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Archiv "An der falschen Stelle gespart: Zur Einstellung der gesundheitsstatistischen Jahrbücher der Bundesrepublik Deutschland" (09.10.1975)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Mit dem Erscheinen von Band 5 des „Gesundheitswesens der Bun- desrepublik Deutschland"') mit ei- nem Vorwort der Bundesministerin Dr. Katharina Focke verbindet sich die Frage nach einem großen Skandal im Gesundheitswesen un- seres Landes. Der „skandalöse"

Vorgang, der eventuell dringend ei- ner Debatte im Bundestag bedarf, ist folgender:

Unter unendlicher Mühewaltung stellte das Statistische Bundesamt einen für die Medizin, insbesondere den Vorsorgebereich der Medizin, geradezu einmalig wertvollen Atlas auf, der noch im vorangegange- nen Band 4 einen internationalen Vergleich im Vorkommen von To- desursachen in den verschieden- sten Ländern der Welt ermög- lichte.

Eine ähnlich wertvolle Arbeit hatte es in solcher Form für die Medizin noch niemals gegeben. Der Atlas eröffnete der Forschung völlig neue Perspektiven. Er brachte zum erstenmal neue Ansatzpunkte für die Betrachtung des Vorkommens von Herzinfarkt, welcher in der Bundesrepublik bedrohlich zuge- nommen hat, aber auch von Krebs- krankheiten. Im vergangenen Jahr starben über 120 000 Menschen am Herzinfarkt, während es 1952 nur 25 000 waren. Die Errechnung stan- dardisierter Sterbeziffern ermög- lichte erstmals mit statistischer Si- gnifikanz Vergleiche in der Welt.

Der Atlas zeigte, daß in England und Wales, ja in den meisten nörd- lichen Ländern, zum Teil unabhän- gig von der Industrialisierung, die Todesfälle mit Herzinfarkt ungleich häufiger sind, während in unserem Nachbarland Frankreich und Italien

die Todesfälle ungleich tiefer als in der Bundesrepublik liegen, ja am tiefsten in Japan. So ergaben sich erstmals Ansätze für Überlegun- gen, welche Einflüsse im Norden, etwa Veränderung der Böden, Aus- waschung von Mineralien und Spu- renelementen durch Regen, andere Kostformen als in den südlichen Ländern einen Einfluß auf diese Krankheit haben könnten. Vermu- tungen, daß ein hoher Kohlenhy- dratverzehr, wie er in Frankreich und Italien besteht, den Herzinfarkt nachteilig beeinflussen könnte, wurde durch diesen Atlas in ein völlig neues Licht gestellt.

Während die Schulmedizin bisher Bluthochdruck als Risikofaktor beim Herzinfarkt ansah, zeigt der Atlas im internationalen Vergleich, daß in Japan die Todesfälle an Blut- hochdruck viel häufiger vorkom- men als in der Bundesrepublik, aber in Japan trotzdem die Herzin- farkte selten sind.

Bisher war man der Meinung, daß mehr Frauen an Fol- gen von Bluthochdruckkrank- heiten sterben als Männer. Für Deutschland trifft dies zu. Aber der Atlas zeigte, daß bereits in England und Wales mehr Männer an Fol- gen von Bluthochdruckkrankheiten sterben, und daß merkwürdigerwei- se die Sterbeziffern an Todesfällen mit Bluthochdruck in England in den letzten Jahren eher zurückgin- gen, während sie in der Bundesre- publik eher anstiegen. Ungewöhn-

1) Das Gesundheitswesen der Bundesre- publik Deutschland, Zahlen, Schaubilder, Übersichten, Band 5/Ausgabe 1974, Her- ausgegeben vom Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit, Bear- beitet vom Statistischen Bundesamt, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 388 Seiten, gebunden, 39 DM

Strukturanalyse Nordwürttemberg

Beteiligte Ärzte

Das Tabellenwerk enthält u. a.

auch genaue Aufschlüsselungen der an der kassenärztlichen Ver- sorgung teilnehmenden Ärzte nach den Rechtsgrundlagen (Zulassung, RVO-Beteiligung, EK-Beteiligung, Ermächtigungen). Auch wird dar- gestellt, in welchem Umfang Ärztin- nen (insgesamt 574) in den einzel- nen Fachgebieten an der kassen- ärztlichen Versorgung beteiligt sind und welche apparative Aus- stattung in den Praxen insgesamt und in den einzelnen Kreisen zu finden ist.

Die letztgenannten Tabellen machen deutlich, daß sich das apparative Angebot, das bereits auf Grund der Strukturanalyse 1973 als breit ge- fächert bezeichnet werden konnte.

noch verbessert hat und daß die Kassenärzte nach wie vor mit Si- cherheit allen Anforderungen, die tatsächlich an die ambulante ärztli- che Versorgung gestellt werden, auch auf Grund der Ausstattung ih- rer Praxen gewachsen sind.

Wenn nicht durch die Änderung der RVO und die daraufhin erfor- derlichen Richtlinien des Bundes- ausschusses der Ärzte und Kran- kenkassen andere Untersuchungen vorgeschrieben werden, wird die KV Nordwürttemberg im Mai 1976 die Strukturanalyse für 1975 vorle- gen. Diese wird dann noch mehr infolge des größeren Zeitabstandes zur ersten Analyse zeigen, welche Entwicklungstendenzen vorliegen und welche Erfolge die sehr inten- siven und auch kostenaufwendigen Bemühungen der KV Nordwürttem- berg im Hinblick auf eine gute und homogene kassenärztliche Versor- gung erzielt haben.

Anschrift des Verfassers:

Rolf Liebold Dipl.-Betriebswirt Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen

Vereinigung Nordwürttemberg 7 Stuttgart 70

Jahnstraße 30

FORUM

An der falschen Stelle gespart

Zur Einstellung der gesundheitsstatistischen Jahrbücher der Bundesrepublik Deutschland

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 9. Oktober 1975 2857

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Gesundheitsstatistische Jahrbücher

lich geringere Todesfallzahlen wa- ren in Frankreich festzustellen, wo ebenfalls das männliche Ge- schlecht überwog. Es bedarf keiner Frage, daß kein seriöser Wissen- schaftler an so eindrucksvollen Da- ten vorbeigehen kann. Es ist nahe- liegend, daß vergleichende Unter- suchungen, die das Vorkommen und die Ursache von Krankheiten mit so großen Unterschieden in den verschiedensten Ländern der Welt, den Einfluß der Umwelt, der Ernährung usw. behandeln, uns ei- nen großen Schritt bezüglich der Aufklärung dieser Probleme weiter- bringen können. Der Atlas umfaßt diesbezüglich nahezu alle wichti- gen Todesursachen.

Der Wert des Buches hängt natür- lich davon ab, wie es ausgewertet wird. Diejenigen, die mit diesen Statistiken arbeiten, müssen sich der Probleme bewußt sein, die durch unterschiedliche Erfassungs- qualitäten und -kriterien in den ver- schiedenen Ländern der Welt be- dingt sind. Für die Qualität des Werks spricht, daß bis heute nur hervorragende Kritiken internatio- nal anerkannter Wissenschaftler vorliegen, welche den Wert der Schrift vorbehaltlos anerkennen, so von Prof. Dr. Dr. h. c. mult. K. H.

Bauer, und Prof. Dr. Schettler, Hei- delberg, Prof. Lenz, Münster, oder namhafter Gelehrter aus den USA, Frankreich, England usw.

Wo liegt nun der „Skandal"?

Nachdem Band 4 noch unter gro- ßen Mühen erscheinen konnte, sik- kerte bereits durch, daß die zu- ständigen Stellen des Bundesge- sundheitsministeriums kein gestei- gertes Interesse an einer gleich- wertigen Weiterbearbeitung dieses Werkes hatten. So fehlen beim jet- zigen Band 5 alle zentral wichtigen Angaben über den internationalen Vergleich.

Aber gerade auf diese Zahlen kommt es an. Da Band 4 mit dem Zahlenmaterial 1967 en- det, wird für die medizinische For- schung somit einer der wichtigsten Zeiträume, nämlich von 1968 bis 1974, abrupt abgebrochen und un-

serer Betrachtung entzogen. Daß das Gerücht zutrifft, den Geldhahn zuzusperren, zeigt die ganze Drucklegung des Bandes, seien es die Bildqualität, die Papierqualität usw.

Als das Statistische Bundes- amt am 20. Februar 1974 mitteilte, daß das Bundesministerium beab- sichtige, das Werk der weiteren Bearbeitung des Statistischen Bun- desamtes gänzlich zu entziehen, baten wir in beängstigender Kennt- nis dieser Dinge mit Schreiben vom 20. Februar 1974 eindringlich Frau Focke um Einsicht. Der Brief ist nicht einmal beantwortet worden.

Am 22. November 1973 teilt „Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit" (Geschäftszei- chen: 134-43-8403 140/73) dem Sta- tistischen Bundesamt mit: „Ich teile Ihnen mit, daß ich nach eingehen- der und sorgfältiger Prüfung mit dem Erscheinen von Band 5 die Veröffentlichungsreihe ,Das Ge- sundheitswesen der BRD' usw. ein- stellen und Ihnen für das Haus- haltsjahr 1974 keine Mittel mehr zuweisen werde" (die 1974 ca.

35 000 DM betragen hatten).

Eine solche Stellungnahme ist eine niederschmetternde Reaktion des Bundesministers für Gesundheit und läßt Raum für Vermutungen darüber, wie wenig dieses Amt überhaupt in diesem Fall imstande ist, sich ein eigenes Urteil über eine so zentral wichtige Arbeit im Bereich des Gesundheitswesens zu machen.

Anschrift des Verfassers:

Professor

Dr. med. Jürgen Holtmeier Universität Hohenheim

Abteilung Ernährungsphysiologie 7 Stuttgart 70

Fruhwittestraße 31

AUS DEM BUNDESTAG

Auslandskuren auch für Kriegsbeschädigte

Ähnlich wie die Mitglieder der ge- setzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung können auch die nach dem Bundesversor- gungsgesetz betreuten Beschädig- ten unter bestimmten Vorausset- zungen Kuren im Ausland erhalten.

Darauf wies der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesarbeits- ministeriums, Hermann Buschfort, aufgrund einer Anfrage des SPD- Bundestagsabgeordneten Wendelin Enders hin. Voraussetzung für die Entsendung deutscher Kriegsbe- schädigter in ausländische Einrich- tungen sei allerdings, daß gleich- wertige Häuser mit bestimmten, ortsgebundenen Heilmitteln und entsprechenden Indikationen in der Bundesrepublik nicht vorhanden seien. Bei den vielseitigen Möglich- keiten der Krankenbehandlung im Inland handle es sich aber nur um Ausnahmefälle. 1974 wurden insge- samt 650 derartiger Kuren geneh-

migt. HC

Keine Ausweitung der Rezeptsammelstellen

Aus Gründen der Arzneimittelsi- cherheit hat die Bundesregierung an einer Ausweitung der Rezept- sammelstellen kein Interesse, er- klärte der Parlamentarische Staats- sekretär des Bundesgesundheits- ministeriums, Fred Zander, auf An- frage des SPD-Abgeordneten Dr.

Hermann Schmitt-Vockenhausen.

Diese Sammelstellen sollten immer nur ein Notbehelf sein. Grundsätz- lich sollten Arzneimittel „aus- schließlich in der Apotheke" abge- geben werden. Außerdem sei durch die hohe Zahl von Apotheken- neugründungen die Notwendigkeit von Rezeptsammelstellen immer seltener geworden. Ebenso habe ein gut ausgebautes Verkehrsnetz dazu beigetragen, daß die Be- völkerung von der nächstgelegenen Apotheke in der Regel ordnungs- gemäß mit Arzneimitteln versorgt werde.

2858 Heft 41 vom 9. Oktober 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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