A 2080 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 44|
1. November 2013STUDIEN IM FOKUS
Ein Großteil der Patienten mit chronischer Hepatitis-C-(HCV)-In- fektion vertragen Interferon nicht, haben Kontraindikationen oder sind bereits erfolglos mit Interferon be- handelt worden. Deshalb werden zurzeit verschiedene Kombinatio- nen direkt antiviral wirkender Sub- stanzen (DAA) ohne Interferon, zum Teil auch ohne Ribavirin ge- prüft. In die SOUND-C2-Studie wurden 362 unvorbehandelte Pa- tienten mit HCV-Infektion Geno- typ 1 aufgenommen und fünf Stu - dienarmen zugeordnet: Faldaprevir 120 mg täglich (QD) plus Deleo - buvir 600 mg dreimal täglich (TID) plus Ribavirin für 16, 28 oder 40 Wochen (TID16W, TID28W oder TID40W), Faldapre- vir 120 mg täglich (QD) plus De- leobuvir 600 mg zweimal täglich (BID) plus Ribavirin für 28 Wo- chen (BID28W) oder Faldaprevir
120 mg QD plus Deleobuvir 600 mg TID ohne Ribavirin für 28 Wochen (TID28W-NR).
Den primären Endpunkt, anhal- tendes virologisches Ansprechen (sustained virological response, SVR) 12 Wochen nach Ende der Therapie, erreichten jeweils 59 % mit TID16W und TID28W, 52 % mit TID40W, 69 % mit BID28W und 39 % mit TID28W-NR. Die Gesamtansprechrate war unabhän- gig von der Therapiedauer. Aller- dings waren die Relapse-Raten bei Patienten mit Genotyp 1a in der TID16W-Gruppe höher als in den TID28W- und TID40W-Gruppe (41 % versus 0 % versus 6 %), wäh- rend die Relapse-Raten bei Ge - notyp 1b in allen Studienarmen mit 0 bis 6 % niedrig waren. Der Un - terschied der Ansprechrate mit den BID- und TID-Dosierungen in den BID28W- und TID28W-Grup-
pen war zwar nicht signifikant, aber mehr Patienten aus der TID28W-Gruppe als aus der BID28W-Gruppe beendeten die Studie vorzeitig, weil sie keine SVR zu Woche 12 erreicht hatten (15 % versus 4 %). Die niedrige Ansprechrate mit der Ribavirin- freien Therapie TID28W-NR ba- sierte auf virologischen Durchbrü- chen und häufigem Relapse.
Fazit: Die Studie bestätigt, dass ein Großteil der Patienten mit chroni- scher Hepatitis C Genotyp 1 mit einer Interferon-freien Therapie aus zwei DAAs und Ribavirin künftig geheilt werden kann: mit kürzerer Behandlungsdauer und besserer Verträglichkeit, sagt Prof.
med. Jörg Petersen, Hamburg. Ob auch auf Ribavirin verzichtet wer- den kann, muss laut Petersen wei- ter eruiert werden.
Andrea Warpakowski
Zeuzem S, et al.: Faldaprevir and Deleobuvir for HCV Genotype 1 Infection. NEJM 2013;
369: 630–9.
CHRONISCHE HCV-INFEKTION GENOTYP 1
Viele Patienten können interferonfrei therapiert werden
Einblutungen der Netzhaut, meist als spritzerförmige Hämorrhagien bei der Ophthalmoskopie diagnosti- ziert, sind bei kleinen Kindern häu- fig Hinweis auf ein Schädeltrauma im Rahmen einer Misshandlung und bei sehr jungen Babys oft eine Geburtsfolge, die bis zu 6 Wochen nach der Geburt manifest sein kön- nen. In der pädiatrischen Intensiv- station einer Londoner Kinderkli- nik wurde der Augenhintergrund von 159 Kinder fotografiert, die in einem Zeitraum von sechs Wochen als Notfall aufgenommen wurden.
Angewandt wurde eine Weitwin- kelfunduskamera (nach medika- mentöser Pupillenerweiterung) mit einer 130 Winkelgrad umfassenden Sicht auf den Augenhintergrund.
Ausgeschlossen wurden unter sechs
Wochen alte Babys und solche mit Misshandlungstrauma.
15 % hatten Netzhautblutungen, ein höherer Anteil als aus der Lite- ratur bisher vermutet. Je zur Hälfte lagen ein- oder beidseitige Blutun- gen vor. Bei 45 % waren die Blu- tungen auf das Zentrum des Augen- hintergrundes beschränkt. Bei drei Viertel wurde das Ausmaß der Blu- tungen als leicht (weniger als 5 Blutflecken) oder moderat (5 bis 20 Blutungen) eingestuft, bei 25 % dieser Kinder lagen schwere Hä- morrhagien mit mehr als 20 Einzel- blutungen vor. Ursache waren Trau- mata, akute Leukämien, akutes re- spiratorisches Disstress-Syndrom, Meningokokkensepsis, schwerer kombinierter Immundefekt, zere- brales Aneurysma, Sinusthrombo-
se, Pneumonie und pulmonaler Hochdruck.
Fazit: Die Augenhintergrundunter- suchung bei Kleinkindern in inten- sivmedizinischer Behandlung ist ei- ne wichtige und wertvolle Ergän- zung der neuropädiatrischen Unter- suchung. Eine Einschränkung er- gibt sich aus der Tatsache, dass es sich um ein Kontaktverfahren han- delt; damit sei die Untersuchung bei wachen Kleinkindern in der Regel nicht möglich, kommentiert Prof. Dr. med. Birgit Lorenz, Uni- versitätsaugenklinik Gießen. Aber:
„Die Kamera erhöht die Sicherheit des augenärztlichen Frühgeborenen- Screenings und ist ein wichtiges Untersuchungsinstrument für die Kinderklinik.“ Dr. med. Ronald D. Gerste
Adams GGW, Agrawal S, Sekhri R, et al.: Ap- pearance and location of retinal haemor - rhages in critically ill children. Br J Ophthalmol 2013; 97: 1138–42.
NETZHAUTBLUTUNGEN IM KINDESALTER