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Mandschu, Mongolisch, Samoj edisch.
Von W. Grube.
Wenn gerade das Mandschu sich seit längerer Zeit einer
besonderen Bevorzugung von Seiten der europäischen Gelehrten
zu erfreuen hat, so dürfte der Grund dafür weniger in seiner
sprachlichen Beschaffenheit, als vielmehr in dem Umstände zu
suchen sein, dass dasselbe dem Sinologen ein wichtiges Hülfsmittel
zum Verständniss chinesischer Texte an die Hand giebt. Wir be¬
sitzen bereits eine beträchtliche Anzahl von Grammatiken dieser
Sprache, unter denen wohl noch immer die von IT. G. v. d. Gabelemtz verfasste, obwohl eine Erstlingsarbeit, die erste Stelle einnimmt.
Auch in diesem Jahre haben wir das Erseheinen einer neuen
Mandschugrammatik von Zacharow ') zu begi-üssen, welche an Um¬
fang alle ihre Vorgängeiinnen weit übertrifft, was sich rücksichtlich
des Inhaltes leider nicht behaupten lässt. Es ist hier nicht der
Ort, um auf die Einzelheiten des Buches einzugehen, und es sei
daher nur bemerkt, dass dasselbe ja allerdings in einigen wenigen
Punkten die bisherigen Grammatiken in dankenswerther Weise
ergänzt, aber im Ganzen imd Grossen bezeichnet es doch nur einen
sehr geringen Poifschritt in unserer Kenntniss der Mandsehusprache.
Einen Auszug aus dem Romane Kin-ping-mei hat G. v. d.
Gabelentz ^) aus dem Mandschu übersetzt. Der genannte Roman
gehört, ungeachtet seiner zahlreichen Lascivitäten , zu den besten
Produkten der chinesischen Belletristik, und als eine getreue Schil-
deining des gesellschaftlichen und sitthchen Lebens in China ist
derselbe von hohem Interesse.
Quellenangaben zu den 1875 von Rochet übersetzten Sentences,
maximes et proverbes mantchoux et mongols hat Teza») im Appendix
seines bei der indischen Literatur zu erwähnenden Laghucanakyam zusammengestellt.
1) IT. 3axapoei. PpaMMaTHKa MaHBiacypcKaro asHKa. CaHKTneiepfiypr'b
1879. vm, 322, 2 pp. 8. Rh. 2.
2) Georg von. der Galjeleidz. Kin-ping-mei. Les aventures galantes d'un epicier. Roman realisto, traduit pour la premifere fois du Mandchou: Rev.
or. ot am. UI, 169-197.
3) Laghucanakyam, ed. Teza, 30-32.
Gruhe, Mandschu, Mongolisch, Samojedisch. 27
Zur älteren Geschichte der tungusisehen Stämme hat Schott*)
einen Beitrag geliefert, in welchem die Zusammenstellung der aus
der Sprache der Kitan (mongol. Kitat, chines. Khi-tan) überlieferten
Wörter und der Nachweis ihrer Verwandtschaft mit dem Tungu¬
sisehen besondere Beachtung verdient.
Die wenigen Leistungen, welche wir auf dem Gebiete der
mongolischen Sprache und Literatur zu verzeichnen haben,
gehören Russland an. Wir erwähnen an erster Stelle Orlow's bur-
jätische Grammatik^). Es lässt sich nicht behaupten, dass der
Verf., welcher sich bereits durch eine Mandschugrammatik nicht
gerade rnihmlieh bekannt gemacht hat, durch die gegenwärtige
Arbeit seinen Ruhm vergrössert hätte. Die Grammatik bietet
wenig Neues, und auch dieses Wenige ist nicht immer richtig.
Die Darstellung ist eine überaus mangelhafte. Mit Zugrundelegung
hauptsächlich mongolischer Quellen behandelt Pozdnejew die buddhi¬
stische Hierarchie'').
Zum Schlüsse seien noch einige von der russischen „recht¬
gläubigen Missionsgesellsehaft" herausgegebene Schriften in bur¬
jatischer und ostjak-samojedischer Sprache n) erwähnt, die dem
Linguisten manches Interessante bieten. Bibliographisches Material
aus russischen Zeitschriften zur Ethnographie und Linguistik der
sibirischen Völkerschaften, namentlich der Altai-Kalmücken, liefern
endlich die leider nur kurzen Notizen des Dr. Duhmberg ' 2) in
Barnaul.
i
4) Schott. Kitai und Karakitai ein Beitrag zur Geseliiclite Ost- und Innerasiens. 20 pp. 4. Pliilol. und histor. Abh. d. K. Akad. d. 'Wiss. zu Borlin.
Aus dem Jahre 1879. Abh. I. (Auch separat u. gl. T. Berlin 1879. M. 1.) 5) Ä. Opjioet. PpaMMaTHKa Moaroao-fiypaTCKaro paaroBopHaro asHKa.
Hajanie npaaocji. MHCcioH. o6mecTBa. KaaanL (Tuiiorpacjjia rjiajmiieBoii)
1878. X, 265 pp. 8. Kb. 1.50. [A. Orlow. Grammatik der mongolisch-
burjätisclion Sprache. Herausgegeben v. d. rechtgläubigen Missionsgesellschaft].
— Vgl. Pozdnejew in: JKypu. MHHHCTepoTBa Hapo.HHaro npocBimema [Journal des Ministeriums d. Volksaufkl.] CCVI otj. II. ACK. 1879. cip. 170-208.
6) A. Iloadmhcm. VprHHCKie XyryxTu. HcTopH'iecitift oiepK'b hx'b lipouuaro h cospeMeHHarO ßara. [A. Pozdnejete. Die Chutukteu von Urga. Hi¬
storische Uebersicht ihres früheren und gegenwärtigen Bestandes.] C. üeTcpSypri.
1876. 84 pp. 8. (Aus den Trav. de la 3« sess. du Congr. intern, des Orient.) 7) JKHiie CBÄTHieifl HnKOjaa, eiracKona MopMiiiHcitaro. Ha iiaplniii OliBepo-BaHKajrbCKHxi Bypart. Kasaui, 1879. 31 pp. Rh. O.io.
8) AaöyKa Cnccorofi TyaaHH. CociaBJieHa H. II. PpuiopoecKu.Mh niia HHopOÄiieB'ii HaptlMCKaro npaa. Kasaiu. 1879. 48 pp. Ostjak-samojedisch.
Enthält 4 Originalmärchon. Rb. 0.25.
9) GöiacHenie npasAHEKOBt cb. iiepitBH. Ha ocTaiiKO-caMoiACKOMt nSHKi. H. II. PpuiopoecmiO. KasaHb 1879. Ostjak-sam. u. russisch. 34 Bl.
10) MojHTBH H 0 cepjeiHoft MOiHTBi Kt Bory. Ha ocTaiiKO-caMoiACKOMt UMKi. H.H. rpuiopomKaiO. Kasani. 1879. 8. Ostjak.-sam. u. russisch: je 103 gegenüberstehende Seiten.
11) CBaiueBHaa HcTopia. Ha ocTauKO-caMoijCKOMi asHKi. Kaaaub 1879.
8. Je 57 gegenüberstehende Seiten.
12) Verb. d. Berl. Ges. f Anthrop. 1879, 300.
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Türkische und tatarische Literatur. Ge¬
schichte und Ethnographie von Centraiasien.
Von J. Th. Zenker.
Das türkische Sprachgebiet im Allgemeinen behandelt Vdni-
biry's') neuestes Werk, in welchem er die Resultate seiner ety¬
mologischen Forschungen in Bezug auf die früheste Cultur der
türkischen Stämme zusammengestellt hat. Das ausserordentlich
reichhaltige Buch ist, wenn auch nicht frei von sprachlichen Irr¬
thümern im Einzelnen, doch für den Turkologen in hohem Grade
lehrreich und auch für grössere Leserkreise in anthropologisch¬
ethnographischer Beziehung von nicht geringem Interesse.
Unsere Kenntniss der osttürkischen Dialekte ist durch Vdm-
bery's ^) Mittheilungen über die Sprache der Turkomanen und den
Divan Machdmnkuli's in dankenswerthester Weise erweitert worden.
Für das Tatarische ist auch in diesem Jahre in Kazan einiges
geschehen durch Herausgabe eines Werkes von Osman el Hübüi»)
betitelt „Perle der Rathgeber", welches erbauliche Betrachtungen
enthält, im Anschlüsse an Koranstellen, arabisch mit theilweise
tatarischer Erklärung, nebst einer tatarischen Gebetssammlung;
ferner durch ein in der Universitätsdrackerei gedrucktes tatarisches Werk, betitelt Agiü'b ul-mahlükat *) d. i. Wunder der Schöpfung,
eine Beschreibung alles dessen, was auf Erden, im Himmel und
1) Herm. VAmhery. Die primitive Cultur dos turlto-tatarischen Vollmes auf Grund spracliliolier Forscliungon erörtert. Leipzig 1879. IX, 276 pp. 8.
— Vgl. Pavet dc Courtedle JA. VII Ser., XIV, 543-5.')4; W. Schott ZDMG.
XXXIII, 536-545; Fleischer LC. 1880, 1190.
2) H. Vdmbcry. Die Sprache der Turltomanen und der Diwan Macli- dumkuli's: ZDMG. XXXIU, 387-444.
3) Q^^ÜJI äjCi von ^yijM- qJ CT"*^ CT- C)^"*^ Kazan
1879. lö. Ma pp. 8.
4) oLijJLSVit i_oLsU: Kazan 1879. Ifo pp. 8.