766 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 44⏐⏐31. Oktober 2008
M E D I Z I N
keiten, stattgehabte Geburtskomplikationen oder En- zephalitiden in der Vorgeschichte oder etwa eine kli- nisch-remittierte Pyknolepsie können dann aber auf eine sekundäre und eben nicht primär-genetisch be- dingte Pathogenese hinweisen, ohne dass das klini- sche Bild über das einer klassischen ADHS hinaus- geht. Hier kann die Einteilung in eine primäre und se- kundäre ADHS zum einen helfen zu erklären, wieso in einer großen Untergruppe der Betroffenen eben keine positive Familienanamnese zu erheben ist. Darüber hinaus kann diese Unterteilung durchaus therapeuti- sche Relevanz haben zum Beispiel wenn es um die Frage geht, ob Substanzen wie Carbamazepin (für das mehrere positive Doppelblindstudien zum Einsatz bei ADHS vorliegen) oder Valproat im Rahmen einer Off- Label-Medikation versucht werden sollten.
Differenzialdiagnose Östrogenmangelsyndrom
Für die Diagnosestellung einer ADHS im Erwachse- nenalter ist gefordert, dass bereits im Kindesalter ent- sprechende Symptome vorhanden waren. Es handelt
sich nicht um eine phasenhaft verlaufende oder erst im Erwachsenenalter sich manifestierende Störung. Die- se Kriterien sollten bei der Abgrenzung zu einem dif- ferenzialdiagnostisch erwähnenswerten oder komor- biden Östrogenmangelsyndrom (zum Beispiel in der Menopause) berücksichtigt werden.
DOI: 10.3238/arztebl.2008.0766
LITERATUR
1. Faraone SV, Spencer T, Aleardi M, Pagano C, Biederman J:
Meta-analysis of the efficacy of methylphenidate for treating adult attention-deficit/hyperactivity disorder. J Clin Psychopharmacol 2004; 24: 24–9.
Dr. med. Alexandra Philipsen
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5 79104 Freiburg
E-Mail: alexandra.philipsen@uniklinik-freiburg.de
Interessenkonflikt
Dr. Philipsen erhielt Honorare für Vorträge und Beratungstätigkeiten sowie Reisekostenübernahmen der Firmen Medice, Janssen-Cilag, Novartis, Lilly. Zudem bekam sie Forschungsförderung von den Firmen Medice und Janssen-Cilag.
REFERIERT
Einmal im Jahr Zoledronsäure senkt Frakturrisiko
Die einmal jährliche Applikation einer Zoledronsäureinfusion über 15 Mi- nuten in einer Dosierung von 5 mg senkt das Frakturrisiko von Wirbel- säule und Schenkelhals während eines Beobachtungszeitraums von drei Jahren um 70 %. Zu diesem Ergebnis kommt eine doppelblinde rando- misierte Studie an 7 500 postmenopausalen Frauen im Alter zwischen 65 und 89 Jahren. Die Patientinnen wurden zu Beginn der Studie in zwei Behandlungsgruppen randomisiert, nämlich mit Osteoporosemedikation und ohne. Primärer Endpunkt waren neue vertebrale Frakturen und die Zahl der Oberschenkelfrakturen nach 36 Monaten. Die Behandlung mit Zoledronsäure (einmalige Infusion von 5 mg) reduzierte im Vergleich zur Placebomedikation das Risiko für Wirbelkörperfrakturen um 70 % inner-
halb des dreijährigen Beobachtungszeitraums mit 3,3 % Frakturen unter Verum, 10,9 % unter Placebo, relatives Risiko 0,30; Konfidenzintervall 024–0,38. Die Rate an Schenkelhalsfrakturen sank um 41 % im Vergleich zu Placebo mit 1,4 % unter Verum und 2,5 % unter Placebo (Risiko 0,59;
Konfidenzintervall 0,42–0,83). Unerwünschte Wirkungen wurden bei den Patientinnen in beiden Behandlungsarmen gleich häufig gefunden.
Allerdings fanden sich kardiale Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörun- gen in der Verumgruppe in 6,9 %, unter Placebo in 5,3 % der Fälle (p = 0,003). Da die Compliance bei täglicher Einnahme von Bisphospho- naten nur 80 % beträgt, könnte die einmalige intravenöse Applikation sich als vorteilhaft erweisen. Unter dieser Therapie waren eine signifikante Er- höhung der Knochendichte sowie eine signifikante Erniedrigung verschie- dener Marker für den Knochenstoffwechsel zu verzeichnen. w Black DM et al.: HORIZON Pivotal Fracture Trial: Once-yearly zoledronic acid for treatment of postmenopausal osteoporosis. N Engl J Med 2007; 356: 1809–22. E-Mail: dblack@psg.icsf.edu
Echinacea bei Erkältungen wirksam
Echinacea soll die Abwehrkräfte stärken und wird zur Prophylaxe von Er- kältungskrankheiten empfohlen. Diese Indikation konnte durch eine Me- taanalyse von 14 Studien erweitert werden, die ergab, dass grippale Symptome signifikant um 1,4 Tage verkürzt wurden. Die Dauer der grip- palen Symptome variierte dabei in der Kontrollgruppe zwischen 2,9 und 12,9 Tagen. Wenn Echinacea prophylaktisch eingenommen wurde, redu- zierte sich die Zahl der Erkrankten in einer gegenüber Grippeviren expo- nierten Gruppe um 58 %. Allerdings gibt es über 800 Produkte, die Echinacea enthalten, und zwar in Form von Tabletten, Extrakt, frischem Saft, Tinktur oder Tees aus Blüte, Stamm oder Wurzel von Echinacea pur- purea. Selbst dieselbe Pflanze kann je nach Standort oder Jahreszeit un-
terschiedliche Konzentrationen wasserlöslicher Polysaccharide, einer li- pophilen Fraktion, von Caffeoylkonjugaten und Flavonoiden enthalten, die zur Immunstimulation beitragen können. Die Arzneimittelkommission E hat E. purpurea in einer Dosierung von 800 mg empfohlen, nicht jedoch E. angustifolia, während die WHO-Monografie E. angustifolia in einer Dosierung von 3 g vorschlägt. So bleibt noch viel zu tun, bevor Echinacea Standard wird bei der Therapie und Prävention von Erkältungskrankhei- ten. An unerwünschten Wirkungen wurden Exantheme und Magenunver- träglichkeiten angegeben. Namentlich erwähnt wurden in dieser Studie die Präparationen „Echinaceaguard“ und Echinacea von der Madaus AG.
Dies bedeutet aber nicht, dass Produkte anderer Hersteller nicht eben-
falls wirksam sind. w
Shah SA et al.: Evaluation of echinacea for the prevention and treatment of the common cold: a meta-analysis. Lancet Infection 2007; 7: 473–80. E-Mail: ccolema@harthosp.org