Madonna von Stalingrad
Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Tibetische Heilkunde
Begünstigt wurde diese Vereh- rung durch das Verhalten der Priesterärzte, sich in Ausübung ih- rer Tätigkeit als Buddha zu fühlen und ihre Medizin als den Nektar des Lebens zu betrachten.
Diese Einstellung führte zu einem Rückschritt in die theurgische Phase der tibetischen Heilkunde:
War nämlich einem Arzt ein Medi- kament ausgegangen, so schrieb er dessen Namen auf ein Blatt Pa- pier, das anschließend feierlich verbrannt wurde. Nach einem der Situation angemessenem Gebet erhielt der Patient die jetzt zur er- forderlichen Medizin gewordene Asche zum Einnehmen.
Waren die Priesterärzte auch vom Glauben an eine Transmutation überzeugt, so ebneten derartige Manipulationen doch den Weg zu einer mechanischen Anwendung bekannter Verordnungen (v. Kor- vin-Krasinski) und zu einer Locke- rung der ganzheitlichen Ausrich- tung, die sich nicht nur auf kos- mologische, jahreszeitliche und religiöse Aspekte, sondern auch auf das Traumleben bezog.
Seit etwa dreißig Jahren:
Nichtkleriker
dürfen Medizin studieren
Durch die in der Mitte unseres Jahrhunderts verfügte Zulassung auch von Nichtklerikern zum Me- dizinstudium war der Ansatzpunkt für die Entwicklung einer freien und selbständigen Ärzteschaft ge- geben. Aber die Heimführung Ti- bets in das rotchinesische Reich führte zu einer Störung der seit Jahrhunderten bestehenden Struktur des Priesterstaates und ist in ihren Auswirkungen auf Ge- sundheit und Lebensführung des tibetischen Volkes von weitrei- chender Bedeutung.
Literatur beim Verfasser
Anschrift des Verfassers:
Dr. Hugo Bergemann Am Ohlendorffturm 20 2000 Hamburg 73
Der Truppenarzt und Pfarrer Dr.
Dr. Kurt Reuber aus dem nieder- hessischen Dorf Wichmannshau- sen, geboren am 26. Mai 1906 in Kassel, gehörte zu den Einheiten der 6. Armee, die Weihnachten 1942 im Stalingradkessel einge- schlossen waren. Es entstand ei- ne 110 x 95 Zentimeter große Kohlezeichnung: eine Madonna, die das Gotteskind schützend in ihrem Tuch birgt, umrahmt von den Worten: „Licht, Leben, Liebe
— Weihnachten 1942 im Kessel, Festung Stalingrad."
Dr. Kurt Reuber kam mit über hun- derttausend Soldaten nach Been- digung der Schlacht von Stalin- grad in sowjetische Kriegsgefan- genschaft. Weihnachten 1943 ent- stand dann in der Gefangenschaft
das hier abgebildete Madonnen- bild. Reuber starb am 20. Januar 1944. Sein Madonnenbild von 1942 wurde im August dieses Jah- res von den Kindern Kurt Reubers als Dauerleihgabe der Kaiser-Wil- helm-Gedächtniskirche in Berlin überlassen. Dr. Reuber hat — au- ßer den Madonnenbildern — ein- drucksvolle Portraits russischer Menschen hinterlassen. Wer an Reproduktionen der Zeichnungen von Dr. Kurt Reuber interessiert ist, der kann sich an seine Tochter wenden, an Frau Dr. med. Hartmu- te Kindermann, Altenbaunaer Straße 80, 3500 Kassel. Zum Selbstkostenpreis von 24 DM kann man eine Mappe von zwan- zig Kohlezeichnungen, ein- schließlich der Madonna von Sta- lingrad, bestellen. Häu Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 49 vom 9. Dezember 1983 109