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Archiv "Fischer bietet Gespräche an, Vilmar fordert Kurswechsel" (11.06.1999)

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ie sei ausdrücklich unbewaff- net gekommen, betonte An- drea Fischer gleich am An- fang ihrer Rede in der Cottbuser Stadthalle zur Eröffnung des 102.

Deutschen Ärztetags am 1. Juni.

Und sie würde gern auf einen weite- ren Akt „in diesem Drama“ verzich- ten, um wieder in Ruhe miteinander reden zu können. Damit spielte die Bundesgesundheitsministe- rin auf Vorwürfe zwischen ihr beziehungsweise ihrem Ministe- rium und Vertretern der Ärzte- schaft an. Der von manchen er- wartete „showdown“ zwischen Fischer und Ärztetagspräsident Prof. Dr. med. Karsten Vilmar fand nicht statt. Gleichwohl setz- te sich Vilmar äußerst kritisch mit der von Fischer betriebenen Gesundheitsreform 2000 ausein- ander und forderte einen Kurs- wechsel.

Statt Waffen hatte die Mi- nisterin also Gesprächsbereit- schaft und eine Entschuldigung mitgebracht. Zur Erinnerung:

Fischer, aber auch andere hatten im Kern behauptet, die Ärzte verschrieben unangemessen Me- dikamente, um so das Budget auszuhebeln und damit zu boy- kottieren. Fischer sagte, im Zuge der Diskussionen um die Informa- tionspolitik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) habe es auch eine scharfe Kontroverse um die Arzneimittelausgaben gegeben.

Sie habe ihren Teil dazu beigetra- gen. „Ich bedaure ausdrücklich, daß dabei der Eindruck entstanden ist, ich wollte die Ärzteschaft eines un-

ethischen Verhaltens bezichtigen.“

Zum Austausch der Positionen, sag- te Fischer, habe sie inzwischen Ver- treter der KBV eingeladen. Sie be- harrte aber darauf, daß die Patien- ten nicht in Auseinandersetzungen zwischen der Ärzteschaft und der Bundesregierung hineingezogen werden sollten. Die Grenze zwi-

schen Aufklärung und Verunsiche- rung sehe sie bei der Kampagne als überschritten an. Die KBV solle des- halb die verwendeten Materialien überprüfen.

Einen Tag später ging tatsäch- lich eine Einladung zum Gespräch von Staatssekretär Erwin Jordan bei der KBV ein. Gegenstand sollen

aber nicht Einzelheiten der Reform sein, sondern die „nähere Klärung der Angelegenheit und der geplan- ten Öffentlichkeitsarbeit“ in Zusam- menhang mit dem Gesetzesvorha- ben. Weiter schreibt Jordan: „Zur Schadensbegrenzung rate ich drin- gend, die angelaufene Öffentlich- keitskampagne insgesamt bis zum Besprechungstermin nicht fort- zuführen.“

Fischer ging bei der Eröff- nung erwartungsgemäß auf Aspekte der Gesundheitsreform 2000 ein. Die Reform, betonte sie, sei kein „umstürzlerisches“

Vorhaben. Das Konzept sei den jetzigen Gegebenheiten nahe und werde das Gesundheitswe- sen nicht auf den Kopf stellen.

Die Ministerin erläuterte die ge- plante stärkere Berücksichtigung von integrierten Versorgungsfor- men im ambulanten Bereich, die Änderungen im Honorarsystem, die Art der Verzahnung von am- bulantem und stationärem Sek- tor und die gewünschte Stärkung der Hausärzte.

Was die Situation der Ärzte in Ostdeutschland anbelange, so seien diese in einer besonders schwierigen Situation, vor allem im niedergelassenen Bereich.

Um so mehr sei es ein Verdienst der Ärzteschaft, für den niedergelasse- nen Bereich nun die gesamtdeutsche Grundlohnrate zur Grundlage für die Ausgabenentwicklung zu neh- men. „Dies ist ein Akt echter Solida- rität unter Kollegen und sollte nicht als Almosen bezeichnet werden“, sagte Fischer. Zur Zeit sei man im A-1531

P O L I T I K 102. DEUTSCHER ÄRZTETAG

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 23, 11. Juni 1999 (15)

Fischer bietet Gespräche an, Vilmar fordert Kurswechsel

Die Bundesgesundheitsministerin hat sich für ihre Kritik an den Ärzten wegen unangemessener Verordnungen entschuldigt.

Der Unmut der Ärzte über die geplante Strukturreform bleibt bestehen.

S

Vilmar bei seinem Referat: Harte Kritik an Fischers Entwurf

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Gespräch, ob in diesem Jahr eine Son- derlösung für die Leistungserbringer in Ostdeutschland notwendig sei.

Auf die Situation der Kranken- hausärzte in Ostdeutschland hatte zu- vor der Präsident der Landesärzte- kammer Brandenburg hingewiesen, Dr. med. Udo Wolter. Gerade die Kli- niken hätten große Probleme. Sie müßten geringere Einnahmen durch ein rückläufiges Wachstum verkraf- ten, obwohl ihre Ausgaben durch eine Erhöhung des BAT-Ost um rund drei Prozent gestiegen seien.

Fischer wiederum bekräftigte am Schluß, daß man Beitragssatzstabilität als einen gesundheitspolitischen Para- meter anerkennen müsse. Falsch sei jedoch, daß die Mittel für das Gesund- heitswesen reduziert werden sollten.

Die Ausgaben würden entsprechend der Grundlohnrate steigen. „Bei ei- nem durchschnittlichen Anstieg von zirka zwei Prozent pro Jahr bedeutet

dies jedes Jahr etwa fünf Mil- liarden DM mehr im Sy- stem“, betonte Fischer. Prof.

Dr. Karsten Vilmar ging mit Fischers Reformvor- stellungen hart ins Gericht.

Zweifellos entsprächen manche ihrer thesenhaft formulierten Ziele den Vorstellungen der Ärzteschaft, bei- spielsweise die Stärkung der Rolle der Hausärzte unter Beachtung der freien Arztwahl, die bessere Verzahnung, die Neuordnung des Arzneimittel- marktes. Er gestand Fischer auch zu, daß sich hinter manchem Vorschlag gute Absichten versteckten. Doch lehne die Ärzteschaft den von Fischer eingeschlagenen Weg ab. Er führe in

die Systemänderung.

Die Ärzte wendeten sich gegen Global- und Sektoralbudgets sowie gegen die Machtverlagerung zu den Kassen.

Nicht ausrei- chende oder rück- läufige Budgets führ- ten zur offenen oder heimlichen Ra- tionierung. In der Konsequenz müß- ten dann manche Versicherte, zum Beispiel chronisch Kranke, die Verwei- gerungen mit dauer- haften Gesundheits- schäden oder sogar dem Leben bezah- len. Vilmar forderte, die Folgen solcher Ent- scheidungen den Bürgern auch deutlich zu machen.

Der Bundesärzte- kammerpräsident ging mehrfach auf die Behaup- tung ein, die Ärzte würden im wesentlichen an ihre Einkommensvermehrung denken. So wies er im Zusammenhang mit der Verzahnung ambulant-sta- tionär darauf hin, daß schon heute die Versorgung stationärer Patienten nur aufrechterhalten werde, weil Ärzte – und auch Krankenschwestern, Kran- kenpfleger und andere – Millionen un- bezahlter und nicht durch Freizeit abgegoltener Überstunden leisteten.

„Die Krankenhausärzte erbringen so geldwerte Geschenke an die Gesell- schaft in vielfacher Millionenhöhe.“

Wer das System ändern oder gar ablösen wolle, der solle erst beweisen, daß damit eine Verbesserung verbun- den sei. Dies sei die erste Reform, die ohne Not und mit voller Absicht ein Experiment mit fatalem Ausgang ein- leite. Fischer forderte er auf: „Stop- pen Sie dieses Experiment! Nehmen Sie die Kritik auf!“ Realitätsimmu- nität, so Vilmar, sei bei Politikern eine Krankheit. Sie, die Ministerin, befän- de sich aber in Cottbus unter Ärzten und Experten: „Wir können Sie davon heilen, wenn Sie auf unseren Rat

hören.“ Sabine Rieser

A-1532

P O L I T I K 102. DEUTSCHER ÄRZTETAG

(16) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 23, 11. Juni 1999

Stolpe: Lob für die Ärzte in Ostdeutschland

„Wir sind wieder zusammen. Nutzen wir die Chancen – bei allen Querelen.“ Mit diesem Appell eröffnete Dr. Manfred Stolpe, Ministerpräsident des Landes Bran- denburg, seine Rede zum 102. Deutschen Ärztetag. Die medizinische Versorgung habe inzwischen auch hier ein hohes Niveau erlangt. Dazu hätten die Ärzte viel bei- getragen. „Wir danken Ihnen, und wir wissen uns dafür auch bei Ihnen in der Pflicht“, sagte Stolpe. Was die geplante Reform anbelange, so werde er seine Zu- stimmung im Bundesrat davon abhängig machen, ob die Versorgung der Patienten gesichert sei, wie die Beiträge mittelfristig stabil zu halten seien, ob die Finanzie- rung der Krankenhäuser gesichert und eine Existenzgefährdung der Arztpraxen

ausgeschlossen sei. Rie

Fischer in der Stadthalle von Cottbus: Suche nach einer gemeinsamen Gesprächsgrundlage

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