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Dienstag (Vormittag), 21. Januar 2014 Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion 13 2012.1272 Gesetz Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBG) (Änderung)

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Sitzungstitel7 2012.1272 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Dienstag (Vormittag), 21. Januar 2014

Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion

13 2012.1272 Gesetz

Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (ÖBG) (Änderung)

Beilage Nr. 02 1. Lesung

Eintretensdebatte

Präsident. Wir starten nun mit dem Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen, erste Lesung.

Ich begrüsse Frau Regierungsrätin Egger-Jenzer. Ich bitte den Herrn Kommissionspräsidenten, sich einzurichten und gebe ihm gleich das Wort zur Präsentation dieser Vorlage.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne), Kommissionspräsident. Das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen ist bereits seit Längerem in Kraft. Es wurde am 11. Juni 2002 in der heutigen Form in Kraft gesetzt. Seither konnten einige Erfahrungen damit gesammelt werden. Das Gesetz regelt, wie der Name schon sagt, das Verfahren bei der öffentlichen Beschaffung. Es gilt für Kanto- ne und Gemeinden sowie für Organisationen und Unternehmen, die mehrheitlich im Besitz des Kan- tons oder der Gemeinden sind, oder die von Bund, Kanton oder Gemeinden zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden. Der Vollständigkeit halber sei hier noch erwähnt, dass der Kanton Bern der interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen beigetreten ist und dieses einen Teil unseres ÖBG ausmacht. Der Zweck dieser Vereinbarung bestand in der Harmonisierung des Vergaberechts unter den Kantonen, aber auch international, und sogar mit der Europäischen Union. Aufgrund verschiedener Vorstösse und der Erfahrungen, die in letzter Zeit gemacht wurden, nimmt die Regierung jetzt Anpassungen an diesem Gesetz vor.

Die Kommission hat die Änderungen an der Sitzung vom 12. November 2013 diskutiert. Ich danke an dieser Stelle der Verwaltung für die professionelle Unterstützung sowie der Regierungsrätin Bar- bara Egger und der Kommission für die gute Zusammenarbeit. Inhaltlich geht es um folgende Punk- te: Die Anpassung der Schwellenwerte für die Wahl des Verfahrens und – gewissermassen als Ne- bensächlichkeit, aber auch als Modernisierung – der Ort der Veröffentlichung der Entscheide über die Durchführung des freihändigen Verfahrens, wenn die Schwellenwerte des offenen oder selekti- ven Verfahrens erreicht wurden. Im Weiteren wurden verschiedene Anträge behandelt, die jetzt teilweise erneut zur Debatte stehen.

Nun zu den Schwellenwerten. Das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen sieht für die Vergabe öffentlicher Aufträge folgende vier Verfahren vor: Das freihändige Verfahren, das Einla- dungsverfahren, das selektive Verfahren und das offene Verfahren. Das selektive und das offene Verfahren sind sich ähnlich und haben dieselben Schwellenwerte. Um zu bestimmen, welches Ver- fahren anzuwenden ist, wurden die Schwellenwerte festgelegt. Es ist klar, welches Verfahren bei welcher Auftragssumme zur Anwendung kommt. Bis heute hat der Kanton Bern eigene, relativ tiefe Schwellenwerte angewandt. Für den Kanton und die Gemeinden gelten heute zudem unterschiedli- che Schwellenwerte. Aus der bereits mehrjährigen Erfahrung kann man feststellen, dass die tiefen Schwellenwerte, insbesondere bei kleinen Auftragssummen, zu aufwändigen und zeitintensiven Verfahren geführt haben, aus denen eigentlich kein volkswirtschaftlicher Nutzen hervorgeht. Mit der Angleichung der Schwellenwerte an jene der interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen können nicht nur die Vergabestellen, sondern auch – was mir ebenso wichtig erscheint – die anbietenden Betriebe von administrativem Aufwand entlastet werden. Die Kommis-

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interkantonale Vereinbarung ausgesprochen. Somit ergibt sich hier – das finde ich sehr wichtig – eine willkommene Vereinheitlichung mit vielen anderen Kantonen und insbesondere mit den Nach- barkantonen.

Neu sollen beim Kanton und bei den Gemeinden dieselben Schwellenwerte gelten. Früher gab es für das freihändige Verfahren eine Limite von 100 000 Franken. Heute wird es so sein, dass im Bauhauptgewerbe bis 300 000 Franken freihändig vergeben werden können. Im Baunebengewerbe und bei den Dienstleistungen sind es 150 000 und bei Lieferungen nach wie vor 100 000 Franken.

Die nächste Stufe, das Einladungsverfahren, gilt für Beträge zwischen denen, die ich soeben ge- nannt habe, 500 000 Franken im Bauhauptgewerbe und bis 250 000 Franken im Baunebengewer- be, dies bleibt unverändert. Beim offenen, selektiven Verfahren haben wir auch eine Änderung. Bei Gemeinden war die Grenze bis jetzt bei 200 000 Franken angesetzt. Auch dies wird angeglichen, im Bauhauptgewerbe auf 500 000 und im Baunebengewerbe, bei Lieferungen und Dienstleistungen auf 200 000 Franken. Dies wird bestimmt eine grosse Verbesserung und Vereinfachung bringen und auch eine Beschleunigung bewirken.

Noch ein paar Worte zu Artikel 6. Hier wird, wie ich gesagt habe, bestimmt, wie die Veröffentlichung erfolgen muss beim Entscheid über die Durchführung eines freihändigen Verfahrens, wenn die Schwellenwerte überschritten sind. In speziellen Fällen kann eine Vergabe auch bei Werten über dem Schwellenwert für das freihändige Verfahren, und somit im Bereich des Einladungs-, des offe- nen oder des selektiven Verfahrens, freihändig vergeben werden. Als Ausnahme sind 11 Fälle in der Verordnung aufgezählt, unter Artikel 7 Absatz 3, in denen dies möglich ist. Wird eine freihändige Vergabe nach einem der 11 Ausnahmegründe vorgenommen, und wird die Summe für ein offenes oder selektives Verfahren erreicht, muss diese Vergabe bis heute vor dem Zuschlag im kantonalen Amtsblatt veröffentlicht werden. Dies war immer ein zusätzlicher Aufwand. Heute muss die Vergabe nur noch im SIMAP, der Website des «Vereins für das Informationssystem über das öffentliche Be- schaffungswesen in der Schweiz», veröffentlicht werden. Dies entspricht einerseits der heutigen Arbeitsweise der Unternehmen, die sich fast ausschliesslich über das SIMAP über öffentliche Aus- schreibungen und Vergaben informieren. Es stellt aber auch eine weitere Vereinfachung und Er- leichterung dar. Die Änderung wurde in der Kommission denn auch einstimmig gutgeheissen.

Insgesamt darf gesagt werden, dass den Vergabestellen und Unternehmen das Leben für einmal etwas leichter gemacht wird. Das Vorgehen wird vereinfacht und effizienter gemacht. Damit sind wir auf einem richtigen, auf einem guten Weg. Der Kanton wird damit ein kleines bisschen fitter. Ange- sichts der im ASP-Prozess festgestellten strukturellen Schwächen des Kantons ist dies sicher sehr willkommen. Es ist somit ein Schritt in die richtige Richtung. Im Namen der Kommission empfehle ich Ihnen Eintreten auf diese Gesetzesänderungen. Auf die einzelnen Anträge gehe ich nachher in der Detailberatung ein.

Präsident. Wir haben den Kommissionspräsidenten gehört. Ist Eintreten bestritten, gibt es allge- meine Wortmeldungen? – Frau Regierungsrätin Egger hat das Wort verlangt zum Eintreten.

Barbara Egger, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin. Ich möchte ganz kurz in Ergänzung zum Beitrag des Kommissionspräsidenten darauf hinweisen, warum wir diese Gesetzesänderungen überhaupt vorschlagen. Der Auslöser für die Gesetzesrevision kam von meinen Praktikern aus dem Tiefbauamt. Diese haben vor einiger Zeit auf ein grundsätzliches Problem beim Beschaffungswesen hingewiesen, nämlich auf den Schwellenwert, ab welchem Planungs- und Bauaufträge ausge- schrieben werden müssen. Dieser ist im Kanton Bern tief angesetzt. Er ist insbesondere tiefer als die Vorgabe der interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen. Er ist auch tiefer als in fast allen anderen Kantonen der Schweiz. Der Kommissionspräsident hat bereits darauf hingewiesen. Die täglichen Erfahrungen meiner Beschaffungsämter, die jährlich Aufträge im Wert von ein paar hundert Millionen Franken vergeben, zeigen es immer wieder: Bei Vergaben mit tiefen Beträgen ist das Verhältnis von Aufwand und Ertrag einfach ungünstig. Und zwar für meine Ämter als öffentliche Beschaffer ebenso wie für die Unternehmer, die sich für solche Aufträge bewerben.

Mehrkosten, administrativer Leerlauf und zeitliche Verzögerungen sind die Folge, ohne dass ein volkswirtschaftlicher Gegenwert entsteht.

Noch etwas zu den Schwellenwerten in Bezug auf die Gemeinden. Das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen gilt ja auch für Beschaffungen der Gemeinden. Im Vergleich zu den kantonalen Beschaffungen sind für kommunale Aufträge im Gesetz teilweise tiefere Schwellenwerte verankert.

Mit der Änderung, die Sie jetzt beraten, werden für kommunale Beschaffungen neu die gleichen Schwellenwerte gelten wie für kantonale Beschaffungen. Das finde ich sehr wichtig: Es gelten für

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alle dieselben Schwellenwerte. Allerdings haben die Gemeinden wegen der Gemeindeautonomie nach wie vor die Möglichkeit, tiefere Schwellenwerte vorzusehen. Wenn sie wollen, können Ge- meinden tiefere Schwellenwerte festlegen. Mit der Revision können in Zukunft mehr Aufträge frei- händig vergeben werden. Dies hat konkrete Vorteile: Nicht nur resultieren tiefere Kosten durch die Beschaffungsverfahren, sondern die Verfahren können auch rascher und mit geringerem administ- rativem Aufwand durchgeführt werden. Mit Mehrkosten bei den Beschaffungspreisen ist nicht zu rechnen, weil der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit auch bei der freihändigen Vergabe zu beachten ist. Ich bitte Sie darum, auf die Vorlage einzutreten und sie so zu beraten, wie sie von der Kommis- sion vorgelegt wurde.

Präsident. Ich habe vorhin gefragt, ob das Eintreten bestritten ist. – Eintreten ist offenbar nicht bestritten und damit beschlossen. Die Kommission beantragt, nur eine Lesung durchzuführen. Wird dagegen opponiert? – Nein, es wird nicht opponiert. Dann sehen wir dies einm so vor, Sie haben immer noch die Möglichkeit, am Schluss mit einem Quorum eine zweite Lesung zu verlangen, je nachdem, wie die Behandlung der Anträge abläuft. Dann kommen wir jetzt zur Detailberatung. Rö- misch I, Artikel 3 Absatz 1 ist genehmigt, beim Absatz 2 haben wir einen Antrag, der von Herrn von Kaenel vertreten wird. Ich gebe dem Antragsteller das Wort. Anschliessend gebe ich es dem Kom- missionspräsidenten. Sie haben das Wort, Herr von Kaenel.

I. Art. 3 Abs. 1 Angenommen Art. 3 Abs. 2

Antrag FDP (von Kaenel, Villeret) Streichen.

Dave von Kaenel, Villeret (FDP). Si je reviens avec mon amendement, ce n’est pas par esprit d’acharnement thérapeutique comme certains, c’est simplement parce qu’il a été rejeté en commis- sion par une seule voix. Pour moi, la proposition d’offrir la possibilité aux communes de fixer des seuils inférieurs va à l’encontre de l’idée de ma motion, qui avait été acceptée à une large majorité par ce cénacle l’année passée. Il me semble qu’en introduisant cette disposition, on veut passer par la petite porte, une demande de la ville de Berne, qui en consultation avait demandé de pouvoir choisir des seuils plus bas. En plus, cette disposition risque de compliquer passablement la vie des entreprises, car il faudrait savoir alors quelle commune applique quel seuil. De plus, avec cette révi- sion de loi, on a voulu supprimer une certaine injustice pour les entreprises bernoises vis-à-vis des autres cantons. Cependant, avec cette disposition, on va recréer des conditions similaires, certes cette fois à un niveau un peu plus régional. Je vous rappelle que jusqu’à présent, cette disposition n’était pas présente dans la loi et il ne semble pas que cela ait posé de problèmes majeurs dans l’attribution des marchés publics jusqu’à présent. Je vous prie donc de bien vouloir soutenir mon amendement.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne), Kommissionspräsident. Der Antrag von Kaenel lag der Kommission bereits vor. Wie der Antragsteller soeben gesagt hat, geht es darum, dass die Schwel- lenwerte für alle gleich sind, in dem Sinn, dass man hier keine Gemeindeautonomie zulässt. Wir haben sehr intensiv darüber diskutiert. Die Kommission kam zum Schluss, dass die Autonomie doch Sinn macht. Auch wenn der Entscheid knapp war, hat die Kommission den Antrag mit neun zu acht Stimmen abgelehnt.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Die BDP begrüsst die Änderungen im öffentlichen Beschaffungswesen und die Erhöhung der Schwellenwerte für die verschiedenen Verfahren aus- drücklich. Wir sind positiv dazu eingestellt, dass innerhalb der Schwellenwerte eine Differenzierung vorgenommen wird, etwa zwischen Bauhaupt- und Baunebengewerbe und Dienstleistungen sowie Lieferungen, und dass die Werte auch für die Gemeinden gelten. Das Kernstück des öffentlichen Beschaffungswesens ist Artikel 7. Er sieht vor, dass der freie Zugang zum Markt für alle Anbieterin- nen und Anbieter im gleichen Mass zu gewährleisten ist und der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten ist. Weiter gibt es Artikel 30, der die Zuschlagskriterien in Absatz 1 so definiert: «Das wirt- schaftlich günstigste Angebot erhält den Zuschlag. Als solches gilt dasjenige, das die Zuschlagskri-

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terien am besten erfüllt.» Die Zuschlagskriterien, es sind deren 12, beziehen sich auf die Qualität, den Preis, den Termin und so weiter. Erwähnt wird auch, dass die Zuschlagskriterien auftragsspezi- fisch festgelegt und wo nötig präzisiert werden sollen. Auch die Berufsbildung – dazu kommen wir noch – ist ein Zuschlagskriterium. Gestützt auf diese Diskussion haben wir auch Artikel 3 Absatz 2 innerhalb der Fraktion diskutiert. Die BDP ist bei diesem Artikel gespalten. Einerseits will man, dass eine einheitliche Lösung für den ganzen Kanton Gültigkeit hat und möchte somit den Absatz strei- chen. Die andere Hälfte der Fraktion möchte es den Gemeinden selbst überlassen, Schwellenwerte festzulegen und die Regelung im kommunalen Recht, welches es dann braucht, so festzulegen, dass es für die Gemeinde stimmt. Und es ist ziemlich genau die andere Hälfte, die den Artikel so belassen will. Es wird vermutlich so oder so eher die kleinen Gemeinden betreffen. Die «kann»- Version ist somit für uns eigentlich vertretbar.

Gerhard Fischer, Meiringen (SVP). Wenn wir jetzt über den Antrag sprechen: Die SVP ist für den Streichungsantrag. Wir müssen auch an unsere Nachbarkantone denken. Irrtum vorbehalten, sind wir von acht Nachbarkantonen umgeben, deshalb denke ich, es macht Sinn, diesen Absatz zu strei- chen. Der Kommissionspräsident hat zu Beginn das Gesetz sehr gut vorgestellt. Da keine Eintre- tensdebatte stattgefunden hat, erlaube ich mir trotzdem, hier noch etwas vom Schweizerischen Baumeisterverband einzubringen. Das Beschaffungswesen begleitet mich in verschiedenen Funkti- onen seit etwa 40 Jahren. Der Baumeisterverband hat auch die zehn wichtigsten Punkte für eine Ausschreibung festgehalten. Ich finde es wichtig, dass man diese kennt und auf ihnen aufbaut. Ers- tens muss der Bauherr wissen, was und wann er bauen will. Zweitens müssen Bauprojekte klar beschrieben und sorgfältig geplant werden. Drittens müssen Ausschreibungsunterlagen präzis, ein- deutig und vollständig sein. Viertens werden Eignungskriterien und Zuschlagskriterien bei der Aus- schreibung bekannt gegeben, und Zuschlagskriterien sind projektbezogen und für den Zuschlag gewichtet. Fünftens kennt das Beschwerderecht griffige Instrumente gegen missbräuchliche Aus- schreibungen und wendet sie konsequent an. Sechstens benötigen gute Offerten eine ausreichende Bearbeitungszeit. Nach der Auftragserteilung muss man den Unternehmen genügend Zeit geben für die Vorbereitungs- und Ausführungsarbeiten. Siebtens sind Angebotsrunden untersagt, öffentliche Offertöffnungen gehören zum Standard. Achtens sind nur diejenigen Unterlagen von den Anbietern zu verlangen, die für eine umfassende und faire Beurteilung nötig sind. Neuntens akzeptiert der Bauherr nur Anbieter, die Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutzbestimmungen sowie einschlägige Arbeitsnormen einhalten. Zehntens wird eine einseitige Überwälzung der Risiken auf einen Anbieter abgelehnt. Risiken sind unter den Beteiligten sinnvoll und fair zu verteilen. Das jetzige öffentliche Beschaffungsrecht baut eigentlich auf dieser Basis auf. Man muss sich immer wieder bewusst sein, dass man sich an diese zehn Punkte halten soll.

Luc Mentha, Liebefeld (SP). Ich nehme Stellung zum Antrag von Kaenel für die Fraktion SP- JUSO-PSA. Der Antrag von Kollega von Kaenel richtet sich gegen die Gemeindeautonomie und ist deshalb nach unserer Auffassung grundsätzlich abzulehnen, wenn man nicht sehr gute Argumente findet, die dafür sprechen. Diese findet man schlicht und ergreifend nicht. Wenn eine Gemeinde die Schwellenwerte tiefer halten will, dann tut sie dies, weil sie den Wettbewerb schon bei tieferen Wer- ten spielen lassen will mit dem Ziel, das wirtschaftlich beste Angebot zu finden. Das ist ein legitimes Anliegen der Gemeinden und der Steuerzahlenden, was eigentlich auch der FDP-Fraktion einleuch- ten sollte. Aus meiner Erfahrung als ehemaliger Gemeindepräsident muss ich Ihnen sagen, dass man mit dem öffentlichen Ausschreibungsverfahren mit Konkurrenz, insbesondere mit Konkurrenz von ausserhalb der Gemeinde, viel Geld sparen kann. Bei uns in Köniz können wir so jährlich Milli- onen herausholen. Es ist von mir aus gesehen ziemlich dreist, wenn man aus protektionistischen Gründen zugunsten der lokalen KMU die Gemeindeautonomie jetzt anritzen und sinnvolles Sparen auf lokaler Ebene verhindern will. Wir sind in unserer Fraktion der Auffassung, dass man den Ge- meinden diese Freiheit nicht wegnehmen soll, die Schwellenwerte tiefer zu setzen. Wir setzen uns somit für Freiheit und Verantwortung ein.

Peter Sommer, Wynigen (FDP). Die FDP begrüsst die Änderung des Gesetzes über das öffentli- che Beschaffungswesen. Es ist nach unserer Auffassung an der Zeit, dass man diese Schwellen- werte im interkantonalen Vergleich anpasst. Zum Antrag von Kollege von Kaenel zu Artikel 3 Absatz 2. Die FDP unterstützt diesen Antrag ebenfalls. Wenn man die Schwellenwerte auf Gemeindeebene gleichschaltet, heisst dies auch, dass wir überall dieselben Spielregeln haben und gleich lange Spiesse. Es ist ein Unding für überregional tätige Unternehmungen, wenn unterschiedliche Schwel-

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lenwerte von Gemeinde zu Gemeinde existieren. Wie gesagt: Wenn dies überall gleich ist, herr- schen überall die gleichen Spielregeln, sei es für die Ausschreiber wie auch selbstverständlich für die Anbieter. Die Motion von Kaenel, die wir überwiesen haben, wollte ebendies: Dass die Schwel- lenwerte überall gleich sind. Insbesondere im Grenzgebiet zu den Kantonen Neuenburg und Jura würden unterschiedliche Schwellenwerte automatisch zu einer Benachteiligung von Berner Unter- nehmen führen. Wenn man die Schwellenwerte anhebt, ist klar, dass mehr Aufträge im freihändigen Verfahren vergeben werden. Ich gebe aber auch zu bedenken, dass offene Verfahren aufwendig sind. Offene Verfahren sind kostenintensiv und stellen auch an die ausschreibenden und planenden Stellen sehr grosse Anforderungen. Wenn jetzt hier suggeriert wird, dann werde im Bereich des freihändigen Verfahrens Vetternwirtschaft betrieben, kann ich sagen, dieses Verfahren bewegt sich nicht einfach in einem rechtsfreien Raum. Das freihändige und das selektive Verfahren sind eben- falls dem Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen unterstellt. Es müssen Eignungs- und Vergabekriterien festgelegt werden, das Ganze muss transparent sein. Es steht jeder Gemeinde frei, diese Eignungs- und Vergabekriterien so zu gestalten, dass auswärtige Konkurrenten mitreden können. Regeln kann man auch so festlegen, dass im Minimum immer ein auswärtiger Anbieter im Verfahren mitberücksichtigt werden muss. Im Namen der FDP-Fraktion bitte ich Sie, der Streichung von Artikel 3 Absatz 2 zuzustimmen.

Markus Wenger, Spiez (EVP). Die EVP begrüsst die vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes.

Für uns ist es sehr wichtig, was mit diesem Gesetz geschieht. Die öffentliche Beschaffung ist etwas sehr Sensibles. In einem Rechtsstaat ist es wichtig, dass wir hier klare und gute Grundlagen haben.

Der vorgeschlagene Antrag, wonach man die Gemeindeautonomie beschneiden soll und für den ganzen Kanton dieselben Schwellenwerte einführen will, ist aus unserer Sicht nicht nötig. Für mich als Unternehmer, der schweizweit tätig ist, spielt es eigentlich keine Rolle, wie die einzelnen Ge- meinden ihre Schwellenwerte festlegen. Die Gemeinden müssen wissen, ob sie mir die Offerte per Post über das Einladungsverfahren schicken, oder ob sie das Projekt ausschreiben und ich mich bewerben muss. Vor diesem Hintergrund dürfen wir den Gemeinden ihre Autonomie lassen, wir müssen ihnen nicht dreinreden. Wir gehen im Zusammenhang mit dem administrativen Aufwand davon aus, dass es sehr wenige Gemeinden geben wird, die den Spielraum, den sie bekommen, nicht ausnützen werden. Wir können hier der Vorlage ohne Abänderung gut zustimmen.

Sabine Kronenberg, Biel/Bienne (glp). Wir haben grundsätzlich gutgeheissen, dass man in unse- rem Kanton die Vorgaben an die interkantonale Vereinbarung über das Beschaffungswesen anpas- sen will. Dies führt zu einer Ausweitung des Bereichs, den man freihändig vergeben kann. Die Ge- meinden haben nach wie vor die Möglichkeit, tiefere Schwellenwerte festzulegen. Wir unterstützen diese Autonomie auch. Die Ausdehnung des Bereichs, der freihändig vergeben werden kann, ist sinnvoll und führt zu einer Harmonisierung zwischen den Kantonen, ohne die Gemeinden zu be- vormunden. Der Aufwand für ein Ausschreibungsverfahren entfällt in einigen Fällen. Dies führt bei Unternehmen, aber auch bei der Verwaltung zu Kosteneinsparungen, die wir begrüssen. Zu den Anträgen haben wir von der glp-CVP-Fraktion Stimmfreigabe beschlossen. Dies aus folgenden Gründen: Wir anerkennen beispielsweise beide Standpunkte, jenen, der die Gemeindeautonomie zugunsten von mehr Einheitlichkeit einschränken will, und jenen Standpunkt, dass man Lehrbetrie- be bevorzugen möchte. Wir sind jedoch eher gegen den Antrag von Kaenel, und beim letzteren Antrag sind wir geteilter Meinung. Den Antrag Luginbühl unterstützt eine Mehrheit. Die Anträge Hügli sind nach der Meinung der Fraktionsmehrheit zu stark reglementierend, und an sich enthält das Bundesrecht hier bereits sinnvolle Regelungen.

Alfred Schneiter, Thierachern (EDU). Auch die EDU ist diesem Gesetz gegenüber positiv einge- stellt. Gerade wer im Baugewerbe tätig ist, weiss, wie wichtig es ist, dass diese Dinge klar und sau- ber geregelt werden. Zu diesem Streichungsantrag: Wir haben den Eindruck, der Punkt sei nicht so weltbewegend. Wir von der EDU können uns sehr gut der Argumentation des Sprechers der EVP anschliessen, der gesagt hat, dass es für ihn aus Unternehmersicht gar keine grosse Rolle spiele.

Wir sind gegen die Streichung, weil wir den Gemeinden noch etwas in die Hand geben wollen. Die Autonomie wurde bereits erwähnt; es gibt einen Spielraum, wenn auch vielleicht einen kleinen. Es sind auch nicht alle Gemeinden in diesem Kanton gleich gross. Ganz grosse Gemeinden haben andere Gegebenheiten als kleinere, die Gemeinden können besser beurteilen, was zu ihnen passt.

Hier kommen wir ihnen entgegen. Darum sind wir gegen den Streichungsantrag.

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Urs Muntwyler, Bern (Grüne). Die Grünen begrüssen das neue Gesetz über das öffentliche Be- schaffungswesen. Es ist wichtig, dass wir den Kanton fit machen, dass wir keine unnötige Bürokra- tie und keinen grossen Aufwand für kleine Summen haben und damit sowohl die kantonale Verwal- tung wie auch die Unternehmen unnötig beschäftigen. Die Anpassung der Schwellenwerte finden wir gut, dies macht den Ablauf effizienter für die kantonale Verwaltung wie auch für die Unterneh- mer. Die hohen Schwellenwerte machen uns effizienter, was wir gut finden. Den Streichungsantrag von Kaenel lehnen wir ab, weil die Gemeindeautonomie etwas Wichtiges ist im Kanton Bern. Man kann jetzt natürlich sagen, dass es in Grenzregionen zu einer Benachteiligung von bernischen Un- ternehmen kommen könne, wie dies der Kollege Sommer gesagt hat, aber wir denken, dass die Leute in den Gemeindeverwaltungen im Kanton Bern in der Lage sind, einzuschätzen, was man tun kann und was nicht. Deshalb bestreiten wir die Streichung. Wir schlagen vor, dass man dies weiter- hin so belässt und die Gemeindeautonomie weiterhin hochhält.

Barbara Egger-Jenzer, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin. Es handelt sich bei diesem An- trag tatsächlich um eine Frage der Gemeindeautonomie. Um diese wahren zu können, sollten die Gemeinden die Möglichkeit haben, tiefere Schwellenwerte festzulegen. Etwas wurde bis jetzt noch nicht gesagt: Genau derselbe Artikel, dieselbe Bestimmung steht bereits im geltenden Recht. Dies hat nie zu irgendwelchen Beschwerden oder Ähnlichem Anlass gegeben. Aus Erfahrung weiss ich auch, dass es bei den Gemeinden nicht sonderlich gut ankommt, wenn man sie zu etwas zwingt.

Der Grundsatz ist gut, so wie er ist; er hat sich bewährt. Ich bitte Sie darum, den Streichungsantrag abzulehnen.

Präsident. Dann kommen wir zur Abstimmung über den Antrag FDP, von Känel. Wer dem Antrag von Kaenel zustimmt, stimmt Ja. Wer den Antrag Kommission und Regierung unterstützt, stimmt Nein.

Abstimmung (Art. 3 Abs. 2 Antrag FDP) Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 56

Nein 89

Enthalten 1

Präsident. Sie haben den Streichungsantrag abgelehnt. Damit bleibt die Version so, wie sie in der Vorlage steht. Bevor wir weiterfahren, habe ich noch eine Mitteilung zu machen. Der Regierungsrat hat bei der Finanzkommission beantragt, das Geschäft der VOL «International School of Berne»

abzusetzen. Die FIKO stimmt dem Antrag zu. Nach Geschäftsordnung ist der Grossratspräsident zuständig, die Traktandenliste zu ändern. Das Geschäft, Traktandum 49, ist hiermit abgesetzt und wird nicht im Januar behandelt. Dies als Mitteilung. Nun fahren wir fort mit der Detailberatung.

Art. 4 Abs. 1 Angenommen Art. 4 Abs. 2

Antrag BDP (Luginbühl-Bachmann, Krattigen)

Es müssen mindestens 3 Anbieter zur Offertstellung eingeladen werden.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Ich habe den vorliegenden Antrag bereits in der Kommission eingereicht. (Der Präsident läutet die Glocke.) Wir haben darüber diskutiert. Meine Formulierung damals lautete: «Es müssen mindestens drei Anbieter angeschrieben werden.» Be- gründet habe ich den Antrag so: Was passiert, wenn zwar mindestens drei Anbieter angeschrieben, aber nur zwei Offerten eingereicht werden? Wie kann diese Situation im Gesetz abgebildet werden?

Reicht in einem allfälligen Beschwerdefall die Begründung, dass zwar drei Anbieter zur Offertstel- lung eingeladen wurden, aber tatsächlich nur zwei Offerten vorliegen? Kann dies auf Verordnungs- stufe gelöst werden? Frau Regierungsrätin Egger konnte diesbezüglich entwarnen. Auf Stufe Ver-

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ordnung ist dieser Tatbestand geregelt und eine freihändige Vergabe ist möglich, wenn nicht drei brauchbare Offerten vorliegen. Das habe in der Vergangenheit nicht zu Problemen geführt, deshalb könne der Artikel so belassen werden. Ich habe den Antrag daraufhin zurückgezogen. Doch wäh- rend der Diskussion in der Fraktion ist danach nochmals das Zitat aus der Vorlage erwähnt worden.

Ich zitiere: «Absatz 2. Es müssen mindestens drei Offerten eingeholt werden. Dies bedeutet, dass mindestens drei Offerten vorliegen müssen. Es reicht nicht aus, wenn drei mögliche Anbieterinnen und Anbieter zur Offertstellung eingeladen werden. Nur so kann der minimale Wettbewerb gewähr- leistet bleiben.» Auf Verordnungsstufe, in Artikel 7, sind jedoch etwa 20 Gründe aufgeführt für eine Abweichung vom Gesetzesartikel. Da jedoch rechtlich gesehen kein Problem besteht, und wir nur eine Lesung haben, habe ich das Thema noch einmal vorgebracht. Unsere Fraktion ist der Mei- nung, dass man mit der neuen Formulierung, «es müssen mindestens drei Anbieter zur Offertstel- lung eingeladen werden», den Verordnungstext klarer im Gesetz abbildet. Aus unserer Sicht wäre der Artikel deshalb im Gesetz klarer und würde mit der Verordnung korrespondieren. Ich bin ge- spannt auf die Diskussion.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne), Kommissionspräsident. Die Antragstellerin hat es gesagt:

Derselbe Antrag lag bereits in der Kommission vor. Wir haben darüber diskutiert und sind zum Schluss gekommen, dass er eigentlich nicht nötig ist. Die Antragstellerin hat ihn ja nachher auch zurückgezogen. Jetzt liegt er mit einem leicht abgeänderten Wortlaut vor, für mich jedoch inhaltlich nicht unbedingt anders. Ich möchte einfach darauf hinweisen, dass es hier nicht um das allgemeine Verfahren geht. Es geht nur um das Einladungsverfahren. Ich verweise darauf, dass dies in Artikel 4 steht, der das Einladungsverfahren regelt. Es geht nicht um alle Verfahren, auch nicht um die frei- händigen, sondern ausdrücklich nur um das Einladungsverfahren. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es schon um namhafte Beträge geht; bei Dienstleistungen und Lieferungen über 100 000 Franken, und beim Bauhauptgewerbe bis 500 000 Franken. Ich denke, bei 500 000 Franken ist es sicher angebracht, drei Offerten zu haben. Ich möchte Sie nochmals darauf hinweisen, dass es nur um das Einladungsverfahren geht. Wir hatten den abgeänderten Antrag in der Kommission nicht vorliegen und konnten ihn gestern nur kurz in der Wandelhalle besprechen.

Die Kommission hat dort ad hoc, ohne rechtliche Unterstützung, gesagt, sie würde dem Antrag mit zehn zu sechs Stimmen zustimmen.

Peter Bernasconi, Worb (SP). Wir haben heute eine unklare Rechtssituation. Es heisst nur «es müssen mindestens drei Offerten eingeholt werden», Da stellt sich die Frage: Müssen tatsächlich drei Offerten vorhanden sein? Wir haben letzten Herbst in der Justizkommission eine Erfahrung mit dem Problem gemacht. Sie wissen ja, dass wir im Moment die Personaldotation evaluieren. Wir haben fünf Unternehmen, Stellen, Universitäten etc. angeschrieben, die diesen Auftrag für uns aus- führen könnten. Drei haben abgesagt, es blieben noch zwei. Wir haben uns dann auch die Frage gestellt, ob dies reiche oder nicht. Die Juristin, die dies für uns abgeklärt und auch Rücksprache mit den kantonalen Stellen genommen hat – unter anderem auch mit der BVE –, konnte es nicht klar sagen. Sie meinte, vielleicht würde es reichen, vielleicht auch nicht. In der Justizkommission haben wir uns dann gesagt, wenn wir schon für die Justiz zuständig sind, dann wollen wir ganz korrekt vorgehen. Wir haben gesucht, bis wir jemanden gefunden haben, der eine dritte Offerte einreichen konnte. Wir haben uns gesagt, es sei wohl besser, wenn wir es so machen. Die Frage stellt sich tatsächlich, ob es genügt oder nicht. Wir waren der Meinung, dass es gut wäre, wenn das Gesetz diesen Fall klar regeln würde. Der BDP-Antrag würde hier Klarheit schaffen. Wir haben dies in der SP-JUSO-PSA-Fraktion intensiv diskutiert. Dabei sagten wir, es bestehe theoretisch auch eine Missbrauchsgefahr, in dem Sinne, dass man einen Unternehmer haben will, und daneben pro forma Offerten einholt bei Unternehmen, von denen man weiss, dass sie absagen werden. Aber seien wir ehrlich: Ich glaube nicht, dass sich die öffentliche Hand solche Spielchen leisten kann. Das kommt irgendwann heraus. Im Gemeinderat oder in einer Kommission, also in einer Kollegialbehörde, wird es jemand sagen. Für uns wäre es wichtiger, eine klare Situation zu haben. Wenn man mehrere Unternehmen anfragt und nicht genügend Offerten eintreffen, ist es für alle unbefriedigend. Für uns wäre es wichtig, dass man dies rechtlich klar regelt. Wir finden, dass der Antrag, wie er vorliegt, dies unterstützt. Einige von Ihnen haben sicher auch die Erfahrung gemacht, dass am Schluss zu weni- ge Offerten vorliegen. Dies ist ungut und führt zu einer unklaren Situation. Darum bitten wir Sie, den Antrag BDP zu unterstützen.

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Gerhard Fischer, Meiringen (SVP). Die SVP unterstützt den Antrag der BDP. Frau Grossrätin Lu- ginbühl hat ihn genau erklärt. Der Kommissionspräsident hat noch ein paar Präzisierungen vorge- nommen, und Peter Bernasconi hat es noch auf den Punkt gebracht. Ich muss hier nicht noch wei- ter ausholen. Der Antrag ist präzis, und die SVP wird ihn einstimmig unterstützen.

Peter Sommer, Wynigen (FDP). Die FDP hat auch über diesen Antrag diskutiert, und die Meinun- gen gingen etwas auseinander. Wir sind der Überzeugung, dass die heutige Regelung eigentlich funktioniert. In Artikel 7 der Verordnung wird klar gesagt, dass man freihändig vergeben kann, wenn zu wenige Angebote eingetroffen sind. Unter anderem auch, weil wir jetzt die Schwellenwerte ange- hoben haben und das Einladungsverfahren an Bedeutung zunehmen wird, sind wir der Meinung, dass man immer drei Angebote vorliegen haben sollte. Die bisherige Regelung hat auch nicht gross zu Diskussionen geführt. Darum wird ein Teil der FDP den Antrag Luginbühl ablehnen. Ein anderer Teil wird jedoch der Argumentation von Peter Bernasconi folgen, wonach die rechtliche Situation geklärt werden soll und man faktisch den Anbieter vor das Angebot stellt. Bei uns werden sich Zu- stimmung und Ablehnung etwa im Gleichgewicht halten.

Markus Wenger, Spiez (EVP). Die vorgeschlagene Änderung, dass man einfach nur drei Anbieter einlädt und schaut, was kommt, löst ein Problem, das weitherum bekannt ist. Dies ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite öffnen wir Tür und Tor dafür, dass man mit einer einzigen eingereichten Of- ferte einen Auftrag über 200 000–300 000 Franken vergibt. Wie ich zuvor schon gesagt habe: Die öffentliche Submission ist in einem Rechtsstaat etwas eminent Wichtiges. Daran scheidet sich man- ches. Wir sind der Meinung, dass man in diesem Bereich ein Hintertürchen schaffen muss, wie ich schon am Anfang gesagt habe, und dass man eine Lösung suchen muss. Aber ich halte es für problematisch, gleich so weit zu gehen, dass man sagen kann: Nun ja, ich habe drei eingeladen, aber es ist halt nur eine Offerte gekommen, das ist auch gut. Ich bin in meiner Branche oft auch in der Beratung tätig. Vor kurzem hatte ich den Fall einer Gemeinde, die einen Auftrag vergeben wollte und schon wusste, welchen Unternehmer sie dafür wollte. Die Beteiligten machten sich Gedanken darüber, wie sie den Auftrag ausschreiben müssen, damit sie noch zwei weitere Offerten erhalten.

Wir sind also nicht davor gefeit, dass solche Dinge geschehen; die Realität ist leider so. Wir von der EVP-Fraktion werden den Antrag ablehnen, obwohl wir uns bewusst sind, dass ein Problem be- steht. Wir vertrauen darauf, dass man für die Fälle, die es betrifft, in der Verordnung Lösungen fin- den kann.

Alfred Schneiter, Thierachern (EDU). Beim vorherigen Antrag war ich mit meinem Vorredner noch einig – diesmal nicht. Wenn wir in der Fraktion nicht ganz sicher sind, machen wir es so: Wir schrei- ben «eher Ja» oder «eher Nein» und «Zuhören», und das habe ich jetzt getan. Nach dem, was wir gehört haben, denken wir nun, dass man den Antrag BDP, Luginbühl, annehmen sollte, weil er et- was zur Klarheit des Gesetzes beiträgt. Es ist so, wie du soeben gesagt hast, Markus: Es gibt wohl immer Spielraum für Begünstigungen. Alles, was dazu beiträgt, dies einzugrenzen, schadet sicher nichts. Ich spreche hier aus der Sicht eines kleinen Gemeinderats, der schon im kleinen Rahmen entsprechende Möglichkeiten hätte. Je besser die gesetzlichen Bestimmungen sind, umso weniger öffnet man solchem Verhalten Tür und Tor. Die EDU-Fraktion unterstützt diesen Antrag.

Urs Muntwyler, Bern (Grüne). Es geht hier um das Einladungsverfahren, um Beträge bis 100 000 Franken, und im Bauhauptgewerbe bis 500 000 Franken. Wir finden, dass es hier unbe- dingt drei Offerten braucht. Peter Bernasconi hat gut geschildert, wie der Missbrauch entstehen kann. Wir sind hier in einem sehr sensiblen Bereich. Sie wissen alle, dass die öffentlichen Finanzen etwas sehr Heikles sind. Dies ist auch gut so, es geht schliesslich darum, das Geld der Steuerzah- ler, welches diese hart verdient haben, zu verteilen. Hier muss man schauen, dass alles sauber zu- und hergeht. Wir haben bestimmt genügend kompetitive Unternehmer, die man halt nochmals an- fragen muss, wenn man weniger als drei Offerten hat. Wir von den Grünen wollen deshalb Artikel 4 Absatz 2 so belassen wie er ist, und lehnen den Antrag Luginbühl ab.

Barbara Egger-Jenzer, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin. Sie sind der Gesetzgeber. Ich lese Ihnen jetzt vor, was im geltenden Recht steht: «Es müssen mindestens drei Offerten eingeholt werden.» Soweit das geltende Recht, es gab nie Probleme damit, keine Reklamationen oder Be- schwerden, gar nichts. Es steht: «Es müssen mindestens drei Offerten eingeholt werden.» Nun der Antrag Luginbühl: «Es müssen mindestens drei Anbieter zur Offertstellung eingeladen werden». Ich

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überlasse es Ihnen, festzustellen, worin der Unterschied besteht.

Präsident. Die Antragstellerin wünscht nochmals das Wort.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Es geht noch weiter, Frau Regierungsrätin Egger!

Der Abschnitt geht noch weiter: «Das bedeutet, dass letztlich auch mindestens drei Offerten vorlie- gen müssen. Es reicht nicht aus, wenn drei Anbieter zur Offertstellung eingeladen werden. Nur so kann der minimale Wettbewerb auch gewährleistet werden.» So heisst es im Vortrag, aber wir ha- ben ja gesagt, dass es in der Verordnung anders steht, weil so viele Zusatzkriterien vorliegen und Ausnahmen möglich sind. Die Version, die wir vorschlagen, ist tatsächlich klarer, und ich denke, dass ihr wohl eine Mehrheit zustimmen wird.

Präsident. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag BDP Luginbühl zustimmt, stimmt Ja, wer dem Antrag der Kommission, der Vorlage, den Vorzug gibt, stimmt Nein.

Abstimmung (Art. 4 Abs. 2 Antrag BDP) Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 101

Nein 37

Enthalten 2

Präsident. Der Antrag BDP hat obsiegt. Wir fahren fort.

Art. 4 Abs. 3, Art. 5 und 6 Angenommen

Art. 7a (neu)

Antrag Grüne (Haudenschild, Spiegel / Muntwyler, Bern)

Randtitel (neu): Besondere Leistung zu Gunsten der Berufsbildung

Bei der Bewertung der Angebote sind die besonderen Leistungen zu Gunsten der Berufsbildung zu berücksichtigen.

Präsident. Wir kommen zu den Artikeln, die Sie nicht vor sich haben, in denen Ergänzungen des Gesetzes verlangt werden. Wir haben an 4 Artikeln gearbeitet, jetzt haben wir noch 4 neue. Ich er- teile das Wort zu den Artikel 7a Frau Haudenschild von den Grünen.

Rita Haudenschild, Spiegel (Grüne). Für die Grünen ist klar, dass die Anliegen der Berufsbildung sowohl bei den Eignungs-, als auch Zuschlagskriterien auf Stufe Verordnung näher umschrieben sind. Damit ist auch die Lehrlingsausbildung gemeint. Sie ist bei den möglichen Eignungskriterien explizit aufgeführt. In Artikel 16 Absatz 2 der Verordnung zur ÖBV steht bei den Eignungskriterien

« ... können auch besondere Leistungen zugunsten der Berufsbildung mitberücksichtigt werden.»

Dies ist uns klar. Ich habe mich erkundigt und erfahren, dass sich dieses Kriterium bei den Beschaf- fungsstellen der BVE, und wahrscheinlich auch bei weiteren kantonalen Beschaffungsstellen, etab- liert hat. Trotzdem steht es nach geltendem Recht im Ermessen der Vergabestellen, welche Zu- schlags- und Eignungskriterien sie für ihre Ausschreibung anwenden. Genau hier setzen wir an. Wir Grünen wollen, dass der Berufsbildung mehr Gewicht zugestanden wird. Sie muss im Gesetz ver- ankert und berücksichtigt werden. Dies ist uns ein Anliegen. Wir wollen somit mit unserem Antrag erreichen, dass alle Ausbildungen, sei es die Lehrlingsausbildung oder die Ausbildung an den Unis und Fachhochschulen, auf Stufe Bachelor, Master oder Doktorat, berücksichtigt werden. Alle Be- rufsausbildungen müssen bei der Beschaffung berücksichtigt werden. Deshalb bitte ich Sie, unse- ren Antrag zu unterstützen. Wir haben den neuen Titel «Besondere Leistungen zugunsten der Be- rufsbildung» eingefügt sowie einen neuen Artikel 7a, der lautet: «Bei der Bewertung der Angebote

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sind die besonderen Leistungen zugunsten der Berufsbildung zu berücksichtigen.» Ich bitte Sie, die Berücksichtigung der Berufsbildung im Gesetz zu unterstützen. Ich hoffe, dieser Antrag findet ihre Zustimmung. Vielen Dank für Ihre Unterstützung.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne), Kommissionspräsident. Dieser Antrag lag der Kommission auch nicht vor. Ich habe ihn gestern mit den Kommissionsmitgliedern kurz besprechen können. Die Kommission ist grundsätzlich der Meinung, dass die Lehrlingsausbildung und die Berufsbildung als Ganzes zu den wichtigen Aufgaben der Unternehmen gehört und bei der Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand berücksichtigt werden sollte. Gleichzeitig ist sie aber der Meinung, die Kann-Formulierung, wie sie bisher in der Beschreibung der Eignungskriterien in Artikel 16 der Ver- ordnung steht, genüge vollumfänglich. Der Antrag der Grünen wurde in der anschliessenden kon- sultativen Abstimmung mit 10 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt.

Gerhard Fischer, Meiringen (SVP). Die SVP lehnt den Antrag klar ab, obgleich er sehr unterstüt- zenswert ist. Wir sagen nicht, dass die Lehrlingsausbildung nicht positiv gewertet werden soll, denn sie ist sehr wichtig, das ist klar. Doch wir können nicht einen einzigen Parameter ins Gesetz hinein- schreiben und die anderen nicht. Bei Vergaben ist letztlich der Preis entscheidend, die Qualität, die Einhaltung der Termine, die Schlüsselpersonen und Referenzen. All diese Dinge müssten wir dann eigentlich auch ins Gesetz schreiben, weil sie eigentlich noch höher stehen. Als ich das Votum der Antragstellerin gehört habe, welche die Fachhochschulen und Universitäten auch noch einbeziehen wollte, fragte ich mich, wie man dies schliesslich gewichten soll. Lehrlinge kann man in einem Be- trieb zählen, aber dass einer noch die Unis und Fachhochschulen einbezieht, sehe ich weniger.

Deshalb sind wir ganz klar für die Ablehnung dieses Artikels.

Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Ich kann mich gleich dem Vorredner anschliessen.

Wir anerkennen selbstverständlich die Berufsbildung, die in den Betrieben geleistet wird. Aber wir haben den Eindruck, das Anliegen sei in der Gesetzgebung gut genug abgebildet. Dies noch als Ergänzung, es steht auch in Artikel 16, den Rita Haudenschild erwähnt hat: «... insbesondere auch die Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann berücksichtigt werden.» Dann müssten wir konsequenterweise auch dies ins Gesetz aufnehmen, und das wollen wir definitiv nicht. Dies als Zwischenbemerkung: Ich habe hier das Dossier zur Selbstdeklaration, welches wir abgeben, wenn wir Offerten einreichen. Hinzu kommen jeweils noch sechs Blätter mit dem Lehrlingsausbildungs- nachweis, mit Nachweisen, ob wir Steuern bezahlt haben und so weiter. Heute können wir diese Blätter zwar durch ein Zertifikat ersetzen, das wir einholen müssen. Dafür müssen wir 100 Franken bezahlen, und dann haben wir nur noch ein Blatt. Es ist weiss Gott schon genug Papier da, das wir hin- und herschieben müssen. Deshalb glaube ich nicht, dass wir dies zusätzlich ins Gesetz auf- nehmen müssen.

Peter Sommer, Wynigen (FDP). Die FDP unterstützt diesen Antrag auch nicht. Das heisst selbst- verständlich nicht, dass wir die Lehrlingsausbildung nicht fördern wollen. Wir stehen ganz klar zu unserem heutigen dualen Bildungssystem. Wir sind aber auch der Meinung, dass die heutige Rege- lung im Beschaffungsrecht vollkommen ausreicht, die auf der Stufe Verordnung via Eignungs- oder Vergabekriterien die Lehrlingsausbildung als Kriterium definieren kann. Man muss beim Beschaf- fungsrecht immer ein wenig aufpassen. Man darf nicht allzu viel hineinpacken, sonst ist es schwierig zu handhaben. Wenn man die Lehrlingsausbildung im Gesetz zur Pflicht erklärt, kann dies auch dazu führen, dass Anbieter nicht mehr mitmachen können, obschon sie die restlichen Kriterien erfül- len würden. Es gibt Betriebe, die aufgrund ihrer Struktur oder ihrer Tätigkeit oder aufgrund ihrer Grösse gar keine Lehrlinge ausbilden können und die sich vielleicht sogar in einem Lehrlingsausbil- dungsverbund befinden. Es sollte möglich sein, je nach Ausschreibung und Situation das Kriterium

«Nachwuchsförderung» oder «Lehrlingsausbildung» beizuziehen, oder eben nicht. Darum wird die FDP den Antrag einstimmig ablehnen.

Markus Wenger, Spiez (EVP). Für die EVP-Fraktion sind die Lehrlingsausbildung sowie unser dua- les Ausbildungssystem sehr wichtig. In diesem Punkt sind wir uns in der EVP-Fraktion einig. Aber bei dem Gesetz, das wir gerade beraten, hört unsere Einigkeit auf. Ich persönlich bin der Meinung, dass die heute in der Verordnung festgehaltenen Punkte genügen. Wir nehmen den Punkt «Lehr- lingsausbildung» oft in unsere Offerten auf. Ich finde, so ist dieser Punkt genügend abgedeckt. Ich bin gespannt darauf, wie Sie abstimmen werden.

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Thomas Brönnimann, Mittelhäusern (glp). Die glp-CVP-Fraktion bringt dem Antrag Haudenschild grosse Sympathien entgegen. Ich kann mich in der Sache auch als Berufsbildungspolitiker meinen Vorrednern anschliessen. Es ist sicher sehr wünschenswert, dass die Berufsbildung bei den einzel- nen Vergaben ein Kriterium ist. Doch rein sachlich gesehen ist die Gesetzesebene der falsche Ort, um dies zu regeln. Es ist wenig sinnvoll, wenn man einfach ein einzelnes Kriterium herausnimmt und es auf diese Weise regeln will. Aus diesem Grund lehnen wir den Antrag grossmehrheitlich ab.

Béatrice Stucki, Bern (SP). Die Ausbildung von Jugendlichen sowie ein gutes und breites Lehrstel- lenangebot sind wichtige Anliegen unserer Fraktion. Genauso wichtig ist die Anerkennung von Be- trieben, die Lehrstellen anbieten, egal in welchem Beruf und egal, ob es sich um öffentliche Betrie- be, KMU oder Grossbetriebe handelt. Wir sind klar der Meinung, dass die Lehrbetriebe, die diesen Aufwand auf sich nehmen, die ihre Verantwortung für genügend ausgebildeten Nachwuchs wahr- nehmen, Anreize dafür erhalten sollen, dies weiterhin zu tun. Sie sollen sogar dafür belohnt werden.

Bei den kantonalen Ausschreibungen – es wurde bereits gesagt – ist die Anzahl Lernender bereits ein Kriterium, welches man angeben kann. Allerdings ist es ein «softes» Kriterium. Nach wie vor ist der Preis die bestimmende Grösse, aber bei gleichwertigen Angeboten können solche Kriterien be- rücksichtigt werden. Wir haben hier schon einmal die Diskussion über das Kriterium der Gleichstel- lung geführt. Ich weiss, dass sich die meisten Anbieter gegen weitere Kriterien wehren und sträu- ben, weil der Aufwand zu gross sei. Darauf hat Anita Luginbühl auch schon hingewiesen. Allerdings müssen die Anbieter die Nachweise, dass sie die geltenden Kriterien einhalten, ohnehin mit der Offerte einreichen. Um als in der Lehrlingsausbildung engagiert zu gelten, muss man einmal pro Jahr ein Dokument einreichen. Der Aufwand hält sich somit aus unserer Sicht in Grenzen und sollte die Anerkennung als lehrlingsfreundlicher Betrieb eigentlich Wert sein. Ich begrüsse deshalb den Antrag, das Kriterium auch im Gesetz festzuhalten und unterstütze den Antrag Haudenschild und Muntwyler ganz klar.

Urs Muntwyler, Bern (Grüne). Das duale Bildungssystem ist ein zentraler Pfeiler der Schweizer Wirtschaft. Heute besucht uns die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye und besichtigt dabei auch die gewerblich-industrielle Berufsschule, weil sie wissen will, wie das bei uns geht. In der Zei- tung kann man lesen, dass das innovativste Land Europas das innovativste Land Asiens, nämlich Südkorea, empfange. Sie kommen, um zu schauen, wie wir es machen. Dies ist jedoch nicht in Stein gemeisselt. Das duale Bildungssystem, werte Kolleginnen und Kollegen, ist heute bedroht.

Vermehrt gibt es ausländische Firmen, die in die Schweiz kommen und nicht verstehen, warum wir Lehrlinge ausbilden. Mir persönlich ist ein Beispiel bekannt aus dem Jurasüdfuss. Da gibt es eine neue, aus Amerika stammende Verantwortliche für das Personalwesen; «Human Ressources»

heisst dies heute. Sie hat gesagt: «Was tut ihr denn da, das kostet doch nur Geld, hört sofort auf mit diesem Zauber.» Damit meinte sie die Lehrlingsausbildung! Dies ist genau der Grund, warum wir der Meinung sind, dies müsse ins Gesetz. Manchmal muss man etwas ein wenig deutlicher sagen, als es nötig wäre unter zivilisierten Leuten oder unter solchen, die wissen, wie es geht. Darum sind wir der Meinung, das Kriterium der Berufsbildung solle ins Gesetz aufgenommen werden.

Es wurde eingewandt, dies stehe ja schon in der Verordnung. Aber in der Verordnung steht, dass dies freiwillig ist. Dies reicht nun definitiv nicht, darum muss es ins Gesetz. Anita Luginbühl hat ge- sagt, es sei schon fast verrückt, was man für einen Papierkrieg zu bewältigen habe. Dazu komme ich noch. Ich bin auch der Meinung, dass man zusehen muss, dass unsere KMU nicht mit zu viel Papierkrieg beschäftigt werden, sondern produktiv arbeiten. Doch für eine Unternehmung, die Lehr- linge ausbildet, ist es wirklich nicht schwierig zu belegen, dass sie in der Berufsbildung aktiv ist.

Diejenigen, die es nicht sind, sollen ruhig benachteiligt werden. Darum bitte ich Sie, Artikel 7a (neu) zu unterstützen und die Lehrlingsausbildung ins Gesetz aufzunehmen.

Andreas Blaser, Steffisburg (SP). Auf der einen Seite ist es ja sehr positiv: Niemand hier drin ist der Meinung, die Berufsbildung sei kein wichtiger Faktor für die Vergabe von Aufträgen. Auf der anderen Seite wird die Ausbildungsbereitschaft überschätzt, wie mein Vorredner bereits gesagt hat.

Jeder dritte Betrieb bildet Lehrlinge aus. Gerade bei Grossbetrieben ist die Tendenz fallend; genau aus dem Grund, dass ausländische Firmen nicht vertraut sind mit diesem System. Ich denke, wir müssen aufpassen auf die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe, die Lehrlinge ausbilden. Diese dürfen nicht früher oder später stark benachteiligt werden. Aus diesem Grund erscheint es mir sehr wichtig, dass dieser Punkt auch ins Gesetz aufgenommen werden kann. Er ist ein wichtiger Wirt-

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schaftsfaktor für unser Land. Aus diesem Grund gehört er auch ins Gesetz. Im Gegensatz zu Peter Sommer bin ich der Meinung, dass auch Ausbildungsverbünde dem Kriterium der Berufsbildung genügen. Dies wäre auch ein Anreiz für kleinere Betriebe, die keine vollständigen Ausbildungen anbieten können. Sie können sich dennoch an der Berufsbildung beteiligen. Aus diesem Grund bitte ich Sie, den Antrag zu unterstützen.

Blaise Kropf, Bern (Grüne). Es wurde von nahezu allen Rednerinnen und Rednern in dieser De- batte betont, wie wichtig die Berufsbildung sei und wie wichtig es sei, dass sie auch in den Submis- sionsverfahren berücksichtigt werde. Doch sehr viele haben auf den Verordnungsartikel hingewie- sen und damit suggeriert, eine entsprechende Regelung bestehe heute bereits und eine Änderung sei daher unnötig. Ich muss dem in aller Deutlichkeit widersprechen, wie es Res Blaser und Urs Muntwyler getan haben. Was wir in der Verordnung haben, ist eine reine Kann-Formulierung! «Be- sondere Anstrengungen können berücksichtigt werden». Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein massiver Unterschied! Was wir vorschlagen, steht nicht nur auf einer anderen Stufe, sondern es ist vor allem eine Regelung mit wesentlich mehr Verbindlichkeit. Es wird niemand sagen können, er sei schon dafür, dass es berücksichtigt werde, aber er habe den Antrag abgelehnt, weil der Punkt be- reits in der Verordnung enthalten ist. Wer den Antrag ablehnt, ist eben gerade nicht dafür, dass die Berufsbildung auf eine adäquate Art und Weise berücksichtigt wird. Was wir in der Verordnung ha- ben, ist eine reine Kann-Formulierung. Wir sind hier dezidiert der Meinung, dass es mehr braucht, damit wir das erfolgreiche duale Berufsbildungssystem entsprechend weiterführen können. In die- sem Sinne bitte ich Sie wirklich nochmals, diesen Antrag zu unterstützen.

Carlo Kilchherr, Thun (SVP). Das kann ich so nicht stehen lassen. Ich habe es gestern in der Kommission gesagt und habe es auch heute schon gesagt: Auch wer sich intensiv mit der Lehr- lingsausbildung befasst, und das tue ich, muss diesen Artikel ablehnen. Wir können gar nicht alles im Gesetz und in der Verordnung regeln! Ich will Ihnen eines sagen: Ich habe jetzt auch schon 30 Jahre Erfahrung in Gewerbebetrieben. Wir haben im Moment zehn Lehrlinge. Ich bilde sie aus.

Ich war früher auch Experte bei den Lehrlingen und den Vorarbeitern. Aber wir können nicht alles regeln. Noch etwas sage ich Ihnen: Das ist alles nur Papier, und Papier nimmt alles an. Bei der Umsetzung liegt das Problem. In meinem Kollegenkreis habe ich noch nie einen Unternehmer ge- troffen, der einen Auftrag erhalten hat, weil er teurer ist und Lehrlinge ausbildet. Ich gebe zu, dass man versucht, dies zu bewerten und zu berücksichtigen. Wissen Sie, wie gross die Bedeutung der Lehrlingsausbildung ist? Einen bis zwei Millimeter macht es etwa aus bei der Beurteilung, ob je- mand einen Auftrag erhält oder nicht. Es bringt gar nichts, wenn wir diesen Artikel aufnehmen.

Präsident. Wünscht die Antragstellerin nochmals das Wort? – Ja, sie wünscht das Wort. Und der Kommissionspräsident? – Er verzichtet.

Rita Haudenschild, Spiegel (Grüne). Es geht hier nicht um die kleinen Gewerbebetriebe. Es geht vor allem um die grossen Betriebe, bei denen es ganz klar ist, dass dieses Kriterium für sie gelten muss. Darum sind wir überzeugt, dass es ein Kriterium ist zum Schutz des einheimischen Gewer- bes, und vor allem auch zum Schutz der grösseren Betriebe in der Schweiz. Ausländische Betriebe bieten häufig keine Lehrstellen an. Ich möchte Sie deshalb dringend bitten, das Kriterium der Be- rufsbildung ins Gesetz aufzunehmen. Es soll nicht freiwillig bleiben wie in der Verordnung, sondern zwingend im Gesetz vorgeschrieben werden. So wird es bei der Beschaffung berücksichtigt. Ich bitte Sie, den Zusatzartikel zu unterstützen.

Barbara Egger-Jenzer, Bau-, Verkehrs- und Energiedirektorin. Bei einer Beschaffung gibt es Eignungskriterien. Diese Eignungskriterien sind, wie überall in der ganzen Schweiz, in der Verord- nung geregelt, nicht im Gesetz. Bei diesen Eignungskriterien werden in Artikel 16 zwei Dinge be- sonders hervorgehoben, nämlich die Berufsbildung und die Gleichstellung von Mann und Frau. Bis vor fünf Minuten habe ich geglaubt, dass zumindest für die Parteien auf dieser Seite (Frau Egger wendet sich der Ratslinken zu) die Gleichstellung ein wichtiges Anliegen ist. Nun muss ich dies wohl etwas revidieren. (Heiterkeit) Wir sind einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Kanton, der das Kriterium «Berufsbildung» angewandt hat. Im AGG und im TBA ist dies schon lange geregelt. Übri- gens geht dies auf eine Motion von Herrn Guggisberg zurück, die vor zehn Jahren eingereicht wur- de. Seitdem haben wir dieses Kriterium. Die Beschaffungsstellen des Kantons wenden es auch an, weil es wichtig ist und dem Grossen Rat auch wichtig war. Genau dasselbe gilt für die Gleichstel-

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lung, wie dies in Artikel 16 der Verordnung geschrieben steht. Ich lese vor: « ... Massnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau ... ». Auch hier war der Kanton Bern bei den Ers- ten, die dieses Kriterium aufgenommen und explizit geregelt haben. Für mich sind beide Eignungs- kriterien gleichwertig, liebe Grossrätinnen und Grossräte. Wenn wir jetzt einfach eines davon he- rausnehmen, – nämlich die Berufsbildung, weil diese offenbar das wichtigste Kriterium ist –, es im Gesetz festschreiben und den Rest sein lassen, wäre dies eine klare Abwertung der Gleichstellung.

Diese wäre dann ja nur noch in der Verordnung geregelt. Die Berufsbildung hingegen stünde im Gesetz. Ich kann Ihnen sagen, dass beides ganz wichtige Kriterien sind. Man hat lange dafür ge- kämpft, dass sie als Eignungskriterien verwendet werden können. Es war nicht einfach, dies bei den Unternehmen durchzusetzen, wie wir soeben von einem Unternehmer gehört haben. Die Unter- nehmen fühlen sich nämlich teilweise benachteiligt. Aber wir wenden die beiden Kriterien an, die Gleichstellung und die Berufsbildung. Ich bitte Sie, beide gleich zu behandeln. Weil wir hier nur ei- nes hervorheben sollen, bitte ich Sie, diesen Antrag abzulehnen.

Präsident. Wir stimmen ab über den Antrag Grüne, Artikel 7a neu. Wer den Artikel 7a neu ins Ge- setz aufnehmen will, stimmt Ja, wer dies ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (Art. 7a (neu), Antrag Grüne) Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 39

Nein 91

Enthalten 12

Präsident. Sie haben den Antrag abgelehnt.

Art. 9 Abs. 3

Antrag SP-JUSO-PSA (Hügli, Biel/Bienne)

Für den Fall der Verletzung dieser Pflichten sind im Vertrag Konventionalstrafen vorzusehen. Die Zuschlagsempfängerin oder der Zuschlagsempfänger haftet solidarisch für die Verletzungen der Bestimmungen von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c, d, f und h durch von ihnen beigezogene Subun- ternehmen sowie für Nachzahlungen von Subunternehmen und an temporäre Arbeitskräfte. Sankti- onen nach Artikel 8 bleiben vorbehalten.

Art. 9a (neu)

Antrag SP-JUSO-PSA (Hügli, Biel/Bienne) Randtitel (neu): Kontrolle

Die Auftragsgeberinnen und die Auftragsgeber überwachen mit Kontrollen während der Auf- tragsausführung die Einhaltung der Vergabebestimmungen durch die Zuschlagsempfängerinnen oder Zuschlagempfänger sowie von diesen beigezogenen Subunternehmen. Namentlich kontrollie- ren sie, ob diese dem Personal Arbeitsbedingungen bieten, welche hinsichtlich Entlöhnung, Lohn- gleichheit für Mann und Frau sowie Sozialleistungen der Gesetzgebung und dem Gesamtarbeitsver- trag der Branche entsprechen.

Art. 9b (neu) Abs. 1

Antrag SP-JUSO-PSA (Hügli, Biel/Bienne) Randtitel (neu): Sicherstellung

Die Beschaffungsstellen können in begründeten Fällen bis zu 10 Prozent der Auftragssumme zur Sicherstellung von Nachzahlungen und Kontrollkosten zurückbehalten.

Art. 9b (neu) Abs. 2

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Antrag SP-JUSO-PSA (Hügli, Biel/Bienne)

Werden die Zahlungen nicht innerhalb der von der Beschaffungsstelle festgesetzten Frist belegt, so werden die Auftraggebenden ermächtigt:

a. die zurückbehaltende Summe den zuständigen Paritätischen Kommissionen zur Auszahlung an die Arbeitsnehmenden zu überweisen

b. die vom Auftragsnehmenden verursachten Abklärungskosten zu begleichen.

Art. 9b (neu) Abs. 3

Antrag SP-JUSO-PSA (Hügli, Biel/Bienne)

Nachzahlungspflicht, Sicherstellung und Verwendung des Sicherstellungsrückbehaltes sind in den Ausschreibungsunterlagen und im Vertrag festzuhalten.

Daniel Hügli, Biel/Bienne (SP). Die SP hat bereits in der Vernehmlassungsantwort gefordert, dass im Kanton Bern im Beschaffungswesen eine Solidarhaftung eingeführt wird; nicht nur für das Bau- gewerbe, sondern für alle Beschaffungsaufträge. Darum haben wir auch bei der Beratung der Teil- revision des Gesetzes diesen Antrag gestellt. Ich werde zugleich über alle Anträge sprechen, denn es geht bei allen Bestimmungen, die ich vorschlage, um die Solidarhaftung. Man hat bedauert, dass dieser Schritt bei der Teilrevision nicht unternommen wurde und man dort darauf verzichtet hat, im Sinne der eidgenössischen Entwicklungen auch im Kanton Bern etwas gegen Lohn- und Sozial- dumping zu unternehmen. Eine Solidarhaftung fängt auf, wenn Aufträge weitergegeben werden. So müssen auch jene Unternehmen, die Aufträge weitergeben, am Ende geradestehen für den Fall, dass Löhne oder Arbeitsgesetze nicht eingehalten oder Sozialbeiträge nicht einbezahlt werden, oder wenn es zu einem Konkurs kommt. Nur mit einer Solidarhaftung kann dafür gesorgt werden, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter zu ihrem Recht kommen. Es geht darum, dass der Begriff der Solidarhaftung in das Gesetz und in die Verordnung über das Beschaffungswesen eingefügt wird.

Weiter sollen entsprechende Sanktionen vorgesehen und ein korrekter Ablauf garantiert werden.

Kontrollen, die bereits stattfinden, sollen im Recht verankert werden. Die öffentliche Hand steht be- sonders in der Pflicht, wenn es darum geht, dass auf ihren Baustellen und bei ihren Beschaffungs- aufträgen die Mindestlöhne eingehalten und Versicherungsbeiträge bezahlt werden. Sie wird hier von Seiten der Medien und der Öffentlichkeit auch besonders beobachtet. Es geht hier also auch darum, dass man sich absichert, eine stärkere Kontrolle hat und sich auf bestimmte Gesetzesartikel abstützen kann, wenn man gegen Unternehmen und Subunternehmen, welche die vorgegebenen Löhne nicht einhalten, Massnahmen ergreift. Ich bitte Sie deshalb, auch aus Sicht der Fraktion SP- JUSO-PSA, meinen Anträgen zuzustimmen.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne), Kommissionspräsident. Der Antrag der SP-JUSO-PSA- Fraktion, von Daniel Hügli, lag auch der Kommission in diesem Wortlaut vor. Wir haben ihn einge- hend diskutiert. Wie er gesagt hat, geht es hier hauptsächlich um die Übertragung der Pflichten. Der Hauptunternehmer übernimmt die Übertragung der Pflichten auf die Subunternehmer. Dies ist also eine Ergänzung der Regelungen, die bereits in Artikel 9 des Gesetzes enthalten sind. Dort steht schon einiges von dem drin, und das hat sich in der Praxis bisher nicht schlecht bewährt. Die Ein- bindung der Subunternehmen in alle Rechte und Pflichten des Hauptunternehmers war in der Kommission inhaltlich nicht umstritten. Es war eigentlich allen wichtig, dass es gibt beim Vergabe- verfahren keine Schlupflöcher, sondern dass es hier mit rechten Dingen zugehen soll. Die Kommis- sion war jedoch der Meinung, das Thema sei bereits im übergeordneten Recht enthalten. Ich ver- weise dazu auf das Entsendungsgesetz, welches erst kürzlich auf Bundesebene in Kraft gesetzt wurde. Es sei somit keine zusätzliche Regelung im kantonalen Recht nötig. Alle Anträge sind des- halb mit 13 zu 4 Stimmen abgelehnt worden. Ich verweise nochmals auf das Bundesgesetz über die flankierenden Massnahmen bei den entsandten Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in den Normalarbeitsverträgen festgelegten Mindestlöhne. Hier geht es in Artikel 5 auch um die Subunter- nehmer. Dort sind all diese Dinge, oder zumindest ein grosser Teil davon, geregelt. In Artikel 2 steht beispielsweise: «Der Erstunternehmer haftet solidarisch für sämtliche ihm nachfolgenden Subunter- nehmer in der Auftragskette.» Dies ist hier also aus meiner Sicht, und ich denke auch aus Sicht der Kommission, in übergeordneter Form bereits vorhanden.

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Anita Luginbühl-Bachmann, Krattigen (BDP). Ich habe zu Beginn der Debatte gesagt, dass wir die Anpassungen des Gesetzes begrüssen. Was wir jedoch ganz klar ablehnen, sind weitere Kon- trollsysteme und Verschärfungen, die sich von den Gewerkschaften aus überall im Kanton Bern via dieses Gesetz einschleichen wollen. Das spürbare Misstrauen seitens der Gewerkschaften gegen- über den Unternehmen gefällt mir gar nicht. Ich habe Verständnis dafür, dass sich Gewerkschaften für ihre Leute und ihre Klientel einsetzen müssen. Dies rechtfertigt Ihr Tun und Handeln, das steht ausser Frage; aber bitte alles mit Augenmass. Bei allen Anliegen zu Artikel 9 geht es um mehr Kon- trollen, mehr Haftung und mehr Misstrauen den Unternehmen gegenüber. Wie bereits erwähnt wur- de, wurde der Antrag bereits in der Kommission von der BDP abgelehnt. Wir sind, wie der Regie- rungsrat, der Meinung – Sie können es im Vortrag auf Seite 5 nachlesen –, dass die Anpassungen auf Stufe Bund ausreichend sind. Als Nicht-Grenzkanton ist die geltende Bundeslösung gut für uns.

Wir sind gegen die Verschärfung im kantonalen Gesetz. Mit dieser Ablehnung tolerieren wir jedoch in keiner Art und Weise Lohndumping oder jeglichen Missbrauch im Beschaffungswesen und im ganzen System. Wir unterstützen jedoch die Meinung des Regierungsrats, dass mit dem eidgenös- sischen Gesetz die zivilrechtliche Solidarhaftung des Erstunternehmers für sämtliche Subunterneh- mer im Baugewerbe – ob ausländisch oder nicht – eingeführt ist. Jetzt müssen wir erst einmal Er- fahrungen sammeln. Weiter müssen wir einmal mehr aufpassen, dass wir nicht wegen einzelner Unternehmen, die sich falsch verhalten, global strafen. Zu diesen Unternehmen gehören interessan- terweise auch Verwaltungen. Der letzte grosse Fall betraf das SECO, das mit der Aufschlüsselung von Aufträgen in die Schlagzeilen kam. Grossmehrheitlich halten sich die Unternehmer an die Re- geln. Sollte die Bundeslösung zeigen, dass Missstände gezielt aufgedeckt werden können, steht uns wirklich nichts im Weg, zum gegebenen Zeitpunkt auch unser Gesetz anzupassen. Zum jetzi- gen Zeitpunkt sehen wir keinen Handlungsbedarf und lehnen alle Anträge der SP ab.

Peter Sommer, Wynigen (FDP). Die FDP lehnt alle Anträge zu Artikel 9 entschieden ab. Mit einer verschärften Regelung zur Subunternehmerhaftung im öffentlichen Beschaffungsrecht würden wir völlig über das Ziel hinausschiessen. Wir haben seit dem 15. Juli des letzten Jahres die zivilrechtli- che Haftungsbestimmung des Erstunternehmers in Artikel 5 des Entsendegesetzes. Damit haben wir bereits eine massive Verschärfung im Bereich der Solidarhaftung. Bevor wir hier jetzt auf kanto- naler Ebene weitergehende Massnahmen planen, sollten wir, wie Anita Luginbühl schon gesagt hat, schauen, wie das Gesetz auf nationaler Ebene seine Wirkung entfaltet. Völlig übertrieben sind auch die verlangten Kontrollen. Bei einer Baustelle würde es zum Beispiel bedeuten, dass es zu einer lückenlosen Überwachung käme, weil in einem laufenden Prozess die Subunternehmer immer wie- der wechseln. Sie können sich vorstellen, was dies für eine Bürokratie nach sich ziehen würde. Wei- ter würde es zu einer Überlagerung der Kompetenzen und Kontrollmechanismen führen. Für die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen sind, gestützt auf die Gesamtarbeitsverträge, in der Regel entweder die paritätischen Kommissionen zuständig oder die kantonalen Arbeitsmarkt- kommissionen. Diese haben dann auch, gestützt auf die jeweiligen Gesamtarbeitsverträge, die In- strumente und das Know-how für den Vollzug, und bei Verfehlungen auch die Kompetenz, Sanktio- nen auszusprechen. All diese Dinge genügen nach unserem Dafürhalten. Deshalb lehnt die FDP wie gesagt die Anträge zu Artikel 9 ab.

Gerhard Fischer, Meiringen (SVP). Auch die SVP lehnt diese Artikel alle einstimmig ab. Wir haben die Anträge bereits in der Kommission ausgiebig diskutiert, und es ist unnötig, sie ins Gesetz aufzu- nehmen. Es wurde schon mehrmals gesagt: Vertrauen ist wichtig – klar, man kann noch sagen, Kontrolle sei besser. Vertrauen zwischen Bauherr, Planer und Unternehmen macht den Erfolg eines guten Projekts aus. Meine Vorredner haben die Argumente vorgebracht. Die SVP lehnt alle Anträge ab.

Markus Wenger, Spiez (EVP). Es ist tatsächlich störend, dass billige Arbeitskräfte aus dem Aus- land unsere einheimischen seriösen Unternehmen konkurrieren. Das ist so. Die Grundlagen sind jedoch vorhanden, damit man hier dagegenwirken kann. Was es in den Verwaltungen und in den Behörden, aber auch im Volk braucht, sind Leute mit offenen Augen, die hinsehen und dagegen antreten. Dazu sind die vorgeschlagenen Artikel in unserem Beschaffungsgesetz nicht nötig, wes- halb sie abgelehnt werden.

Präsident. Wünscht der Kommissionspräsident nochmals das Wort? – Nein, er verzichtet. Der An- tragsteller spricht nach der Frau Regierungsrätin.

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