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Archiv "Massenunfälle: Neue Regelung der Versicherer" (12.09.1997)

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G

enauso unentwirrbar wie die Blechknäuel bei Massenkarambolagen auf Autobahnen ist meistens die Klärung der individuellen Schuldfrage. Ein Massenun- fall ist schließlich „die Sum- me zahlreicher Einzelunfälle oder kleinerer Unfallgrup- pen, die sich im schnellsten zeitlichen Ablauf auf eng- stem Raum verdichten“.

Der Unfallablauf ist in der Regel nicht mehr zu rekon- struieren, zumal oft Fahrzeu- ge zur Rettung von Verletz- ten auseinandergezogen wer- den müssen. Viel Arbeit also für die Versicherungen. Nach dem Gesetz muß nämlich derjenige, der Ansprüche gel- tend macht, den Schädiger und dessen Schuldanteil nachweisen. Wer auffährt, der haftet grundsätzlich – es

sei denn, es wäre möglich, daß er vom Hintermann „auf- geschoben“ wurde.

Die Autoversicherer ha- ben auf diese Problematik reagiert und ein besonderes

„Regulierungsverfahren“ für solche Massenunfälle einge- führt. Das erlaubt einem Ge- schädigten, seine Anprüche gegen den Gesamtverband der Deutschen Versiche- rungswirtschaft, Walter-Flex- Straße 3, 53113 Bonn, geltend zu machen – nicht also gegen die an sich zuständige Haft- pflichtversicherung des (ver- meintlichen) Schuldigen. Der Verband wiederum beauf- tragt einige Kfz-Versicherer, sämtliche Unfälle zu regulie- ren. Dieses Verfahren wird

angewandt, wenn mindestens 50 Fahrzeuge beteiligt sind, manchmal aber auch bei

„kleineren“ Karambolagen.

Der Gesamtaufwand für alle beteiligten Fahrzeuge kommt in einen Topf. Er wird durch die Anzahl der Autos geteilt und auf die Versiche- rer in dem Verhältnis umge- legt, wie deren Versicherte in das Dilemma geschlittert sind. Wer mit der so prakti- zierten Regelung nicht ein- verstanden ist, der braucht nicht mitzumachen. In die- sem Fall muß er sich an die Versicherung desjenigen wenden, der seiner Meinung nach für den Schaden verant- wortlich zu machen ist – etwa wenn im Nebel ein rasender

Lebensmüder auf den letzten Wagen einer (vielleicht be- reits ineinander verkeilten) Autokette aufprallt.

Wichtig: In der Regel wird von einem Mitverschulden (fast) aller Beteiligten ausge- gangen, insbesondere beim Auffahren. Dann sind Abzü- ge fällig, beispielsweise von einem Drittel, wenn Front- und Heckpartie in Mitleiden- schaft gezogen wurden. Die Einschränkung gilt allerdings nicht für Aufwendungen für verletzte (Mit-)Fahrer.

Das Verfahren hat einen entscheidenden Vorteil für die Unfallopfer: sie verlieren ihren Schadenfreiheitsrabatt nicht, weil ja individuelle

„Schuldige“ nicht festgestellt werden, sondern Kollektiv- Schuld unterstellt wird.

Die strafrechtliche Seite:

Bei Personenschäden wird je- dem Einzelfall nachgegan- gen, und grundsätzlich müs- sen Autofahrer, die in ei- ne Karambolage verwickelt wurden, damit rechnen,

„Punkte“ in der Flensburger Verkehrssünderkartei zu be- kommen. WB

A-2344 (60) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 37, 12. September 1997

V A R I A AUTO UND VERKEHR

E

insparungen in Höhe von fast 2,5 Milliarden DM jährlich könnte die konsequente Anwendung der

„zeitwertgerechten Repara- tur“ in der Autohaftpflicht bringen, ohne daß dabei unfallgeschädigte Autofahrer Nachteile hätten. Gemeint ist die Verwertung kostengünsti- ger gebrauchter, aber ein- wandfreier Ersatzteile für äl- tere Unfallfahrzeuge. Neben der generellen Auswirkung auf die Beitragshöhe für alle Autofahrer wollen die Auto- versicherer voraussichtlich ihre betroffenen Kunden fi- nanziell auch direkt an den Einsparungen beteiligen.

Mit 73 Prozent oder etwa 18 Milliarden DM stellen die Sachschäden den Löwenan- teil des gesamten Schaden- aufwandes in der Autohaft-

pflicht. Die Autoversicherer mußten dafür 1996 rund 25,5 Milliarden DM aufbringen.

Teure Neuteile – überwie- gend solche wie Türen oder Kotflügel – schlagen dabei mit 44 Prozent oder fast acht Milliarden DM zu Buche.

Ein etwa sechs oder sieben Jahre alter, unfallgeschädig- ter Pkw wird durch eine er- satzweise eingebaute neue Tür aber um keine Mark wertvoller, wie Harald Pen- nig, Vorsitzender der Scha- denkommission der Auto- versicherer, in München vor Journalisten ausführte.

Die bundesweite Rück- nahmeverpflichtung für Alt- fahrzeuge aller Autoherstel- ler und Importeure – allein 1996 wurden 3,3 Millionen al- te Pkw verschrottet – macht es nun möglich: Statt bei ver-

einzelten, mehr oder weniger gut sortierten Autoverwer- tungen stehen bei den Wer- ken ganze „ausrangierte“

Modelljahrgänge zentral zur Verfügung.

Abruf über zentrale EDV

Abgleich und Abruf – bei- spielsweise „roter Audi 80, Baujahr ’87, rechte Vorder- tür“ – dürften kaum Proble- me machen, zumal einige Au- tohersteller schon einschlägig so verfahren. Die zeitwertge- rechte Reparatur entspricht nach Darstellung von Harald Pennig dem geltenden Recht, nach dem jener Zustand wie- derhergestellt werden muß, der vor dem Unfall bestanden hat. In Zukunft sollen Neutei-

le möglichst die Ausnahme für Fälle bleiben, in denen ge- brauchte nicht oder nicht schnell genug zu beschaffen sind. Eine EDV-Anlage als Beschaffungszentrale mit Da- ten zum Autotyp, Baujahr und günstigster Anlieferung zur Werkstatt ist in die Pla- nung schon einbezogen.

Als erstes Unternehmen will einer der großen Auto- versicherer mit Standort in Stuttgart noch im laufenden Jahr probeweise mit dem neuen Reparaturverfahren beginnen. Mehrere Autoher- steller sind schon interessiert.

Ihnen ist der Verkauf lieber als die Verschrottung; die übrigen Autoversicherer war- ten gespannt auf die Akzep- tanz. Die Autofahrer könn- ten neben dem allgemeinen Beitragseffekt auf eigene Vorteile hoffen. Harald Pen- nig: „Den Kunden auch di- rekt an den Einsparungen zu beteiligen könnte durchaus ein Weg sein.“ RdV

Massenunfälle

Neue Regelung der Versicherer

Autoversicherung „Zeitwertgerechte Reparatur“

Foto: Udo Beißel

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