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Archiv "Das Sneddon-Syndrom: Livedo racemosa generalisata und zentralnervöse Komplikationen" (21.02.1992)

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DEUTSCHES

ARZTEBLATT

Heinz Große Aldenhövel l , Ulrich Gallenkamp 2

und Bernhard Pfeiff 2

Hirninfarkte bei jüngeren Menschen stellen ein großes dia- gnostisches Problem dar - insbesondere wenn die Sympto- matik rezidivierend auftritt. Begleitende typische Hauter- scheinungen (Livedo racemosa) sowie zusätzliche internisti- sche Erkrankungen sollten den Blick auf das Sneddon- Syndrom lenken. Die therapeutischen Möglichkeiten sind bisher noch eingeschränkt, die Prognose langfristig daher nicht günstig.

Das Sneddon-Syndrom

Livedo racemosa generalisata und zentralnervöse Komplikationen

I

n der jüngsten Vergangen- heit hat ein Krankheitsbild zunehmende Aufmerksam- keit gefunden, das durch spe- zifische Hautveränderungen in Kombination mit neurologischen Komlikationen gekennzeichent ist.

Die kutane Symptomatik dieser Er- krankung besteht in einer generali- sierten Livedo racemosa, während von neurologischer Seite überwie- gend zerebrovaskuläre Läsionen im- ponieren. Als eigenständige Entität wurde dieser neurokutane Sympto- menkomplex erstmals 1965 von dem britischen Dermatologen J. B. Sned- don herausgestellt, wenngleich das Krankheitsbild bereits Jahre zuvor mehrfach beschrieben worden ist (7, 13, 31). Die Erkrankung tritt vor al- lem bei jüngeren Personen im dritten bis vierten Lebensjahrzehnt auf und betrifft Frauen etwa doppelt so häu- fig wie Männer (5).

Die Hautsymptome gehen in der Regel den neurologischen Kompli- kationen um einige Jahre voraus. In der Anamnese der Patienten finden sich nicht selten Gefäßrisikofaktoren wie Nikotinkonsum, arterielle Hy- pertonie oder Einnahme oraler Kon- trazeptiva, gelegentlich auch eine Hyperlipoproteinämie. Darüber hin- aus bestehen relativ häufig zusätzli- che internistische Erkrankungen, et- wa Aortenvitien, chronische Pyelo- nephritiden, arterielle Verschluß- krankheit, Raynaud-Syndrom, dage-

gen in eher seltenen Fällen ein Dia- betes mellitus (15, 18, 22).

Seit der Arbeit von Sneddon im Jahre 1965 wurden in der Folgezeit bis 1987 weltweit lediglich 49 Kasu- istiken zu diesem Syndrom publi- ziert, eine Zahl, die sich bis zum ge- genwärtigen Zeitpunkt etwa verdop- pelt hat (5, 8). Obschon dies vermu- ten lassen könnte, daß es sich beim Sneddon-Syndrom um eine Rarität handelt, konnte im Rahmen einer spanischen Untersuchung gezeigt werden, daß von 3006 Patienten, die zwischen 1977 und 1981 wegen zere- brovaskulärer Erkrankungen hospi- talisiert waren, 0,27 Prozent an die- sem Syndrom litten (18). Für die Bundesrepublik Deutschland wird die Zahl der Krankheitsfälle auf 1000 bis 1500 geschätzt (15).

Livedo racemosa generalisata

Bei der generalisierten Livedo racemosa handelt es sich um ein

Abteilung für Neurorehabilitation (Chefarzt: Diplom-Psychologe Dr. med.

Heinz Große Aldenhövel)

Bethesda-Klinik, Tschugg/Schweiz

2 Abteilung für Neurologie (Chefarzt: Dr.

med. Ulrich Gallenkamp) und Abteilung für Dermatologie (Chefarzt: Professor Dr. med.

Helmut Pullmann), Kreiskrankenhaus Lü- denscheid, Akademisches Lehrkranken- haus der Universität Bonn

systemisches Gefäßsyndrom, das durch bläuliche oder braun-rot tin- gierte, baumartig verzweigte, oft an Blitzfiguren erinnernde Hautzeich- nungen charakterisiert ist, die ohne scharfe Grenzen in die unauffällige Haut übergehen (14). Prädilektions- stellen sind Beine, Oberarme, Ge- säß und Rücken. Die Hautzeich- nungen treten häufig bei Abküh- lung deutlicher hervor; sie können sich während einer Gravidität ver- schlimmern oder erstmalig manife- stieren.

Im Gegensatz zur generalisier- ten Livedo racemosa imponiert bei der Livedo reticularis eine netzför- mige und marmorartige Hautzeich- nung (Cutis marmorata), die sich hauptsächlich an den unteren Extre- mitäten findet und bei Erhöhung der Außentemperatur verschwindet (14). Diesem Hautsymptom, das mit- unter mit einer Livedo racemosa ver- gesellschaftet ist, liegt eine harmlose vasomotorische Dysfunktion ohne nachweisbare mikromorphologische Veränderungen im peripheren Ge- fäßsystem zugrunde.

Im angloamerikanischen Schrift- tum ist bislang nicht zwischen einer razemösen und retikulären Livedo differenziert worden, was zu erhebli- chen diagnostischen Verwirrungen Anlaß gibt, da die dort verwendete Bezeichnung „Livedo reticularis"

keinen detaillierten Krankheitster- minus darstellt, sondern als Sammel- Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992 (67) A1-565

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Atrophie (18, 22). Bei zerebralen Angiographien kamen häufig peri- phere Kalibereinengungen und Ge- fäßabbrüche der intrakraniellen Ar- terien mit teilweise Moya-Moya-ähn- lichen kapillären Gefäßnetzen zur Darstellung. Ähnliche Veränderun- gen zeigten sich auch bei Angiogra- phien der Hände. Dagegen wurden eindeutige histo-pathologisch ent- zündliche Veränderungen nicht ge- funden (5, 15, 18, 22).

Fallbeschreibung

Zwischen 1986 und 1989 behan- delten wir einen jetzt 35jährigen männlichen Patienten fünfmal we- gen wiederholter Hirninfarkte und transitorischer ischämischer Attak- ken. Außer einem etwa 10jährigen Nikotinkonsum von 10 bis 15 Ziga- retten/Tag bestanden bei dem Pa- tienten keine weiteren Gefäßrisiko- faktoren. Der Blutdruck lag stets im

Abbildung 1: Das T2- gewichtete Bild läßt zwei signalintensive ischämische Bezirke links präzentral und parietal erkennen. Die S eitenventrikel sind leicht erweitert.

Abbildung 2:

Mehrere signalinten- sive plaqueförmige Läsionen im Stamm- ganglienbereich beid- seits und links okzipi- tal im Marklager, fer- ner ausgedehnter Ischämiebezirk links frontozentral und ein kleiner Bezirk an der rechten Konvexität begriff für völlig unterschiedliche Er-

krankungen oder exogene Schädi- gungen benutzt wird.

Die Livedo racemosa kann nach dem klinischen Bild in eine primär generalisierte und eine primär zir- kumskripte Form eingeteilt werden, die jeweils mit oder ohne zusätzliche Hautveränderungen einhergehen können (15). Die generalisierte Form ohne zusätzliche Hautsympto- me kennzeichnet das Bild beim Sneddon-Syndrom. Sie wurde erst- mals von Ehrmann zu Beginn dieses Jahrhunderts beschrieben, der es ur- sprünglich für ein Lues-spezifisches kutanes Symptom hielt (10). Die hi- stologischen Veränderungen sind bereits 1907 von Ehrmann gut be- schrieben und einige Jahre später von Polak ergänzt worden. Die Au- toren fanden endarteriitische Wu- cherungen im Grenzbereich zwi- schen Cutis und Subcutis mit unspe- zifischen perivaskulären Lymphozy- ten- und Leukozyteninfiltraten; das Endothel der Viren war nicht oder nur stellenweise angedeutet verdickt (10, 17).

Bei den Hautbiopsien von Pa- tienten mit Sneddon-Syndrom wur- den ebenfalls überwiegend lympho- histiozytäre Infiltrate mit einer be- gleitenden Intimaproliferation und einer perivasalen Bindegewebsver- breiterung gefunden (5, 22).

Neurologische Komplikationen

Bei etwa 75 Prozent der Patien- ten mit einer Livedo racemosa treten im weiteren Krankheitsverlauf neu- rologische Komplikationen auf (15).

Dabei handelt es sich ganz überwie- gend um Hirninfarkte und reversible Ischämiesyndrome; darüber hinaus wurden vereinzelt auch Grands maux, transiente globale Amnesien, Migraine accompagn& und hirnor- ganische Psychosyndrome beobach- tet (5, 15, 20). Computer- oder kern- spintomographisch fanden sich bei der Mehrzahl der Patienten neben der fokalen Substanzschädigung mehr oder weinger ausgeprägte Er- weiterungen der Seitenventrikel, zum Teil kombiniert mit einer zen- tro-parietal akzentuierten kortikalen

A1-566 (68) Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992

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Abbildung 3: Livedo racemosa im Bereich der linken unteren Glutealregion normotonen Bereich um 120/80

mmHg.

Laborbefunde: BSG, rotes und weißes Blutbild, Differentialblutbild, Thrombozyten, Gerinnungsparame- ter, Serumelektrolyte, Lipidprofil, Bilirubin, Gesamtprotein und Prote- inelektrophorese, Kreatinin, Harn- stoff, Harnsäure, Blutzuckertages- profil, Enzymaktivitäten von AP, y- GT, GOT, GPT, LDH, CK, CHE und SP sowie Luesserologie unauf- fällig. Immunserologie: Immunelek- trophorese, C3c, C4, CH5O im Normbereich; anti-ENA, anti-ds-D- NA, Antikörper gegen glatte und quergestreifte Muskulatur und gegen Gefäße, Rheumafaktoren, zirkulie- rende Immunkomplexe, Cardiolipin IgG-AK und Cardiolipin IgM-AK, Kryoglobuline, Kryofibrinogen und Paraproteine negativ beziehungswei- se nicht nachweisbar. Liquor: Bei mehrfacher Kontrolle keine Pleozy- tose, Gesamteiweiß, IgG-Index, IgG- und Albumin-Quotient im Normbe- reich, kein Nachweis oligoklonaler Banden.

Apparative Diagnostik: Rö-Tho- rax und Schädel ohne pathologischen Befund. 24-Std.-Langzeit-EKG: 75 VES und 24 SVES (formalanalytisch Lown I). Echokardiogramm unauffäl- lig. EEG: leichte diffuse zerebrale Funktionsstörung ohne Herdbefund.

Sämtliche evozierten Potentiale (VEP, Tibialis-SEP, AEP) regel- recht. Selektive Angiographie mit Ausnahme eines Mikroaneurysmas im Bereich der linken A. cerebri me- dia unauffällig. Kernspintomogra- phie des Schädels: ausgedehnter Ischämiebezirk links fronto-zentral, ferner mehrere signalintensive Be- zirke im Stammganglienbereich bei- derseits sowie links okzipital und an der rechten Konvexität, darüber hin- aus leichte Erweiterung der Seiten- ventrikel (siehe Abbildungen 1 und 2).

Hautbefund: generalisierte Live- do racemosa mit Betonung im Be- reich der Oberschenkel und Gesäß- partien (Abbildung 3). Exzisat aus ge- sunder belichteter Haut: Nach Inku- bation der Schnitte mit monospezifi- schen Antikörpern gegen IgG, IgA, IgM, C3, C4, Fibrin und Fibrinogen kein Nachweis von Immunglobulin- präzipitaten, kein Anhalt für eine Aktivierung des Gerinnungs- oder

Komplementsystems, keine Darstel- lung von Cytoid-Körpern. Hautbiop- sie rechte Gesäßhälfte: Im oberen Corium zahlreiche weitgestellte und wandstarke Gefäße mit zum Teil an- gedeutet knopfförmiger Proliferati- on von Endothelien, an einigen Stel- len Mikrothromben; schüttere peri- vaskuläre Rundzellvermehrung.

Diagnostik

Die generalisierte Livedo race- mosa ist ein „blickdiagnostisch" zu erfassendes Hautsymptom. Diese

Blickdiagnose kann zum einen da- durch erschwert sein, daß die Haut- veränderungen häufig erst bei Ab- kühlung deutlich hervortreten, zum anderen muß die Möglichkeit des ge- meinsamen Auftretens mit einer Li- vedo reticularis berücksichtigt wer- den. Die razemöse Livedo kann im übrigen nicht nur mit neurologischen Symptomen assoziiert sein, sondern beispielsweise auch mit einer rheu- matoiden Arthritis, Periarteriitis no- dosa, Polycythaemia vera, Dermato- myositis, Tuberkulose, Kryoglobulin- ämie, mit einem primären Anticardi- olipin-Syndrom oder einem systemi- schen Lupus erythematodes (5, 13, 15). Tritt dieses Hautsymptom zu- sammen mit zerebralen Ischämien, Krampfanfällen, Ictus amnesique,

Migräne oder mit Verschlüssen der A. centralis retinae auf, dürfte in den meisten Fällen ein Sneddon- Syndrom vorliegen. Differentialdia- gnostisch müssen allerdings Immun- vaskulitiden mit ebenfalls gleichzeiti- gem Befall von Haut und Gehirn ausgeschlossen werden (5, 8).

Weitere Differentialdiagnosen umfassen die seltene leptomeninge- ale Angiomatose „Divry-Bogaert"

und die zerebrale Thrombangiitis obliterans (5, 9, 18). Die Abgrenzung gelingt in der Regel schon aufgrund der beim Sneddon-Syndrom fehlen- den Entzündungszeichen und der

unauffälligen Immunserologie. Ge- gen die zerebrale Thrombangiitis ob- literans spricht auch die deutliche Präferenz des weiblichen Ge- schlechts beim Sneddon-Syndrom.

Im Gegensatz zu dem nahezu aus- schließlich Männer betreffenden peripheren Winiwarter-Bürger-Syn- drom finden sich bei der zerebralen Form der Thrombangiitis obliterans häufiger Frauen; allerdings dominie- ren auch hier Männer in einer Grö- ßenordnung von etwa drei zu eins bis vier zu eins (2).

Ätiologie

Die Ätiopathogenese und noso- logische Stellung des Sneddon- Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21. Februar 1992 (71) A1-567

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Syndroms ist bislang nicht geklärt.

Sneddon selbst betrachtete das Krankheitsbild als eine Form der Endangiitis obliterans und vermute- te Ähnlichkeiten mit der granuloma- tösen Angiitis vom Typ des Takaya- su-Syndroms (21). Auch noch später wurde es mit einer zerebralen Ver- laufsform der Endangiitis obliterans in Verbindung gebracht (22). Bezüg- lich der Pathogenese wurde ange- nommen, daß Nikotinkonsum und orale Kontrazeptiva das Auftreten des Krankheitsbildes begünstigen und daß diese Noxen über eine En- dothelproliferation zu einem einer Angiitis ähnlichen histologischen Bild führen (19). Dieser Erklärungs- ansatz wird trotz seiner vordergrün- digen Plausibilität dadurch relati- viert, daß derartige Noxen keines- wegs obligat sind. Andere Autoren sehen das ätiologische Agens in pro- liferierenden Myozyten, die nach Durchdringen der Intima elastica in- terna die Gefäßlumen obliterieren (16).

In jüngster Zeit wurde das Sned- don-Syndrom vor allem mit dem

„Antiphospholipid-Antikörper-Syn- drom" in Verbindung gebracht (1, 6). Diese Antikardiolipin-Antikör- per erwiesen sich jedoch nicht als pathognomonisch für das Sneddon- Syndrom, sondern konnten inzwi- schen auch bei der Chorea Hunting- ton, beim Guillain-Barr&Syndrom, dem Degos-Syndrom und dem syste- mischen Lupus erythematodes nach- gewiesen werden (1, 11, 12). Die Fo- kussierung auf dieses Antikörper- Syndrom könnte dennoch erheblich zur Klärung der Pathogenese des Sneddon-Syndroms und ähnlicher Syndrome beitragen, da belegt wer- den konnte, daß der Antikardiolipin- Antikörpernachweis beim systemi- schen Lupus erythematodes stark mit dem Risiko ischämischer Hirnin- farkte assoziiert ist (6).

Therapie und Prognose

Die Therapie des Sneddon- Syndroms kann angesichts der bisher noch unbekannten Ätiologie ledig- lich symptomatisch sein. Bisherige Behandlungsversuche mit Acetylsali- cylsäure, Kortikoiden und Beta-Re-

zeptoren-Blocker blieben ohne si- cheren Erfolg (15). Dagegen wurde bei der Livedo racemosa mit Som- merulzerationen über Besserungen nach einer langfristigen Azathioprin- Therapie berichtet (4). Das „primäre Antiphospholipoid-Syndrom" wird mit Marcumar in Verbindung mit niedrig dosierter Acetylsalizylsäure behandelt (1).

Auch bei der Endangiitis oblite- rans waren mit einer Kombination von Azathioprin und Kortikoiden zu- friedenstellende Ergebnisse zu erzie- len (3). Erfahrungen mit dieser Sub- stanz liegen bislang beim Sneddon- Syndrom nicht vor. Hier ist die Be- handlung noch vorrangig auf die Ausschaltung begünstigender Noxen und auf die Therapie der Begleiter- krankungen ausgerichtet. Darüber hinaus ist der pragmatische Einsatz von Substanzen zur Thrombozyten- aggregationshemmung und zur Ver- besserung der Erythrozytenfluidität sicherlich gerechtfertigt (23). Die Prognose des Sneddon-Syndroms ist angesichts der bisher wenig effekti- ven Therapieansätze relativ ungün- stig. Werden die meist wiederholt auftretenden zerebralen Ischämien überlebt, stellt sich in fortgeschritte- nen Fällen neben den körperlich- neurologischen und neuropsycholo- gischen Defiziten eine Multiinfarkt- demenz ein (18).

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordem über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Ulrich Gallenkamp Chefarzt der

Neurologischen Abteilung Kreiskrankenhaus Lüdenscheid Paulmannshöherstraße 14 W-5880 Lüdenscheid

Populationen mit niedrigen Cholesterin- Werten haben auch ein Koronarrisiko

Der Cholesterinspiegel steht in direkter Relation zur Mortalität durch koronare Herzerkrankung selbst bei einer Population mit nach westlichem Standard als „niedrig" zu bezeichnenden Werten. Es besteht kein Nachweis einer negativen Aus- wirkung des Cholesterins auf andere Todesursachen.

Zu dieser Schlußfolgerung ka- men die Autoren in einer prospekti- ven Studie bei 9021 Männern und Frauen aus dem Stadtbezirk Shanghai, China, wo der mittlere Serum-Cholesterinspiegel weitaus niedriger ist als bei westlichen Popu- lationen. Der durchschnittliche Se- rum-Cholesterinspiegel betrug 4,2 mmo1/1 bei der Eingangsuntersu- chung, und nur 43 (sieben Prozent) der Todesfälle traten innerhalb des Nachuntersuchungszeitraumes von 8 bis 13 Jahren aufgrund einer korona- ren Herzerkrankung auf. Es bestand aber eine stark positive Relation zwi- schen dem Serum-Cholesterinspie- gel und dem Tod durch koronare Herzerkrankung, und innerhalb des Bereiches der untersuchten Serum- Cholesterinspiegel (3,8 bis 4,7 mmo1/1) konnte kein Nachweis einer Grenze erbracht werden.

Es bestand andererseits aber keine signifikante Relation zwischen höherem Serum-Cholesterinspiegel und dem Tod durch Schlaganfall oder jeglicher Art von Krebs. Die 79 Todesfälle aufgrund von Leberkarzi- nomen oder anderer chronischer Le- bererkrankungen standen in umge- kehrter Relation zum Serum-Chole- sterinspiegel zu Beginn der Untersu- chung. lng

Chen, Z. et al.: Serum Cholesterol concen- tration and coronary heart disease in popu- lation with low cholesterol concentrations, British Medical Journal 303 (1991) 276-282.

Dr. Zhengming Chen, Medical Research Council and Imperial Cancer Research Fund, Clinical Trial Service Unit, Nuffield Department of Clinical Medicine, Univer- sity of Oxford, Radeliffe Infirmary, Oxford OX2 6HE, Großbritannien.

A1-568 (72) Dt. Ärztebl. 89, Heft 8, 21 Februar 1992

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