Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2231. Mai 2002 AA1531 Um eine Doppelberechnung
von Leistungssegmenten zu verhindern, ist den Kapiteln H (Geburtshilfe und Gynäko- logie), K (Urologie) und L (Chirurgie, Orthopädie) der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die allge- meine Bestimmung vorange- stellt, die besagt, dass bei Durchführung „mehrerer Ein- griffe in der Brust- oder Bauchhöhle in zeitlichem Zu- sammenhang“ die Gebühr für die „Eröffnung dieser Körper- höhlen“ nur einmal berechnet werden darf. Bei den nachfol- genden Eingriffen muss der Vergütungssatz der Eröff- nungsleistung (Nr. 2990 oder Nr. 3135) abgezogen werden.
Allerdings geben insbeson- dere Eingriffe an retroperito- nealen Organen immer wie- der Anlass zur Infragestellung der allgemeinen Bestimmung, weil Operationen an den Nie- ren oder Beckengefäßen auch unter vollständiger Vermei- dung einer Eröffnung der
„Bauchhöhle“, also des Peri- toneums,erbracht werden kön- nen. Nicht zu Unrecht wird hinterfragt, ob in jeder Gebüh- renposition tatsächlich immer auch ein Gebührenanteil für die Eröffnung der Bauchhöh- le im engeren Sinne einkalku- liert worden ist. Eindeutige Leistungsbeschreibungen, wie bei Gebührenposition Nr.
1843 (radikale Nephrekto- mie), die den Hinweis auf einen transthorakalen oder transabdominalen Zugangs- weg einschließt, sind die große Ausnahme in der GOÄ.
Angesichts der nicht unbe- trächtlichen Punkzahl von 1 110 Punkten, die gegebenen- falls von der zweiten Operati- on abgezogen werden müssen, muss man davon ausgehen, dass der Verordnungsgeber hier nicht bloß einen Haut- schnitt angepeilt hat – eine Sisyphusarbeit, rekonstruieren zu wollen, welche Gebüh- renpositionen für Operations-
leistungen im „Bauch“ Ge- bührensätze für transab- dominale Eröffnungsleistun- gen mitbeinhalten. Trotzdem herrscht breiter Konsens dar- über, dass eine Eröffnungslei- stung immer dann abgezogen werden muss, wenn nach er- folgter Durchführung der ei- nen Operation in der Brust- oder Bauchhöhle für einen weiteren Eingriff derselbe be- reits geschaffene Zugangsweg benutzt wird. Dann bleibt im- mer noch strittig, in welcher Höhe, das heißt zu welchem Steigerungssatz,die Eröffnungs- leistung beim zweiten Eingriff abgezogen werden soll, weil der Verordnungsgeber nicht von Gebühr, Gebührensatz oder Punktzahl spricht, son- dern von „Vergütungssatz“.
Auch in diesem Punkt hat sich die Bundesärztekammer fest- gelegt: Von der Punktzahl des zweiten Eingriffs ist zuerst die Punktzahl der Eröffnungs- leistung (also 1 110 Punkte) abzuziehen, die verbleibende Differenz kann dann inner- halb des Gebührenrahmens gesteigert werden.
Eine automatische Übertra- gung der allgemeinen Bestim- mung zum Abzug einer Eröff- nungsleistung auf Operatio- nen, die nicht in Zusammen- hang stehen mit „Eingriffen in der Brust- oder Bauchhöhle“, wie beispielsweise Eingriffe an den Karotiden nach Nr. 2820 oder 2821, schießt allerdings über das Ziel hinaus.
Die Empfehlung der Bundes- ärztekammer aus dem Jahr 1998, bei „doppelseitiger Stru- maresektion“ die Nr. 2755 zwei- mal zu berechnen,aber Nr.2803 als Eröffnungsleistung abzu- ziehen, ist eine Sonderregelung für die in der GOÄ fehlende Gebührenposition der (sub)to- talen Strumaresektion, ohne Einfluss auf die Abrechnung von Gebührenpositionen für Operationen, die im Leistungs- verzeichnis abgebildet sind.
Dr. med. Regina Klakow-Franck V A R I A
GOÄ-Ratgeber