geht, die dazu verhelfen wür- den, von schweren und chroni- schen Krankheiten (nicht „Er- krankungen“ schlechthin) zu heilen etc. . . . Ein jeder, der noch nicht ganz in seinem Her- zen erkaltet scheint, weiß dies sehr wohl als real zu deuten, wenigstens für sich selbst und vor sich selbst. Doch „ . . . eine sterbende Frau, die sich nicht mehr dagegen wehren kann, (wird) in den Medien zur Schau . . .“ gestellt, was „ . . . mit der Würde des Menschen unvereinbar ist . . .“. Worin liegt eigentlich zwischen dem einen und dem anderen noch ein Unterschied? Das eine (der Tod) wie das andere (das Le- ben) erfahren heutzutage nicht mehr ihre wirkliche Bedeutung und die ihnen zustehende Wür- digung!
Dr. Christa Wiesenberg,S. Maria delle Buone Novelle, Centro di Aiuto alla Vita, Via Sant’ Apollinia Nr. 8,
I-67100 L’ Aquila (AQ), Italien
Zu dem Standpunkt „Sterbehilfe“
von Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe in Heft 15/2005:
Unsere „Staatsmoral“
ist fragwürdig
Prof. J.-D. Hoppe schreibt:
„Der Patient hat das Recht zu sterben.“ Nein, er hat nicht das Recht, er muss irgend- wann und aus irgendwelchen konkreten Gründen sterben.
Er tut gut daran, sich dieses Zwanges bewusst zu sein – was in einem ideologischen Um- feld, das einseitig auf Rechte und Freiheit pocht, schwer ist.
Er kann den Zwängen nicht dauerhaft entgehen. Aber er kann die Strategie des TTT, des Tarnens – Täuschens – Tricksens anwenden. Er kann
den Zeitpunkt und die Um- stände des Sterbens mit be- stimmten zivilisatorischen Mitteln bis zu einem gewissen Grad beeinflussen. Der Spiel- raum für den Zeitpunkt ist al- lerdings relativ eng begrenzt:
In Deutschland dürfen keine Mittel für die Verkürzung des Sterbeprozesses eingesetzt werden, nur zu seiner Verlän- gerung. Das nötigt manchen zum vor- oder rechtzeitigen Suizid oder zur Emigration in Länder mit liberalerer Gesetz- gebung. Unsere „Staatsmoral“
ist fragwürdig . . . Wenn heute noch um mehr oder weniger
„Patientenautonomie“ durch das Gesellschaftsspiel „Mei- nungsstreit“ „geistig gerun- gen“ wird, werden mündige Bürger zukünftig nicht mehr bereit sein, über den Kamm
„Patienten“ geschoren zu wer- den. Sie werden in der Lage sein, über jede Form der mög- lichen Therapien, auch die Art und Weise ihres Lebensendes sachkundig zu entscheiden oder mit zu entscheiden – ein Recht, das sich die Elitärsten unter den Eliten schon länger herausnehmen . . .
Ernst Schlegel,Porzer Straße 101, 12524 Berlin
Therapien
Zu dem Beitrag „Bewertung von Therapien: ,Korridor der Vernunft‘“
von Norbert Jachertz in Heft 5/2005:
Bedenklicher Autoritätsanspruch
Die IFAG Basel AG beschäf- tigt sich seit Jahren unter ande- rem mit klinischen Forschungs- arbeiten bei eingeführten Arz- neimitteln im Bereich der Komplementäronkologie. Die-
A
A1804 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 25⏐⏐24. Juni 2005
B R I E F E
Bespitzelung der Arztpraxen möglich wird. Berücksichtigt man zum Beispiel vergessene Chipkarten, Hausbesuche, te- lefonische Kontakte, so kann man sich nur an den Kopf fas- sen, wie man so etwas jeman- dem zumuten kann . . . Dipl.-Ing. Mag. Ivan Moro, Ostpreußenstraße 4, 79761 Waldshut- Tiengen
Zu den Entschließungen zu Tagesord- nungspunkt VIII des 108. Deutschen Ärztetags „Tätigkeitsbericht der Bundesärztekammer –Telematik im Gesundheitswesen“ in Heft 19/2005:
Datenmüll
Die Entschließungen der Bun- desärztekammer zur Telema- tik sind in ihrer kritischen und vorsichtigen Haltung löblich, aber in einem entscheidenden Punkt unvollständig. Die letzt- lich für Sinn und Erfolg wich- tigste Frage ist, wie sich Da- tenmüll vermeiden lässt . . . Im ärztlichen Alltag geht es gera- de darum, aus einer Unmenge von Informationen das We- sentliche zu erfassen . . . Und damit nähere ich mich den entscheidenden Fragen: Wer gibt Daten ein? Wer selek- tiert? In der Praxis sind die wesentlichsten Informationen für die ärztliche Entschei- dungsfindung in erster Linie eine aktuelle, ausführliche Diagnosenliste und eine aktu- elle Liste von Dauermedika- menten und Bedarfsmedika- menten . . . Wer soll sich dar- um kümmern? Ich behaupte, das kann nur der koordinie- rende Hausarzt übernehmen.
Sonst entsteht Datenmüll.
Hausärzte wissen, wie viel Zeit, Energie und Selbstdiszi- plin darauf verwendet werden muss, Medikationsvorschläge von Konsiliaruntersuchungen zu einem sinnvollen Plan zu integrieren. Klassisches Bei- spiel: Ein Patient, der bisher mit fünf Dauermedikamenten versorgt war, kommt aus dem Krankenhaus, erscheint unan- gemeldet in der überfüllten Sprechstunde und möchte sich mal eben anhand des Kurzbe- richts vom Krankenhaus die Medikamente aufschreiben
lassen. Nach Analyse des Kurz- berichts lässt sich erkennen:
Von den vorherigen fünf Dau- ermedikamenten sind zwei gleich geblieben, drei hatten im Krankenhaus nur andere Namen, vier neue sind dazuge- kommen, allerdings alle vier in überteuerter Version, eins da- von soll noch zwei Wochen ge- geben werden und eins noch drei Monate. Das erfordert mindestens zehn Minuten konzentrierte ärztliche Ar- beit, um aus diesen Vorschlä- gen einen schriftlichen Plan für den Patienten zu machen und ihm zwei passende Rezep- te zu überreichen, nicht zu ver- gessen, die Speicherung des neuen Konzeptes im Praxis- computer . . . Meine Meinung:
Die E-Card kann nur dann sinnvoll funktionieren, wenn die Hausärzte als Einzige au- torisiert sind, Diagnosenlisten und Medikamentenpläne zu verändern. In meiner/unserer Praxis gibt es eine Art „analo- gen Vorläufer“ der E-Card. Es handelt sich um ein Blatt Pa- pier mit der Überschrift „Pati- entenausweis“, welchen jeder Patient frisch ausgedruckt er- hält. Darauf stehen alle wichti- gen Diagnosen und alle aktu- ellen Medikamente . . . Wird die Telematik so gelingen, dass sie effektiv mehr bringt als dieses Blatt Papier namens Patientenausweis? Es würde mich freuen, aber ich halte es für unwahrscheinlich . . . Wilfried Deiß,Uhlandstraße 50, 57074 Siegen
Sterbehilfe
Zu der Berichterstattung über den 108. Deutschen Ärztetag zum Thema
„Keine aktive Euthanasie“ in Heft 19/2005:
Leben und Tod
verdienen Würdigung
Der Tod – von welcher huma- nen, philosophischen oder christlichen Sicht her auch im- mer gesehen, wird mehr und mehr und schamlos zur Schau gestellt und locker in Kauf ge- nommen, wenn es hypothetisch um „embryonale Stammzel- len“ und deren „Gewinnung“
Briefe, die die Redaktion per E-Mail erreichen, werden aufmerksam gelesen. Sie können jedoch nur veröffentlicht werden, wenn sie ausdrücklich als „Leserbrief“ bezeichnet sind. Voraussetzung ist ferner die vollständige Anschrift des Verfassers (nicht die bloße E-Mail-Adresse). Die Re- daktion behält sich ohne weitere Mitteilung vor, E-Mail- Nachrichten, die als Leserbrief erscheinen sollen, zu
kürzen. DÄ
ses Thema ist derart komplex, dass klinische Prüfungen häu- fig versagen. Wir haben des- halb den praktikablen Ansatz gewählt, betreffende Themen mithilfe von multizentrischen, kontrollierten, pharmakoepi- demiologischen Kohortenstu- dien ohne Intervention (pro- spektiv oder retrolektiv) zu be- arbeiten. Diese werden nach EbM 2 bewertet. Sie sind un- ter bestimmten Bedingungen nach EU-Recht für den Beleg der Wirksamkeit bei einge- führten Präparaten nach „well etablished use“ qualifiziert . . . Bei einer neueren Arbeit zur postoperativen Therapie des Mammakarzinoms zusätzlich mit Misteltherapie neben ad- juvanter onkologischer Basis- therapie, die Zustimmung ge- funden hat, sind aus dem DKFZ geradezu Kampagnen gegen die von uns verwandten Untersuchungsmethoden er- folgt. Tenor: Nur die prospek- tive klinische randomisierte Prüfung nach EbM 1 kann den Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erbrin- gen. Diesen Autoritätsan- spruch halten wir für bedenk- lich, unter anderem verschließt er wesentliche Bereiche in der Anwendungsforschung, z. B.:
>Wir haben bei mehreren Stu- dien bei Tausenden Patienten gesehen, dass die postoperati- ve onkologische Basistherapie häufig „suboptimal“ (Kreien- berg) praktiziert wird mit dem Ergebnis einer schlechteren Prognose bei den tumorbe- dingten Ereignissen. Es gibt
nach unseren Daten aus circa 100 Zentren somit offenbar in Deutschland Zentren mit bes- serer und schlechterer Überle- bensprognose bei Patienten, was die betreffenden Zentren selbst allerdings gar nicht wis- sen. Nach EbM 1 ist das prak- tisch nicht erforschbar.
>Wir haben bisher vier Kom- plementärtherapeutika in der Onkologie untersucht. Sie wa- ren allesamt wirksam, jedoch mit unterschiedlichen Profi- len. Bei der Streiterei einiger Autoritäten, ob epidemiologi- sche Kohortenstudien für den Nachweis der Wirksamkeit ei- nes Präparats autorisiert sind oder nicht, wird völlig verges- sen, dass nur in circa 30 Pro- zent der Fälle neben der onko- logischen Basistherapie zu- sätzlich ein Komplementär- therapeutikum eingesetzt wird, in 70 Prozent der Fälle sind es mehrere bis viele. Wir konnten jetzt erstmals belegen (die Ar- beiten sind noch nicht abge- schlossen), dass es eine „Über- therapie“ (zu viele verschiede- ne Präparate gleichzeitig im Behandlungszeitraum) bei cir- ca 30 Prozent der Patienten zu geben scheint, indem solche Patienten in ein erhöhtes Risi- ko laufen können, nicht län- ger, sondern kürzer rezidivfrei zu bleiben. Wir werden die obigen Befunde publizieren.
Auch dieser Sachverhalt ist nach EbM 1 praktisch nicht erforschbar.
Solange wesentliche Autoritä- ten der Onkologie darauf be- harren, nur EbM 1 für den
Wirksamkeitsnachweis zu ak- zeptieren, werden die obigen Sachverhalte u. a. nicht umfas- send untersucht werden kön- nen, die ja keine laborexperi- mentellen sind, sondern ein Stück Lebenswirklichkeit und Lebensschicksal im Lande . . . Dr. Jürgen Hanisch,
Marita Karasmann,IFAG BASEL AG, Hohenrainweg 105, CH-4444 Rümlingen
Konzepte im Schonraum
. . .Tatsächlich wurden auf der Veranstaltung nicht nur die Grenzen evidenzbasierter Me- dizin ausführlich erörtert, son- dern auch die der so genannten CbM (Cognition-based Medi- cine). Leider fand der ange- strebte offene Diskurs dann nicht im zu wünschenden Um- fang statt, weil die Vertreter der CbM in ihren Beiträgen auf die
Kritikpunkte genauso wenig eingingen, wie der Berichter- statter im Ärzteblatt. Die von Herrn Jachertz konstatierte
„methodische Ausgefuchstheit“
der Vertreter der Komple- mentärmedizin beschränkte sich denn auch auf die Verlage- rung der Diskussion auf die Kritik an der angeblich ganz überwiegend auf randomisierte Therapiestudien gestützten Schulmedizin; die eigenen Kon- zepte verblieben im Schon- raum.Wenn Jachertz beim Le- ser den Eindruck erweckt ha- ben sollte, dass die komple- mentärmedizinische Forschung damit auf dem Weg zu metho- discher Anerkennung sei, so entspricht das keinesfalls dem Ergebnis des Symposiums . . . Für die Verfasser:
Prof. Dr. Dr. med. Günter Ollenschläger,Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin, Wegelystraße 3, 10623 Berlin
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 25⏐⏐24. Juni 2005 AA1805
B R I E F E
Ärztemangel
Zu dem Beitrag „Arbeitsbedingun- gen schrecken viele ab“ von Sabine Rieser in Heft 12/2005:
Fehlende Informationen
Das Bundesgesundheitsmini- sterium weiß nicht, dass die Anzahl der Ärzte unter 35 Jahren seit 1993 linear ab- nimmt (auch Herr Seehofer hat das nicht bemerkt). Frau Schmidt weiß auch nicht, dass in den neuen Bundesländern
der Ärztemangel zunimmt.
Noch weniger weiß sie, dass europäische Länder deutsche Ärzte abwerben, dass der Wo- chenenddienst in Großbritan- nien bis zu 2 500 Pfund ein- bringt, dass deutsche Ärzte in Spanien und Portugal Budget- urlaub machen et cetera, und dazu ein Gutachten als Feigen- blatt und Augenwischerei.
Oder ist vielleicht geplant die Anzahl der Ärzte auf die Hälfte zu reduzieren?
Dr. med. Hartmut Heinlein, Ringstraße 10, 37632 Eschershausen