museum ser- vieren Jane und Thomas Krensler in ihrem „Gamle Humlebæk Kro“, 1740 von König Christian VI. privi-
legiert, Hacksteak nach Art der Waldläufer in der Jagdstube, mari- nierte Heringe und Krebssuppe am Kapitänstisch, Kaffee und Kuchen im Garten vor dem alten Gasthof.
Inger und Jens schauen den Wol- ken nach, die vom Øresund herüber nach Westen ziehen. Für den Rück- weg auf der Küstenstraße nach Ko- penhagen haben sie auf halbem Weg einen Abstecher nach Rungstedlund geplant, zum Geburts- und Wohn- haus von Karen („Tania“) Blixen.
Auch dieser alte Landsitz, voller Er- innerungen an ihre Farm in Afrika und an ihren Liebhaber Denys Finch Hatton, ist heute ein sehens- wertes Museum. Aber das ist wieder eine andere Geschichte . . .
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Bernd Schiller
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Informationen: www.louisiana.dk;www.visitdenmark.dk Beeindruckende
Aussichten: zeitge- nössischer Kunstge- nuss mit Blick auf
den Øresund
Foto: Bernd Schiller