A416 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 9⏐⏐27. Februar 2009
W I R T S C H A F T
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ens-Peter Schütz gibt sich kei- nen Illusionen hin: „Die Poli- tik will im Generikasegment den niedrigstmöglichen Preis realisie- ren“, sagt der Geschäftsführer der Stadapharm GmbH. Der Arzneimit- telhersteller mit Sitz im hessischen Bad Vilbel setzt mit preisgünstigen Nachahmerpräparaten jährlich 1,8 Milliarden Euro um. Um sich auf dem hart umkämpften Generika- markt bessere Wettbewerbschancen zu sichern, hat Stada jetzt eine neue Runde im Preiskampf eingeläutet.Seit 1. Januar garantiert die Firma, dass ihre Präparate immer zu den drei preisgünstigsten gehören. „Das war man von Stada in den letzten Jahren nicht gewöhnt. Wir haben sicherlich attraktive Preise gehabt, aber wir zählten nicht zu den Preis- wertesten“, erklärt Schütz gegen- über dem Deutschen Ärzteblatt.
Ziel der neuen Niedrigpreisstra- tegie ist es, die Substitution einzu- dämmen. Denn viele Ärztinnen und Ärzte verordnen nur noch Wirkstof- fe und überlassen es dem Apothe- ker, ein möglichst preisgünstiges Präparat auszuwählen. Zu unüber- sichtlich erscheint den meisten der Markt. Zwar gibt es Unterschiede zwischen den Regionen und Fach- gruppen, doch nach Angaben von Schütz schließen nur noch 15 Pro- zent der Ärzte die Substitution ihrer Arzneimittelverordnung durch den Apotheker aus. Die Möglichkeit der Krankenkassen, mit Arzneimittel- herstellern über Rabatte zu verhan- deln, hat das Chaos noch vergrößert.
Mit seiner Niedrigpreisstrategie ga- rantiert Stada den Ärzten eine wirt- schaftliche Verordnungsweise, auch wenn sie aut idem ausschließen wollen. Glaubt man Schütz, profi-
tieren davon auch die Apotheker.
Sie hätten wieder mehr Spielraum bei der Lagerhaltung.
Doch für Stada bedeutet der Preiskampf – Schütz nennt es eine Änderung der Firmenphilosophie –, dass an anderer Stelle gespart wer- den muss. So hat das Pharmaunter- nehmen den Arztaußendienst von 250 Mitarbeitern auf 50 verkleinert.
„Die Fortbildung der Ärzte, Ser- vicematerialien für Patienten – das sind alles Sachen, die jetzt entfal- len“, erklärt der Geschäftsführer.
Was die Preisoffensive die Firma genau kostet, will er allerdings nicht sagen.
Doch Stada fährt zweigleisig.
Nach anfänglicher Zurückhaltung verhandelt das Unternehmen inzwi- schen auch mit den Krankenkassen über Rabattverträge. „Die jüngste AOK-Ausschreibung hat gezeigt, dass wir sehr wettbewerbsfähig sind. Da sind wir sehr gut wegge- kommen“, meint Schütz.
Überzeugt hat ihn das Konzept jedoch nicht: „Jeden Tag herrscht Chaos in Apotheken und Arztpra- xen. Es leiden das Vertrauen und die Therapietreue der Patienten.“ Erste Berechnungen kämen außerdem zu dem Schluss, dass die Rabattver- träge die Kosten im Gesundheits- system nicht senken. Aus Gründen des Wettbewerbs könnten es sich die Pharmaunternehmen allerdings nicht leisten, sich dem Rabattge- schäft zu entziehen.
Ob sich das System letztlich durchsetzen wird oder nicht, dar- über will Schütz lieber keine Pro- gnose abgeben. Für die Firmen sind die Ausschreibungsverfahren eine logistische und bürokratische Her- ausforderung. „Wir haben 22 Akten- ordner an die AOK geschickt.“
Lieferengpässe gibt es aktuell aller- dings keine, weil es nur relativ we- nige Wirkstoffausschreibungen und viele Verträge über das gesamte Portfolio bestimmter Pharmaunter- nehmen gibt. Der Stada-Geschäfts- führer rechnet jedoch damit, dass der harte Preiskampf in der Branche zu Konsolidierungen führt: „Solche oligopolistischen Strukturen halte ich allerdings volkswirtschaftlich
für gefährlich.“ I
Heike Korzilius
PHARMAINDUSTRIE
Die Rabattschlacht geht weiter
Der Arzneimittelhersteller Stada fährt zweigleisig. Er verhandelt mit den Krankenkassen über Rabatte, setzt aber seit 1. Januar gleichzeitig auf eine Niedrigpreisstrategie.
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