Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 36|
4. September 2009 A 1741 BÖRSEBIUSSchiffsfonds saufen ab
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ontainerschiffe zählten jahre- lang zu den Juwelen am Markt für Beteiligungsmodelle. Vor allem Steuerberater hielten ganz gerne ihren Kunden die Dinger un- ter die Nase, natürlich nicht, weil sie teilweise auch Vermittlungspro- visionen erhielten, sondern aus pu- rer Nächstenliebe. Ich selbst war nie ein Freund dieser geschlossenen Schiffsfonds – zu lange Laufzeit, zu lange an der Backe, wenn es schief- geht, und das unternehmerische Ri- siko schien mir insgesamt zu hoch.Nun ist es also offenbar so weit.
Immer mehr Schiffsfonds saufen kläglich ab. Von den rund 4 500 Containerschiffen haben derzeit 500 überhaupt keine Charter, und die anderen müssen zu dramatisch gesunkenen Frachtraten über die Weltmeere schippern, um überhaupt eine Handvoll Dollars einzuspielen.
Damit ist sofort einsichtig, dass bei vielen Schiffsbeteiligungen die blanke Not eingekehrt ist, das he-
reinkommende Geld (cash flow) reicht noch nicht mal zur Deckung der Betriebskosten. Für Zinsen und Tilgungen bleibt nichts übrig, an Ausschüttungen für Anleger ist eh nicht zu denken. Mindestens 70 Schiffsfonds sind havariert, will heißen, elf Beteiligungen sind be- reits insolvent, fünf stehen kurz da- vor, vier Frachter wurden notver- kauft, und beim Rest besteht akuter Sanierungsbedarf.
Für manche Anleger hat der bit- tere Teil der Veranstaltung bereits begonnen, anderen steht er noch bevor: Geld soll nachgeschossen werden, damit die Fonds überleben können. Beim Fondshaus Ham- burg haben die Anleger in zwei Fällen bereits zugestimmt, frisches Geld einzuschießen, das Manage- ment ist auch für die übrigen noch anstehenden Gesellschafterver- sammlungen zuversichtlich, eine Mehrheit für fresh money zu be- kommen. Auch andere Anbieter er-
suchen derzeit ihre Gesellschafter mit Nachschussforderungen um fri- sches Geld (HEH, König&Cie so- wie Ownership).
Was ist, wenn die Anleger nicht zahlen können oder nicht zahlen wollen? In solchen Fällen ist dann die Insolvenz unvermeidlich, so ge- schehen im Juli 2009 bei der „MS Mar Catania“ aus dem Fonds Ship- ping Select XV von HCI.
So bleibt den armen Betroffenen letztlich die mutmaßlich bessere Al- ternative, die Faust in der Tasche zu machen und dem Fonds das Überle- ben durch Nachzahlungen zu si- chern, bevor alles weg ist, wobei es hier natürlich wie immer auf den tatsächlichen Einzelfall ankommt.
Wo die Not am größten ist, sind die Trommeln (anderer) am lautes- ten zu hören. Die Krise der Schiffs- fonds lockt Schnäppchenjäger an, und etliche Anbieter jubeln darüber, dass nun in diesem Beteiligungsbe- reich der goldene schnelle Euro zu machen sei. Gebrauchte Anteile an geschlossenen Schiffsfonds seien jetzt der Hit, heißt es, weil atembe- raubend günstig. Doch Vorsicht, billiger Schrott, wiewohl glänzend verpackt, bleibt billiger Schrott. ■