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Archiv "Krankenkassen als Partner der Pharmaindustrie: Drum prüfe, wer sich zaghaft bindet ..." (13.03.1998)

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rankenkassen und Pharma- industrie als Partner im Ge- sundheitswesen – für viele Beteiligte ist das eine verhängnisvolle Affäre. Feindbilder bestehen: Die Arzneimittelhersteller sehen sich als Opfer von Kostendämpfungspolitik und kombinierten Budgets. Ärzte und Krankenkassen fühlen sich ausgeboo- tet, weil die Pharmaindustrie Arz- neimittelinformationen aus Wettbe- werbsgründen blockiert. Ohnehin haftet der Industrie der Makel an, sie sei ausschließlich an der Absatzsteige- rung ihrer Produkte interessiert.

Das Verhältnis von Kassen und Industrie kann jedoch kreativer sein:

„Pharmaunternehmen erzielen mitt- lerweile mit dem Verkauf von Know- how 20 Prozent ihres Umsatzes“, sag- te Prof. Dr. Eberhard Wille, Mitglied des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheits- wesen. Wille sprach auf der Eurofo- rum-Konferenz „Die Krankenkassen als Kunden und Partner der Pharma- industrie“ Ende Februar in Bonn. An- satzpunkte für eine fruchtbare Zu- sammenarbeit sahen Vertreter der Kassen, der Ärzteschaft und der Indu- strie vor allem beim Disease Manage- ment, das Behandlungsabläufe sek- torübergreifend steuern will.

Disease Management zielt Dr.

Edwin Smigielski zufolge darauf hin, akute und kostenintensive Stadien chronischer Krankheiten zu vermei- den. Eine Zusammenarbeit mit den Krankenkassen bietet sich nach An- sicht des Geschäftsführers Politik im Verband Forschender Arzneimittel- hersteller an, wenn es darum geht, Versorgungsabläufe zu koordinieren, die Compliance der Patienten bei- spielsweise durch Schulungen zu ver-

bessern oder Behandlungsleitlinien zu entwickeln. Wichtig sei, daß die In- dustrie nicht ihr Produkt, sondern die Dienstleistung in den Vordergrund stelle.

Der rechtliche Rahmen für eine Zusammenarbeit ist jedoch begrenzt.

Laut Smigielski kann sie nur auf der Basis privatrechtlicher Verträge statt- finden. Modellversuche und Struktur- verträge, die dazu dienen sollen, neue Strukturen in der Gesundheitsversor- gung zu erproben, sind auf die Ver- tragspartner gesetzliche Krankenkas- sen und Kassenärztliche Vereinigun- gen beschränkt. Zudem gebe es der- zeit keine rechtliche Grundlage dafür, beispielsweise mittels Versandhandel von etablierten Distributionswegen für Arzneimittel abzuweichen.

Projektbeispiel:

Diabetes-Management

Am 1. April fällt in Leverkusen der Startschuß für ein Diabetes-Ma- nagement-Projekt, das die Bayer Be- triebskrankenkasse (BKK) und das Unternehmen Bayer Vital gemeinsam mit 35 Allgemeinärzten und zwei Ärz- ten in Diabetologischer Schwerpunkt- praxis initiiert haben. Aus Sicht der Beteiligten bietet sich das Projekt aus mehreren Gründen an: Es gibt rund fünf Millionen Diabetiker in Deutsch- land. Mit 28 000 Amputationen, 7 000 Erblindungen und 4 000 Dialysefällen jährlich ist die Komplikationsrate sehr hoch. Die Behandlungskosten belaufen sich auf 13,8 Milliarden DM, davon entfällt rund eine Milliarde DM auf die medikamentöse Therapie.

„Kostentreiber“ sind schlecht einge- stellte Diabetiker. Zum Vergleich: Ein

gut eingestellter Diabetiker verur- sacht Kosten von 1 000 bis 1 400 DM im Jahr, ein Diabetiker mit Dialyse- oder Pflegebedarf mehr als 30 000 DM. Die Bayer BKK erhofft sich durch eine effizientere Betreuung we- niger Folgeerkrankungen, Kranken- hausaufenthalte und Arbeitsausfälle und dadurch letztlich verringerte Kosten, sagte Melanie Weikert, Leite- rin des Diabetes-Managements der Bayer Vital.

Die Projekt-Ärzte haben sich verpflichtet, den Gesundheitspaß für Diabetiker einzusetzen, ihre Patien- ten zu schulen und sich in Qualitäts- zirkeln fortzubilden. Die Bayer BKK hat dazu einen entsprechenden Ho- norierungsvertrag aufgesetzt. Ge- meinsam mit Bayer Vitalis finanziert sie das Projekt. Die Pharmafirma un- terstützt Ärzte und Patienten mit Schulungskonzepten, Hilfsmitteln zur Blutzuckerkontrolle, Software für den Arzt und koordiniert die Fortbil- dung. Geplant ist, weitere Teilneh- mer wie Apotheker, Krankenhäuser, Ernährungsberater oder Fußpfleger einzubinden. Unterstützt und eva- luiert wird das Projekt von einem wis- senschaftlichen Beirat, der sich aus Mitarbeitern des Instituts für Ge- sundheitsökonomie an der Univer- sität Köln und des Diabetes-For- schungsinstituts in Düsseldorf zusam- mensetzt.

Im medizinisch-pharmakologi- schen Know-how der Unternehmen liegt für Franz Knieps, Leiter des Stabsbereichs Politik im AOK-Bun- desverband, die Attraktivität einer Zusammenarbeit. Beklagenswert fin- det er beispielsweise das Fehlen von Standards und Leitlinien: „45 bis 55 Prozent der medizinischen Leistun- gen befinden sich in einem schwarzen Loch. Hier wissen die Pharmaunter- nehmen mehr als wir.“ Aber, so Knieps, die Industrie braucht eine Interessenvertretung: „Wir können nicht mit Hunderten einzelner Firmen verhandeln.“

Kooperationen zwischen den un- gleichen Partnern stecken noch in den Kinderschuhen. Dr. Jürgen Raths, Geschäftsführer von Eli Lilly Schweiz, meint: „Das Ergebnis der Projekte ist meist ungewiß.“ Die Al- ternative laute jedoch: weitermachen wie bisher. Heike Korzilius A-574 (18) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 11, 13. März 1998

P O L I T I K AKTUELL

Krankenkassen als Partner der Pharmaindustrie

Drum prüfe, wer sich zaghaft bindet ...

Die Pharmaindustrie will ihre Rolle als „unbeteiligter Dritter“

im Gesundheitswesen ablegen. Ihr Ziel: an der Seite der Krankenkassen neue Versorgungsstrukturen mitgestalten.

K

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