Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Liquorzelldifferenzierung
dem Kliniker auch nicht wesentlich hilft. Spezielle Färbung (zum Bei- spiel Nukleinsäuredarstellung, Akri- dinorangefärbung) oder Markierung mit radioaktiven Substanzen bedeu- tet nur eine zusätzliche Information über die Stoffwechselaktivität der Zelle, enthebt den Zytologen aber nicht der Notwendigkeit einer Beur- teilung nach morphologischen Kri- terien (Abbildungen 9, 10).
Die Zellen von Metastasen dagegen fallen durch ausgeprägte Größen- und Färbungsdifferenz sowie den Reichtum an Mitosen als liquor- fremd auf. Zuweilen ist durch Zu- satzfärbung die Identifizierung als Adenokarzinom, bei Pigmentbil- dung als Melanom möglich (Abbil- dung 11).
Tröstlich bei dieser Sachlage ist al- lerdings, daß hirneigene Geschwül- ste in der Regel abgegrenzt sind, Lokalsymptome hervorrufen und kontrastdiagnostisch (mit Angio- graphie, Computer-Tomographie, Pneumenzephalographie, Ventriku- lographie) nachweisbar sind.
Metastasen zeigen dagegen neben umschriebenem auch diffuses Wachstum, die Meningealkarzinose.
Ihre Symptome wie Wurzelkompres- sion und Bewußtseinstrübung wer- den bei geringer Pleozytose häufig als Polyradikulitis, Polyneuritis oder Psychosyndrom verkannt. Sie ent- geht dem apparativen Nachweis und ist nur durch zytologische Liquorun- tersuchung faßbar. Diese ist um so wichtiger, als durch intrathekale Zy- tostatikagabe und ZNS-Ganzbe- strahlung heute eine Behandlung durchaus möglich ist.
Die Erfolge einer solchen Therapie bei den meningealen Leukosen und den malignen Lymphomen sind heute so überzeugend, daß vieler- orts eine prophylaktische intrathe- kale Behandlung durchgeführt wird, sobald die Diagnose durch Blut-, Knochenmark- oder Lymphknoten- untersuchung gesichert ist. Jahre- lange Symptomfreiheit, manchmal sogar Heilung, ist das Ergebnis der medikamentösen Sanierung des Liquors.
Bei den Karzinomen sind die Er- folgsaussichten weniger gut, was vor allem durch unterschiedliche Empfindlichkeit der in den Liquor- raum metastasierenden Tumoren gegen die wenigen intrathekal appli- zierbaren Zytostatika bedingt ist. In den meisten Fällen läßt sich jedoch eine erhebliche Besserung der Be- schwerden erreichen.
Zusammenfassung
Die Möglichkeit zur zytologischen Untersuchung hat den Informations- wert des Liquors als eines sonst recht „dünnen Saftes" erheblich ge- steigert. Besonders wichtig für die Routineuntersuchung ist die Tatsa- che, daß nach technisch einfacher Konservierung auch eine Versen- dung des Liquors möglich ist. Diese Erweiterung der Diagnostik wird heute sinnvoll und konsequent er- gänzt durch eine gezielte Behand- lung, die besonders in Form der intrathekalen Zytogtatikatherapie schon erfreuliche Erfolge zeitigt.
Literatur
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Cytologie der Cerebrospinalflüssigkeit, VEB G.
Fischer, Jena 1960
Anschrift des Verfassers:
Privatdozent
Dr. med. Peter Engelhardt Neurologische
Klinik und Poliklinik
der Medizinischen Hochschule Hannover
Karl-Wiechert-Allee 9 3000 Hannover
FÜR SIE GELESEN
Allergische
Reaktionen durch
zahnärztliche Werkstoffe
Allergische Kontakt- und Fernreak- tionen durch zahnärztliche Werk- stoffe sind seltener als allgemein vermutet und haben aufgrund einer Verbesserung der Materialien hin- sichtlich ihrer Mundbeständigkeit eher noch abgenommen.
Symptome einer allergischen Kon- taktreaktion sind erythematöse, teils auch ödematöse Schleimhautverän- derungen und seltener Erosionen und Ulzerationen direkt an der Kon- taktstelle oder an der Wangen-, Zun- gen- und Lippenschleimhaut. Sub- jektive Begleiterscheinungen sind Brennen und Geschmacksirritatio- nen. Periorale exzematöse Hautver- änderungen, Fernreaktionen der Haut und Asthma bronchiale sind selten.
Zahnärztliche Werkstoffe, die haupt- sächlich für die Entstehung allergi- scher Reaktionen verantwortlich ge- macht werden, sind die Kunststoffe in Prothesen, Chrom-Kobalt-, Chrom-Nickel- und Edelmetallegie- rungen für Prothesenbasen und -klammern, keramische Substanzen, Kunststoffe für Ersatzzähne und Amalgamfüllungen. Untersuchungs- methoden zur Testung der ange- schuldigten Substanz sind neben dem wenig aussagekräftigen Elimi- nations- und Reexpositionsversuch der Epikutantest, der in üblicher Weise durchgeführt wird, und der technisch schwierigere Epimukosa- test.
Erwähnenswert ist, daß an der Schleimhaut eine verminderte kon- taktallergische Reaktionsbereit- schaft gegenüber der Haut besteht, und es keine Parallelitäten obligater Natur zwischen der Intensität aller- gischer Kontaktreaktionen an der Haut und Schleimhaut gibt. Hid
Hermann, D.:
Allergische Reaktionen durch zahnärztliche Werkstoffe Münch. med. Wschr. 119 (1977) 265-270
Klinik und Poliklinik für Zahn-, Mund- und Kie- ferkrankheiten der Freien Universität Ass- mannshauser Str. 4-6 D - 1000 Berlin 33
2680 Heft 45 vom 10. November 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT