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Archiv "Arbeitsrecht: Gleiche Bereitschaftszeit – unterschiedliche Vergütung" (25.10.2013)

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ARBEITSRECHT

Gleiche Bereitschaftszeit – unterschiedliche Vergütung

Die Wegezeit zwischen Wohnung und Klinik kann sich auf die Art der Bereitschaft auswirken.

Z

wei Ärzte, die in derselben Klinikabteilung tätig sind, dieselbe Eingruppierung und ver- gleichbare Zeiten Bereitschaft ha- ben, können hierfür unterschiedli- che Bereitschaftsvergütungen er- halten, weil sie unterschiedlich wohnen. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen rechtlichen Bedingungen für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst. Beide Dienste werden vom Arbeitgeber außerhalb der regelmäßigen Ar- beitszeit angeordnet. Für den Be- reitschaftsdienst bestimmt der Ar- beitgeber regelmäßig den Ort, an dem sich der Arzt aufzuhalten hat, um im Bedarfsfall die Arbeit so- gleich aufnehmen zu können. Der Arzt muss dann in der Klinik prä- sent sein. Bei der Rufbereitschaft hingegen kann sich der Arzt an ei- nem von ihm selbst gewählten Ort aufhalten, muss telefonisch erreich- bar sein und dann bei Abruf kurz-

fristig die Arbeit aufnehmen kön- nen. Das bedeutet nach der Recht- sprechung des Bundesarbeitsge- richts (BAG), „dass der Mitarbeiter sich während der Rufbereitschaft nur an solchen Orten aufhält, von denen er in kurzer Zeit nach Abruf die Arbeit aufnehmen kann. Da- durch soll eine Gefährdung des Ein- satzes durch lange Wegezeiten ver- mieden werden.“ (BAG, Urteil vom 31. Januar 2002, Az.: 6 AZR 214/00)

Andererseits soll der Arzt bei der Rufbereitschaft überwiegend Frei- zeit haben und sich zum Beispiel zu Hause bei seiner Familie aufhalten, an sportlichen oder kulturellen Ver- anstaltungen teilnehmen oder sich mit Freunden treffen können. Dies ist ihm nur möglich, wenn Wege- zeiten zwischen Wohnung und Kli- nik von 25 bis 30 Minuten einge- räumt werden. Denn Wegezeiten in dieser Größenordnung sind nach

der Rechtsprechung nicht unüblich und deshalb vom Arbeitgeber auch bei Rufbereitschaft generell hinzu- nehmen.

Ob Bereitschaftsdienst oder nur Rufbereitschaft anzuordnen ist, hängt in erster Linie von den fachli- chen Anforderungen der jeweiligen Klinik ab. Bereits vor 20 Jahren hat das Oberlandesgericht (OLG) Stutt- gart entschieden, dass es in den Be- reichen Geburtshilfe und Anästhe- sie nicht genügt, wenn der in Ruf- bereitschaft befindliche Arzt erst nach 20 bis 25 Minuten im Kreiß- saal oder Operationssaal eintrifft (OLG Stuttgart NJW 1993, 2.384).

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat Mindestanforderungen für geburts- hilfliche Abteilungen aufgestellt. Da- nach sollen sowohl ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe als auch ein Anästhesist „innerhalb von zehn Minuten im Krankenhaus ver- fügbar sein. Sie können ihren Dienst in Rufbereitschaft ableisten.“ (Stand:

2011) Hier wird besonders deutlich, dass der Wegezeit zwischen Woh- nung und Klinik eine erhebliche Bedeutung bei der Organisation der Bereitschaft zukommt. Dazu hat es in den letzten Jahren zwei wegwei- sende Urteile gegeben:

In dem Fall, den das Bundes- arbeitsgericht am 31. Januar 2002 entschieden hat, ging es um einen Krankenpfleger im Funktionsbe- reich Anästhesie, für den die Klinik Rufbereitschaft angeordnet hatte mit der Auflage, die Arbeit inner- halb von 20 Minuten nach Abruf aufzunehmen. Er benötigte jedoch für den Weg von der Wohnung zur Klinik 25 bis 30 Minuten und konn- te sich daher während der Rufbe- reitschaft nicht zu Hause aufhalten, wenn er der Anweisung Folge leis- Jetzt muss es

schnell gehen:

Wenn während der Bereitschaft kurze Eintreffzeiten gebo- ten sind, kann eine Rufbereitschaft nur dann zulässig sein, wenn der Arzt in der Nähe der Klinik wohnt.

Foto: picture alliance

2 Deutsches Ärzteblatt I Heft 43 I 25. Oktober 2013

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ten wollte, sondern musste diese Zeiten bei Freunden verbringen, die näher an der Klinik wohnten. Zu ei- ner Änderung war die Klinik nicht bereit. Der Kläger meinte, durch die Zeitvorgabe von 20 Minuten greife die Klinik unzulässig in sein Recht zur freien Bestimmung des Aufent- haltsortes während der Rufbereit- schaft ein. Dem folgte das BAG mit der Begründung, dass der Pfleger bei einer Zeitvorgabe von 20 Minu- ten faktisch gezwungen sei, sich in unmittelbarer Nähe der Klinik auf- zuhalten, um die Arbeit bei Bedarf fristgerecht aufnehmen zu können.

Dies sei mit dem Wesen der Ruf - bereitschaft nicht zu vereinbaren. In einem solchen Fall müsse die Kli- nik statt der kostengünstigeren Ruf- bereitschaft den kostenaufwendige- ren Bereitschaftsdienst anordnen.

Die Wegezeit zwischen Wohnung

und Klinik kann sich also auf die Art der Bereitschaft auswirken.

Noch einen Schritt weiter ging das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 13. August 2008 (Az.: 3 Sa 1453/07). Hier hatte die Klinik einem unfallchirurgischen Oberarzt vorgeschrieben, dass er bei Rufbereitschaft innerhalb von 15 Minuten dienstbereit sein müsse.

Dafür wurde ihm sogar ein Gast- arztzimmer in der Klinik zur Verfü- gung gestellt. Der Oberarzt hielt dies für unzulässig und meinte, dass die unter diesen Bedingungen von ihm zu leistende Rufbereitschaft rechtlich als Bereitschaftsdienst zu qualifizieren und auch entspre- chend zu vergüten sei. Das Gericht gab ihm Recht. Die Klinik musste die von ihr angeordneten und vom Oberarzt geleisteten Rufbereit- schaften nachträglich als Bereit-

schaftsdienst höher vergüten. Auch das Landesarbeitsgericht in Mainz hat jüngst in einem Urteil vom 20.

September 2012 (Az.: 11 Sa 81/12) entsprechend entschieden.

Wenn also aus medizinischen oder haftungsrechtlichen Gründen während der Bereitschaft kurze Ein- treffzeiten geboten sind, kann eine Rufbereitschaft nur dann zulässig sein, wenn der Arzt nahe der Klinik wohnt und durch die kurze Eintreff- zeit in seiner Freizeitgestaltung nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Im Zweifel wird die Klinik Bereit- schaftsdienst anordnen (und bezah- len) müssen, um kurze Eintreffzeiten sicherzustellen. Dies gilt umso eher, je weiter der Arzt von der Klinik ent-

fernt wohnt.

Seit etwa zehn Jahren entscheiden sich auch in Deutschland immer mehr Ärztinnen und Ärzte für eine Tätigkeit als Honorararzt in wech- selnden Kliniken und Praxen. Viele dieser Ärzte organisieren sich die verschiedenen Einsätze selbst. Andere suchen die Kooperation mit einer Vermittlungsagentur. Die Facharztagentur (S)tegdoc vermittelt sowohl freiberuflich tätige Honorarärzte als auch bei der Agentur fest angestellte Ärzte an Einrichtungen im Gesundheitswesen.

Was sind das für Ärztinnen und Ärzte, die sich als „Ärzte auf Zeit“

bei (S)tegdoc bewerben?

Kilian: Ärztinnen und Ärzte sind Individualisten mit einer ausgeprägten Leidenschaft für ihren Beruf. Die berufliche Wirklichkeit ist aber oft schwierig. Auf der Suche nach beruflichen Alternativen nutzen Kollegin- nen und Kollegen (S)tegdoc als Plattform:

Da gibt es die Kolleg/inn/en kurz nach der Facharzt-Prüfung.

Die einen möchten nicht „die Katze im Sack kaufen“; es wird von Vorstellungsgesprächen berichtet, in denen alles Mögliche verspro- chen wurde, was in der Realität dann ganz anders aussah. Die ande- ren wollen sich noch nicht fest binden, weder an eine Klinik, noch an eine Niederlassung; vielmehr wollen sie ihre fachliche Kompetenz erweitern, oder vielleicht für einige Monate bei Ärzte ohne Grenzen arbeiten.

Etwa ein Drittel unserer (fest angestellten) Ärztinnen und Ärzte wol- len auch gar nicht das ganze Jahr arbeiten. Acht Monate Vollzeit und vier Monate frei bieten Krankenhäuser heute nicht an; unser Blockmo- dell „8+4“ ermöglicht das – bei durchgehender Bezahlung. Es lassen sich nicht nur berufliche Pläne vorbereiten oder umsetzen, sondern auch

Träume erfüllen, wie zum Beispiel vier Monate durch Australiens Out- back zu reisen. Das kann vor der Familienphase, vor der Niederlas- sung oder auch mit zunehmendem Lebensalter interessant sein.

Weitere Beispiele (jeweils männ- lich/weiblich) sind: der Ende 40-jäh- rige „Immer-noch-Facharzt“, für den im eigenen Haus keine Ober- arzt-Position frei ist. Oder der „Un- ruheständler“, der doch nicht ganz

ohne seine Berufung leben will. Schließlich auch der Arzt, der vom kas- senärztlichen System und der Niederlassung enttäuscht ist.

Fachlich sind es Fachärzte aus allen großen medizinischen Gebieten;

dabei hat sich das Spektrum in den letzten Jahren von den operativen Fächern weg zu der sprechenden Medizin hin verschoben. Die sehr gu- ten und guten Feedbacks der Chefärzte spiegeln die hohe Qualifikation wider.

Alle genannten Gruppen können über uns mehrere Häuser, Sektoren oder auch Regionen kennenlernen. Dabei sind sie weniger in Verwaltung und ungeliebte Nebenjobs eingebunden. Je nachdem, welcher Grad an Freiheit oder Sicherheit gewünscht wird, entscheiden sich die Ärztinnen und Ärzte dann für eine Festanstellung in unserem Team, für eine Tätig- keit als Honorararzt oder für eine Karriereberatung, gegebenenfalls mit Vermittlung in eine Festanstellung. Viele gehen nach ein paar Einsätzen

den nächsten beruflichen Schritt. JF

FRAGE DER WOCHE AN . . .

Dr. med. Peter H. Kilian, Geschäftsführer der (S)tegdoc GmbH

Dr. Thomas Carstens Fachanwalt für Arbeits- und Medizinrecht Rechtsanwälte Dr. Mahlstedt & Partner, Bremen

4 Deutsches Ärzteblatt I Heft 43 I 25. Oktober 2013

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