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Archiv "„Hausordnung“: Freiheit und Verantwortung - Ein außergewöhnliches Studentenwohnheim in Berlin" (14.12.1978)

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Idyllisch gelegen: Zweistöckiger Zweckbau des Studentenwohnheims der Hart- mannbund-Stiftung „Ärzte helfen Ärzten" in Berlin Foto: Voigt

„Hausordnung":

Freiheit und Verantwortung

Ein außergewöhnliches Studentenwohnheim in Berlin

Die menschliche Not von Kollegenfamilien in der DDR war Mitte der fünfziger Jahre Anlaß für die Gründung der Hartmannbund- Stiftung „Ärzte helfen Ärzten". Sie standen damals vor der Ent- scheidung, ihre Heimat und ihre Patienten zugunsten einer frei- heitlichen Berufsausbildung ihrer Kinder zu verlassen, oder aber sie alleine in den Westen zu schicken. Viele Arztkinder kamen schließlich ohne ihre Eltern in die Bundesrepublik und waren hier auf Hilfe angewiesen. Weihnachten 1954 rief deshalb Dr. med.

Siegfried Häußler, damals stellvertretender Vorsitzender des Hart- mannbundes, zur ersten Spendenaktion für diese Arztkinder auf.

Seitdem hat die Stiftung, die vornehmlich die Erziehung und Berufsausbildung von Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztkindern fördert, 3003 Schützlinge betreut. Über das Berliner Studentenwohnheim der Hilfsorganisation der Heilberufe wird im folgenden berichtet.

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

rialien und Einrichtungsgegen- ständen, sondern im wesentlichen auch an der Einstellung der Be- wohner zu ihrem Heim. Dies doku- mentiert unter anderem der Ver- zicht auf eine Hausordnung: das Zusammenleben der 57 in der Del- brückstraße regelt sich schlicht nach dem Motto Freiheit und Ver- antwortung. Und mit dieser Vorga- be hat sich rasch ein Organismus entwickelt, in dem sich soziales Verhalten lernen läßt. Hilfsbereit- schaft, Engagement füreinander sind für die Bewohner — zeitweise sind es 20 bis 30 Prozent, die aus der DDR stammen — ganz offen- sichtlich keine leeren Vokabeln.

Es klingt so etwas wie Stolz an, wenn die jungen Leute über ihr Heim berichten. Sie wohnen je- weils in 22 Quadratmeter großen Appartements, die mit separater Dusche und mit einer kleinen Kü- che ausgestattet sind. Die Monats- miete beträgt seit Jahren 110 DM, zuzüglich der Nebenkosten. In den Häusern leben neben den Schütz- lingen der Stiftung auch soge- nannte „Spenderkinder", deren Eltern der Organisation Dauerzu- weisungen zukommen lassen. Vor

zehn

Jahren bewohnten fast aus- schließlich Kollegenkinder aus der DDR das Heim; heute sind es meist Voll- oder Halbwaisen aus Kolle- genfamilien.

Medizin als Studienfach ist übri- gens keineswegs Vorbedingung für den Einzug in dieses Heim. Zur Zeit sind hier 15 Disziplinen vertre- ten, von denen die Mediziner mit 13 Studenten allerdings das Gros stellen. Vier Schüler büffeln noch für ihr Abitur. Neben den persönli- chen Kontakten fördern und er- weitern „interdisziplinäre Gesprä- che" am runden Tisch das Ver- ständnis für das Arbeitsfeld der Mitbewohner, für ihre größeren und kleineren Alltagsprobleme.

Als Symbol solch helfenden Aus- tausches mag die im Garten des Geländes aufgestellte und „Grup- pe im Gespräch" genannte Plastik gelten. Freilich sollte angemerkt werden, daß bei studentischen Fe- stivitäten anno 1978 nicht aus- Der erste Eindruck täuscht: Die

beiden zweistöckigen Flachdach- gebäude in der Delbrückstraße 13-17, idyllisch gelegen am Rande des Berliner Grunewaldes, beher- bergen weder die Verwaltung ei- nes mittleren Industriebetriebes noch die Räumlichkeiten eines ausländischen Konsulates oder ei- ner Handelsmission. Hier wohnen und leben vielmehr derzeit 57 jun- ge Menschen, zumeist Studenten, als Schützlinge der seit 24 Jahren

bestehenden Hartmannbund-Stif- tung „Ärzte helfen Ärzten".

Der zweite Eindruck überrascht:

Das Grundstück, die Häuser und die Appartements darin machen einen überaus gepflegten Ein- druck; keine Spur davon, daß be- reits etliche „Studentengeneratio- nen" das mittlerweile zehn Jahre alte Heim bewohnt haben. Sicher- lich liegt das nicht nur an der

aus- gesuchten Qualität von Baumate-

3022 Heft 50 vom 14. Dezember 1978

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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schließlich diskutiert, sondern auch herzlich gelacht und mitun- ter gefeiert wird.- Arbeitsgemein- schaften und Veranstaltungen in den Gemeinschaftsräumen inte- grieren im übrigen den einzelnen, wenn er will, in die "Großfamilie".

Vom Gründer und Vorsitzenden der Stiftung hängt ein Porträt in Öl im Entree. Es zeigt Professor Häußler gleichsam als Spiritus rector dieses Studentenheimes. ln der Tat: die Stifter haben ihr Enga- gement nicht im Bau der Häuser erschöpft. Die Verwaltung der Ge- bäude wird zwar aus Kostengrün- den von Stuttgart aus vorgenom- men; die persönliche Betreuung der Bewohner aber besorgt seit Jahren die rührige Geschäftsfüh- rerin der Stiftung, Frau Hildegard Teuber. Sie kennt und kümmert sich um jeden einzelnen der Schützlinge und "Spenderkinder". Diese Betreuung, die weit über die finanzielle Hilfe hinausgeht, ist wohl das wichtigste Kennzeichen der Stiftung. Im übrigen vertritt ein gewählter Heimrat die Interessen, Wünsche und Sorgen der jungen Bewohner gegenüber der Stiftung. Das Leitmotiv "Freiheit und Ver- antwortung" scheint auch solchen wichtigen Teil der gemeinsamen Arbeit zu bestimmen.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Selbsthilfeorganisation der akademischen Heilberufe im vergangenen Jahr 108 neue Kolle- genkinder aufgenommen hat: 73 Halb- und Vollwaisen aus der Bun- desrepublik Deutschland und 35 Kinder von Ärzten, Zahn- und Tier- ärzten aus der DDR. Zur Zeit wer- den von ihr mehr als 850 Schütz- linge an Universitäten und Hoch- schulen im Bundesgebiet und in West-Berlin betreut. Während der Semester werden hierfür im Monat nahezu 80 000 DM benötigt. Damit die Stiftung "Ärzte helfen Ärzten"

ihre Arbeit fortsetzen und mög- lichst ausbauen kann, ist sie nach wie vor dringend auf Spenden an- gewiesen. Diese Zeilen und der nebenstehend veröffentlichte Weihnachtsaufruf sollen für das Mithelfen eine Anregung geben.

Ullrich Voigt

Die Information:

Bericht und Meinung

Ärzte helfen Ärzten

Weihnachtsaufruf der ärztlichen Organisationen Sehr verehrte Frau Kollegin! Sehr geehrter Herr Kollege!

Es gibt eine einfache Lebensweisheit, die zu allen Zeiten gültig war und ist, daß jede schlichte Selbstlosigkeit, jede Fürsorge und jede echte Anteil- nahme uns reicher macht. Wir und Sie machen diese Erfahrung seit über 20 Jahren in dem Gemeinschaftswerk der Heilberufe, der Hartmannbund- Stiftung "Ärzte helfen Ärzten". Durch Ihre Spenden konnten wir auch im vergangenen Jahr 854 Kollegenkindern die Berufsausbildung sicherstel-

len. Für über eine Million DM haben wir Ihnen von Herzen zu danken.

Die Zahl unserer Schützlinge hat nicht abgenommen, der Umfang ihrer Schwierigkeiten auch nicht. Deshalb, wie jedes Jahr zur Weihnachtszeit, unsere Bitte an Sie alle: Helfen Sie uns, weiter helfen zu können, und geben Sie uns die Möglichkeit, die Zukunft junger Menschen, die uns anvertraut sind, zu sichern. Wir wissen, daß eine Gabe heute für Sie ein Opfer sein kann; trotzdem bitten wir. sehr darum.

Helfenkönnen ist eine der guten Gaben unseres Berufes. Das ist auch eine der Wahrheiten, die nicht veralten, und sie verbindet alle untereinander.

Auch mit unseren Kollegenkindern, die in ihren Nöten auf unsere Unter- stützung angewiesen sind.

Lassen wir alle das Weihnachtsfest 1978 nicht vorübergehen, ohne die Möglichkeit zur wirksamen Hilfe für junge Menschen in die Tat umgesetzt zu haben. Ein kostbares Weihnachtsgeschenk!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen Dr. Vilmar, Präsident der Bundes- ärztekammer und des Deutschen Ärztetages

Dr. Muschallik, Erster Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesver- einigung

Dr. Bourmer, Vorsitzender des Hartmannbundes· - Verband der Ärzte Deutschlands e. V.

Dr. Hoppe, Zweiter Vorsitzender des Marburger Bundes, Verband der angestellten und beamteten Ärzte Deutschlands e. V., Bundes- verband

Dr. Roos, Bundesvorsitzender des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV) e. V.

Frau Dr. Heuser-Schreiber, Präsi- dentin des Deutschen Ärztinnen- bundes e. V.

Dr. Walther, Erster Bundesvorsit- zender des Deutschen Kassenarzt- verbandes

Dr. Klotz, Vorsitzender des Berufs- verbandes der Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedizin Deutschlands (BPA) e. V.

Dr. Schüller, Präsident der Gemein- schaft fachärztlicher Berufsverbän- de (GFB)

Prof. Dr. Dr. Hoffmann, Präsident des Verbandes der leitenden Kran- kenhausärzte Deutschlands e. V.

Lt. Med.-Dir. Dr. Böhm, Vorsitzen- der des Bundesverbandes der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdien- stes e. V.

Dr. Eggers, Präsident des Bundes- verbandes der Deutschen Zahnärz- te e. V.

Zahnarzt Schad, Bundesvorsitzen- der des Freien Verbandes Deut- scher Zahnärzte e. V.

Dr. Rupprecht, Präsident der Deut- schen Tierärzteschaft e. V.

..,.. Für die Avisierung Ihrer Spende benutzen Sie bitte die in diesem Heft beiliegende Spendenkarte. Für Ihre Direktüberweisung ist eine Zahlkarte beigefügt. Außerdem stehen Ihnen folgende Konten der Stiftung zur Verfü- gung: Dresdner Bank Stuttgart Nr. 122 238 700, Deutsche Apotheker- und Ärztebank Stuttgart Nr. 00 919 190, Landesgirokasse Stuttgart Nr.

1 268 267, Postscheckkonto Stuttgart Nr. 415 33-701.

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 50 vom 14. Dezember 1978 3023

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