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Archiv "Deutscher Krebskongress: Verräterische Signaturen" (31.03.2006)

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ie individualisierte Therapie ist das Ziel der Krebsbehandlung von morgen: Nicht mehr jeder Patient erhält die gleiche Medikation, sondern man wählt – abhängig von molekularen Parametern der Erkrankung – eine von mehreren möglichen Behandlungsop- tionen aus. In Bezug auf das Mamma- karzinom haben Prof. Dr. rer. nat. Peter Lichter und sein Team vom Deutschen

Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg einen ersten Erfolg erzielt.

Anhand des Genexpressionsmusters des Tumorgewebes von Brustkrebspatien- tinnen identifizieren sie diejenigen, die von einer bestimmten Therapieform am meisten profitieren.

Während 25 bis 30 Prozent der Frau- en nach Abschluss der Therapiezyklen histologisch keine Tumorzellen aufwei- sen, sprechen die übrigen nicht oder nur teilweise auf die Medikamente an. „Für Patientinnen wie für ihre Ärzte wäre es hilfreich, bereits vor Beginn der Thera- pie Anhaltspunkte dafür zu haben, wer von der oftmals belastenden Behand- lung profitiert und bei wem von vornher- ein eine alternative Medikamentenkom-

bination eingesetzt werden sollte“, sagte Lichter in Berlin.

Gemeinsam mit Priv.-Doz. Dr. An- dreas Schneeweiß von der Universitäts- Frauenklinik in Heidelberg haben die Wissenschaftler der Abteilung Molekula- re Genetik einen DNS-Chip („Genson- de“) entwickelt, der den Vergleich des Erbguts von Tumorzellen mit dem von gesunden Zellen in großem Maßstab er-

möglicht. Bei diesem „Matrix-CGH“ ge- nannten Verfahren lassen sich in einem einzigen Testdurchgang gleichzeitig mehrere Tausend verschiedene DNS- Verluste oder -Zugewinne im Genom ei- ner Tumorzelle identifizieren. Das Be- sondere daran: Das Testsystem ist sehr empfindlich für die typischen Chromo- somenveränderungen und weist diese mit großer Zuverlässigkeit nach. Zu- gleich lässt sich die Analyse rasch und ohne großen Aufwand durchführen – ideale Voraussetzungen für den klini- schen Einsatz.

Geprüft wurde der Biochip jetzt im Rahmen einer Studie, bei der 100 Brust- krebspatientinnen neoadjuvant mit der Kombination aus Gemcitabin, Doce-

taxel und Doxorubicin behandelt wur- den. Mithilfe der „Sonde“, die 21 139 menschliche Gene repräsentiert, identi- fizierte man in den Krebszellen einer Gruppe von Patientinnen ein bestimm- tes Muster an Genaktivitäten. Dieses Expressionsprofil kennzeichnet solche Tumoren, die durch die Dreifachthera- pie komplett eliminiert werden. Bei ei- ner zweiten Gruppe wurde anschließend gezeigt, dass anhand dieses Aktivitäts- musters der Erfolg der Dreifachtherapie vorhergesagt werden kann.

Dieses als „Signatur“ bezeichnete Expressionsprofil der Chemotherapie- sensiblen Tumoren umfasst 512 ver- schiedene Gene. Die meisten davon ent- halten die Information für Proteine, die an der DNA-Reparatur oder am pro- grammierten Zelltod (Apoptose) betei- ligt sind oder die ihrerseits die Aktivität anderer Gene regulieren. „Entschei- dend für den prognostischen Wert unse- res Tests ist, dass wir nicht einfach das Ansprechen auf die Dreifachtherapie untersucht haben, sondern uns auf die vollständige Tumorrückbildung konzen- trieren. Dadurch erhöhen wir die Aussa- gekraft der Tests“, sagte Lichter. Das Verfahren wird nun an größeren Grup- pen von Patientinnen evaluiert.

Methyltransferase-Inhibitor programmiert Tumorzellen um

Die Aktivität von Genen lässt sich auf unterschiedlichen Ebenen regulieren.

Es spielen dabei nicht nur die unmittel- bare Reihenfolge der DNS-Bausteine, sondern auch Eigenschaften eine Rolle, die sich auf die räumliche Anordnung der Erbsubstanz auswirken. Sie werden unter dem Begriff „Epigenetik“ zusam- mengefasst. Zu den epigenetischen Ver- änderungen zählen unter anderem Me- thylierungen des Bausteins Cytosin.

M E D I Z I N R E P O R T

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A830 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 13⏐⏐31. März 2006

Deutscher Krebskongress

Verräterische Signaturen

Genexpressionsprofil sagt Ansprechen auf Chemotherapie bei Brustkrebs voraus. Methyltransferase-Inhibitor als neuer Hoffnungsträger

Dreidimensiona- le, computer- unterstützte Darstellung der Methyltrans- ferase, welche die Forscher mit Prüfsubstanzen zur Therapie von Krebserkrankun- gen blockieren

wollen. Abbildung:Deutsches Krebsforschungszentrum

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Die zusätzliche Methylgruppe verhin- dert, dass das betreffende Gen in einen Bauplan zur Herstellung neuer Eiweiße umgeschrieben wird.

Besonders fatal ist es, wenn durch zu viele Methylierungen Gene „stumm“

bleiben, die die Zellteilung steuern, das Wachstum kontrollieren oder für Repa- raturen der Erbsubstanz sorgen – und

damit den Weg für eine Krebserkran- kung bereiten. In Krebszellen sind häu- fig die Tumorsuppressor-Gene durch Methylierung inaktiviert. Ein Ziel der Krebsforscher ist es daher, die über- mäßige Methylierung zu unterbinden.

Im Fokus der Arbeit des DKFZ- Nachwuchswissenschaftlers Dr. rer. nat.

Frank Lyko stehen die DNS-Methyl-

transferasen, die normale Cytosin-Bau- steine mit Methylgruppen ausstatten.

Diese Enzyme spielen eine entschei- dende Rolle bei der Übermethylierung in Tumorzellen. Auch Resistenzen ge- gen Chemotherapeutika liegt oftmals eine Übermethylierung zugrunde. Sub- stanzen wie 5-Aza-Desoxycytidin (DAC) hemmen die Methyltransferasen, aller- dings erweist sich DAC als toxisch für gesunde Zellen.

Durch computergestützte Modellie- rung konnte das Team von Lyko das En- zym dreidimensional darstellen und die Struktur für einen exakt passenden Hemmstoff ableiten. Der Inhibitor RG108 verringert die Aktivität der Methyltransferasen in verschiedenen Krebszellkulturen. Die Wissenschaftler zeigten, dass sich der Methylierungs- grad von verschiedenen Tumorsuppres- sor-Genen verringerte und die schüt- zenden Gene dadurch reaktiviert wur- den. Andere Bereiche der DNA, deren Methylierungsmuster als wichtig für die Stabilität der Chromosomen gilt, waren dagegen nicht von der Wirkung des RG108 betroffen.

Epigenetische Therapie

Dies erklärt die gute Verträglichkeit der Substanz und zeigt, dass RG108 der derzeit einzige verfügbare Inhibitor ist, der durch chemische Modifikationen gezielt in seiner pharmakologischen Wirksamkeit weiterentwickelt werden kann. „Wir haben damit eine Substanz in der Hand, die das Potenzial hat, zum Ausgangspunkt für die Entwicklung ei- ner ganz neuen Klasse von Krebsmedi- kamenten zu werden“, sagte Lyko.

So hat das DKFZ im Rahmen eines Lizenzabkommens mit der britischen Stiftung Cancer Research UK eine Vielzahl von RG108-Derivaten herge- stellt und auf ihre Aktivität hin unter- sucht. Die avisierte epigenetische The- rapie zielt nicht darauf ab, entartete Zellen abzutöten, sondern sie umzu- programmieren. „Da die DNA nach Zellteilung in jeder Tochterzelle zur Hälfte alt und zur Hälfte neu ist, bedeu- tet eine Hemmung der Methylierung, dass sich das Erbgut – zumindest auf der Ebene der Epigenetik – wieder nor- malisiert.“ Dr. med. Vera Zylka-Menhorn M E D I Z I N R E P O R T

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A832 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 13⏐⏐31. März 2006

J

ährlich erkranken in Deutschland mehr als 420 000 Menschen neu an Krebs. Ihre Über- lebenschancen haben sich in den letzten Jah- ren zwar deutlich verbessert, doch noch wer- den onkologische Patienten unterschiedlich behandelt. „Es kann nicht sein, dass eine Frau mit Brustkrebs in Norddeutschland anders be- handelt wird als in Süddeutschland“, betonte Prof. Dr. med. Otmar Wiestler (Heidelberg), Vorsitzender des Beirats der Deutschen Krebs- hilfe. Dem tritt die Organisation nun mit einem Programm zur Förderung onkologischer Spit- zenzentren entgegen. Nach dem Vorbild der US-amerikanischen „Comprehensive Cancer Centers“ sollen fünf solcher Zentren über zu- nächst drei Jahre mit insgesamt einer Million Euro je Zentrum und Jahr gefördert werden.

„So wollen wir einheitliche Strukturen, Prozes- se und Qualitätsstandards schaffen, die für die Versorgung von Tumorpatienten zwingend notwendig sind“, sagte Wiestler in Berlin.

Damit Krebspatienten auch nach dem sta- tionären Aufenthalt optimal weiterbehandelt und versorgt werden, fordert die Deutsche Krebshilfe eine enge Interaktion zwischen Kli- nik und niedergelassenen Ärzten. „Im onkolo- gischen Vertragsarztbereich gibt es ein be- währtes System der Qualitätssicherung“, be- richtete Priv.-Doz. Dr. Stephan Schmitz (Köln), Vorsitzender des Berufsverbandes der nieder- gelassenen Hämatologen und internistischen Onkologen in Deutschland. „Die klinischen Spitzenzentren sollen sich daher mit den nie- dergelassenen Ärzten der Region, aber auch mit den übrigen Krankenhäusern vernetzen.“

So werde sichergestellt, dass Krebskranke ohne Reibungs- oder Informationsverlust aus dem klinischen Versorgungsbereich in die am- bulante Betreuung gehen.

Ohne Forschung ist jedoch langfristig kein Fortschritt in der Krebsmedizin möglich. „Diese Forschungsarbeiten erfordern sehr viel Geduld, innovative Ideen und Ausdauer. Zudem brau- chen sie einen gesicherten finanziellen Rück- halt über einen längeren Zeitraum“, sagte die Präsidentin der Deutschen Krebshilfe, Prof. Dr.

Dagmar Schipanski. „Auf Initiative der Deut- schen Krebshilfe und des Deutschen Ärzteblat- tes haben Experten vor zwei Wochen in Berlin die Lage der klinischen Krebsforschung analy- siert. Das Ergebnis war eindeutig: Wissen- schaftler benötigen günstigere Arbeitsbedin- gungen und weniger Bürokratie“, konstatierte Schipanski. Zudem müssten Konzepte und Schwerpunktprogramme der verschiedenen Förderinstitutionen in Deutschland vernetzt werden. Die zur Verfügung stehenden Gelder für die Krebsforschung sollten zielführend und abgestimmt eingesetzt werden. Dies sei nur durch eine bessere Kommunikation und mehr Transparenz in der wissenschaftlichen Com- munity möglich.

Die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche For- schungsgemeinschaft und das Bundesmini- sterium für Bildung und Forschung als för- dernde Organisationen hatten anlässlich der Diskussionsrunde „Ärzteblatt-Wortwechsel“

beschlossen, künftig enger zusammenzuar- beiten, um Synergien zu schaffen und die kli- nische Krebsforschung konzentiert voranzu- bringen. Auf dem Deutschen Krebskongress in Berlin war zu hören, dass die ersten konstruk- tiven Gespräche stattgefunden haben. zyl

Die Ausschreibung für das Förderprogramm der Deut- schen Krebshilfe zur Etablierung onkologischer Spit- zenzentren erfolgt am 28. April im Deutschen Ärzte- blatt. Die Bewerbungsfrist endet am 30. September. Als Termin für den Beginn der Förderung von maximal fünf Zentren ist der 1. Januar 2007 geplant.

Aufbruchstimmung

„Ärzteblatt-Wortwechsel“ zur klinischen Krebsforschung

findet Nachhall auf dem Deutschen Krebskongress in Berlin.

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