Medikamente
Zur Medikamenten-Indikation nach Beipackzetteln:
Ungewöhnlich
. . . Deutsche Beipackzet- tel (trotz Länder-abhängiger Länge) beziehungsweise die Rote Liste sind international ungewöhnlich bezüglich:
✁ der Verwendung von Firmennamen anstatt Sub- stanznamen,
✁ fehlender Beschrei- bung des Wirkungsmechanis- mus; somit wird für zeitlich überforderte Kliniker eine der letzten Möglichkeiten ge- nommen, sich nicht nach
„Medikamenten-Namen ge- gen Diagnose-Namen“ zu richten, und
✁ mangelnden Vergleichs zwischen der Häufigkeit von Nebenwirkungen eines Me- dikaments und eines Place- bos. Demnach werden viele potenziell hilfreiche Me- dikamente (nach Lesen des Beipackzettels) von „ver- ständlich empörten“ Patien- ten direkt in den Mülleimer
geschmissen, was nur für den Umsatz der Pharmaindustrie vorteilhaft sein dürfte. Der Patient sucht einen „besse- ren“ Arzt, dem Vorgänger fehlt jegliche Rückkoppe- lung, wobei der Nachfolger ebenso unvorbereitet da- steht. Es entstehen unnötige Kosten.
Unser oberstes Gebot ist es nicht, unseren konservati- ven Ruf zu schützen, sondern im informiertesten Interesse unserer Patienten zu handeln.
Sollte dem Arzt keine ent- sprechende Literatur vorlie- gen, genügt ein Anruf beim Hersteller (Rote Liste), der sie unverzüglich senden oder faxen wird (sowie Muster- präparate). Am informativ- sten sind die wissenschaftli- chen Abstracts (Medline/
DIMDI), die einen schnellen, neutralen Überblick vermit- teln. Diese können auch vom Hersteller verlangt werden, Zusammenfassungen von un- abhängigen Pharmakologen sind auch in deutscher Spra- che erhältlich . . .
Dr. Stephen Bantz, Klinikum Passauer-Wolf, Leither 41 a, 94086 Bad Griesbach
A-1495 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 22, 2. Juni 2000
S P E K T R U M LESERBRIEFE
Betrug
Zu dem Beitrag „Der Fall Bezwoda“
von Dr. med. Eva A. Richter in Heft 12/2000:
Studienergebnisse kritisch bewerten
Der scheinbar nun bewie- sene Betrug des Prof. Bezwo- da zur Hochdosischemothe- rapie beim Mammakarzinom hat wieder einmal alle Kolle- gen geschockt und insbeson- dere die Onkologen in eine gewisse Ratlosigkeit ge- bracht. Auch uns Strah- lentherapeuten wäre eine wirkungsvolle Behandlung des Mammakarzinoms der größte Wunsch gewesen. Was uns an der Sache zusätzlich verstimmt, ist, dass viele On- kologen derartigen Studien zu neuen Chemotherapien zu schnell Glauben schenken, dagegen Studienergebnisse
großartiger Protokolle, die erst mit Zehn-Jahres-Daten veröffentlicht werden, allzu- gern als veraltet ablehnen. So geschehen 1997 bei den Er- gebnissen einer dänischen und einer kanadischen Stu- diengruppe, die aufzeigen konnte, dass für bestimm- te Risikogruppen beim Mam- makarzinom die lokoregio- näre Bestrahlung nach Abla- tio einen größeren Überle- bensvorteil als die adjuvante Chemotherapie bringt. Der Fall Bezwoda sollte für uns alle nicht nur ein Menete- kel für den Wissenschafts- betrug sein, sondern uns lei- ten, Studienergebnisse kri- tisch und nicht überschnell positiv oder negativ zu be- werten.
Prof. Dr. med. Günther Gademann, Klinik für Strah- lentherapie, Otto-von-Gue- ricke-Universität Magde- burg, Leipziger Straße 44, 39120 Magdeburg